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KündigungsgründeDie Kündigung von Low Performern, Kurzzeiterkrankten & Arbeitszeitbetrügern im Überblick

Abo-Inhalt13.08.202589 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Heike Mareck, Externe Datenschutzbeauftragte, Dortmund

| Mögliche Abmahnungs- und Kündigungsgründe sowie der richtige Umgang mit sogenannten „Low Performern“, Kurzzeiterkrankten oder Arbeitszeitbetrügern hängen häufig von sehr speziellen Fragen und noch detaillierteren Antworten ab. Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick darüber, worauf sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer diesbezüglich einstellen sollten. Zudem gibt es Hinweise, wohin sich die Rechtsprechung in diesem Themenkomplex in der letzten Zeit bewegt (hat). |

Der Low Performer

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein Arbeitnehmer ein Low Performer, wenn er längerfristig im Durchschnitt weniger als 66 Prozent der Leistung eines vergleichbaren Arbeitnehmers erbringt (Urteile vom 03.06.2004, Az. 2 AZR 386/03 und 11.12.2003, Az. 2 AZR 667/02).

Doch welche Leistung schuldet der Arbeitnehmer überhaupt? Hierbei gilt der sogenannte subjektive Leistungsbegriff des BAG: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“. Der Begriff orientiert sich an der jeweiligen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, die ausgeschöpft werden muss (BAG-Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06).

Nach Ansicht eines Teils der Literatur ist die „objektive Normalleistung“ geschuldet. Dies ist die „Leistung, die der Arbeitnehmer nach Einarbeitung bei angemessenen Arbeitsbedingungen ohne Rücksicht auf Geschlecht, Alter, normale Schwankungen ohne gesteigerte Anstrengungen erbringen kann“.

Wie kann einem Low Performer gekündigt werden? Wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum die Durchschnittsleistung um mehr als 33 Prozent unterschreitet, kann dies ggf. nach einer einschlägigen Abmahnung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen (Landesarbeitsgericht [LAG] Köln, Urteil vom 03.05.2022, Az. 4 Sa 548/21 und Az. 4 Sa 762/21).

Checkliste / Unterschied „Low Performer“ und „Quiet Quitting“

Ein Low Performer ist ein „Minderleister“, dessen Leistung unter dem objektiven Durchschnitt der Normalleistung liegt. Ursachen können fehlende körperliche Leistungsfähigkeit oder mangelnder Leistungswille und damit personen- oder verhaltensbedingt sein.

Beim „Quiet Quitting“ hingegen kann der Arbeitnehmer durchaus leistungsfähig und auch leistungswillig sein, aber nur in dem vertraglichen Rahmen. Das findet seinen Ausspruch darin, dass keine Überstunden geleistet, keine Mehrarbeit und keine Extraaufgaben oder Sonderprojekte freiwillig übernommen werden. Die Grenzen können bei diesen Verhaltensweisen aber verschwimmen.

Checkliste / Low Performer: Wann kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht?

Auf Pflichtverletzungen beruhende Schlechtleistungen sind geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Nachfolgend sechs Fakten:

  • Ob eine Leistung eine Schlechtleistung ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Ist die Arbeitsleistung im Vertrag der Menge und der Qualität nach nicht oder nicht näher beschrieben, so richtet sich der Inhalt des Leistungsversprechens zum einen nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts festzulegenden Arbeitsinhalt und zum anderen nach dem persönlichen, subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch und orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers.
  • Der Arbeitnehmer kann seine Arbeitspflicht selbst willkürlich nicht bestimmen. Er darf nicht das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einseitig bestimmen. Er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten.
  • Ob der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nachkommt, ist für den Arbeitgeber anhand objektivierbarer Kriterien nicht immer erkennbar. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.
  • In einer Vergleichsgruppe ist stets ein Angehöriger der Gruppe das „Schlusslicht“. Das kann auch daran liegen, dass die übrigen Gruppenangehörigen besonders leistungsstark sind, sich überfordern oder dass umgekehrt der gruppenschwächste Arbeitnehmer besonders leistungsschwach ist.
  • Andererseits ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichbaren Mittelwerts oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Reserven nicht ausschöpft, die mit zumutbaren Anstrengungen nutzbar wären. Dem muss auch im Rahmen des Kündigungsschutzrechts Rechnung getragen werden. Ansonsten würde einer Vertragspartei die Möglichkeit genommen, einen vertragswidrigen Zustand mit rechtlich zulässigen Mitteln zu beseitigen (BAG, Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06).
  • Bei quantitativen Minderleistungen orientiert sich die Rechtsprechung an den Werten, die für die Annahme einer grundlegenden Störung des Leistungsgleichgewichts herangezogen worden sind (BAG-Urteil vom 11.12.2003, Az. 2 AZR 667/02).

Checkliste / Low-Performer-Kündigung: Wer muss was beweisen?

Es gelten die Regeln der abgestuften Darlegungslast:

  • 1. Zunächst ist es Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen hervorgeht, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten.
  • 2. Davon kann dann gesprochen werden, wenn – gemessen an der durchschnittlichen Leistung der vergleichbaren Arbeitnehmer – das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist. Zum Beispiel bei einer langfristigen Unterschreitung der Durchschnittsleistung um mehr als 1/3. Dem entspricht es, wenn das BAG in anderen Fällen unterhalb einer Grenze von etwa 1/3 liegende Vergütungseinbußen als noch hinnehmbar und nicht als eine grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichts im kündigungsrechtlich geschützten Kernbereich ansieht (BAG 11.12.03, 2 AZR 667/02, Abruf-Nr. 042210).
  • 3. Trägt der Arbeitgeber vor, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen – gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit oder betriebliche Umstände eine Rolle spielen.
  • 4. Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, ist es Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden (§ 138 Abs. 3 Zivilprozessordnung, ZPO). Es ist dann davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.

Checkliste / Empfehlungen für den Arbeitgeber

  • 1. Leistungsabfall dokumentieren: darlegen und nachvollziehbar dokumentieren,
    • welche Arbeitnehmer aus welchen Gründen mit dem Low Performer vergleichbar sind;
    • dass der schlechte Mitarbeiter im Durchschnitt weniger als 66 Prozent der Leistung der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer erbringt.
  • 2. Konsequente Kündigung in der Probezeit: für Arbeitgeber von Vorteil, weil in dieser Zeit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch keine Anwendung findet und so die Kündigung nicht durch betriebliche, personen- oder verhaltensbedingte Gründe sozial gerechtfertigt sein muss. Bloße Erklärung ist ausreichend, dass der gekündigte Arbeitnehmer z. B. nicht ins Team passt oder nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt.
  • 3. Nach der Probezeit: Arbeitgeber hat den Eindruck, Leistungsabfall des Low Performers sei darauf zurückzuführen, dass dieser 100 Prozent bringen kann, dies aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht will: dann Abmahnung. Nicht selten führt das zu einer Leistungssteigerung. Sollte der Low Performer weiter nicht leistungsbereit sein, liegt im erfolglosen Ausspruch einer Abmahnung die Grundlage für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung. Aus Beweisgründen Abmahnung schriftlich erteilen und wiederum um die Bestätigung des Mitarbeiters bitten, dass er sie erhalten hat bzw. einen verlässlichen Zeugen bei der Übergabe hinzuziehen.
  • 4. Verhaltensbedingte Kündigung? Der Arbeitgeber muss dokumentieren, dass der Mitarbeiter die Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg schuldhaft um mindestens ein Drittel unterschritten hat. Erfolglose Abmahnung mit anschließend hinreichender Gelegenheit, die schuldhafte Schlechtleistung abzustellen, muss Arbeitgeber beweisen.
  • 5. Personenbedingte Kündigung: Der Arbeitgeber weiß meist nicht, ob der Low Performer schlecht leistet, weil er die vertragsgerechte Leistung nicht erbringen will (Bereich der verhaltensbedingten Kündigung) oder weil er die vertragsgerechte Leistung nicht erbringen kann (Bereich der personenbedingten Kündigung). Die Schlechtleistung ist meist auf fehlende Einsatzbereitschaft und fehlendes Leistungsvermögen zurückzuführen. Der Arbeitgeber muss bei personenbedingter Kündigung beweisen, dass die Leistung der Kollegen um ein Drittel unterschritten wird. Zudem: negative Prognose, dass auch in Zukunft weiter mit einer Schlechtleistung des Mitarbeiters zu rechnen ist und dass es keine milderen Mittel als eine Kündigung gibt, wie z. B. Umschulung, Fortbildung oder Versetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz.

Der Arbeitnehmer, der häufig kurz erkrankt

Bei häufigen (Kurz-)Erkrankungen ist, damit sie eine Kündigung sozial rechtfertigen können, zunächst eine negative Gesundheitsprognose erforderlich:

  • Es müssen im Kündigungszeitpunkt objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen (1. Stufe).
  • Die prognostizierten Fehlzeiten müssen außerdem zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, was als Teil des Kündigungsgrundes festzustellen ist (2. Stufe). Diese Beeinträchtigungen können sowohl in Betriebsablaufstörungen als auch in zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten liegen, sofern die Zahlungen einen Umfang von sechs Wochen im Jahr übersteigen.
  • Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung (3. Stufe) ist zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber gleichwohl hingenommen werden müssen (BAG-Urteil vom 25.04.2018, Az. 2 AZR 6/18).

Treten während der letzten Jahre jährlich mehrere (Kurz-)Erkrankungen auf, spricht dies für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbilds, es sei denn, die Krankheiten sind ausgeheilt (BAG-Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 755/13). Der Arbeitgeber darf sich deshalb auf der 1. Stufe zunächst darauf beschränken, die Fehlzeiten der Vergangenheit darzustellen und zu behaupten, in Zukunft seien Krankheitszeiten in entsprechendem Umfang zu erwarten (BAG a. a. O.). Dann ist es Sache des Arbeitnehmers, gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, weshalb im Kündigungszeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war. Er genügt dieser prozessualen Mitwirkungspflicht schon, wenn er vorträgt, die behandelnden Ärzte hätten seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn er diese von ihrer Schweigepflicht entbindet (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2022, Az. 14 Sa 825/21). Je nach Erheblichkeit des Vortrags ist es dann Sache des Arbeitgebers, den Beweis für die Berechtigung einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (BAG a. a. O.).

Bei einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen kann die Berücksichtigung eines zweijährigen Referenzzeitraums im Einzelfall ausreichend sein (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2022, Az. 14 Sa 825/21; anhängig beim BAG unter Az. 2 AZR 252/22).

Das Vortäuschen einer Krankheit

Ein Arbeitnehmer, der sich krankmeldet und in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Partys feiert, riskiert die fristlose Kündigung, so das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 01.12.2022, Az. 5 Ca 1200/22). Hintergrund des Streites war eine Party, zu der die Arbeitnehmerin ging, obwohl sie sich krankgemeldet hatte. Im WhatsApp-Status der Arbeitnehmerin und auf der Homepage des Partyveranstalters befanden sich Fotos von der feiernden Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage – erfolglos. Details zum Urteil in ZP 06/2023, Seite 16.

Der Arbeitszeitbetrug

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (LAG Hamm, Urteil vom 27.01.2023, Az. 13 Sa 1007/22). Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr und für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Besonders schwerwiegend war für das Gericht der mit der Pflichtverletzung verbundene schwere Vertrauensbruch. Ein solcher lag aus Sicht des LAG irreparabel vor, eine Abmahnung hielt es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung daher für entbehrlich.

Der „wilde“ Streik

Streiken ist arbeitsrechtlich erlaubt, wenn die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Streik vorliegen. Dazu gehört, dass ein Streik von einer tariffähigen Partei geführt wird, wie z. B. dem Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) der im März und April 2025 zu Warnstreiks aufgerufen hatte (Quelle: iww.de/s13154). Nicht umfasst ist ein wilder Streik, also ein Arbeitskampf, der ohne eine Gewerkschaft geführt wird. Die Teilnahme an einem wilden Streik ist eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Sie kann nach erfolgter Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

AUSGABE: ZP 8/2025, S. 17 · ID: 49794145

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