Logo IWW Institut für Wissen in der Wirtschaft
Login
FeedbackAbschluss-Umfrage

MaklervertragAbgemahnte Vertragsinhalte beim Maklervertrag: Die Konsequenzen für die Vertragsgestaltung

Abo-Inhalt10.05.20225385 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Stephan Michaelis LL.M., Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Hamburg

| Drei Klauselgestaltungen in Versicherungsmaklerverträgen sind in den Fokus von Verbraucherschutzverbänden gerückt und werden abgemahnt – das Abtretungsverbot, die Erklärungsfiktion und die Rechtsnachfolgeklausel. VVP gibt einen Überblick über die abgemahnten Vertragsinhalte, erläutert an welchen Stellen Sie Ihren Versicherungsmaklervertrag ändern müssen und liefert Musterformulierungen. |

Abmahngrund 1: Abtretungsverbot im Maklervertrag

In vielen Maklerverträgen war bzw. ist ein Abtretungsverbot enthalten, das zu Abmahnungen führt.

Mit einem Abtretungsverbot bestimmt der Makler, dass es dem Versicherungsnehmer untersagt ist, die Ansprüche aus dem Maklervertrag an Dritte abzutreten, damit sich der Makler nicht fremden Gläubigern ausgesetzt sieht. Ein solches Verbot ist seit 01.03.2022 durch das sog. Gesetz über faire Verbraucherverträge nach § 308 Nr. 9 BGB im B2C-Bereich gegenüber Verbrauchern unzulässig geworden.

Wichtig | Zulässig bleibt jedoch das Abtretungsverbot im Nicht-Verbraucher- bzw. B2B-Bereich. Ein solches Abtretungsverbot in Maklerverträgen lässt sich wie folgt formulieren:

Musterklausel / Abtretungsverbot im B2B-Bereich

§ XX Abtretungsverbot

  • 1. Sämtliche sich aus diesem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte oder Ansprüche des Kunden gegen den Makler sind nicht übertragbar, abtretbar oder belastbar.
  • 2. Diese Regelung ist gegenüber Verbrauchern nicht anwendbar.

Abmahngrund 2: Erklärungsfiktion im Maklervertrag

Auch viele Makler haben in ihren AGB die sog. Erklärungsfiktion verwendet. Sie haben einen „schlanken“ Maklervertrag genutzt und im Anhang ihre AGB beigefügt. Das erlaubte ihnen, ihre AGB in der Weise anzupassen, dass sie den Vertragspartnern die Änderung anzeigten, um diese dann bei ausbleibendem Widerspruch als akzeptiert zu fingieren.

Diese Möglichkeit der einseitigen Vertragsanpassung durch eine stillschweigende Vertragsänderung mit Erklärungsfiktion ist nach der strengen BGH-Rechtsprechung nicht mehr möglich (BGH, Urteil vom 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20, Abruf-Nr. 222020, VVP 6/2021, Seite 8 → Abruf-Nr. 47391957).

Um hier Unwirksamkeiten zu vermeiden, können Sie gerade gegenüber Verbraucherkunden ganz auf die Klausel verzichten oder versuchen, die Klausel inhaltlich wirksamkeitserhaltend zu reduzieren. Folgende Klausel dürfte unseres Erachtens auch dem neuen strengen Prüfungsmaßstab des BGH standhalten.

Musterklausel / Erklärungsfiktion

§ XX Schweigen auf Vertragsänderungsangebot

  • 1. Der Kunde willigt ein, dass sein Schweigen auf ein Vertragsänderungsangebot, unter Beachtung der nachgenannten Voraussetzungen, als Zustimmung gilt.
  • 2. Der Makler kann dem Kunden nur aus triftigem Grund Änderungen der Geschäftsbedingungen anbieten. Widerspricht der Kunde den angebotenen Änderungen nicht innerhalb angemessener Frist, so gilt das Schweigen des Kunden ausnahmsweise als Zustimmung.
  • 3. Ein triftiger Grund liegt vor, wenn Regelungen dieses Vertrags direkt oder mittelbar durch eine Rechtsänderung (Gesetzesänderung, Neuregelung oder Rechtsprechung) betroffen sind oder sich durch eine Rechtsänderung nachträglich eine Regelungslücke im Vertrag ergeben hat.
  • 4. Der Makler zeigt dem Kunden die angebotenen Änderungen in Textform unter Nennung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens an. Der Makler übermittelt dem Kunden die Änderungsanzeige mit angemessener Frist, d. h. wenigstens zwei Monate vor Wirksamwerden der Änderungen. Die Änderungsanzeige des Maklers enthält zudem eine Gegenüberstellung von angebotener und geltender Regelung, wenn die angebotene Änderung an die Stelle einer zuvor geltenden Regelung tritt. Der Makler belehrt den Kunden in seiner Änderungsanzeige über die Zustimmungswirkung seines Schweigens, den Grund der Änderung und die Folgen eines Widerspruchs.
  • 5. Widerspricht der Kunde der angebotenen Änderung binnen der angemessenen Frist, wird der Vertrag mit den alten Geschäftsbedingungen fortgesetzt.

Abmahngrund 3: Rechtsnachfolgeklausel im Maklervertrag

Daneben hat die Verbraucherzentrale die sog. Rechtsnachfolgeklausel abgemahnt, die für viele Makler perspektivisch wichtig ist, um die eigene Geschäftsbeendigung wirtschaftlich angemessen umsetzen zu können.

Sinn und Zweck der Rechtsnachfolgeklausel

Die Rechtsnachfolgeklausel regelt, dass der Versicherungsnehmer antizipiert zustimmt, dass seine Verträge durch Geschäftsübernahme, Verkauf oder Zusammenschluss an einen anderen Makler übertragen werden. Eine solche Klausel ist an § 309 Nr. 10 BGB zu messen, wonach eine solche Gestaltung, solange sie den potenziellen neuen Vertragspartner nicht ausdrücklich benennt, nur wirksam sein kann, wenn dem Kunden für den Fall des Vertragspartnerwechsels ein außerordentliches Lösungsrecht eingeräumt wird. Der abgemahnte Makler hatte solch ein solches außerordentliches Lösungsrecht nicht ausdrücklich aufgenommen.

Musterklausel für außerordentliches Lösungsrecht

Eine Klausel, die ein solches außerordentliches Lösungsrecht enthält, könnte wie folgt lauten:

Musterklausel / Rechtsnachfolgeklausel

§ XX Vertragspartnerwechsel und Lösungsrecht des Kunden

  • 1. Der Kunde willigt bereits jetzt in eine etwaige Vertragsübernahme durch einen anderen oder weiteren Versicherungsmakler, z. B. durch Verkauf oder Erweiterung des Maklerunternehmens ein. Er erklärt sich damit einverstanden, dass in einem solchen Fall die für die Vermittlung und Betreuung von künftigen bzw. bestehenden Verträgen erforderlichen Informationen und Unterlagen weitergegeben werden.
  • 2. Bevor eine Vertragsübernahme erfolgen darf, wird der Kunde mit hinreichendem zeitlichem Vorlauf informiert und erhält die Möglichkeit, einer Vertragsübernahme binnen einer Frist von vier Wochen zu widersprechen und den Maklervertrag außerordentlich und fristlos zu kündigen.

Verträge anpassen und Abmahnrisiko reduzieren

Versäumen Sie die Anpassungen und verwenden mögliche unwirksame Vertragsgestaltungen fort, besteht die Gefahr einer berechtigten Abmahnung. In den meisten Fällen kann die abmahnende Verbraucherzentrale dann im Rahmen des Unterlassungsanspruchs gem. § 8 Abs. 1 UWG die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung verlangen, in der Sie sich mit einem ausreichend hohen Vertragsstrafenversprechen verpflichten, die entsprechende Geschäftshandlung (Nutzung des Versicherungsmaklervertrags) künftig zu unterlassen. Eine solche „Unterwerfung“ ist alles andere als angenehm und geht üblicherweise mit dem gegnerischen Anspruch auf Kostenerstattung einher, v. a. was die Rechtsanwaltsgebühr angeht.

Es zeigt sich insgesamt, dass die von der Verbraucherzentrale abgemahnten Rechtsbrüche bzw. Verwendungen unwirksamer Geschäftsbedingungen ohne größere Mühen ausgeräumt werden können; damit fällt sogleich das Abmahnrisiko. Allerdings zeigt die Praxis, dass die laufende Aktualisierung von Vertragsdokumenten und die damit verbundene intensive Auseinandersetzung mit Rechtsthemen häufig gegenüber drängenden Vertriebsthemen im Maklerunternehmen zurückgestellt wird. So kommt es nicht selten vor, dass die Überarbeitung des eigenen Vertragswerks verzögert oder vergessen wird.

Praxistipps |

  • Setzen Sie die vorgeschlagenen Änderungen unverzüglich in Ihrem Versicherungsmaklervertrag für die Zukunft um, damit Sie nicht der nächste sind, der abgemahnt wird. Unwirksamkeiten können durch leichte Veränderungen oder Anpassungen geheilt werden.
  • Verzichten Sie darauf, Ihre eigenen Versicherungsmakler-AGB online für jedermann einsichtbar auf die Internetseite zu stellen.
  • Vorsicht auch, wenn Sie sich als besonders unabhängiger Versicherungsmakler positionieren.
Weiterführende Hinweise
  • Die Musterklauseln zum Abtretungsverbot, zur Erklärungsfiktion und zur Rechtsnachfolge für den Maklervertrag finden Sie auf vvp.iww.de → Abruf-Nr. 48299372
  • Auf http://www.app-riori.de lässt sich ein Versicherungsmaklervertrag erstellen

AUSGABE: VVP 6/2022, S. 8 · ID: 48279584

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte