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DigitalisierungUpdate zu den TI-Anwendungen und die Folgen für die Honorarabrechnung
| „Bis auf Weiteres verschoben“ – das ist die längst Alltag gewordene Schlagzeile, wenn es um die Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) geht. Nach der verpflichtenden Anbindung der Praxen an die TI sollten die digitalen Anwendungen schrittweise eingeführt werden. Stattdessen gab es technische Probleme und Fristen wurden in regelmäßigen Abständen nach hinten verschoben. Verschaffen Sie sich einen Überblick zum aktuellen Stand rund um ePA, eAU, eRezept und Co. sowie zu den Folgen für Ihr Honorar. |
Elektronische Patientenakte
Die gesetzlichen Krankenkassen bieten ihren Versicherten mittlerweile eine App zur Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) an. In der ePA können Diagnosen und Daten zur Behandlung gespeichert werden, die auf Wunsch des Patienten von den Leistungserbringern, also z. B. den Ärzten, eingesehen werden können. Praxen, die im Juli 2021 die technischen Voraussetzungen zum Auslesen und Befüllen der ePA noch nicht bestellt hatten, werden mit einer Kürzung des Honorars um 1,0 Prozent sanktioniert.
Erst seit Kurzem sind die Komponenten für die technische Umsetzung bei den gängigen Software-Anbietern vollständig verfügbar. Benötigt werden
- ein ePA-Modul/ePA-Update für das Praxisverwaltungssystem (PVS),
- ein elektronischer Heilberufsausweis der 2. Generation (eHBA G2),
- ggf. neue Kartenlesegeräte für die Aktivierung der eHBA und
- ein Software-Update für den ePA-Konnektor.
Mit Wirkung ab dem 01.01.2022 wurde die Pseudo-Nr. 88270 für das sektorenübergreifende erstmalige Befüllen der ePA durch die EBM-Nr. 01648 (10,03 Euro) ersetzt. Sie ist nicht neben der Nr. 01647 (Zusatzpauschale ePA-Unterstützungsleistung) abrechenbar. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär. Die Regelung gilt für das Jahr 2022. Bis Ende September soll über eine Verlängerung der Gültigkeit darüber hinaus entschieden werden.
Praxistipp | Die Nr. 01648 kann nur einmal pro Versicherten abgerechnet werden. Erkundigen Sie sich am besten beim Patienten, ob Kollegen die ePA bereits (erstmalig) befüllt haben und prüfen Sie, ob im „Leistungserbringerbereich“ der ePA bereits Inhalte eingestellt worden sind. Eine „leere“ ePA ist allerdings lediglich ein Indiz dafür, dass das erstmalige Befüllen noch nicht erfolgt ist, weil Patienten eingestellte Inhalte auch löschen können. |
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Kommunikation im Medizinwesen
Zum 01.10.2021 wurde die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) als digitale Version der herkömmlichen AU-Bescheinigung für alle Praxen verpflichtend. Die Praxen müssen die eAU direkt aus dem PVS digital an die Krankenkassen übermitteln. Die Übermittlung erfolgt mithilfe eines Dienstes zur Kommunikation im Medizinwesen (KIM-Dienst). Übergangsweise kann noch bis zum 30.06.2022 das alte Verfahren (Muster 1) genutzt werden, wenn die technische Implementierung noch nicht abgeschlossen ist.
Die Umsetzung der eAU erfolgt in zwei Stufen: Zunächst übermitteln die Ärzte die eAU an die Krankenkassen und händigen den Patienten einen Papierausdruck für den Arbeitgeber sowie für die eigenen Unterlagen des Patienten aus. Im zweiten Schritt sollen die Krankenkassen die eAU an die Arbeitgeber übermitteln. Der Start der zweiten Phase und damit einhergehende Verpflichtung der Arbeitgeber, die eAU bei den Krankenkassen abzurufen, wurde von Juli 2022 auf Januar 2023 verschoben.
Exkurs: Urteil zur verspäteten Einführung der eAU |
Die verspätete Einführung der eAU kann laut einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Sozialgerichts Dresden nicht zulasten der Patienten zur Ablehnung von Krankengeld führen. Durch die eAU sind gesetzlich Krankenversicherte nicht mehr selbst für die Weitergabe der „Krankenscheine“ an die Krankenkasse verantwortlich. Die Möglichkeit eines weiteren Aufschiebens des Systemwechsels über die gesetzlich bestimmten Fristen hinaus habe im Gesetz keinen Niederschlag gefunden – auch nicht für den Fall der verspäteten Herstellung der technischen Voraussetzungen, hieß es seitens des Gerichts. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landessozialgericht oder auch – wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage – die Sprungrevision zum Bundessozialgericht eingelegt werden (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 19.01.2022, Az. S 45 KR 575/21). |
Elektronisches Rezept
Auch die „rosa Zettel“ sollten längst digital geworden sein in Form des elektronischen Rezepts (eRezept). Alle Rezepte für verschreibungspflichtige Arzneimittel sollten eigentlich seit Januar 2022 elektronisch per App ausgestellt werden. Der Start wurde kurz vorher auf unbestimmte Zeit verschoben. Da die notwendige Technik nicht flächendeckend verfügbar ist, bleibt das Papierrezept (Muster 16) erhalten. Das eRezept soll nun durch einen sukzessiven Roll-out-Prozess in den medizinischen Versorgungsalltag integriert werden.
Elektronischer Arztbrief
Die Praxen sind nicht verpflichtet, Arztbriefe elektronisch zu übermitteln (eArztbrief). Wird ein eArztbrief eingesetzt, so wird dieser aber nur dann vergütet, wenn er über einen KIM-Dienst versendet wurde. Die KIM-Dienste lösen sukzessive den bisherigen Kommunikationsdienst KV-Connect ab.
Ausblick
In der Praxis bindet die Umsetzung der neuen TI-Anwendungen viel Kapazität und ist mit hohen Kosten verbunden. Die Kosten für die Technik werden zum Teil erstattet – automatisch oder auf Antrag. Im April 2022 hat das Bundesschiedsamt dazu höhere Erstattungsbeträge festgelegt (weitere Informationen bei der KBV online unter iww.de/s6349). Informieren Sie sich hierzu auch direkt bei Ihrer zuständigen KV. Trotz nachvollziehbarer Frustration sollten die gesetzlich vorgeschriebenen Digitalisierungsprozesse in der Praxis möglichst umgesetzt werden – nicht zuletzt, um Honorarkürzungen abzuwenden.
AUSGABE: AAA 5/2022, S. 13 · ID: 48238106