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ZahnarzthaftungWann haften Zahnärzte beim Einsatz von KI? – diese Neuregelungen sollten Sie im Auge haben!

Abo-Inhalt11.08.2025782 Min. LesedauerVon RA, FA MedR, Dr. Rainer Hellweg, Hannover

| Heute wird künstliche Intelligenz (KI) in einigen Praxen und Kliniken schon unterstützend eingesetzt, wie z. B. in der Diagnostik. Eine Ausweitung dieser Entwicklung ist perspektivisch anzunehmen. Aber welche rechtlichen Neuregelungen sind für die Zukunft zu erwarten? Wann kommt die Patientenversicherung für den Einsatz von KI? Gibt es Haftungsrisiken, wenn KI nicht eingesetzt wird? Antworten gibt dieser Beitrag. |

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KI-Verordnung und Produkthaftungsrichtlinie der EU

Wenn KI als Medizinprodukt eingesetzt wird, sind schon jetzt die geltenden Regelungen der KI-Verordnung (KI-VO) bzw. AI-Act (engl.) der EU zu beachten (ZP 07/2025, Seite 2; ai-act-law.eu/de). Weitere Anforderungen stehen jedoch ins Haus, die in Brüssel schon verabschiedet sind, in Deutschland aber noch umgesetzt werden müssen, bevor sie tatsächlich gelten. Dabei geht es um die im Dezember 2024 in Kraft getretene neue EU-Produkthaftungsrichtlinie 2024/2853 (iww.de/s12568). Sie wird die aus dem Jahr 1985 stammende Produkthaftungsrichtlinie der EU ersetzen, die die einzelnen Mitgliedstaaten – auch Deutschland – bis Dezember 2026 in nationales Recht umsetzen müssen.

Die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie legt den Haftungsrahmen fest, wann Unternehmen für Schäden haften, die durch einen Fehler ihres Produkts verursacht wurden. Es handelt sich dabei um eine verschuldensunabhängige Haftung, d. h., der geschädigte Verbraucher muss keine Fahrlässigkeit oder keinen Vorsatz des Unternehmens nachweisen.

Die Richtlinie betrifft alle Unternehmen, die Produkte in der EU herstellen oder in den Verkehr bringen. Dies betrifft in erster Linie die Hersteller von KI. Praxisinhaber können aber in die Haftung geraten, etwa wenn eine KI-Software – wie jedes andere Medizinprodukt auch – nicht bestimmungsgemäß eingesetzt oder falsch bedient wird.

Neue und strengere Regelungen, insbesondere zur Cybersicherheit!

  • Es wird klargestellt, dass auch (integrierte oder eigenständige) Software sowie KI-basierte Produkte unter die Produkthaftungsrichtlinie fallen. Dies gilt somit für in der Praxis verwendete KI-Produkte oder KI-Software.
  • Gehaftet werden muss für Schäden, die aufgrund nicht hinreichender Softwareupdates oder eines zu schwachen Cybersicherheitsschutzes entstehen. Praxen sind somit gut beraten, hierauf besonders zu achten.
  • Der ersatzfähige Schaden wird auch den Verlust oder die Verfälschung von Daten umfassen. Wenn also Patientendaten verloren gehen oder gestohlen werden aufgrund unzureichender Cybersicherheit bei der KI, wird allein dies zur Haftung führen können.

Wann kommt die Patientenversicherung für KI?

Schon länger und immer wieder mal wird für den Bereich der (Zahn-)Arzthaftung generell die Einführung einer „Heilbehandlungsrisikoversicherung“ diskutiert. Hiernach würden sämtliche iatrogenen Schäden durch diese Versicherung abgedeckt – gleich ob ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht. Dieser Gedanke hat sich jedoch bisher politisch nicht durchgesetzt, vor allem weil die Risikoverteilung als ungerecht empfunden wird. Warum sollen am konkreten Behandlungsfall Unbeteiligte zahlen, die sich nichts haben „zuschulden“ kommen lassen? Im Zusammenhang mit KI wiederum kommt eine solche Diskussion neu in Gang. Schließlich geht es bei KI um vernetzte Systeme, bei denen der Nachweis der Verursachung eines Schadens durch einen individuellen Akteur mit steigendem Grad der Vernetzung immer schwieriger wird. Dies könnte für die Einführung einer „KI-Heilbehandlungsrisikoversicherung“ sprechen, in die alle einzahlen müssten – ähnlich der gesetzlichen Unfallversicherung. Aktuell ist dies aber nur eine Diskussion unter Fachleuten und potenzielle Zukunftsmusik.

Wird der Nichteinsatz von KI zum Behandlungsfehler?

Möglich ist, dass sich Praxen und Kliniken dem Einsatz von KI grundsätzlich verweigern, sei es aus mangelnden finanziellen Mitteln oder aufgrund einer generellen Ablehnung solcher Systeme. Dann stellt sich – unter der Prämisse der Verfügbarkeit eines technisch gut funktionierenden Systems – die Frage, ob ein robotisches oder KI-System bei der Behandlung eingesetzt werden muss, also ob der Nichteinsatz als haftungsbegründendes Zurückbleiben hinter dem gebotenen Behandlungsstandard anzusehen wäre.

Solange KI in der betreffenden Anwendung noch als Neulandmethode – und nicht als Standardmethode (ZP 06/2025, Seite 3) – anzusehen ist, darf es im Rahmen der Therapiefreiheit nach Abwägung und mit entsprechender Aufklärung eingesetzt werden. Eine Verpflichtung der (Zahn-)Ärzte oder einer Klinik, dies anzubieten, besteht aber nicht.

Wenn sich das KI-System in der Zukunft hingegen zur Standardmethode entwickelt haben sollte, bestimmen der Stand der medizinischen Wissenschaft und der daraus folgende Behandlungsstandard, ob es zum Einsatz kommen muss. Allgemein gilt für die Bestimmung des erforderlichen Standards: Die in der Praxis angebotenen Behandlungsmethoden und technischen Ausstattungen müssen das für eine Behandlung lege artis Mögliche und Zumutbare abbilden, nicht aber das weltweit verfügbare Optimum. Es muss nicht jedes neueste Therapiekonzept verfolgt oder jede neueste technische Ausstattung angeschafft werden.

Merke | Falls sich die neue Behandlungsmethode – unter Einsatz von KI – weitgehend durchgesetzt haben und für das Therapie-Outcome entscheidende Vorteile bieten sollte, wäre eine initiative Aufklärung der Patienten haftungsrechtlich geboten. Die Patienten müssten vor Behandlungsbeginn explizit darauf hingewiesen werden, dass andernorts – in einer anderen Praxis oder Klinik – neue und bessere Therapien zur Verfügung stünden.

AUSGABE: ZP 8/2025, S. 15 · ID: 50385251

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