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BeschäftigtendatenschutzAuskünfte über Ex-Mitarbeiter an deren neuen Arbeitgeber: So sind Sie auf der sicheren Seite!

Abo-Inhalt11.01.20231343 Min. LesedauerVon RA, FA MedR, ArbR und HGR, Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen

| Dürfen Sie als Arbeitgeber andere (potenzielle) Arbeitgeber vor Ihren ehemaligen Mitarbeitern warnen? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz sagt Ja – aber nur bei berechtigtem Interesse (Urteil vom 05.07.2022, Az. 6 Sa 54/22). Allgemeine Kriterien für ein berechtigtes Interesse an Auskünften definierte das Gericht allerdings nicht. Praxischefs sollten daher die Tipps in diesem Beitrag beherzigen, bevor sie zum Hörer greifen und mit dem neuen Chef ihres Ex-Mitarbeiters telefonieren. |

Unterlassungsklage einer Pflegekraft erfolgreich

Eine Pflegekraft – die spätere Klägerin – hatte auf eigenen Wunsch den Arbeitgeber gewechselt. Am ersten Arbeitstag beim neuen Arbeitgeber rief der Geschäftsführer des ehemaligen Arbeitgebers den Neuarbeitgeber an und warnte ihn vor der Unzuverlässigkeit seiner ehemaligen Mitarbeiterin. Ihr Lebenslauf sei lückenhaft, sie sei mehrere Nachmittage unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben und habe sich privaten Angelegenheiten gewidmet, zudem mangele es ihr an bestimmten Kompetenzen. Die Arbeitnehmerin verklagte den Altarbeitgeber daraufhin erfolgreich auf Unterlassung und wie auch die Vorinstanz (Arbeitsgericht Kaiserslautern, Urteil vom 25.01.2022, Az. 4 Ca 488/21) gab das LAG der Unterlassungsklage der Pflegekraft statt.

Die Begründung: Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers können gerechtfertigt sein. So sei der Arbeitgeber wegen seiner nachwirkenden Fürsorgepflicht gehalten, über die Erteilung eines Zeugnisses hinaus im Interesse des ausgeschiedenen Arbeitnehmers Auskünfte an Personen zu erteilen, mit denen der Arbeitnehmer über den Abschluss eines Arbeitsvertrags verhandle. Solche Auskünfte dürfe er auch gegen den Willen des Arbeitnehmers erteilen; er könne grundsätzlich nicht gehindert werden, andere Arbeitgeber bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen. Im Einzelfall sei aber durch Güter- und Interessenabwägung zu klären, ob dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gleichwertige und schutzwürdige Interessen künftiger Arbeitgeber gegenüberstehen: So begründe z. B. der Hinweis auf einen lückenhaften Lebenslauf kein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers. Die Arbeitnehmerin habe ein berechtigtes Interesse daran, den Verlauf vorangegangener Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrer persönlichen Wahrnehmung zu schildern und nicht befürchten zu müssen, dass subjektive Wahrnehmungen des Altarbeitgebers ihren Ruf schädigen. Ähnliches gelte für die weiteren Äußerungen des Geschäftsführers.

Das LAG äußerte insoweit abschließend den Eindruck, dass die Äußerungen des Geschäftsführers z. T. durch die Auseinandersetzung der Parteien im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bedingt seien.

Informationen über Ex-Mitarbeiter – die Rechtsgrundlagen

Nicht nur bei Warnungen, sondern auch bei der Weitergabe anderer Informationen an neue oder potenzielle Arbeitgeber ist Vorsicht geboten. Als Praxisinhaber und Arbeitgeber ist es in Ihrem eigenen Interesse, die gesetzlichen Regelungen zum Arbeitszeugnis (Details hierzu in ZP 05/2014, Seite 19) und zur Auskunftserteilung einzuhalten.

Bei einer Auskunftserteilung an Dritte haben Arbeitgeber vor allem die zwingenden Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und des Strafgesetzbuchs (StGB) zu beachten. Auskünfte an den potenziellen neuen Arbeitgeber sind danach ohne ausdrückliche Einwilligung des ehemaligen Arbeitnehmers nicht zulässig. Es fehlt insoweit an einer Erlaubnisnorm i. S. d. DSGVO. Die unbefugte Weitergabe von personenbezogenen Daten kann gemäß Art. 83 DSGVO mit einer Geldbuße geahndet werden.

Im Falle einer unberechtigten Auskunftserteilung können dem ehemaligen Arbeitnehmer zudem Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegen den ehemaligen Arbeitgeber zustehen (Art. 82 Abs. 1 DSGVO, online unter iww.de/s7100), wenn ihm durch die unberechtigte Auskunftserteilung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, etwa weil sein Stellengesuch bzw. seine Bewerbung wegen der erteilten Auskunft abgelehnt wurde. Die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden sowie den Umstand, dass dieser Schaden im Verantwortungsbereich des Altarbeitgebers lag, trägt der Arbeitnehmer.

Darüber hinaus kann sich der Altarbeitgeber durch eine unberechtigte Auskunftserteilung wegen Verletzung von Privatgeheimissen (§ 203 StGB) oder übler Nachrede (§ 186 StGB) strafbar machen. Auch der Straftatbestand des § 42 Abs. 1 und 2 BDSG kann u. U. verwirklicht sein.

So sind Sie als Praxisinhaber auf der sicheren Seite

Als Praxisinhaber und Arbeitgeber sollten Sie bei der Weitergabe jeglicher Informationen über ehemalige Mitarbeiter den sichersten Weg wählen. Grundsätzlich sollten Sie keine über den Inhalt der erteilten Zeugnisse hinausgehenden Auskünfte erteilen. Aufgrund der Unklarheiten in der aktuellen Rechtsprechung sind folgende Handlungsempfehlungen angezeigt:

  • Informieren Sie betroffene Arbeitnehmer über die Anfrage eines potenziellen Neuarbeitgebers.
  • Holen Sie die schriftliche Einwilligung der Beschäftigten zur Datenverarbeitung und Auskunftserteilung ein.
  • Erteilen Sie Auskünfte nur dann, wenn dies im Interesse des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers liegt. Im Zweifelsfall sollte der betroffene Arbeitnehmer selbst über die Auskunftserteilung entscheiden.
  • Binden Sie – soweit vorhanden – den Datenschutzbeauftragten Ihrer Praxis ein (ZP 04/2018, Seite 12).
  • Nutzen Sie zur Auskunftserteilung gesicherte Übertragungswege (z. B. Mail mit End-to-End-Verschlüsselung).

AUSGABE: ZP 2/2023, S. 9 · ID: 48768793

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