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ZwangsversteigerungBeschränkte Rechtsbeschwerdezulassung bei ZVG-Zuschlagsbeschwerde, Terminsbekanntmachung und Insolvenzplan: Darauf ist zu achten

Abo-Inhalt27.02.20252320 Min. Lesedauer

| Zwei Betroffene betrieben ein Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Schuldner, dessen Grundstück auf 60.000 EUR bewertet war. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und der Bestätigung eines Insolvenzplans im August 2021, der Zahlungen an die Gläubiger vorsah, scheiterte die Umsetzung des Plans, da der Kreditgeber seine Finanzierungszusage zurückzog. Das Insolvenzverfahren blieb wegen Masseunzulänglichkeit offen. Daraufhin beantragten die Betroffenen die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens, das im Juli 2022 mit einem Meistgebot von 42.000 EUR endete. Der Schuldner versuchte vergeblich, das Verfahren durch Einstellungsanträge und Beschwerden zu stoppen. Das Vollstreckungsgericht lehnte diese ab und erteilte dem Meistbietenden den Zuschlag. Nach der Zuschlagserteilung erklärte die Insolvenzverwalterin die Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse. Die Beschwerden des Schuldners gegen die Fortsetzungs- und Zuschlagsbeschlüsse wies das LG zurück. Die Rechtsbeschwerde des Schuldners blieb erfolglos, wobei seine sofortige Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss als unzulässig verworfen wurde. Der BGH hat wie folgt entschieden: |

Inhaltsverzeichnis

Leitsätze: BGH 19.9.24, V ZB 29/23

  • 1. Bei der Zuschlagsbeschwerde nach dem Zwangsversteigerungsgesetz kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf einzelne Zuschlagsversagungsgrün–de beschränkt werden, wenn und soweit es sich um tatsächlich und rechtlich abtrennbare Teile des Streitstoffs handelt.
  • 2. Wird die Bestimmung des Versteigerungstermins durch Veröffentlichung im Internet bekannt gemacht, schadet es nicht, wenn sich die Gemeinde, in der das zu versteigernde Grundstück belegen ist, erst aus einem auf der Internetseite verlinkten Gutachten ergibt.
  • 3. Die Regelung in § 30d Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZVG über die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens wegen der Gefährdung der Durchführung des Insolvenzplans durch die Versteigerung gilt nur für den vorgelegten und noch nicht rechtskräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan; mit Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung endet die zeitliche Anwendbarkeit der Norm.

(Abruf-Nr. 244451)

Relevanz für die Praxis

Zu Leitsatz 1

Nach st. Rspr. des BGH kann die Zulassung der Revision auf einen rechtlich und tatsächlich selbstständigen, abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränkt werden. Auf einzelne Rechtsfragen ist die Beschränkung nicht möglich.

Beispiele für beschränkte Zulassung

  • Beschlussmängelklagen im Wohnungseigentums- und Aktienrecht, bei denen einzelne Mängel abtrennbare Teile des Streitstoffs bilden können.
  • Zulassung der Rechtsbeschwerde bei Zuschlagsbeschwerden in Zwangsversteigerungsverfahren (§§ 95 ff. ZVG), sofern die zugrunde liegenden Versagungsgründe einen eigenständigen Streitstoff darstellen.

Bei Zuschlagsbeschwerden können Zuschlagsversagungsgründe als abtrennbare Teile betrachtet werden, ähnlich, wie Beschlussmängelgründe im Wohnungseigentumsrecht. Hierbei ergibt sich:

  • Eine Beschränkung ist möglich, selbst, wenn der Streitgegenstand insgesamt einheitlich ist, da Versagungsgründe eigenständig beurteilt werden können.
  • Beschwerdeführer haben Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Versagungsgründe (§ 100 Abs. 3 ZVG).

Das Rechtsbeschwerdegericht darf nur den zugelassenen Teil des Streitstoffs prüfen. Nicht zugelassene Teile bleiben von der Entscheidung unberührt.

Übersicht: Vorteile für Gläubiger

  • Verfahrenseffizienz: Durch die Möglichkeit der Beschränkung können Gläubiger gezielt auf bestimmte Rechtsfragen fokussieren. Dies spart Zeit und Kosten.
  • Sicherung des Verfahrensfortschritts: Ein beschränkt zugelassener Rechtsbehelf verhindert Verzögerungen, da nicht der gesamte Streitstoff überprüft wird.
  • Rechtsklarheit: Die Abtrennung von Teilaspekten erleichtert die gerichtliche Prüfung und fördert zügige Entscheidungen.

Übersicht: Folgen für Gläubiger

  • Eingeschränkte Rechtsmittel: Nicht zugelassene Teile sind von weiteren Anfechtungen ausgeschlossen.
  • Verlust von Prüfungsrechten: Gläubiger müssen darauf achten, dass alle wesentlichen Punkte in die zugelassene Prüfung einbezogen werden.

Praxistipps |

  • 1. Streitstoffanalyse vornehmen: Identifizieren Sie frühzeitig, welche Teile des Streitstoffs für Ihren Anspruch relevant und abtrennbar sind.
  • 2. Präzise Anträge: Formulieren Sie Ihre Anträge so, dass die Zulassung der Rechtsmittel gezielt auf relevante Teile beschränkt werden kann.
  • 3. Rechtliche Beratung: Ziehen Sie Experten hinzu, um die Chancen und Risiken der Beschränkung zu bewerten. Gerade bei der schwierigen Materie der Zwangsversteigerung und Insolvenz ist das ratsam, wenn Sie kein ZVG- und Insolvenzrechtsexperte sind.
  • 4. Dokumentation: Legen Sie alle relevanten Unterlagen vor, um eine klare Abgrenzung des Streitstoffs zu ermöglichen.

Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger

Mit der folgenden strukturierten Herangehensweise können Gläubiger die Vorteile der beschränkten Zulassung nutzen und ihre rechtlichen Ansprüche effizient und zielgerichtet durchsetzen.

1. Vorbereitung des Verfahrens

  • Identifikation abtrennbarer Teile des Streitstoffs.
  • Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen gemäß §§ 95 ff. ZVG.

2. Antragstellung

  • Formulierung präziser Anträge.
  • Sicherstellung, dass alle relevanten Versagungsgründe adressiert werden.

3. Nachbereitung

  • Überprüfung der Zulassungsentscheidung auf Korrektheit.
  • Dokumentation von zugelassenen und nicht zugelassenen Teilen.

4. Strategieplanung

  • Bewertung der Erfolgsaussichten für Rechtsmittel.
  • Entscheidung über weitere Verfahrensschritte bei nicht zugelassenen Teilen.

Zu Leitsatz 2

Der Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren ist nicht gemäß § 83 Nr. 7 i. V. m. § 43 Abs. 1, § 37 Nr. 1 ZVG aufgrund unzureichender Bezeichnung des Grundstücks in der Terminsbekanntmachung zu versagen. Die Entscheidung fokussiert auf die Anforderungen an die Bezeichnung des Grundstücks und die Zulässigkeit von Internetveröffentlichungen als Medium für diese Angaben.

Nach 43 Abs. 1 ZVG muss die Bekanntmachung der Terminsbestimmung spätestens sechs Wochen vor dem Termin erfolgen! Die Bezeichnung des Grundstücks muss dabei hinreichend sein, um die Lage für potenzielle Bieter verständlich zu machen (vgl. § 37 Nr. 1 ZVG). Die bloße Angabe einer Gemarkung genügt dabei nicht, wenn diese ohne zusätzliche Informationen keine Rückschlüsse auf den Ortsnamen erlaubt.

Die Angabe der Gemeinde, in der das Grundstück belegen ist, kann sich aus einem verlinkten Gutachten auf der Internetplattform (zvg-portal.de) ergeben. Diese Vorgehensweise erfüllt die Anforderungen an die Terminsbekanntmachung. Folge: Ein interessierter Nutzer wird Links zu Gutachten oder weiteren Details folgen, insbesondere, wenn diese als „amtlich“ gekennzeichnet sind. Auch Karten und Luftbilder, die über das Portal zugänglich sind, bieten zusätzliche Klarheit zur Lage des Grundstücks.

Zusätzliche Veröffentlichungen (z. B. in Regionalzeitungen, über Gerichtstafeln) müssen nicht den strengen Vorgaben des § 37 ZVG entsprechen, sofern eine Veröffentlichung den gesetzlichen Anforderungen genügt (s. o.).

Das Fehlen der Gemeindeangabe in bestimmten Bekanntmachungen führt nicht zu einer Verunsicherung der Bieter, solange eine der Veröffentlichungen die nötigen Informationen klar bereitstellt.

Übersicht: Vorteile für Gläubiger

  • Effizienz: Die Nutzung des Internets für Terminsbekanntmachungen ermöglicht eine kostengünstige und weitreichende Veröffentlichung.
  • Rechtsklarheit: Die Entscheidung bestätigt, dass die Bereitstellung von Informationen über verlinkte Dokumente den gesetzlichen Anforderungen genügt.
  • Erweiterung des Bieterkreises: Durch die detaillierten Informationen, die über Gutachten und Karten zugänglich sind, können mehr potenzielle Bieter angesprochen werden.

Übersicht: Folgen für Gläubiger

  • Gläubiger können sicherstellen, dass ihre Interessen gewahrt werden, indem sie auf eine korrekte und umfassende Veröffentlichung achten. Fehler führen zu einer unheilbaren Zuschlagsversagung, § 83 Nr. 7 ZVG.
  • Missverständnisse oder Rechtsstreitigkeiten, die durch unzureichende Bekanntmachungen entstehen könnten, werden minimiert.

Praxistipps |

  • 1. Prüfung der Terminsbekanntmachung: Stellen Sie sicher, dass alle gesetzlich erforderlichen Angaben (inkl. der Gemeinde, in der das Grundstück liegt) vorhanden sind, entweder direkt oder über verlinkte Dokumente.
  • 2. Kontrolle der Internetveröffentlichungen: Überprüfen Sie, ob die Informationen auf Plattformen, wie zvg-portal.de, vollständig und zugänglich sind.
  • 3. Zusätzliche Veröffentlichung überwachen: Prüfen Sie die Konsistenz paralleler Veröffentlichungen (z. B. in Zeitungen), um Verwirrung bei Bietern zu vermeiden.
  • 4. Einholen von Gutachten: Prüfen Sie, ob Gutachten und Karten, die über Links bereitgestellt werden, klar und verständlich die Lage des Grundstücks beschreiben.

Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger

1. Grundlagen: Sind die Mindestangaben gemäß § 37 ZVG in der Terminsbestimmung enthalten? Wurde die Terminsbekanntmachung mindestens sechs Wochen vor dem Termin veröffentlicht (§ 43 ZVG)?

2. Internetveröffentlichung: Ist die Terminsbekanntmachung auf der Internetplattform (zvg-portal.de) abrufbar? Werden alle notwendigen Informationen über verlinkte Dokumente bereitgestellt (z. B. Gemeindeangabe, Gutachten)?

3. Zusätzliche Veröffentlichungen: Wurde die Terminsbekanntmachung über alternative Kanäle (Zeitung, Gerichtstafel) veröffentlicht? Stimmen die Angaben in den zusätzlichen Veröffentlichungen mit der Hauptbekanntmachung überein?

4. Prüfung auf Konsistenz: Sind Karten/Luftbilder über das Portal korrekt und hilfreich? Gibt es keine widersprüchlichen Angaben in verschiedenen Veröffentlichungen?

5. Kommunikation mit dem Versteigerungsgericht: Wurden Unklarheiten oder fehlende Angaben frühzeitig mit dem Gericht geklärt?

Zu Leitsatz 3

Nach § 83 Nr. 6 ZVG kann der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren versagt werden, wenn die Fortsetzung des Verfahrens unzulässig ist. Dies schließt Fälle ein, in denen eine Einstellung des Verfahrens hätte erfolgen müssen.

Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob eine Fortsetzung des Verfahrens im Hinblick auf einen Insolvenzplan im parallel laufenden Insolvenzverfahren rechtlich zulässig war.

Das sind die Einstellungsvoraussetzungen nach § 30d ZVG:

  • Ein Insolvenzverfahren ist eröffnet.
  • Ein Insolvenzplan wurde vorgelegt und nicht nach § 231 InsO zurückgewie–sen.
  • Die Durchführung des Plans wird durch die Versteigerung gefährdet.

Da der Insolvenzplan zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bereits rechtskräftig bestätigt war, war damit § 30d Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZVG nicht mehr anzuwenden.

Beachten Sie | § 30d ZVG gilt nur während der Phase des Zustandekommens eines Insolvenzplans, nicht aber während der Durchführung. Dies folgt aus der Gesetzgebungsgeschichte und dient der Wahrung der Rechte absonderungsberechtigter Gläubiger.

Übersicht: Vorteile für Gläubiger

  • Rechtssicherheit: Die Einschränkung des zeitlichen Anwendungsbereichs von § 30d ZVG erhöht die Rechtssicherheit für Gläubiger, da Zwangsversteigerungen nicht unbegrenzt aufgeschoben werden können.
  • Keine Verzögerung: Gläubiger können ihre Rechte ohne unbestimmte Verzögerungen durchsetzen.
  • Konfliktvermeidung: Durch die klare Begrenzung der Anwendung auf die Phase vor der Rechtskraft des Insolvenzplans wird verhindert, dass der Plan durch spätere Entscheidungen unterlaufen wird.
  • Schutz der Absonderungsrechte: Gläubiger, die gesicherte Rechte an der Versteigerung eines Grundstücks haben, behalten ihre Position auch bei laufenden Insolvenzverfahren.

Übersicht: Folgen für Gläubiger

  • Verfahrensbeschleunigung: Gläubiger profitieren von einer zügigen Abwicklung, da die Einstellungsmöglichkeiten begrenzt sind.
  • Reduzierung von Verfahrenskosten: Langwierige Verzögerungen und unnötige Prozesskosten werden vermieden.
  • Potenzielle Risiken bei Insolvenzplänen: Gläubiger sollten prüfen, ob der Insolvenzplan ausreichend Schutz für ihre Forderungen bietet, da spätere Änderungen nicht berücksichtigt werden können.

Praxistipps |

  • 1. Prüfung des Insolvenzplans: Gläubiger sollten den Plan auf potenzielle Gefährdungen ihrer Rechte prüfen, insbesondere vor der gerichtlichen Bestätigung.
  • 2. Zeitnahe Beantragung von Maßnahmen: Falls der Plan den Gläubigerrechten widerspricht, sollte frühzeitig eine Einstellung oder Anfechtung beantragt werden.
  • 3. Verfahrensbeobachtung: Gläubiger sollten den Fortgang der Zwangsversteigerung aktiv überwachen, um strategisch agieren zu können.

Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger

1. Insolvenzplan prüfen

  • Wurde der Plan rechtskräftig bestätigt?
  • Enthält der Plan Regelungen, die die Zwangsversteigerung betreffen?

2. Einstellungsvoraussetzungen überprüfen

  • Liegen die Voraussetzungen nach § 30d ZVG vor?
  • Ist eine Fortsetzung des Verfahrens zulässig?

3. Schutzmaßnahmen ergreifen

  • Antrag auf Einstellung des Verfahrens (falls notwendig).
  • Überprüfung der eigenen Forderungen und Sicherheiten.

4. Kommunikation sichern

  • Austausch mit dem Insolvenzverwalter.
  • Informationen beim Vollstreckungsgericht einholen.

5. Rechtliche Beratung einholen

  • Bei Unsicherheiten im Umgang mit dem Verfahren Rechtsrat von Zwangsversteigerungs- oder Insolvenzrechtsexperten einholen (s. o., S. 45)

AUSGABE: VE 3/2025, S. 44 · ID: 50285733

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