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Abrechnungsempfehlung 2022Beratung über Organ- und Gewebespenden nach GOÄ liquidieren
| Das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz [TPG]) sieht in § 2 (Aufklärung der Bevölkerung, Erklärung zur Organ- und Gewebespende, Organ- und Gewebespendeausweise) die Abrechnung einer Beratung über Organ-und Gewebespenden vor. Für Kassenpatienten steht bereits die neue EBM-Nr. 01480 für die Beratung über Organ- und Gewebespenden zur Verfügung (AAA 01/2022, Seite 6). Für die Abrechnung dieser Beratung bei Privatpatienten wurde eine GOÄ-Abrechnungsempfehlung vereinbart. |
TPG erteilt „Sondergenehmigung“ für GOÄ-Abrechnung
Der Rahmen für die Privatliquidation der Beratung über Organ- und Gewebespenden nach § 2 Abs. 1a TPG wird im § 2 Abs. 1b TPG skizziert.
§ 2 Abs. 1b TPG |
„Im Rahmen einer ambulanten privatärztlichen Behandlung richtet sich der Vergütungsanspruch des Arztes für die Beratung über die Organ- und Gewebespende nach der Gebührenordnung für Ärzte. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre. Solange in der Anlage der Gebührenordnung für Ärzte (Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen) keine eigenständige Leistung für die Beratung über die Organ- und Gewebespende enthalten ist, kann diese Beratung entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen mit der Maßgabe berechnet werden, dass mögliche Abrechnungsausschlüsse dieser gleichwertigen Leistungen gegenüber anderen Leistungen des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen nicht gelten.“ |
Der entsprechende Gesetzestext ist nicht eindeutig im Hinblick auf die abzurechnende Leistungsposition der GOÄ, da es in der derzeit gültigen GOÄ unterschiedliche Leistungspositionen für Beratungsleistungen gibt. Allerdings hat der Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) in seiner Sitzung vom 22.05.2022 die nachfolgende, vom „Ausschuss Gebührenordnung“ der BÄK am 09.02.2022 befürwortete, Abrechnungsempfehlung beschlossen.
GOÄ-Abrechnungsempfehlung (BÄK, PKV-Verband, Beihilfe): Beratung zur Organ- und Gewebespende |
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Kritik an TPG und Abrechnungsempfehlung
Zunächst schreibt § 6 Abs. 2 GOÄ vor, dass eine analoge Bewertung nur dann erforderlich ist, wenn keine entsprechende Position in der GOÄ existiert. Im Hinblick auf den Hauptbestandteil dieser Leistung (Beratung) ist eine analoge Bewertung deshalb durchaus kritisch zu sehen. Es ist eher von einer Leistungsvariation auszugehen, die eigentlich von in der GOÄ vorhandenen Leistungspositionen abgedeckt wird. Beim Begriff „Beratung“ ist es unerheblich, zu welchem Zweck diese erfolgt.
Bemerkenswert ist zudem, dass über eine Regelung im TPG in das Regelwerk der GOÄ eingegriffen wird, da mögliche Abrechnungsausschlüsse dieser Leistung gegenüber anderen Leistungen der GOÄ nicht gelten sollen! Dies erscheint zwar von der Sache her verständlich für diesen speziellen Fall, bei dem neben einer laufenden Behandlung zeitgleich eine Beratung zur Organspende erfolgt. Jedoch kann dies keinesfalls auf andere analoge Bewertungen im Rahmen der GOÄ-Abrechnung übertragen werden. Die Argumentation für eine solche Übertragung könnte lauten, dass bislang allgemein gültige und auch beachtete Spielregeln beim Ansatz einer analogen Bewertung (wie z. B. Abrechnungsausschlüsse) aufgrund der Regelung im TPG ab sofort nicht mehr gelten und dass dies dann auch generell auf andere Analogbewertungen der GOÄ übertragbar sei.
Die Abrechnungsregelungen für analoge Bewertungen waren bislang stets zu beachten, wie es in vielen Veröffentlichungen im Deutschen Ärzteblatt (Dt. Ärztebl.) auch von der BÄK so festgestellt worden war. Hierzu folgen zwei Beispiele.
Problematische Analogbewertungen (Dt. Ärztebl. 100, Ausgabe 11 vom 14.03.2003, Seite A-726) |
Häufig wird auch übersehen, dass eine Analogbewertung die Rahmenbedingungen der originären, analog abgegriffenen Gebührenposition „erbt“. So muss der reduzierte Gebührenrahmen der technischen Leistungen nach den Abschnitten A, E und O der GOÄ (bis maximal 2,5-fach) immer beachtet werden, auch wenn es sich lediglich um eine Analogbewertung handelt. Die Berechnung von Zuschlägen nach den Nrn. 440 bis 449 GOÄ ist davon abhängig, ob die der Analogbewertung zugrunde gelegte Gebührenposition in der inzwischen überholten Liste der zuschlagsfähigen ambulanten Operationen aufgeführt ist. (bei BÄK online unter iww.de/s6546) |
Analoge Bewertungen in der GOÄ – eine Einführung (Stand: Juni 2006; Quelle: BÄK) |
Da die nach § 6 Abs. 2 GOÄ analog herangezogene Leistung des Gebührenverzeichnisses „gleichwertig“ sein muss, bleiben auch die „Rahmenbedingungen“ der abgegriffenen Leistung bei Analogabrechnung erhalten. Beispiel: Die abgegriffene Ziffer mit technischem Gebührenrahmen ist auch bei analoger Abrechnung ohne Begründung nur bis 1,8-fach steigerungsfähig. Ebenso werden Vorgaben wie Mindestzeiten, Leistungsausschlüsse und Begrenzungen der Abrechnungsfähigkeit in einem bestimmten Zeitraum übernommen. (bei BÄK online unter iww.de/s6547) |
Dass diese Vorgaben für analoge Bewertungen einzuhalten sind, hat auch in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen mit Kostenträgern geführt. Das war i. d. R. der Fall, wenn die zugrunde liegenden Leistungen für Analogbewertungen ungeschickt ausgewählt wurden und Abrechnungsbestimmungen einer Nebeneinanderberechnung entgegenstehen, aber beachtet werden müssen. Solche Fälle sind insbesondere aus der Augenheilkunde bekannt. Mit der Abrechnungsempfehlung für die Beratung zur Organ- und Gewebespende wird nun ein Grundprinzip der Analogabrechnung infrage gestellt.
AUSGABE: AAA 7/2022, S. 7 · ID: 48419369