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Heilmittel-RichtlinieNagelkorrekturspangentherapie ab dem 01.07.2022 in mehr Fällen verordnungsfähig

Abo-Inhalt22.06.20226578 Min. LesedauerVon Dr. med. Heiner Pasch, Kürten

| Zum 01.07.2022 tritt eine Änderung bzw. Erweiterung der Heilmittelrichtlinie (HM-RL) in Kraft, die im Abschnitt II des Heilmittelkatalogs verortet ist: Das sind die „Maßnahmen der Podologischen Therapie“. Dieser Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 07.04.2022 umfasst eine ärztliche Verordnungsmöglichkeit der „Behandlung von eingewachsenen Nägeln mittels Nagelkorrekturspangen durch Podologinnen und Podologen“ zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). |

Indikation

Die Indikation für diese neu geschaffene Leistung ist nach dem Text des G-BA-Beschlusses einzig und allein die Behandlung des Unguis incarnatus (Code gemäß ICD-11-GM: L60.0G) mithilfe einer Nagelkorrekturspange in den Stadien 1 bis 3. Diese Stadien sind folgendermaßen charakterisiert:

  • Stadium 1: Der Nagel beginnt seitlich in die Haut einzuwachsen. Die Haut schmerzt und beginnt sich zu entzünden.
  • Stadium 2: Am Rand des eingewachsenen Nagels hat sich neues, entzündetes Gewebe (Granulationsgewebe) gebildet. Das Gewebe nässt und eitert.
  • Stadium 3: Der betroffene Nagelbereich ist chronisch entzündet und eitert immer mal wieder. Das Granulationsgewebe wächst bereits über den Nagel.

Das Ziel der Therapie ist dabei u. a. eine Entlastung des Weichteilgewebes, eine Rückführung zu einer natürlichen Nagelform sowie – bei den Stadien 2 und 3 – die Verhinderung einer Zunahme der Hautverletzungen und außerdem die Vermeidung oder Linderung einer Chronifizierung.

Kontraindikationen

Da die Therapie der Nagelspangenkorrektur jedoch nicht immer sinnvoll und zielführend ist, hat der G-BA in seinem Beschluss beispielhaft folgende Kontraindikationen aufgelistet:

  • Tumore im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung
  • Abszedierungen und Nekrosen im Bereich des betroffenen Nagels und seiner Umgebung
  • Onycholyse

Diese Auflistung ist allerdings nicht abschließend. So kann z. B. auch eine deutliche periphere Neuropathie eine Kontraindikation im Einzelfall darstellen.

Zwingende Voraussetzung für eine Verordnung ist ebenfalls die Möglichkeit, die Spange überhaupt fixieren zu können. Auch hier sind im Beschluss des G-BA einige Situationen beispielhaft aufgeführt, die dem entgegenstehen:

  • Ausgeprägte Nageldeformierungen
  • Fortgeschrittene Onychomykose
  • Wachstumsstillstand des Nagels

Verordnung

Für die Verordnung sind im Abschnitt II des Heilmittelkatalogs unter dem zweiten Punkt zwei Diagnosegruppen aufgeführt, die lediglich durch das Ausmaß der zugrunde liegenden Schädigung und die verordnungsfähige Höchstmenge unterschieden werden:

  • Diagnosegruppe UI 1 – Unguis incarnatus Stadium 1 (L60.0)
  • Diagnosegruppe UI 2 – Unguis incarnatus Stadium 2 oder 3 (L60.0)

Die verordnungsfähige Höchstmenge liegt für die Diagnosegruppe UI 1 bei acht und für die Diagnosegruppe UI 2 bei vier Sitzungen pro Verordnung. Die orientierende Behandlungsmenge liegt bei beiden Indikationen bei jeweils bis zu acht Einheiten. Eine Frequenzempfehlung wird nicht vorgegeben, sie sollte nach Bedarf entschieden werden.

Kooperation Hausarzt – Podologe

Mitentscheidend für den Erfolg der therapeutischen Maßnahmen ist die Zusammenarbeit, aber auch die Aufgabentrennung zwischen dem hausärztlichen und dem podologischen Bereich, vor allem in den Stadien 2 und 3. Eindeutig in den ärztlichen Bereich gehören dabei beispielsweise

  • die Wundkontrolle und
  • die Wundversorgung,
  • die Anwendung lokaler Therapeutika oder
  • die Entfernung eitrigen Gewebes.

Zu einer guten Kooperation gehört aber auch, dass man als Arzt über die Möglichkeiten und zumindest grob über die Technik dieser Therapieform unterrichtet sein sollte. In den Aufgabenbereich der podologischen Seite gehören zwingend eine Fotodokumentation vor und nach Abschluss der Behandlung in den Stadien 2 und 3. Ebenso Aufgabe der Podologen ist neben den direkten therapeutischen Maßnahmen die Beratung und Instruktion des Patienten zu einer individuellen Schneidetechnik der Nägel.

Fazit | Mit dieser Änderung der HM-RL wird unter bestimmten Voraussetzungen eine verordnete podologische Behandlung erstmalig auch bei Patienten ohne schwerwiegende Grundleiden zulasten der GKV ermöglicht. Wichtig ist dabei neben der Kenntnis der Indikationen auch das Wissen um die Kontraindikationen und von die Therapie erschwerenden Situationen. Vor allem müssen die Hausärztinnen und Hausärzte darauf achten, dass, wenn sich die Kassenmöglichkeit der Behandlungsform in der Bevölkerung rumspricht, zunehmende Verordnungswünsche vonseiten der Patienten kritisch beurteilt und nur bei gesicherter Indikation Verordnungen auch ausgestellt werden sollten.

Weiterführender Hinweis
  • Pressemitteilung des G-BA zum Beschluss online unter iww.de/s6542

AUSGABE: AAA 7/2022, S. 9 · ID: 48415985

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