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AbrechnungssoftwareAbrechnungsvorschläge der Praxis-Software: Möglichkeiten und Risiken

Abo-Inhalt31.10.20228897 Min. LesedauerVon RA, FA MedizinR Kristian Schwiegk LL. M, Kanzlei Ebner Stolz, Köln

| In kaum einer ärztlichen Einrichtung sind Abrechnungs-Software oder digitale Praxisverwaltungssysteme (PVS) wegzudenken. Mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen weiten die Software-Hersteller ihre Leistungsangebote auch auf Abrechnungsvorschläge aus. Neben den selbsterstellten, regelbasierten Vorschlägen in einer Praxis findet nun auch die künstliche Intelligenz (KI) mit „automatisch“ generierten Vorschlägen Einzug. Doch in welcher Form können diese Angebote sorgenfrei genutzt werden und welche rechtlichen Fallstricke sind zu beachten? |

Hintergrund

In diesem Beitrag geht es um bestimmte Module einer Praxissoftware, die Vorschläge (oder Warnungen) für die Abrechnung oder für das Wiedereinbestellen von Patienten unterbreiten. Die hierfür geltenden Parameter/Regeln können entweder durch eigene („händische“) Vorgabe oder „automatisch“ unter Einsatz von KI auf Grundlage der bisherigen (ggf. über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte) erfolgten Abrechnung definiert werden.

Beispiele für Software-Unterstützung in einer Arztpraxis

  • Warnung bei Nichtbeachtung eines Rabattvertrags bei einer Arzneimittel-Verordnung (GKV)
  • Hinweis bei Nichteingabe von Zusatzpauschalen (GKV/EBM)
  • Hinweis auf eine alternative, höherbewertete Gebührenposition (PKV/GOÄ)
  • Hinweis auf weiteres Abrechnungspotenzial bei Disease-Management-Programmen (DMP) oder sonstigen Präventionsprogrammen der Krankenkassen (GKV/EBM, HzV)

Die Praktikabilität dieser Abrechnungsvorschläge und Erleichterung der Abläufe im Praxisalltag braucht nicht hinterfragt werden. Gleichwohl sollten vor der Einrichtung und Anwendung die Modalitäten der Umsetzung sowie deren rechtliche Voraussetzungen und Risiken geprüft werden. Insbesondere sollten Praxisinhaber ihren Softwareanbietern und sich folgende Fragen stellen:

  • Welche Art der Software-Konfiguration wird gewählt?
  • Welche Daten werden wie und wo verarbeitet?
  • Welche (praxisinternen) Vorgaben sollen für die Anwendung der Software-Tools gelten?

Rechtliche Problematiken

In einem ersten Schritt sollten Sie kritisch hinterfragen, ob die Einrichtung dieser Module automatisch durch Einsatz von KI oder manuell durch „händische“ Eingabe von eigens definierten Regeln für Abrechnungsvorschläge erfolgen soll.

Bei einer automatischen Einrichtung wird die KI zunächst einen Zugriff auf die „Altdaten“ benötigen. Zudem wird ggf. die Übertragung von Daten auf die Server des Software-Hersteller oder sonstiger Dritter (möglicherweise im außereuropäischen Ausland) erforderlich sein. Solche Fälle dürften regelmäßig mit Verstößen gegen die ärztliche Verschwiegenheitspflicht und das (Gesundheits-)Datenschutzrecht einhergehen. Zulässig wären diese Vorgänge i. d. R. nur dann, wenn die Berechnungsvorgänge ausschließlich lokal erfolgen und keinerlei Datenübertragung, auch nicht zu späteren Zeitpunkten (z. B. bei „Backups“ oder zur „Fehleranalyse“), erfolgt.

Entscheiden Sie sich für eine manuelle Einrichtung und definieren selbst die Regeln, nach denen die Software Ihnen und Ihren Angestellten die Abrechnungsvorschläge unterbreiten soll, so ist sicherzustellen, dass die Abrechnungsbestimmungen im jeweiligen Einzelfall der Behandlung gewahrt sind. Gewährleistet bleiben muss, dass den Abrechnungsvorschlägen nur dann gefolgt wird, wenn auch die tatsächlichen (und rechtlichen) Voraussetzungen auch gegeben sind.

Beispiele für händisch eingepflegte Software-Hinweise

  • Vorschlag einer weiteren/spezielleren Gebührenposition nur bei Vorliegen des jeweiligen obligatorischen Leistungsinhalts (GKV/EBM)
  • Mitteilung eines Begründungserfordernisses bei höher angesetztem Steigerungsfaktor oder einer Analog-Position (PKV/GOÄ)
  • Mitteilung bei einem wirksam abgeschlossenen und noch geltenden Hausarztvertrag (HzV)

Anderenfalls bestünde das Risiko, dass den Abrechnungsvorschlägen vorschnell gefolgt und Leistungen zur Abrechnung gebracht würden, für die die notwenigen rechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Hierdurch würde die bekannte Kaskade rechtlicher Sanktionen drohen, d. h. vom Regress bis hin zum Strafverfahren oder dem Verlust der Zulassung. Eine Exkulpation durch Verweis auf den Software-Hersteller wird dabei i. d. R. übrigens nicht gelingen, da mit der Abgabe der (Quartals-)Abrechnung durch eigene/persönliche Erklärung deren Richtigkeit versichert wird. Auch werden sich Haftungsausschlüsse in den Nutzungsverträgen mit den Software-Herstellern finden, sodass ein (späterer) Regress ins Leere laufen dürfte.

Fazit | Grundsätzlich ist der Einsatz von Abrechnungsvorschlägen in Softwarelösungen selbstverständlich möglich. Der Einrichtung und Nutzung in der eigenen Praxis sollte eine Rücksprache mit dem EDV-/IT-Dienstleister oder direkt mit dem Software-Hersteller vorgeschaltet werden, um sicherzustellen, dass

  • bei der Verarbeitung der Gesundheitsdaten der Patienten zur Einrichtung der Software keine Übertragung dieser Daten außerhalb der Praxis-EDV erfolgt und
  • auch keine mittelbare Übertragung der Gesundheitsdaten zu späteren Zeitpunkten (insbesondere nicht bei „Backups“ oder zur „Fehleranalyse“) erfolgt.

Sind diese Hürden genommen, sollte durch geeignete Maßnahmen ggf. unter Zuhilfenahme der Funktionalitäten der Software (z. B. eigene Anmerkungen zu den Abrechnungsvorschlägen, digitales Handbuch, Erläuterungen zu Software-Updates) sichergestellt werden, dass eine Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Abrechnungsvoraussetzungen gewährleistet ist. Regelmäßig empfiehlt es sich, die mit der Eingabe der Abrechnungsdaten betrauten Ärztinnen und Ärzte bzw. Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren.

AUSGABE: AAA 11/2022, S. 14 · ID: 48575445

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