FeedbackAbschluss-Umfrage

VollstreckungspraxisVollstreckungs-Tipps des Monats

Abo-Inhalt27.02.20254 Min. Lesedauer

| Unser Leser, Oliver Endlein, Kamp-Lintfort, ist Gruppenleiter im Jugendamt und als solcher zuständig für die Einziehung von Kindesunterhalt. Dort wird privilegiert nach §§ 850d oder 906 ZPO gepfändet. Eine Tages stellte unser Leser etwas fest, was er nicht für möglich gehalten hatte. |

Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: Manche Banken arbeiten nicht korrekt

Rein intuitiv hatte unser Leser begonnen, das folgende Schreiben an Banken zu versenden, bei denen der Schuldner ein P-Konto führt:
„Rein vorsorglich weise ich darauf hin, dass meine Pfändung auf § 906 ZPO beruht.
Es handelt sich um eine privilegierte Pfändung von Unterhalt. Die Pfändungsfreigrenze wurde vom Amtsgericht auf Seite ... des Beschlusses, auf monatlich ... EUR festgesetzt. Damit ist die vorgelegte Bescheinigung der Schuldenberatungsstelle für meine Pfändung nicht zu beachten. Vielmehr ist die gerichtliche bestimmte Pfändungsfreigrenze maßgeblich.
Sollte bei Ihnen bereits eine Pfändung eines Normalgläubigers vorliegen, wäre mir die Differenz zwischen der Pfändungsfreigrenze des Normalgläubigers und meiner Kontopfändung auszuzahlen.
Lediglich für den Fall, dass bereits eine privilegierte Pfändung von laufendem Unterhalt für ein minderjähriges Kind gemäß § 906 ZPO vorliegen sollte, wären die pfändbaren Beträge zu quoteln (BGH 15.3.23, VII ZB 68/21). Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung“.
Unser Leser berichtet, dass er auch Banken anschreibt, bei denen die Kontopfändung seit Jahren läuft. Die Erfolge seien verblüffend: Mehrere Banken haben offenbar die Pfändungsfreigrenze aus der Bescheinigung der Schuldenberatungsstelle zugrunde gelegt. In diesen Bescheinigungen sind zum Teil Kinder aufgeführt, deren Unterhalt vom Schuldner nicht gezahlt und somit nach der BGH-Rechtsprechung auch nicht zu berücksichtigen ist.
Unser Leser erhält seither Reaktionen von Schuldnern, weil die Pfändungsfreigrenze „so niedrig ist“. Und er erhält mehr Geldeingänge als zuvor. Er hätte nie gedacht, dass manche Banken die privilegierten Unterhaltspfändungen nicht korrekt ausführen.

Bei unserem nächsten Fall spielt Folgendes eine wichtige Rolle: Rund 195 Mio. Mobilfunkanschlüsse sind in Deutschland aktiv. Kaum jemand, der noch ohne Smartphone oder Handy unterwegs ist. Das gilt natürlich auch für Schuldner.

Unsere Leserin, Stefanie Hack, Stuttgart, sichtet Unterlagen daher stets nach Hinweisen auf Mobilfunk- und Zweitnummern oder SIM-Karten. Und sie recherchiert fremde Nummern, die ihr im Zusammenhang mit dem Schuldner bekannt werden. Damit hatte sie erst jüngst einen ansehnlichen Erfolg.

Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Bei Anruf Info!
Unsere Leserin lief Schuldner S. bereits mehrere Jahre hinterher. Doch S. war anscheinend „abgetaucht“. In ihren inzwischen zahlreichen Berufsjahren hatte unsere Leserin Gefallen daran gefunden, bereits während laufender Mandate möglichst viel über die Kommunikationskanäle herauszubekommen, die ihre Schuldner nutzen. Sie achtete vor allem auf Mobilfunknummern und fragte unverbindlich nach weiteren aktiven Rufnummern oder Kontaktmöglichkeiten von Freunden und Bekannten. Das funktionierte immer, „wenn man angibt, dass man sicherheitshalber möglichst alle Rufnummern für eine schnelle Kontaktaufnahme möchte“, so unsere Leserin.
Von S. hatte sie gleich zwei Handynummern notiert, keine davon aber war mehr aktuell und S. darüber nicht erreichbar. Doch dann: Im Aufnahmebogen der Handakte fand unsere Leserin ihren damaligen Vermerk, dass S. auch über die Rufnummer seiner Freundin F. erreichbar sei. Sie rief dort an. F. war gar nicht gut auf S. zu sprechen, denn er hatte auch ihr Geld geschuldet und sie sich nicht zuletzt deswegen von ihm getrennt. Bevor unsere Leserin sich versah, bekam sie neben vielen detaillierten Beziehungsdetails von F. auch die aktuelle Festnetznummer des S. mitgeteilt.
Unsere Leserin staunte nicht schlecht: Die Vorwahl wies auf eine 250 km entfernte Stadt hin und gehörte zu einem dort ansässigen Drogeriemarkt. Unsere Leserin rief die Website des Markts auf und las den Namen des S.: Er war der dortige Filialleiter! Unsere Leserin recherchierte weiter und erfuhr, dass die Filiale neu eröffnet war. Eine zeitlich frühere Recherche hätte sie daher nicht weitergebracht. S., konfrontiert mit einem Anruf unserer Leserin, tilgte die Restschuld in drei Raten.
Unsere Leserin empfiehlt nach wie vor die klassische Google-Suche: Geben Sie dort die Handynummer des Schuldners ein. Setzen Sie diese lediglich in Anführungszeichen, und zwar sowohl einmal ohne und einmal mit der deutschen Ländervorwahl (z. B. „0173 12 34 56 78“ oder „+49 173 12 34 56 78“). Vermutet man, dass der Schuldner einen Onlineshop hat bzw. auf „eBay“, „Etsy“ oder „Kleinanzeigen“ verkauft oder klassisch in Zeitungen annonciert, sollten Sie die Rufnummern mit Schlagworten wie „Telefonnummer“, „Impressum“, „Kunde“, „Verkäufer“, „Shop“ oder „Waren“ verknüpfen.

Oft sind es ungewöhnliche Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckung erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle im Leser-Erfahrungsaustausch.

Schildern auch Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Wird er veröffentlicht, erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

AUSGABE: VE 3/2025, S. 53 · ID: 50285589

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte