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AusgleichsanspruchBerechtigte fristlose Kündigung des Unternehmens ist nicht gleich Ausgleichsverlust
| Der verbreitete Glaube, eine berechtigte fristlose Unternehmerkündigung würde gleichzeitig zum Verlust des Handelsvertreterausgleichs führen, ist falsch. Nur dann, wenn den Handelsvertreter ein persönlicher (kein zugerechneter) Schuldvorwurf trifft, kommt es zum Ausgleichsverlust. VVP macht Sie mit den Details vertraut. |
Kündigung muss in schuldhaftem Verhalten des Handelsvertreters liegen
Das LG Köln (Urteil vom 20.11.2020, Az. 89 O 21/20, Abruf-Nr. 223201) sagt: Nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB würde der Ausgleichsanspruch aufgrund der Kündigung des Unternehmens grundsätzlich entfallen, wenn diese auf einem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters beruht. Der Ausgleichsanspruch entfällt dabei nach richtlinienkonformer Auslegung jedoch nur dann, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung des Unternehmens ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 16.02.2011, Az. VIII ZR 226/07, Abruf-Nr. 110985; OLG Köln, Beschluss vom 01.03.2021, Az. 19 U 148/20, Abruf-Nr. 222834; OLG Koblenz, Urteil vom 22.03.2007, Az. 6 U 1313/06, Abruf-Nr. 246640).
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Nicht jede wirksame Kündigung aus wichtigem Grund führt zu einem Verlust des Ausgleichsanspruchs. Insofern gestattet § 89a HGB die außerordentliche Kündigung bereits bei bloßer Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung, wohingegen die Voraussetzungen des Ausgleichsausschlusses nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB strenger sind.
Der wichtige Grund für eine den Ausgleichsanspruch ausschließende Kündigung des Unternehmens muss in einem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters liegen. Eine zwar wirksame außerordentliche Kündigung, aber ohne schuldhaftes Verhalten wirkt dagegen ausgleichserhaltend (BGH, Urteil vom 16.02.2000, Az. VIII ZR 134/99; Staub/Emde, § 89b HGB, 6. Auflage 2021, Rz. 412; Ebenroth/Boujong/Semmler, § 89b HGB, Rz. 81; Hopt, § 89b HGB, Rz. 65).
Wichtig | Das schuldhafte Verhalten muss das kündigende Unternehmen nachweisen. Fahrlässigkeit des Handelsvertreters nach § 276 BGB reicht. Der Schuldvorwurf muss den Handelsvertreter aber persönlich treffen. § 278 BGB ist insofern nicht anwendbar. Das Gesetz spricht von „vertreten-müssen“ (BGH, Urteil vom 05.02.1959, Az. II ZR 107/57; BGH, Urteil vom 18.07.2007, Az. VIII ZR 267/05, Abruf-Nr. 072841; Staub/Emde, § 89b HGB, 6. Auflage 2021, Rz. 412; Ebenroth/Boujong/Semmler, § 89b HGB, Rz. 81; Hopt, § 89b HGB, Rz. 65).
AUSGABE: VVP 3/2025, S. 8 · ID: 50280282