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VersicherungsrechtAktuelles aus dem Versicherungsrecht von A bis Z
| Jeden Monat entscheiden deutsche Gerichte Hunderte von Streitigkeiten zwischen VN und VR. Hier finden Sie die Quintessenz der wichtigsten Urteile und Beschlüsse von A bis Z – sortiert nach Personen- und Sachversicherung. |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Personenversicherung |
Berufsunfähigkeitsversicherung |
Verjährung des Stammrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung In der Berufsunfähigkeitsversicherung beginnt die Verjährung des Stammrechts auch dann mit dem Ende des Jahres, in dem die Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren mitgeteilt wird, wenn sie zugleich mit dem Anerkenntnis erfolgt („uno-actu-Entscheidung“). Ob diese Einstellungsmitteilung den inhaltlichen Mindestanforderungen genügt, ist für den Verjährungsbeginn nicht maßgeblich (OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 8.4.24, 8 U 119/24, Abruf-Nr. 243598). |
Krankenversicherung |
BGH: Keine Erstattung der Aufwendungen für Elektrotherapie mit Biofeedbacktraining Die Kosten der Elektrotherapie sind nicht als Aufwendungen für Heilmittel im Sinne von § 4 Abs. 3 RB/KK 2009 i. V. m. § 5 Abs. 3 TB/KK 2009 ersatzfähig. § 5 Abs. 3 TB/KK 2009 ist wirksam. Aufwendungen für die Elektrotherapie mit Biofeedback sind auch nicht als Hilfsmittel im Sinne von § 4 Abs. 3 RB/KK 2009 in Verbindung mit § 5 Abs. 4 TB/KK 2009 zu erstatten (BGH, Beschluss vom 22.5.24, IV ZR 216/23, Abruf-Nr. 242765). |
OLG Brandenburg präzisiert Anforderungen an Fortsetzung einer Versicherung nach Renteneintritt Die über die Vertragsbeendigung fortgesetzte Einziehung von Beiträgen kann nur dann als konkludente Annahme eines Antrags auf Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer angesehen werden, wenn für den VN nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs keine Zweifel daran aufkommen müssen, dass der Versicherer zu einem Vertragsabschluss mit einem bestimmten Inhalt bereit ist. Dies ist vor dem Hintergrund des § 196 VVG nicht der Fall, wenn der Versicherer auf die Beendigung des Vertrags zum Zeitpunkt des Renteneintritts hingewiesen und nicht anderweitig den Eindruck erweckt hat, zum Abschluss eines entsprechenden Vertrags bereit zu sein (OLG Brandenburg, Urteil vom 3.5.24, 11 U 72/23, Abruf-Nr. 243728). |
Rentenversicherung |
BGH: Regelungen zur Beteiligung des VN an Überschüssen einer Rentenversicherung sind wirksam Die von einem Versicherer in dem von ihm angebotenen Tarif einer Rentenversicherung praktizierte Beteiligung der VN an den Überschüssen ist zulässig. Die Praxis der Überschussverteilung verstößt nicht gegen die Bestimmung der § 6 Abs. 1 S. 1 Mindestzuführungsverordnung (MindZV). Und auch wirksam sind die Klausel zur Verrechnung von Abschluss- und Vertriebskosten (sog. Zillmerung), nach der die Abschluss- und Vertriebskosten in gleichmäßigen Jahresbeträgen über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, jedoch nicht länger als bis zum Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer verteilt werden, sowie die Klausel zum Stornoabzug für erhöhte Verwaltungsaufwendungen bei Beitragsfreistellung und Kündigung (BGH, Urteil vom 18.9.24, IV ZR 436/22, Abruf-Nr. 243950). |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung |
Gebäudeversicherung |
Wohngebäudeversicherung und Transparenzgebot Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften aufgibt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 25.9.24, IV ZR 350/22, Abruf-Nr. 244335). |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung |
Kfz-Versicherung |
Wertminderung und Vorsteuerabzugsberechtigung (oder auch nicht): BGH geht weiter als vermutet Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts ist ein hypothetischer Verkauf des Fahrzeugs. Dabei ist von Netto-, nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen. Wurde davon abweichend der merkantile Minderwert ausgehend vom Bruttoverkaufspreis geschätzt, ist er in der Weise nach unten zu korrigieren, dass von ihm ein dem „Umsatzsteueranteil“ entsprechender Betrag abgezogen wird (BGH, Urteile vom 16.7.24, VI ZR 205/23, VI ZR 243/23, VI ZR 239/23 und VI ZR 188/22, Abruf-Nr. 243145, 243146, 243179 und 243178). |
BGH stellt klar: Leasinggesellschaften müssen Restwerte über Restwertbörsen ermitteln Leasinggesellschaften gehören zu den Geschädigten, die sich gewerblich mit dem An- und Verkauf – mit zwischenzeitlicher Langzeitvermietung namens Leasing – von Kraftfahrzeugen befassen. Der schadenrechtliche Restwert ist daher unter Zuhilfenahme des Sondermarkts im Internet zu ermitteln. Nun ist das endgültig vom BGH geklärt (BGH, Urteil vom 2.7.24, VI ZR 211/22, Abruf-Nr. 243499). |
Risikoausschluss bei beförderten Sachen Auf einen Risikoausschluss im Sinne des § 4 Nr. 3 KfzPflVV – hier Ziffer 1.S.5. AKB (2013) – kann sich der VR auch gegenüber dem geschädigten Dritten berufen mit der Folge, dass auch gegenüber diesem der Direktanspruch gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG gegen den Versicherer im Außenverhältnis von vornherein nicht besteht. Der Risikoausschluss gemäß Ziffer A 1.5.5 AKB (2013) unterscheidet sich durch den Zusatz „üblicherweise“ von den Regelungen des § 8 Nr. 3 StVG und des § 1 Abs. 3 Nr. 2 HPflG. Für die Auslegung der Klausel kann daher nicht ohne weiteres auf deren Maßstäbe zurückgegriffen werden (OLG Celle, Urteil vom 31.1.24, 14 U 58/23, Abruf-Nr. 243727). |
Nicht erkennbarer Totalschaden: Abschleppen zur Heimatwerkstatt ist erlaubt Ist es für den Geschädigten nicht offensichtlich, dass ein Totalschaden vorliegt, darf er das verunfallte Fahrzeug von der Unfallstelle zur Heimatwerkstatt schleppen lassen. Zwischen Unfallort und Heimatort lagen nur 20 km (AG Sonthofen, Urteil vom 6.8.24, 3 C 96/24, Abruf-Nr. 243811, eingesandt von Rechtsanwalt Thomas Metzler, Immenstadt). |
Abschleppunternehmer von der Polizei ausgewählt: Kein Preisvergleich bei Abschleppkosten erforderlich Wird der Abschleppunternehmer durch die Polizei herbeigerufen, ist ein Auswahlverschulden des Geschädigten ausgeschlossen (AG Sonthofen, Urteil vom 6.8.24, 3 C 96/24, Abruf-Nr. 243811). |
AG Ulm: Versandkosten für im Ausland zu beschaffende Ersatzteile sind erstattungsfähig Wird ein Bus in Polen hergestellt und müssen auch die Ersatzteile dort beschafft werden, sind anfallende Versandkosten für die Teile erstattungsfähig. Das gilt auch bei der fiktiven Abrechnung (AG Ulm, Urteil vom 29.5.24, 1 C 233/24, Abruf-Nr. 242964, eingesandt von Rechtsanwältin Daniela Safranow, Laupheim). |
Wohngebäudeversicherung |
VHB 2008: Parkettboden kann nach Wasserschaden komplett auszutauschen sein Der teilbeschädigte Parkettboden ist komplett auszutauschen, wenn optische Beeinträchtigungen am Parkettboden durch die gegenständliche Feuchtigkeitseinwirkung in Wohn- und Essbereich, zwar jeweils auf geschätzt lediglich der Hälfte der Raumfläche wahrgenommen werden, aber auf Grund fehlender Liefermöglichkeit der vorhandenen Parkettsorte nach sachverständiger Auffassung ein Komplettaustausch der Parkettfläche im Wohn- und Essbereich erforderlich ist. Optische Brüche, die bei der Anarbeitung von Ersatzparkettstäben einer anderen Sorte an verbleibende Parkettstäbe entstünden, sind angesichts der guten Sichtbarkeit des Parketts bzw. der optischen Beeinträchtigung als nicht hinnehmbar einzustufen. Die zu regulierenden Kosten stellen die aus Sicht des VN notwendigen Reparaturkosten dar; einen entsprechenden Abschlag sieht § 13 Nr. 1 b) VHB 2008 nicht vor (LG Lübeck, Urteil vom 5.6.24, 4 O 345/22, Abruf-Nr. 244014). |
AUSGABE: VK 12/2024, S. 215 · ID: 50239395