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ZwangsversteigerungBeschränkte Rechtsbeschwerdezulassung bei ZVG-Zuschlagsbeschwerde, Terminsbekanntmachung und Insolvenzplan: Darauf ist zu achten
| Zwei Betroffene betrieben ein Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Schuldner, dessen Grundstück auf 60.000 EUR bewertet war. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und der Bestätigung eines Insolvenzplans im August 2021, der Zahlungen an die Gläubiger vorsah, scheiterte die Umsetzung des Plans, da der Kreditgeber seine Finanzierungszusage zurückzog. Das Insolvenzverfahren blieb wegen Masseunzulänglichkeit offen. Daraufhin beantragten die Betroffenen die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens, das im Juli 2022 mit einem Meistgebot von 42.000 EUR endete. Der Schuldner versuchte vergeblich, das Verfahren durch Einstellungsanträge und Beschwerden zu stoppen. Das Vollstreckungsgericht lehnte diese ab und erteilte dem Meistbietenden den Zuschlag. Nach der Zuschlagserteilung erklärte die Insolvenzverwalterin die Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse. Die Beschwerden des Schuldners gegen die Fortsetzungs- und Zuschlagsbeschlüsse wies das LG zurück. Die Rechtsbeschwerde des Schuldners blieb erfolglos, wobei seine sofortige Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss als unzulässig verworfen wurde. Der BGH hat wie folgt entschieden: |
Inhaltsverzeichnis
Leitsätze: BGH 19.9.24, V ZB 29/23 |
(Abruf-Nr. 244451) |
Relevanz für die Praxis
Zu Leitsatz 1
Nach st. Rspr. des BGH kann die Zulassung der Revision auf einen rechtlich und tatsächlich selbstständigen, abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränkt werden. Auf einzelne Rechtsfragen ist die Beschränkung nicht möglich.
Beispiele für beschränkte Zulassung |
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Bei Zuschlagsbeschwerden können Zuschlagsversagungsgründe als abtrennbare Teile betrachtet werden, ähnlich, wie Beschlussmängelgründe im Wohnungseigentumsrecht. Hierbei ergibt sich:
- Eine Beschränkung ist möglich, selbst, wenn der Streitgegenstand insgesamt einheitlich ist, da Versagungsgründe eigenständig beurteilt werden können.
- Beschwerdeführer haben Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Versagungsgründe (§ 100 Abs. 3 ZVG).
Das Rechtsbeschwerdegericht darf nur den zugelassenen Teil des Streitstoffs prüfen. Nicht zugelassene Teile bleiben von der Entscheidung unberührt.
Übersicht: Vorteile für Gläubiger |
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Übersicht: Folgen für Gläubiger |
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Vier Merkposten Praxistipps |
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Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger |
Gehen Sie strukturiert vor Mit der folgenden strukturierten Herangehensweise können Gläubiger die Vorteile der beschränkten Zulassung nutzen und ihre rechtlichen Ansprüche effizient und zielgerichtet durchsetzen. 1. Vorbereitung des Verfahrens
2. Antragstellung
3. Nachbereitung
4. Strategieplanung
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Zu Leitsatz 2
Der Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren ist nicht gemäß § 83 Nr. 7 i. V. m. § 43 Abs. 1, § 37 Nr. 1 ZVG aufgrund unzureichender Bezeichnung des Grundstücks in der Terminsbekanntmachung zu versagen. Die Entscheidung fokussiert auf die Anforderungen an die Bezeichnung des Grundstücks und die Zulässigkeit von Internetveröffentlichungen als Medium für diese Angaben.
Nach 43 Abs. 1 ZVG muss die Bekanntmachung der Terminsbestimmung spätestens sechs Wochen vor dem Termin erfolgen! Die Bezeichnung des Grundstücks muss dabei hinreichend sein, um die Lage für potenzielle Bieter verständlich zu machen (vgl. § 37 Nr. 1 ZVG). Die bloße Angabe einer Gemarkung genügt dabei nicht, wenn diese ohne zusätzliche Informationen keine Rückschlüsse auf den Ortsnamen erlaubt.
Die Angabe der Gemeinde, in der das Grundstück belegen ist, kann sich aus einem verlinkten Gutachten auf der Internetplattform (zvg-portal.de) ergeben. Diese Vorgehensweise erfüllt die Anforderungen an die Terminsbekanntmachung. Folge: Ein interessierter Nutzer wird Links zu Gutachten oder weiteren Details folgen, insbesondere, wenn diese als „amtlich“ gekennzeichnet sind. Auch Karten und Luftbilder, die über das Portal zugänglich sind, bieten zusätzliche Klarheit zur Lage des Grundstücks.
Zusätzliche Veröffentlichungen (z. B. in Regionalzeitungen, über Gerichtstafeln) müssen nicht den strengen Vorgaben des § 37 ZVG entsprechen, sofern eine Veröffentlichung den gesetzlichen Anforderungen genügt (s. o.).
Das Fehlen der Gemeindeangabe in bestimmten Bekanntmachungen führt nicht zu einer Verunsicherung der Bieter, solange eine der Veröffentlichungen die nötigen Informationen klar bereitstellt.
Übersicht: Vorteile für Gläubiger |
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Übersicht: Folgen für Gläubiger |
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Vier Merkposten Praxistipps |
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Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger |
1. Grundlagen: Sind die Mindestangaben gemäß § 37 ZVG in der Terminsbestimmung enthalten? Wurde die Terminsbekanntmachung mindestens sechs Wochen vor dem Termin veröffentlicht (§ 43 ZVG)? 2. Internetveröffentlichung: Ist die Terminsbekanntmachung auf der Internetplattform (zvg-portal.de) abrufbar? Werden alle notwendigen Informationen über verlinkte Dokumente bereitgestellt (z. B. Gemeindeangabe, Gutachten)? 3. Zusätzliche Veröffentlichungen: Wurde die Terminsbekanntmachung über alternative Kanäle (Zeitung, Gerichtstafel) veröffentlicht? Stimmen die Angaben in den zusätzlichen Veröffentlichungen mit der Hauptbekanntmachung überein? 4. Prüfung auf Konsistenz: Sind Karten/Luftbilder über das Portal korrekt und hilfreich? Gibt es keine widersprüchlichen Angaben in verschiedenen Veröffentlichungen? 5. Kommunikation mit dem Versteigerungsgericht: Wurden Unklarheiten oder fehlende Angaben frühzeitig mit dem Gericht geklärt? |
Zu Leitsatz 3
Nach § 83 Nr. 6 ZVG kann der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren versagt werden, wenn die Fortsetzung des Verfahrens unzulässig ist. Dies schließt Fälle ein, in denen eine Einstellung des Verfahrens hätte erfolgen müssen.
Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob eine Fortsetzung des Verfahrens im Hinblick auf einen Insolvenzplan im parallel laufenden Insolvenzverfahren rechtlich zulässig war.
Das sind die Einstellungsvoraussetzungen nach § 30d ZVG:
- Ein Insolvenzverfahren ist eröffnet.Einstellungsvoraussetzungen
- Ein Insolvenzplan wurde vorgelegt und nicht nach § 231 InsO zurückgewie–sen.
- Die Durchführung des Plans wird durch die Versteigerung gefährdet.
Da der Insolvenzplan zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bereits rechtskräftig bestätigt war, war damit § 30d Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZVG nicht mehr anzuwenden.
Beachten Sie | § 30d ZVG gilt nur während der Phase des Zustandekommens eines Insolvenzplans, nicht aber während der Durchführung. Dies folgt aus der Gesetzgebungsgeschichte und dient der Wahrung der Rechte absonderungsberechtigter Gläubiger.
Übersicht: Vorteile für Gläubiger |
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Übersicht: Folgen für Gläubiger |
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Drei Merkposten Praxistipps |
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Checkliste / Handlungsempfehlungen für Gläubiger |
1. Insolvenzplan prüfen
2. Einstellungsvoraussetzungen überprüfen
3. Schutzmaßnahmen ergreifen
4. Kommunikation sichern
5. Rechtliche Beratung einholen
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AUSGABE: VE 3/2025, S. 44 · ID: 50285733