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ABC der Abrechnung„C“ – Cerumen obturans
| Ein 44-jähriger, normgewichtiger Patient, stellt sich am Donnerstag notfallmäßig gegen 08:45 Uhr in der Praxis vor. Er gibt an, seit dem Aufstehen auf dem rechten Ohr nichts mehr zu hören. Aus der Anamnese ergeben sich keine Besonderheiten, außer einer beruflichen Stresssituation. Es liegt keine Dauermedikation vor. Die körperliche Untersuchung ergab keinen pathologischen Befund und keinen Hinweis auf ein entzündliches Geschehen im Kopfbereich. Der Gehörgang und das Trommelfell links waren otoskopisch unauffällig, auf der rechten Seite zeigte sich das typische Bild eines Cerumen obturans. |
Anamnese, Untersuchung, Diagnose
Aus der Anamnese ergeben sich keine Besonderheiten, außer einer beruflichen Stresssituation. Es liegt keine Dauermedikation vor. Die körperliche Untersuchung ergab keinen pathologischen Befund und keinen Hinweis auf ein entzündliches Geschehen im Kopfbereich. Der Gehörgang und das Trommelfell links waren otoskopisch unauffällig, auf der rechten Seite zeigte sich das typische Bild eines Cerumen obturans.
Therapie
Die Ursache der Hörstörung und die vorgesehene Ohrspülung zur Cerumenentfernung werden dem Patienten erörtert. Das Cerumen erweist sich als festsitzend und muss vor der endgültigen Entfernung noch behandelt werden. Nach der Cerumenentfernung gibt der Patient an, mit seinem rechten Ohr wieder hören zu können, er habe jedoch ein „Summen“ im Ohr und Schmerzen. Zur Abklärung wird nochmals eine Untersuchung des Gehörgangs durchgeführt. Dieser zeigt sich deutlich gerötet und leicht angeschwollen. Die Kontroll-Audiometrie ergibt eine normale Hörkurve. Dem Patienten wird erklärt, dass der Gehörgang nach der Cerumenentfernung gereizt und leicht geschwollen sei. Das würde sich jedoch in den nächsten ein bis zwei Stunden bessern. Es wurde ein Kontrolltermin zwei Tage später vereinbart. Bis dahin sollten alle Beschwerden verschwunden sein.
Erläuterungen zur Abrechnung
Sowohl im Bereich der Kassenabrechnung als auch bei der Privatliquidation steht vor allem die Abrechnung der Hörprüfung im Fokus.
Für die Kassenabrechnung ist relevant, dass es der erste Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal ist, sodass die Versichertenpauschale berechnet wird. Mit dieser Pauschale ist die Untersuchung des Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Bereichs sowie die Ohrspülung abgegolten. Die Hörprüfung ist mit der EBM-Nr. 03335 gesondert berechnungsfähig, allerdings nur dann, wenn die Hörprüfung mit einem entsprechend zugelassenen Audiometer durchgeführt wird.
Anmerkung zur EBM-Nr. 03335 |
„Die Gebührenordnungsposition 03335 ist nur berechnungsfähig bei Verwendung eines von der PTB bzw. eines entsprechend der EU-Richtlinie 93/42/EWG zugelassenen Audiometers mit mindestens einmal jährlich durchgeführter messtechnischer Kontrolle gemäß § 11 der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV) durch einen zugelassenen Wartungsdienst entsprechend der MPBetreibV. Der Vertragsarzt hat der zuständigen KV die Bestätigung über die Durchführung der Wartung mit der nach dem Wartungsdienst erfolgenden Quartalsabrechnung beizulegen. Entgegen Nr. 4.3.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM kann die Gebührenordnungsposition 03335 auch dann berechnet werden, wenn durch die Arztpraxis die kontinuierliche Frequenzänderung nicht vorgehalten wird.“ |
Im Bereich der Privatliquidation ist die Beratung nach Nr. 1 GOÄ zu berechnen. Für die vollständige Untersuchung des HNO-Bereichs ist die Gebühr nach Nr. 6 GOÄ berechnungsfähig (siehe hierzu auch Abschnitt „Wirtschaftliche Überlegungen zu den Nrn. 5 und 6 GOÄ“ dieses Beitrags). Entsprechend der GOÄ umfasst die vollständige Untersuchung des HNO-Bereichs folgende Untersuchungsschritte: Die Inspektion der Nase, des Naseninneren, des Rachens, beider Ohren, beider äußerer Gehörgänge, beider Trommelfelle sowie die Kehlkopfspiegelung. Die einzelnen Punkte sind jeweils zu dokumentieren.
1. Konsultation: Untersuchung | ||||||
EBM | GOÄ | |||||
Position | Punkte | Euro | Leistungslegende | Position | Punkte | Euro/ 2,3-fach |
03003 | 114 | 12,84 | Versichertenpauschale/Beratung | 1 | 80 | 10,72 |
–* | – | – | Untersuchung HNO | 6 | 100 | 13,41 |
–* | – | – | Ohrspülung | 1565 | 45 | 6,03 |
03335 | 90 | 10,14 | Hörprüfung (Tonschwellenaudiometrie) | 1403 | 158 | 16,58 |
Der Patient stellt sich zum vereinbarten Termin zwei Tage später erneut vor. Er berichtet, dass seine Beschwerden vollkommen verschwunden seien und er auch das Gefühl habe, wieder normal und gut zu hören. Zur Kontrolle wird eine Untersuchung des Gehörgangs und des Trommelfells durchgeführt, ebenso eine Audiometrie. Die Hörprüfung ist erneut mit EBM-Nr. 03335 berechnungsfähig. In der GOÄ stehen mehrere Leistungsgebühren für die Hörprüfung zur Verfügung. Für den hausärztlichen Praxisalltag sind die Gebühren nach den Nrn. 1400 bis 1404 GOÄ wohl die gebräuchlichsten, wobei meistens die Tonschwellenaudiometrie nach Nr. 1403 GOÄ durchgeführt wird.
2. Konsultation: Kontrolluntersuchung | ||||||
EBM | GOÄ | |||||
Position | Punkte | Euro | Leistungslegende | Position | Punkte | Euro/ 2,3-fach |
–* | – | – | Beratung | 1 | 80 | 10,72 |
–* | – | – | Untersuchung symptombezogen-HNO | 5 | 80 | 10,72 |
03335 | 90 | 10,14 | Hörprüfung (Tonschwellenaudiometrie) | 1403 | 158 | 16,58 |
Wirtschaftliche Überlegungen zu den Nrn. 5 und 6 GOÄ
Der Unterschied zwischen der Leistung nach Nr. 5 GOÄ (Symptombezogene Untersuchung, 80 Punkte) und Nr. 6 GOÄ (Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines Organsystems, 100 Punkte) beträgt hinsichtlich des Umsatzes für den Arzt beim Faktor 2,3 lediglich 2,69 Euro. In Bezug auf den vorgegebenen Aufwand ist der Unterschied zwischen den beiden Positionen jedoch erheblich: Der symptombezogenen Untersuchung einerseits steht der Aufwand für die Untersuchung des gesamten HNO-Bereichs einschließlich der Kehlkopfspiegelung andererseits gegenüber.
Zu beachten ist dabei die Allgemeine Bestimmung B2 GOÄ: „Die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig.“ Das bedeutet beispielsweise, dass die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 nur einmal im Behandlungsfall neben der Hörprüfung nach Nr. 1403 GOÄ berechnungsfähig sind. Damit wäre diese Kombinationsmöglichkeit bei der Wahl der Nrn. 1, 5 und 1403 GOÄ für den ersten Arzt-Patienten-Kontakt bereits vergeben.
Tabelle „Cerumen“ | |||||||||
Diagnose | ICD-10-GM | Leistung | EBM-Abrechnung | GOÄ-Abrechnung | |||||
Position | Punkte | Euro | Position | Punkte | Euro/ 2,3-fach | Euro/ 3,5-fach | |||
Cerumen | H61.2 | Versichertenpauschale/ Beratung | 03001 | 225 | 25,35 | 1 | 80 | 10,72 | 16,32 |
Hörstörung | H93.2 | 03002 | 142 | 16,00 | |||||
03003 | 114 | 12,84 | |||||||
03004 | 148 | 16,67 | 3 | 150 | 20,11 | 30,60 | |||
03005 | 200 | 22,53 | |||||||
Vorhaltepauschale | 03040* | 138 | 15,55 | –**** | – | – | – | ||
NäPa-Zuschlag | 03060* | 22 | 2,48 | –**** | – | – | – | ||
Zuschlag zu EBM-Nr. 03060 | 03061* | 12 | 1,35 | –**** | – | – | – | ||
Hygienezuschlag (seit 2022) | 03020* | 2 | 0,23 | ||||||
Symptombezog. Untersuchung | –** | – | – | 5 | 80 | 10,72 | 16,32 | ||
Organspezifische Untersuchung (HNO) | –** | – | – | 6 | 100 | 13,41 | 20,40 | ||
Chronikerpauschale I | 03220*** | 130 | 14,65 | –***** | – | – | – | ||
Chronikerpauschale II | 03221*** | 40 | 4,51 | –***** | – | – | – | ||
Ohrspülung | –** | – | – | 1565 | 45 | 6,03 | 9,18 | ||
Hörprüfung | 03335 | 90 | 10,14 | 1403 | 158 | 16,58 | 23,02 |
AUSGABE: AAA 5/2022, S. 17 · ID: 48237469