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KündigungsgründeDie Kündigung von Low Performern, Kurzzeiterkrankten & Arbeitszeitbetrügern im Überblick
| Mögliche Abmahnungs- und Kündigungsgründe sowie der richtige Umgang mit sogenannten „Low Performern“, Kurzzeiterkrankten oder Arbeitszeitbetrügern hängen häufig von sehr speziellen Fragen und noch detaillierteren Antworten ab. Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick darüber, worauf sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer diesbezüglich einstellen sollten. Zudem gibt es Hinweise, wohin sich die Rechtsprechung in diesem Themenkomplex in der letzten Zeit bewegt (hat). |
Der Low Performer
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein Arbeitnehmer ein Low Performer, wenn er längerfristig im Durchschnitt weniger als 66 Prozent der Leistung eines vergleichbaren Arbeitnehmers erbringt (Urteile vom 03.06.2004, Az. 2 AZR 386/03 und 11.12.2003, Az. 2 AZR 667/02).
Doch welche Leistung schuldet der Arbeitnehmer überhaupt? Hierbei gilt der sogenannte subjektive Leistungsbegriff des BAG: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“. Der Begriff orientiert sich an der jeweiligen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, die ausgeschöpft werden muss (BAG-Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06).
Nach Ansicht eines Teils der Literatur ist die „objektive Normalleistung“ geschuldet. Dies ist die „Leistung, die der Arbeitnehmer nach Einarbeitung bei angemessenen Arbeitsbedingungen ohne Rücksicht auf Geschlecht, Alter, normale Schwankungen ohne gesteigerte Anstrengungen erbringen kann“.
Wie kann einem Low Performer gekündigt werden? Wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum die Durchschnittsleistung um mehr als 33 Prozent unterschreitet, kann dies ggf. nach einer einschlägigen Abmahnung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen (Landesarbeitsgericht [LAG] Köln, Urteil vom 03.05.2022, Az. 4 Sa 548/21 und Az. 4 Sa 762/21).
Checkliste / Unterschied „Low Performer“ und „Quiet Quitting“ | |
Ein Low Performer ist ein „Minderleister“, dessen Leistung unter dem objektiven Durchschnitt der Normalleistung liegt. Ursachen können fehlende körperliche Leistungsfähigkeit oder mangelnder Leistungswille und damit personen- oder verhaltensbedingt sein. | Beim „Quiet Quitting“ hingegen kann der Arbeitnehmer durchaus leistungsfähig und auch leistungswillig sein, aber nur in dem vertraglichen Rahmen. Das findet seinen Ausspruch darin, dass keine Überstunden geleistet, keine Mehrarbeit und keine Extraaufgaben oder Sonderprojekte freiwillig übernommen werden. Die Grenzen können bei diesen Verhaltensweisen aber verschwimmen. |
Checkliste / Low Performer: Wann kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht? |
Auf Pflichtverletzungen beruhende Schlechtleistungen sind geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Nachfolgend sechs Fakten:
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Checkliste / Low-Performer-Kündigung: Wer muss was beweisen? |
Es gelten die Regeln der abgestuften Darlegungslast:
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Checkliste / Empfehlungen für den Arbeitgeber |
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Der Arbeitnehmer, der häufig kurz erkrankt
Bei häufigen (Kurz-)Erkrankungen ist, damit sie eine Kündigung sozial rechtfertigen können, zunächst eine negative Gesundheitsprognose erforderlich:
- Es müssen im Kündigungszeitpunkt objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen (1. Stufe).
- Die prognostizierten Fehlzeiten müssen außerdem zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, was als Teil des Kündigungsgrundes festzustellen ist (2. Stufe). Diese Beeinträchtigungen können sowohl in Betriebsablaufstörungen als auch in zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten liegen, sofern die Zahlungen einen Umfang von sechs Wochen im Jahr übersteigen.
- Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung (3. Stufe) ist zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber gleichwohl hingenommen werden müssen (BAG-Urteil vom 25.04.2018, Az. 2 AZR 6/18).
Treten während der letzten Jahre jährlich mehrere (Kurz-)Erkrankungen auf, spricht dies für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbilds, es sei denn, die Krankheiten sind ausgeheilt (BAG-Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 755/13). Der Arbeitgeber darf sich deshalb auf der 1. Stufe zunächst darauf beschränken, die Fehlzeiten der Vergangenheit darzustellen und zu behaupten, in Zukunft seien Krankheitszeiten in entsprechendem Umfang zu erwarten (BAG a. a. O.). Dann ist es Sache des Arbeitnehmers, gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, weshalb im Kündigungszeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war. Er genügt dieser prozessualen Mitwirkungspflicht schon, wenn er vorträgt, die behandelnden Ärzte hätten seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn er diese von ihrer Schweigepflicht entbindet (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2022, Az. 14 Sa 825/21). Je nach Erheblichkeit des Vortrags ist es dann Sache des Arbeitgebers, den Beweis für die Berechtigung einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (BAG a. a. O.).
Bei einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen kann die Berücksichtigung eines zweijährigen Referenzzeitraums im Einzelfall ausreichend sein (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2022, Az. 14 Sa 825/21; anhängig beim BAG unter Az. 2 AZR 252/22).
Das Vortäuschen einer Krankheit
Ein Arbeitnehmer, der sich krankmeldet und in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Partys feiert, riskiert die fristlose Kündigung, so das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 01.12.2022, Az. 5 Ca 1200/22). Hintergrund des Streites war eine Party, zu der die Arbeitnehmerin ging, obwohl sie sich krankgemeldet hatte. Im WhatsApp-Status der Arbeitnehmerin und auf der Homepage des Partyveranstalters befanden sich Fotos von der feiernden Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage – erfolglos. Details zum Urteil in ZP 06/2023, Seite 16.
Der Arbeitszeitbetrug
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (LAG Hamm, Urteil vom 27.01.2023, Az. 13 Sa 1007/22). Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr und für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Besonders schwerwiegend war für das Gericht der mit der Pflichtverletzung verbundene schwere Vertrauensbruch. Ein solcher lag aus Sicht des LAG irreparabel vor, eine Abmahnung hielt es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung daher für entbehrlich.
Der „wilde“ Streik
Streiken ist arbeitsrechtlich erlaubt, wenn die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Streik vorliegen. Dazu gehört, dass ein Streik von einer tariffähigen Partei geführt wird, wie z. B. dem Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) der im März und April 2025 zu Warnstreiks aufgerufen hatte (Quelle: iww.de/s13154). Nicht umfasst ist ein wilder Streik, also ein Arbeitskampf, der ohne eine Gewerkschaft geführt wird. Die Teilnahme an einem wilden Streik ist eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Sie kann nach erfolgter Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
AUSGABE: ZP 8/2025, S. 17 · ID: 49794145