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Formale ZeugnisanforderungenKein qualifiziertes Arbeitszeugnis ohne das offizielle Briefpapier

Abo-Inhalt26.02.2024296 Min. LesedauerVon Ass. jur. Petra Wronewitz

| Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss auf dem offiziellen Briefpapier des ArbG ausgestellt werden. Ein Firmenstempel allein ist nicht geeignet, den formalen Anforderungen zu genügen. Zudem darf ein Schriftstück, das als Zeugnis bezeichnet wird, bei einem Dritten nicht den Eindruck erwecken, dass der ArbG lediglich den Entwurf eines Zeugnisses des ArbN oder einer dritten Person unterzeichnet hat, ohne sich mit dem Inhalt wirklich zu identifizieren. |

Sachverhalt

Der ArbG und die ArbN stritten um die Wirksamkeit einer Kündigung. Im Prozess schlossen sie einen Vergleich nach dem das Arbeitsverhältnis zum 30.9.22 endete und der ArbG verpflichtet war, seiner ehemaligen Mitarbeiterin unter demselben Datum ein Zeugnis zu erteilen. Die ArbN war nach dem Vergleich berechtigt, einen Zeugnisentwurf zu übersenden. Von dem Entwurf durfte der ArbG aber aus wichtigem Grund abweichen. Nachdem sie den Zeugnisentwurf übersendet hatte, erhielt sie mit dem Datum 15.5.23 ein Zeugnis, dem der ehemalige ArbG jedoch den Zusatz „i. A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.5.23“ zugefügt hatte. In der letzten Zeile war folgender Vermerk eingefügt: „(Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A)“. Das Schreiben war nicht auf dem offiziellen Briefpapier des ArbG geschrieben.

Die Ex-ArbN wehrte sich gerichtlich gegen dieses Zeugnis und beantragte die Zwangsvollstreckung. Das Arbeitsgericht kam dem nach. Es setzte gegen den ArbG ein Zwangsgeld fest und ordnete ersatzweise Zwangshaft an. Das war dem ArbG nicht recht. Er wehrte sich dagegen mit dem Argument, dass es sich nicht um ein Arbeitszeugnis handele, weil die Rechtsanwältin, die den Entwurf erstellt habe, nicht ArbG der ehemaligen Mitarbeiterin sei. Dieses Zeugnis könne von ihm nicht unterschrieben werden, da die Urheberschaft bei der Rechtsanwältin läge und er sich einer Urkundenfälschung strafbar mache. Auch dürfe das Zeugnis aus dem gleichen Grund nicht rückdatiert werden. Der ehemalige ArbG wähnte sich sogar so sehr im Recht, dass er aufgrund der Forderung der gegnerischen Anwältin bereits Strafanzeige gegen diese wegen Anstiftung zu der Straftat erstattet habe. Sollte er in Zwangshaft genommen werden, dann werde er aus der Haft die Presse einschalten und die Arbeitsrichterin für den Praxisausfall haftbar machen.

Entscheidungsgründe

Das LAG Berlin-Brandenburg (28.11.23, 26 Ta 1198/23, Abruf-Nr. 238776) half der zulässigen Beschwerde nicht ab, denn es hielt sie für unbegründet.

Bei der Erteilung eines Zeugnisses handele es sich um eine unvertretbare Handlung, zu der der ehemalige ArbG zu Recht durch Zwangsgeld und angedrohte Zwangshaft nach § 888 ZPO angehalten worden sei, weil er die Handlung nicht vorgenommen habe. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lägen vor. Der Vergleich sei ein vollstreckbarer Titel. Eine vollstreckbare Ausfertigung sei erteilt und die Zustellung erfolgt.

Das Schriftstück vom 15.5.23 sei nicht geeignet, den Anspruch der ehemaligen ArbN aus dem Vergleich auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erfüllen. Mit den im Vergleich aufgenommenen Regelungen verpflichte dieser den ehemaligen ArbG nicht, den übersandten Zeugnisentwurf ungeprüft und ohne jede Änderung zu übernehmen. Eine einschränkungslose Verpflichtung zur ungeprüften und unabänderlichen Übernahme des Entwurfs hätten die Parteien dadurch ausgeschlossen, dass es dem ArbG unbenommen bliebe, bestimmte Formulierungen aus wichtigem Grund abzulehnen. Es wäre ihm möglich gewesen, den Entwurf an die Vorgaben des § 109 GewO anzupassen.

Zu den Mindestanforderungen an ein Arbeitszeugnis zähle jedenfalls, dass es mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestaltet sein müsse, aus dem der Name und die Anschrift des Ausstellers erkennbar seien. Da in der Branche der Parteien üblicherweise im geschäftlichen Verkehr Firmenbögen verwandt würden, die der ArbG auch benutze, sei ein Zeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt, wenn es nur mit einer Unterschrift des Geschäftsführers versehen sei.

Es sei zudem nicht ausreichend, wenn ein als Zeugnis bezeichnetes Schriftstück bei einem Dritten den Eindruck erwecken könne, der ArbG habe lediglich einen Zeugnisentwurf der ArbN unterzeichnet, ohne sich wirklich mit dem Inhalt der Erklärung zu identifizieren. Gerade das sei hier durch die Verwendung der Zusätze der Fall.

Relevanz für die Praxis

Die Rechtsprechung ist umfangreich zu den formalen Kriterien, die ein Zeugnis erfüllen muss. In einer Entscheidung des BAG (3.3.93, 5 AZR 182/92) stellte das Gericht eindeutige formale Kriterien auf. Danach muss das Zeugnis

  • auf haltbarem Papier von guter Qualität verfasst sein,
  • sauber und ordentlich geschrieben sein und
  • frei von Flecken, Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder Ähnlichem sein.

Der Senat stellte bereits fest, dass offizielles Firmenpapier verwendet werden muss, wenn das bei den jeweiligen ArbG üblich ist. Insofern führt dieser Fall die Linie der BAG-Rechtsprechung fort. Hier ist kurios, wie sehr und mit welchen Argumenten sich der ArbG gegen den Anspruch wehrte. Darauf, dass man sich der Anstiftung zu einer Urkundenfälschung strafbar macht, wenn man einen Zeugnisentwurf verwendet, muss man erst mal kommen.

Weiterführende Hinweise
  • Weglassen der Abschlussformel wegen Änderungswunsch des ArbN, BAG in AA 24, 5
  • Dank und Wünsche: Kein integraler Bestandteil, BAG in AA 22, 173
  • Wenn ArbN und ArbG sich um die Formulierung des Zeugnisses streiten: Eine Gegenüberstellung in AA 22, 114

AUSGABE: AA 3/2024, S. 42 · ID: 49876159

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