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Haftung/Büro-OrganisationWelche unterschiedlichen Aufbewahrungsfristen für die Unterlagen von Maklern gelten
| Immer wieder stellt sich Maklern die Frage, welche Unterlagen wie lange und in welcher Form aufzubewahren sind. In diesem Zusammenhang erreicht VVP die Frage eines Maklers mit Blick auf § 22 VersVermV. |

Inhaltsverzeichnis
- Einschlägige Rechtsnormen im Überblick
- Aufbewahrungsfristen nach HGB und AO
- Aufbewahrungsfrist nach GwG: mindestens fünf Jahre
- Aufbewahrungsfrist nach VersVermV: mindestens fünf Jahre
- Aufbewahrungsfristen nach DSGVO bzw. BDSG: keine Frist
- Wann die Aufbewahrungsfristen beginnen
- Welche Form für die Aufbewahrung gilt
- Handlungsempfehlungen für die Praxis
Frage: Wie lange gilt die Aufbewahrungsfrist für Versicherungsangebote und Beratungsunterlagen, auch und gerade, wenn der Interessent/Kunde letztlich keinen Versicherungsvertrag abschließt? Gemäß § 22 VersVermV beträgt die Aufbewahrungsfrist fünf Jahre, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem das Angebot erstellt wurde. Dabei wird nicht zwischen den Versicherungssparten Sach, Leben und Kranken unterschieden. Gelten die fünf Jahre generell? Oder sind bestimmte Unterschiede zu beachten?
Antwort: Ein Versicherungsmakler ist gesetzlich dazu verpflichtet, unterschiedliche Aufbewahrungsfristen einzuhalten. So müssen etwa Versicherungsangebote aus allen Sparten sechs Jahre und Beratungsunterlagen fünf Jahre aufbewahrt werden, und zwar unabhängig davon, ob ein Vertragsabschluss zustande gekommen ist. Die jeweiligen Aufbewahrungsfristen ergeben sich aus unterschiedlichen Rechtsbereichen wie dem Handelsrecht, Versicherungsvermittlungsrecht und Steuerrecht und können variieren.
Einschlägige Rechtsnormen im Überblick
Diese Normen müssen Versicherungsmakler bei der Aufbewahrung kaufmännisch relevanter Unterlagen im Blick haben:
Normen | Aufbewahrungsfrist |
| sechs, acht, zehn Jahre |
| sechs, acht, zehn Jahre |
| fünf Jahre |
| fünf Jahre |
| keine Frist |
Aufbewahrungsfristen nach HGB und AO
Aufbewahrungspflichten nach dem HGB und AO betreffen insbesondere Handels- und Geschäftsbriefe und damit die Geschäftskorrespondenz mit Kunden, Versicherern und sonstigen Kooperationspartnern, wie z. B. Untervermittlern, Tippgebern und Maklerverbünden/-pools. Diese Dokumente sind nach § 257 HGB und § 147 AO sechs Jahre, Handelsbücher, Lageberichte, Bilanzen, Inventare etc. zehn Jahre aufzubewahren.
Buchungsbelege (§ 257 Abs. 1 Nr. 4 HGB), wie Courtage-/Provisionsabrechnungen und -gutschriften, müssen seit Inkrafttreten des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes am 01.01.2025 nicht mehr zehn, sondern nur noch acht Jahre aufbewahrt werden. Die verkürzte Frist gilt für Buchungsunterlagen, deren Aufbewahrungsfrist am 01.01.2025 noch nicht abgelaufen ist.
Wichtig | Es spielt für die Aufbewahrungspflicht keine Rolle,
- ob die Kundenverbindung noch besteht oder das Versicherungsvertragsverhältnis bereits beendet wurde oder
- ob ein Versicherungsverhältnis trotz Maklertätigkeit (Beratung des Kunden, Korrespondenz mit Versicherern) letztlich doch nicht zustande kommt.
Denn geschäftliche Aktivitäten, die in der Regel mit Handels- und Geschäftsbriefen einhergehen, sind nicht zwangsläufig mit einem erfolgreichen Geschäftsabschluss verbunden.
Das versteht man unter Handelsbriefen
Als Handelsbriefe gelten nach § 257 Abs. 2 HGB nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen. Unter Handelsgeschäften versteht man nach § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Auch einseitige Handelsgeschäfte nach § 345 HGB sind Handelsgeschäfte. Daher gehört
- neben der Korrespondenz etwa mit Versicherern
- auch die Korrespondenz mit geschäftlichem Inhalt an oder von Privatpersonen hierzu; ergo auch die geschäftliche Korrespondenz betreffend das Angebot eines Versicherungsvertrags und das Angebot selbst (Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., München 2018, § 257, Rz. 1).
Wichtig | Es ist unerheblich (siehe oben), ob das Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrags angenommen oder abgelehnt wird. Unerheblich ist auch, um welche Sparte es sich handelt. Ein Versicherungsangebot sowie die Annahme oder eventuelle Ablehnung und die jeweilige Korrespondenz müssen demnach sechs Jahre aufbewahrt werden.
Nach § 238 Abs. 2 HGB muss der Makler als Kaufmann eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückbehalten und aufbewahren.
Das versteht man unter Geschäftsbriefen
Geschäftsbriefe i. S. v. § 37a HGB – dazu gehören alle Handelsbriefe – umfassen alle (nicht mündlichen) Mitteilungen des Kaufmanns über geschäftliche Angelegenheiten nach außen. Ohne Rücksicht auf die äußere Form gelten als Geschäftsbriefe z. B. auch E-Mails, Faxe und Postkarten. Geschäftsbriefe müssen stets an einen bestimmten Empfänger, nicht also an eine größere, unbestimmte Vielzahl von Empfängern gerichtet sein.
Nicht zu Geschäftsbriefen gehören daher z. B. allgemeine Angebote (auch auf der Firmen-Website), Rundschreiben bzw. Newsletter an Kunden, Werbeschreiben bzw. Werbepostwurfsendungen sowie Zeitungsanzeigen (Baumbach/Hopt, a. a. O., § 37a, Rz. 4).
Aufbewahrungsfrist nach GwG: mindestens fünf Jahre
Die nach dem GwG Verpflichteten – dazu gehören nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 GwG Versicherungsvermittler (§ 59 VVG) – müssen Unterlagen fünf Jahre aufbewahren, insbesondere Aufzeichnungen über die Identifizierung von Kunden (§ 8 GwG). Da jedoch andere gesetzliche Bestimmungen – wie das HGB und die AO – längere Aufbewahrungsfristen regeln, gelten nach § 8 Abs. 4 S. 1 GWG für entsprechende Unterlagen die längeren Fristen, also sechs, acht bzw. zehn Jahre (Herzog, GwG, 4. Aufl., München 2020, § 8, Rz. 18; Zentes/Glaab [Hrsg.], GwG, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 2020, § 8, Rz. 36 f.).
Wichtig | In jedem Fall aber sind die Aufzeichnungen und sonstigen Belege spätestens nach Ablauf von zehn Jahren unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Zögern) zu vernichten (§ 8 Abs. 4 S. 2 GwG). Damit trägt das GwG den langen Aufbewahrungsfristen anderer gesetzlicher Bestimmungen Rechnung.
Aufbewahrungsfrist nach VersVermV: mindestens fünf Jahre
Die Aufbewahrungsfrist nach § 22 VersVermV bezieht sich spezifisch auf Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen entstehen, aber nicht unter die Aufbewahrungsfristen des HGB oder der AO fallen. Sind Dokumente/Unterlagen also nicht notwendigerweise handelsrechtlich, buchhalterisch bzw. steuerlich relevant, gilt für sie wie auch nach dem GwG nur eine fünfjährige Aufbewahrungsfrist.
Zu den mindestens fünf Jahre aufzubewahrenden Dokumenten/Unterlagen gehören z. B. Beratungsgespräche und Dokumentationen, Nachweise über Weiterbildungen oder Qualifikationsmaßnahmen sowie Unterlagen zu Beschwerden.
Übersicht / Fünf Jahre Aufbewahrung nach § 22 VersVermV |
Beratungsgespräche und Dokumentationen |
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Vermittlungs- bzw. produktbezogene Korrespondenz |
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Nachweise über Weiterbildungen oder Qualifikationsmaßnahmen |
Fünfjährige Aufbewahrungsfrist gilt auch für Weiterbildungen Die Nachweise über Weiterbildungen oder Qualifikationsmaßnahmen sind zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen gemäß § 34d GewO notwendig. Sie sind jedoch nicht handelsrechtlich oder steuerlich bzw. buchhalterisch relevant (Ausnahme: die hiermit verbundenen Rechnungen der Weiterbildungseinrichtungen). |
Unterlagen zu Beschwerden |
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Wichtig | Die Korrespondenz des Maklers mit dem Versicherungsombudsmann, z. B. im Auftrag des Kunden, dürfte in vielen Fällen als Mängelrüge (vgl. Baumbach/Hopt, a. a. O., § 257, Rz. 1) und damit als Handels- bzw. Geschäftsbrief zu werten sein. Denn sie erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit einem spezifischen Vorgang (z. B. einer Beschwerde oder Streitbeilegung), der die Geschäftsbeziehung und damit ein Handelsgeschäft zwischen dem Makler und/oder seinem Kunden und dem Versicherer betrifft. Solche Vorgänge haben eine unmittelbare geschäftliche Relevanz und betreffen rechtliche oder vertragliche Fragen. Sprich: Für sie gilt die sechsjährige Aufbewahrungsfrist nach dem HGB bzw. der AO (s. o.).
Aufbewahrungsfristen nach DSGVO bzw. BDSG: keine Frist
In der DSGVO sowie im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) – die DSGVO hat Vorrang vor dem BDSG – sind selbst keine (festen) Aufbewahrungsfristen geregelt. Stattdessen gilt das Prinzip der Speicherbegrenzung/Datenminimierung und der Zweckbindung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO. Personenbezogene Daten
- dürfen demnach nur so lange gespeichert werden, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist;
- müssen gelöscht werden, sobald der Verarbeitungszweck entfällt, z. B. nach Ablauf einschlägiger Aufbewahrungsfristen.
Wichtig | Aufbewahrungspflichten und damit Aufbewahrungsfristen aus nationalen Gesetzen (HGB, AO, GwG, VersVermV) gelten hiernach also weiterhin, da sie gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO als rechtliche Verpflichtung eine zulässige Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten darstellen (vgl. Gola, DS-GVO, München 2017, Art. 6, Rz. 118).
Wann die Aufbewahrungsfristen beginnen
Die Aufbewahrungsfristen aus den einschlägigen Normen beginnen in der Regel mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem z. B. die Unterlagen erstellt, abgesandt, empfangen oder die jeweilige Geschäftsbeziehung bzw. der Vorgang abgeschlossen wurde oder der Buchungsbeleg entstanden ist (im Einzelnen geregelt in § 257 Abs. 5 HGB; § 147 Abs. 4 AO; § 22 Abs. 5 VersVermV; § 8 Abs. 4 GwG).
Welche Form für die Aufbewahrung gilt
Unterlagen können sowohl in Papierform als auch elektronisch aufbewahrt werden, solange die Ordnungsmäßigkeit und damit die jederzeitige Verfügbarkeit, Lesbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit und Vollständigkeit gewährleistet sind. Elektronische Archivierung bzw. der Vorhalt auf elektronischen Datenträgern sind mithin zulässig, erfordert jedoch mit Blick auf die Datensicherheit den Schutz vor Manipulation. Das ist im Einzelnen geregelt in § 239 Abs. 4 HGB, § 257 Abs. 1 und 3 HGB, § 146 AO, § 147 Abs. 2 AO, § 22 Abs. 5 VersVermV sowie § 8 Abs. 3 und 5 GwG.
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Es kann eine Herausforderung sein, für jedes Dokument oder jede Unterlage die zutreffende Norm und die Aufbewahrungsfrist zu bestimmen. Bestehen Unsicherheiten, ob z. B. die fünfjährige Aufbewahrungsfrist gemäß der VersVermV oder die sechsjährige Frist nach dem HGB gilt, sollte sicherheitshalber die längere Frist gewählt werden.
Unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Aufbewahrungsfristen kann es sinnvoll sein, grundsätzlich eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist in Betracht zu ziehen, um mögliche Ansprüche aus Vertrags- oder Haftungsfragen, insbesondere im Hinblick auf Verjährungsfristen abzusichern (s. etwa die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist bei Schadenersatzansprüchen nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB).
Beratungsprotokoll mindestens zehn Jahre aufbewahren! Praxistipp | Es empfiehlt sich – insbesondere wegen möglicher Schadens- oder Regressansprüche (Stichwort: Falschberatung) –, ein Beratungsprotokoll mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Dies gilt umso mehr, wenn die Beratung komplex war, etwa bei der Gestaltung eines spezialisierten Versicherungsschutzes für ein Hochrisikogeschäft. |
Beispiel |
Makler M hat im Juni 2020 einen Versicherungsvertrag vermittelt und ein Beratungsprotokoll erstellt. Dazu gibt es umfassende Korrespondenz über die Annahme des Antrags. Die Korrespondenz ist als Geschäftsbrief sechs Jahre aufzubewahren bis zum 31.12.2026. Ebenso das Versicherungsangebot sowie die Annahme und die jeweilige Korrespondenz. Das Beratungsprotokoll könnte von der Aufbewahrungsfrist von mindestens fünf Jahren nach § 22 VersVermV profitieren (also bis 31.12.2025). Doch wegen möglicher Schaden- oder Regressansprüche wegen Falschberatung sollte M das Beratungsprotokoll auf jeden Fall mindestens zehn Jahre aufbewahren, ggf. mit weiteren Vertragsunterlagen. Denn damit kann er sich vor Gericht später entlasten und wird nicht evtl. mit der Beweislastumkehr konfrontiert. |
- Übersicht „Aufbewahrungsfristen 2025“ → Abruf-Nr. 50192550
- Beitrag „Bestandskauf: Müssen alte Verträge bei Übernahme eines Bestands aufbewahrt werden?“, VVP 9/2022, Seite 5 → Abruf-Nr. 48491213
AUSGABE: VVP 3/2025, S. 3 · ID: 50303625