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GOÄ-LeistungenLaboranalysen in der eigenen Praxis: Was ist möglich, was ist erlaubt?

Abo-Inhalt07.03.20222784 Min. LesedauerVon Dr. med. Heiner Pasch, Kürten

| Ein wesentlicher Vorteil einer Laboranalytik in der eigenen Praxis im Gegensatz zur Laborgemeinschaft ist sicherlich das zeitnah vorliegende Ergebnis. Ein weiterer Vorteil ist bei manchen Analysen, so vorzugsweise bei der INR-Bestimmung, die Tatsache, dass dadurch eine Großzahl von teilweise auch frustranen, zeitraubenden Telefonaten entfällt, um Patienten das Ergebnis und das weitere Prozedere möglichst zeitnah mitzuteilen. |

Was ist erlaubt?

Unproblematisch ist die Antwort bei den Leistungen aus dem Abschnitt M I der GOÄ, die „Vorhalteleistungen in der eigenen niedergelassenen Praxis“. Ebenso sind Leistungen aus dem Abschnitt M II, dem „Basislabor“, auch dann in der eigenen Praxis durchführbar und abrechenbar, soweit sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht werden.

Für Leistungen aus den Abschnitten M III, den „Untersuchungen von körpereigenen oder körperfremden Substanzen und körpereigenen Zellen“ sowie M IV („Untersuchungen zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern“) sieht die Sache etwas anders aus. Zu diesen Abschnitten hat die Bundesärztekammer (BÄK) entschieden, dass die Anforderungen des § 4 Abs. 2 GOÄ an „eigene Leistungen“ so auszulegen sind, dass die Voraussetzung zur Abrechnung der Fachkundenachweis nach dem Weiterbildungsrecht ist. Diese Voraussetzung gilt für alle Ärzte, die ihre Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung aus dem Jahre 1992 absolviert haben.

GOÄ: Honorarunterschiede bei gleichen Analysen

Beim Blick in die GOÄ stellt man fest, dass einige Analysen doppelt aufgelistet sind, einmal im Abschnitt M I und ein weiteres Mal im Abschnitt M II oder M III. Der einzige (aber wesentliche) Unterschied ist das Honorar, welches bei den Abrechnungspositionen aus dem Abschnitt M I meist deutlich höher ist. Dies gilt, wie Sie der Tabelle 1 entnehmen können, für die Glucose und die Thromboplastinzeit.

Tabelle 1: Honorar-Unterschiede MI gegen MII, GOÄ

M I

M II

Vorteil M I

GOÄ

Euro

(1,15-fach)

GOÄ

Euro

(1,15-fach)

Glucose

3514

4,69

3560

2,68

2,01 Euro bzw.

+ 43 %

Thromboplastinzeit (Quick, INR)

3530

8,04

3607

3,35

4,69 Euro bzw. + 58 %

Da M-III-Leistungen nicht aus der Laborgemeinschaft bezogen werden können (persönliche Aufsicht!), ist für Hausärzte in diesen Fällen (z. B. BKS, Urinuntersuchungen) die Erbringung in der eigenen Praxis die einzige Möglichkeit.

Außer den alternativen Leistungen gibt es wenige Leistungen, die immer in der eigenen Praxis durchgeführt werden müssen, wenn sie nicht an den Laborfacharzt überwiesen werden sollen. Dazu gehört der Eintauchnährboden (Nr. 4605 GOÄ).

Tabelle 2: Honorar-Unterschiede MI gegen MIII, GOÄ

M I

M III

Vorteil M I

GOÄ-Position

Euro

(1,15-fach)

GOÄ-Position

Euro

(1,15-fach)

BKS

3501

4,02

3711

2,68

1,34 Euro bzw. + 33 %

Urinteststreifen

3511

3,35

3652

2,35

1,00 Euro bzw. + 30 %

Urinsediment

3531

4,69

3653

3,35

1,34 Euro bzw. + 29 %

Eintauchnährboden

4605

4,02

Merke | Überprüfen Sie in Zusammenhang mit den GOÄ-Laborpositionen Ihre Routinen, um sicherzustellen, dass sich nicht versehentlich die eine oder andere preiswertere Laborposition aus dem Abschnitt M II oder M III als bevorzugte Abrechnungsposition eingeschlichen hat.

Labor-Schnelltests, Point-of-Care(PoC)-Tests

Labor-Schnelltests sind in der heutigen Zeit aus den Praxen niedergelassener Ärzte nicht mehr wegzudenken. Ein wichtiger, auch therapeutischer, Gewinn stellt dabei beispielsweise die Erkennung akuter Notfallsituationen dar, wie die Früherkennung eines Herzinfarkts oder einer Lungenembolie bzw. einer tiefen Thrombose.

Wenn es darum geht, ob und – falls ja – welche Schnelltests in der eigenen Praxis durchgeführt werden können, stellen sich immer wieder Fragen nach evtl. erforderlichen Qualitätskontrollen. Zudem geht es auch um die personellen Voraussetzungen, insbesondere die Frage der Laborfachkunde.

Die Frage der Qualitätskontrollen klärt sich bei einem Blick in die „Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen“ (Rili-BÄK, online unter iww.de/s6108).

Teil B1 Nr. 2.1.5 Abs. 1 RiliBÄK (Interne Qualitätskontrolle)

„Werden Unit-use-Reagenzien und die entsprechenden Messsysteme in der patientennahen Sofortdiagnostik angewendet, sind sie nach den Herstelleranweisungen zur Qualitätskontrolle zu prüfen.“

Mit anderen Worten: Sie müssen auch in der Praxis immer dann, wenn Sie Kleingeräte zur Sofort-Diagnostik benutzen, die Qualitätsvorgaben der Hersteller beachten. Sie müssen unter Umständen Kontrollmessungen mit Kontrollseren durchführen und diese auch entsprechend dokumentieren. Auch hier sollte man sich an die Vorgaben der Rili-BÄK halten. Auf Kontrollseren kann man da verzichten, wo im Trägersystem bereits eine Kontrolle implementiert ist und automatisch mitbestimmt wird.

Auch bei der externen Qualitätskontrolle sind die Praxen niedergelassener Ärzte für die Tests ausgenommen.

Teil B1 Nr. 2.2 Abs. 3 Rili-BÄK

„Die Verpflichtung nach Absatz 1 [Teilnahme an einem Ringversuch pro Quartal] gilt nicht für Untersuchungen mit Unit-use-Reagenzien im Rahmen der patientennahen Sofortdiagnostik in Praxen niedergelassener Ärzte sowie bei medizinischen Diensten ohne Zentrallabor…“

Auch die Frage nach der Laborfachkunde wird von der BÄK beantwortet. In einer Kommentierung zur Rili-BÄK schreibt sie im April 2019 zur patientennahen Sofortdiagnostik: „Die Messsysteme sind so konzipiert, dass für ihre Handhabung keine eingehende medizinisch-technische Erfahrung auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin benötigt wird.“

Merke | Für die korrekte Abrechnung von PoC-Tests in der Hausarztpraxis ist allein die Erfüllung der für jeden Test spezifischen Herstellerangaben erforderlich, die meist in einer integrierten Geräteprüfung besteht.

Nicht-Laborärzte ohne Laborfachkunde, also z. B. Hausärzte und Internisten, können lege artis Labor-Schnelltests durchführen und abrechnen, auch wenn zu deren Abrechnung Positionen aus den Abschnitten M III oder M IV benötigt werden.

Tab 3: Hausärztlich übliche PoC-Testungen

GOÄ-Position

Leistung

Punkte

Euro

(1,0-fach)

Euro

(1,15-fach)

Euro

(1,3-fach)

3514

Glucose (M I)

70

4,08

4,69

5,30

3736

Mikroalbuminurie im Urin (M III)

120

6,99

8,04

9,09

3523

ASL-Schnelltest (M I)

100

5,83

6,70

7,58

3524

CRP-Schnelltest (M I)

100

5,83

6,70

7,58

3530

Thromboplastinzeit (M I)

120

6,99

8,04

9,09

A 3732

Troponin-Test, analog Nr. 3741 (M III)*

200

11,66

13,41

15,15

3937

D-Dimer, qualitativ (M III)**

180

10,49

12,07

13,64

A 3732

D-Dimer, quantitativ, analog Nr. 3741 (M III)**

200

11,66

13,41

15,15

A 4644

Influenza-Schnelltest (M IV)

250

14,57

16,76

18,94

A 3911.H3

NMP 22-Schnelltest (M III)

450

26,23

30,16

34,10

A 4062

BNP- bzw. NT-proBNP-Schnelltest (M III)***

480

27,98

32,17

36,37

Wer bezahlt die Testmaterialien bei Schnelltests?

Nach den Vorgaben in der GOÄ sind die Kosten für Testmaterialien nicht gesondert neben den Gebühren berechnungsfähig. Vielmehr sind die Testkosten gemäß den Allgemeinen Bestimmungen Nr. 1 Abs. 2 zum Abschnitt M in den Gebühren enthalten.

Allgemeine Bestimmungen Abschnitt M Nr. 1 S. 2 GOÄ

„Mit den Gebühren für die berechnungsfähigen Leistungen sind außer den Kosten – mit Ausnahme der Versand- und Portokosten sowie der Kosten für Pharmaka im Zusammenhang mit Funktionstesten – auch die Beurteilung, die obligatorische Befunddokumentation, die Befundmitteilung sowie der einfache Befundbericht abgegolten.“

Labor und IGeL

Auch bei der Abrechnung von Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) gelten alle Regelungen und Einschränkungen der GOÄ. Insbesondere müssen die Steigerungsfaktoren gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ berücksichtigt werden. Zudem ist es unzulässig, eine abweichende Vereinbarung nach § 2 GOÄ für Leistungen aus dem Abschnitt M der GOÄ abzuschließen .

Uneingeschränkt zulässig sind jedoch runde Eurobeträge. Voraussetzung dafür ist lediglich die Angabe eines entsprechenden Steigerungsfaktors gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ.

Vorteile von Laboranalyse in der eigenen Praxis

  • Die Durchführung von bestimmten Laborleistungen kann außerhalb des Labors erfolgen, im Falle von PoC-Tests auch direkt beim Patienten, z. B. im Rahmen eines Hausbesuchs.
  • Die direkte Kontrolle der Laborergebnisse ist möglich, beispielsweise, wenn die Ergebnisse nicht plausibel sind.
  • Bei den Laborleistungen in der eigenen Praxis ist i. d. R. keine Präanalytik notwendig, da die Proben meist aus dem Vollblut entnommen werden.
  • Es stehen sofort einsetzbare, vorgefertigte Reagenzien zur Verfügung.
  • Eine aufwendige technische Qualifikation zur Gerätebedienung ist i. d. R. nicht erforderlich.
  • Ein wichtiger Vorteil ist die rasche Verfügbarkeit des Labor- bzw.- Testergebnisses und damit verbunden eine zeitnahe Entscheidung zu den therapeutischen Konsequenzen.
  • Durch Laboranalysen in der eigenen Arztpraxis können zeitliche, administrativ-organisatorische und personelle Ressourcen eingespart werden.

AUSGABE: AAA 3/2022, S. 6 · ID: 47978426

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