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Rechtsform Vermittlerunternehmen als OHG oder GmbH: Welche Rechtsform ist steuerlich günstiger?
| Die Wahl, ob ein Vermittlerunternehmen als Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben wird, birgt nicht nur zivilrechtliche Unterschiede. Auch steuerlich gelten unterschiedliche Grundsätze, und es ergibt sich eine voneinander abweichende Steuerbelastung. Doch was ist die „bessere“ Rechtsform? VVP liefert einen Überblick über die steuerlichen Spielregeln und zeigt anhand mehrerer Beispiele, unter welchen Annahmen die Firmierung als OHG oder GmbH im Hinblick auf die aktuelle Steuerbelastung lukrativer ist. |
Laufende Steuerbelastung bei OHG und GmbH
Beim Vergleich der laufenden Besteuerung einer OHG mit der einer GmbH muss zunächst beachtet werden, dass in die Gesamtbetrachtung stets auch die Auswirkungen auf Ebene der jeweiligen Gesellschafter einzubeziehen sind. Denn einerseits möchten diese den erzielten Gewinn schlussendlich privat verwenden, und andererseits unterscheidet sich auch bei den Gesellschaftern die Besteuerung in Abhängigkeit von der gewählten Rechtsform. Die folgende Übersicht fasst die Unterschiede zusammen:
Unterschiede in der laufenden Besteuerung zwischen OHG und GmbH | |
OHG (Personengesellschaft) | GmbH (Kapitalgesellschaft) |
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Beispiel für Steuerbelastungsvergleich
Nachfolgend finden Sie ein Beispiel für einen Steuerbelastungsvergleich.
Beispiel |
Zwei ledige, konfessions- und kinderlose Versicherungsvermittler haben sich a) in einer GmbH oder b) in einer OHG zusammengeschlossen. Der jeweilige Vermittlerbetrieb erzielt einen Gewinn vor Steuern und vor Abzug der Geschäftsführer-Vergütungen von 150.000 Euro, der zu gleichen Teilen auf die beiden Gesellschafter entfällt. Bei der GmbH erhalten die beiden Geschäftsführer jeweils ein Jahresgehalt von 50.000 Euro, von dem der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 Euro abgezogen wird (= 49.000 Euro). Der nach Steuern verbleibende Gewinn der GmbH wird in voller Höhe ausgeschüttet, wobei der Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro bereits anderweitig ausgeschöpft wurde. Jeder Gesellschafter kann Sonderausgaben in Höhe von 12.000 Euro absetzen. Der Gewerbesteuer-Hebesatz beträgt in der Gemeinde 420 Prozent. Bei der Berechnung der Gesamtsteuerbelastung wird diejenige des Vermittlerbetriebs zzgl. der beider Gesellschafter berücksichtigt. |
Ergebnis: Im vorliegenden Fall ist die Gesamtsteuerbelastung bei Wahl einer OHG um 3.631,62 Euro niedriger als die der GmbH. Dieses ist im Wesentlichen auf die Anrechnung der Gewerbesteuer bei den Gesellschaftern und die Belastung des von der GmbH ausgeschütteten Gewinns zurückzuführen. |
Praxistipp | Der Steuerbelastungsvergleich kann auch an Ihr Vermittler- unternehmen angepasst werden, indem Sie die Zahlen durch Ihre ersetzen. |
Einfluss von Gewerbesteuer-Hebesatz und -Anrechnung
Die Vorteilhaftigkeit der OHG im Ausgangsfall beruht zunächst auf der Höhe des Gewerbesteuer-Hebesatzes. Bei dem unterstellten Hebesatz von 420 Prozent wird bei den Gesellschaftern der OHG mit 17.570,00 Euro (2 x 8.785,00 Euro) nahezu die gesamte Gewerbesteuer von 18.448,50 Euro auf die Einkommensteuer angerechnet. Dagegen ist die Gewerbesteuerbelastung bei der GmbH endgültig. Beträgt der Gewerbesteuer-Hebesatz davon abweichend
- 400 Prozent, wächst der Steuervorteil der OHG geringfügig auf 4.250,84 Euro, weil die Gewerbesteuer der OHG bei den Gesellschaftern vollständig angerechnet wird.
- 530 Prozent, kippt der Steuerbelastungsvergleich zugunsten der GmbH, da sich nun die Kürzung des Gewerbeertrags der GmbH um die Geschäftsführer-Vergütung stärker auswirkt. Ein so hoher Hebesatz ist aber wenig verbreitet.
Wichtig | Dieses Ergebnis lässt sich bedingt verallgemeinern: Im Regelfall wird die GmbH mit zunehmender Höhe des Gewerbesteuer-Hebesatzes und der abzugsfähigen Geschäftsführer-Vergütungen vorteilhafter. Dies gilt erst recht, wenn die Gewerbesteuer bei einem der Gesellschafter der OHG nicht in vollem Umfang anrechenbar sein sollte (z. B. aufgrund von Verlusten aus anderen Einkunftsarten).
Einfluss der Höhe der Geschäftsführergehälter
Dass sich die Anhebung der Geschäftsführer-Vergütungen und damit der abzugsfähigen Betriebsausgaben vorteilhaft bei der GmbH auswirken kann, belegt eine weitere Abwandlung des Ausgangsbeispiels.
Abwandlung |
Erhalten beide Gesellschafter-Geschäftsführer bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von wie bisher 420 Prozent eine Vergütung von 65.000 Euro (bisher 50.000 Euro), sinkt die Gesamtsteuerbelastung von GmbH und Gesellschafter auf 35.091,96 Euro, während die Steuerbelastung der OHG mit 35.262,50 Euro unverändert bestehen bleibt. Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn ein höherer Gewerbesteuer-Hebesatz als die beispielhaften 420 Prozent vorliegt. |
Wichtig | Die Anhebung der Geschäftsführer-Vergütung birgt bei der GmbH das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). Wird ein Teil der Vergütung vom Finanzamt als unangemessen eingestuft, hat dies zur Folge:
- Gewinn und Gewerbeertrag der GmbH erhöhen sich um den Betrag der vGA und lösen – bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 420 Prozent – auf Ebene der GmbH eine Steuerbelastung von 30,525 Prozent der vGA aus.... birgt vGA-Risiko
- Die Einkünfte des Gesellschafters aus nichtselbstständiger Arbeit (tarifliche Einkommensteuer) werden um den Betrag der vGA gemindert und die der Abgeltungsteuer (25 Prozent) unterliegenden Kapitalerträge um diesen Betrag erhöht. Hierdurch kann sich selbst im Spitzensteuersatz maximal eine Steuerersparnis von 21,1 Prozent ergeben.
- In Summe löst das mehr Steuern als vorher aus (mindestens 9,425 Prozent der vGA). Weil vGA regelmäßig erst bei Betriebsprüfungen festgestellt werden, sind die Steuerzahlungen zudem zu verzinsen (§§ 233a, 238 AO).
Zwischenergebnis: Einfluss der Gewinnhöhe und des Steuersatzes
Bei hohen Gewinnen, aber „moderaten“ Gewerbesteuer-Hebesätzen erweist sich eine OHG im Regelfall als steuerlich vorteilhafter gegenüber der GmbH. Nur durch eine Gewinnabsaugung bei der GmbH mittels sehr hoher Geschäftsführer-Vergütungen und Gewinntantiemen – bei der GmbH sollte ein so geringer Gewinn wie möglich verbleiben – kann dieser Effekt aufgrund der absoluten Steuerersparnis auf Gesellschaftsebene umgekehrt werden. Davon ist jedoch im Hinblick auf die Risiken einer vGA abzuraten. Der GmbH sollte immer ein angemessener Restgewinn verbleiben.
Umgekehrt wird die GmbH mit steigenden Gewinnen umso vorteilhafter gegenüber der OHG, je höher der Gewerbesteuer-Hebesatz ausfällt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass auf der Ebene des Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht die tatsächliche Gewerbesteuer, sondern nur maximal das vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags anrechenbar ist, während die Belastung der GmbH mit Gewerbesteuer durch den Betriebsausgabenabzug der Geschäftsführer-Vergütungen sinkt. Die Schere geht durch den hohen Gewinn, auf den sich der Effekt auswirkt, auseinander. Weiterhin bietet die GmbH den Vorteil, dass die Geschäftsführer von lohnsteuerlichen Privilegien profitieren können (z. B. monatlich steuerfreie Sachbezüge bis zu 50 Euro). Diesen Vorteil bietet die OHG aufgrund der Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte nicht.
Einfluss von Werbungskosten bzw. Sonderbetriebsausgaben
Ein bei der Wahl der Rechtsform nicht außer Acht zu lassender Faktor sind auch die Höhe der Aufwendungen, welche der Gesellschafter „privat“ zu bezahlen hat.
Praxistipp | Die Nachteile der Abgeltungsteuer lassen sich umgehen. Nahezu jeder Gesellschafter einer GmbH kann individuell beim Finanzamt die Anwendung der Tarifbesteuerung beantragen, wenn er
Dabei ist es ausreichend, wenn die Beteiligungsvoraussetzungen irgendwann in dem Jahr bestehen, für das der Antrag gestellt werden soll. Eine Antragstellung kann deshalb auch im Gründungsjahr und bei einem unterjährigen Anteilserwerb erfolgen. Ist der Antrag gestellt, sind die Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter (bisher Kapitalerträge) zu 40 Prozent steuerfrei. Die verbleibenden 60 Prozent unterliegen dem individuellen Steuersatz – von maximal 45 Prozent. Parallel können Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung (wie Zinsen für ein Darlehen) von den steuerpflichtigen Einkünften abgezogen werden. Dieser Abzug ist allerdings auf 60 Prozent der Aufwendungen begrenzt (§ 3c Abs. 2 S. 1 EStG). |
- Nimmt ein Gesellschafter bei Gründung oder bei Erwerb eines OHG-Anteils ein Darlehen auf, um seine Einlage bzw. Investitionen zu finanzieren, rechnet das Darlehen zu seinem Sonderbetriebsvermögen. Die Zinsen sind als Sonderbetriebsausgabe abzugsfähig, der zu versteuernde Gewinn des Gesellschafters und der Gewerbeertrag der OHG reduzieren sich.Im OHG-Fall: Zinsen sind Sonder-betriebsausgaben
- Finanziert dagegen ein GmbH-Gesellschafter die bei Gründung aufzubringende Stammeinlage oder – im Fall einer bereits bestehenden GmbH – den erworbenen Geschäftsanteil, rechnen das Darlehen und die Zinsen zum Privatvermögen. Die Zinsen können deshalb aufgrund der Abgeltungsteuer weder auf Ebene der GmbH noch auf Ebene des Gesellschafters steuerlich geltend gemacht werden (§ 20 Abs. 9 EStG). Dies gilt selbst dann, wenn die GmbH (noch) keine Dividenden ausschütten sollte.Im GmbH-Fall: Zinsen zählen zumPrivatvermögen
Details zur Antragstellung bei GmbH-Gesellschaftern
Während die Antragsvariante „Beteiligung von mindestens 25 Prozent“ eindeutig ist, stellt sich bei der Variante „Beteiligung von mindestens ein Prozent“ die Frage, was „beruflich tätig“ heißt. Diese Anforderung wird erfüllt, wenn durch die Tätigkeit maßgeblicher unternehmerischer Einfluss auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Gesellschaft genommen werden kann. Bei der Bestellung zum Geschäftsführer wird diese Voraussetzung regelmäßig erfüllt sein. Wer sich hingegen zu zwei Prozent an einer GmbH beteiligt und für diese als Hausmeister tätig wird, dürfte kaum maßgebenden Einfluss ausüben können. Folglich würde das Finanzamt einen Antrag ablehnen.
Dieser Antrag muss spätestens mit Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden, für dessen Jahr er gelten soll. Eine nachträgliche Stellung ist ausgeschlossen. Der Antrag bindet den Gesellschafter – solange er nicht widerrufen wird – für insgesamt fünf Jahre, ohne dass das Finanzamt die Antragsvoraussetzungen erneut prüft. Infolge dessen greift wie beschrieben nicht die Abgeltungsteuer, sondern unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens die tarifliche Einkommensteuer.
Einfluss einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die Gesellschaft ein Darlehen benötigt, z. B. um eine Immobilie zu finanzieren, in der sich die neuen Räume des Vermittlerbetriebs befinden sollen. Als Darlehensgeber springt typischerweise kein Kreditinstitut, sondern der Gesellschafter ein. Dieser refinanziert das Darlehen.
- Räumt ein Gesellschafter der OHG einen fremdfinanzierten Kredit ein,Nur der Saldo beim Gesellschafter der OHG steuerpflichtig
- rechnen die von der OHG an den Gesellschafter gezahlten Zinsen zu seinen Sonderbetriebseinnahmen,
- sind die vom Gesellschafter an die Bank gezahlten Refinanzierungszinsen Sonderbetriebsausgaben und
- unterliegt der Saldo („Gewinn des Gesellschafters“) der Einkommen- und Gewerbesteuer.
Tritt eine vergleichbare Situation bei einem GmbH-Gesellschafter ein, kann
- ein zu weniger als zehn Prozent an der GmbH beteiligter Gesellschafter die von ihm gezahlten Refinanzierungszinsen nicht als Werbungskosten von den von der GmbH gezahlten Zinsen absetzen; die empfangenen Zinsen unterliegen ungemindert der Abgeltungsteuer von 25 Prozent.
- ein mit mindestens zehn Prozent an der GmbH beteiligter Gesellschafter die Refinanzierungszinsen geltend machen (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 b) EStG). Dann unterliegt der Gewinn allerdings auf Gesellschafterebene der tariflichen Einkommensteuer – und nicht der oftmals viel günstigeren Abgeltungsteuer des § 32d Abs. 1 EStG.
Einfluss von Immobilien
Ein wesentlicher Aspekt bei der Wahl der Rechtsform ist auch, ob Immobilien langfristig aus der Besteuerung herausgehalten werden sollen. Dies kann nur funktionieren, wenn der Eigentümer der Gesellschafter ist und dieser die Immobilien der Gesellschaft gegen einen Mietzins oder unentgeltlich überlässt.
Rechnen Sie Ihre Situation durch Fazit | Die Rechtsformwahl ist komplex. Sie hat nicht nur zivilrechtlich, sondern auch bezüglich der Besteuerung weitreichende Folgen. Sie kommen nicht umhin, Ihre Situation im Detail durchzurechnen und auch künftige Auswirkungen und Entwicklungen zumindest kalkulatorisch einzubeziehen, um die optimale Entscheidung zu treffen. Sie müssen neben der Gewinnsituation, den individuellen Kosten und Vorteilen sowie dem Gewerbesteuer-Hebesatz der örtlichen Gemeinde insbesondere Ihre persönlichen Verhältnisse in Ihre Kalkulation einbeziehen. Denn Ihr individueller Steuersatz, der sich maßgeblich durch Ihre anderen Einkünfte, dem Ehegattensplitting und den Einkünften Ihres Ehepartners bestimmt, hat entscheidenden Einfluss auf die Vorteilhaftigkeit einer GmbH bzw. OHG. OHG ermöglicht neuerdings steuerlich mehr Flexibilität Zuletzt: Entscheiden Sie sich bei der Gründung für eine GmbH, ist diese Entscheidung in steuerlicher Hinsicht bis zur Betriebsaufgabe und Begründung einer neuen Tätigkeit unumstößlich. Sollten Sie sich jedoch für eine OHG entscheiden, ist die Besteuerung nicht so unumgänglich. Denn seit dem Jahreswechsel 2021/2022 gilt durch das KöMoG der § 1a KStG. Dieser erlaubt es einer OHG, sich auf Antrag wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen – mit allen dazugehörigen Folgen auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene. Zudem kann in späteren Jahren zurück zur Besteuerung als Personengesellschaft übergegangen werden (Details enthält das BMF-Schreiben vom 10.11.2021, Az. IV C 2 – S 2707/21/10001 :004, Abruf-Nr. 225808). |
- Bei Überlassung der Immobilie durch einen OHG-Gesellschafter an die OHG liegt steuerliches Sonderbetriebsvermögen vor. Der Mietzins sowie die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Immobilie werden wie die übrigen Gewinne der OHG versteuert und unterliegen der Gewerbesteuer. Damit sind auch Wertsteigerungen der Immobilie steuerverhaftet.
- Wird die Immobilie hingegen einer GmbH überlassen, liegen gewöhnliche Mieteinkünfte vor (§ 21 EStG). Wertsteigerungen unterliegen nur der Besteuerung, wenn die Immobilie innerhalb von zehn Jahren seit Anschaffung veräußert wird (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Zu beachten ist jedoch, dass durch die Vermietung eine Betriebsaufspaltung begründet werden kann. Hierfür müsste der die Immobilie besitzende Vermittler jedoch die GmbH beherrschen, also über mehr als 50 Prozent der Anteile verfügen können.
AUSGABE: VVP 3/2022, S. 15 · ID: 47963999