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GewinnthesaurierungWann die Gewinnthesaurierung nach § 34a EStG für Versicherungsvermittler sinnvoll sein kann

Abo-Inhalt04.04.20254817 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Gewinnthesaurierung nach § 34a EStG ist in der Praxis eine oft unbekannte Vorschrift. Dennoch hat das BMF am 12.03.2025 ein 26 Seiten umfassendes Anwendungsschreiben veröffentlicht. Da stellt sich schnell die Frage: Worum geht es bei der Thesaurierung überhaupt? Rentiert sich die Gewinnthesaurierung auch für Versicherungsvermittler? VVP erläutert die Details. |

Das gilt bei der „normalen“ Besteuerung

Erzielt ein Versicherungsvermittler einen Gewinn, dann unterliegt dieser in voller Höhe der Besteuerung – maximal zum Spitzensteuersatz von 45 Prozent zzgl. Soli. Gleiches gilt für den Gewinn aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft. Das Problem: Soll der Gewinn betrieblich investiert werden, mindert die Besteuerung erheblich die Liquidität und damit die betriebliche Investitionsmöglichkeit. Etwas anders sieht das bei Kapitalgesellschaften aus. Bei diesen fallen auf Ebene der Gesellschaft nur rund 30 Prozent Steuern an (Körperschaft- und Gewerbesteuer). Erst bei einer Ausschüttung des Restgewinns an den Gesellschafter erfolgt eine weitere Besteuerung mit der Abgeltungsteuer von 25 Prozent (§ 32d Abs. 1 EStG). Damit steht einer Kapitalgesellschaft – ohne Ausschüttung – ein höherer Gewinn nach Steuern für betriebliche Investitionen zur Verfügung.

So funktioniert die Gewinnthesaurierung am Beispiel erklärt

§ 34a EStG ermöglicht Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Personengesellschaften, eine mit Kapitalgesellschaften vergleichbare Besteuerung zu erreichen. Auf Antrag werden nicht entnommene betriebliche Gewinne nur mit einem pauschalen Steuersatz von 28,25 Prozent zzgl. Soli besteuert. Der Vorteil: Dem Betrieb bleiben etwa 70 Prozent des Gewinns für Investitionen. Die Kehrseite: Werden die thesaurierten Gewinne nach einigen Jahren entnommen, erfolgt eine Nachversteuerung mit einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent zzgl. Soli. Effektiv wird der thesaurierte Gewinn damit höher besteuert als bei einer sofortigen Besteuerung ohne § 34a EStG:

Beispiel

Der ledige Versicherungsvermittler V hat 2023 einen Gewinn von 500.000 Euro erzielt. Sein zu versteuerndes Einkommen beträgt infolge von Sonderausgaben 490.000 Euro. Die Einkommensteuer inkl. Soli würde 213.123 Euro betragen. V beschließt, 100.000 Euro des Gewinns gemäß § 34a EStG zu thesaurieren.

Lösung: Das zu versteuernde Einkommen reduziert sich auf 390.000 Euro und die Steuer auf 165.837 Euro. Die thesaurierten 100.000 Euro werden mit 28,25 Prozent zzgl. Soli besteuert, sodass die Steuer 29.803 Euro beträgt und die Nettothesaurierung 70.197 Euro (100.000 ./. 29.803 Euro). Es ergibt sich eine Gesamtsteuerbelastung von 195.640 Euro. Das ist ein Liquiditätsvorteil von 17.483 Euro.

Fortführung des Beispiels

Zwei Jahre später (2025) entnimmt V den thesaurierten Betrag.

Lösung: Es kommt zur Nachversteuerung und die Steuerbelastung beträgt 18.510 Euro (70.197 Euro x 25 Prozent zzgl. Soli). Effektiv zahlt V durch die Thesaurierung 1.027 Euro mehr an Steuern, als er ohne Thesaurierung hätte zahlen müssen.

Mehr Details zur Gewinnthesaurierung nach § 34a EStG sowie viele Anwendungsbeispiele mit Erläuterung von Praxis- und Anwendungsfragen finden Sie im BMF-Schreiben vom 12.03.2025 (Az. IV C 6 – S 2290-a/00012/001/037, Abruf-Nr. 247299).

Diese Vorteile bietet die Gewinnthesaurierung

Das Beispiel zeigt, dass die Gewinnthesaurierung selbst bei einem hohen Einkommen effektiv zu einer höheren Steuerbelastung führt. Sollte das Einkommen geringer sein, fällt der Nachteil noch drastischer aus. Steuerlich hat die Gewinnthesaurierung des § 34a EStG also keinen Vorteil. Der Vorteil besteht vielmehr darin, dass die betriebliche Liquidität geschont wird.

1. Zinslose Steuerstundung

Die Stundung erfolgt zinslos. Das bedeutet, dass dem Vermittler im obigen Beispiel bis zur Nachversteuerung (das kann auch Jahrzehnte später sein) 17.483 Euro zinslos zur Verfügung stehen. Gelingt es dem Vermittler, mit diesem Betrag bis zur Nachversteuerung eine höhere Rendite zu erzielen, als ihm die Nachversteuerung als Nachteil kostet (im Beispiel 1.027 Euro), würde er effektiv einen Vorteil erzielen.

2. Erhöhung der betrieblichen Liquidität

Durch die Steuerstundung wird die betriebliche Liquidität erhöht. Das bietet Vorteile, wenn hohe betriebliche Investitionen anstehen, z. B. weil ein weiterer Vermittlerbetrieb übernommen oder ein Bürogebäude angeschafft werden soll. So kann die Aufnahme hochverzinslicher Darlehen vermieden oder reduziert werden.

Fazit | In den meisten Fällen wird die Gewinnthesaurierung steuerlich infolge der zwingenden Nachversteuerung zu einem Nachteil führen. Das gilt vor allem für Vermittler mit einem Grenzsteuersatz unterhalb des Spitzensteuersatzes und für Betriebe ohne konkreten betrieblichen Investitionsbedarf. Zwar kann der thesaurierte Gewinn auch in betriebliche Kapitalanlagen und Immobilien investiert werden. Das ist – aus steuerlicher Sicht – jedoch oft nachteilig im Vergleich zu einer Investition direkt aus dem Privatvermögen. Denn im Privatvermögen gilt für Kapitalerträge die lukrative Abgeltungsteuer von 25 Prozent und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien können nach Ablauf der Spekulationsfrist von zehn Jahren ohne Steuerbelastung vereinnahmt werden (§ 23 EStG). Wird die Investition infolge der Thesaurierung jedoch im betrieblichen Bereich vollzogen, unterliegen sämtliche Gewinne der individuellen Besteuerung zum Steuersatz von bis zu 45 Prozent und auch spätere Immobiliengewinne unterliegen immer – auch außerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist – der Besteuerung.

AUSGABE: VVP 5/2025, S. 13 · ID: 50368443

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