Reparaturablaufplan
Kosten für Reparaturablaufplan müssen erstattet werden
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ReparaturkostenBGH bestätigt Pflicht des Geschädigten zur Plausibilitätskontrolle der Werkstattrechnung
| Bereits im Urteil zu den Gutachterkosten hat der BGH gesagt, dass der Geschädigte zu einer „gewissen Plausibilitätskontrolle“ der Rechnung verpflichtet ist. Bei einer laienhaft unplausiblen Rechnung ist der Geschädigte durch den subjektbezogenen Schadenbegriff nicht geschützt. Sein Beispiel dort war eine Rechnung, die der Höhe nach von der Honorarvereinbarung abweicht. UE hat in Ausgabe 5/2024 dazu geschrieben: „Diese Pflicht zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle kann man sicher im Hinblick auf andere Schadenpositionen übertragen.“ Das hat der BGH nun bestätigt. |
Streit um Schadenposition „Desinfektionskosten“
Es ging um Kosten der Desinfektion anlässlich einer Fahrzeugreparatur im August 2020. Die hat die Werkstatt in üppiger Höhe von 157,99 Euro brutto berechnet. Im Schadengutachten wurden die Desinfektionskosten in etwa in dieser Höhe vorhergesagt. Der Versicherer hatte nicht komplett abgelehnt, sondern 33,18 Euro erstattet. Um die Differenz wurde gestritten.
BGH: Plausibilitätskontrolle mit Laienwissen muss sein
Der BGH sagt dazu: Es trifft den Geschädigten eine Verpflichtung zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt die Werkstatt bei Vertragsschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieser Werkstatt als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweisen (Auswahlverschulden). Das hat dann zur Folge, dass sich der Geschädigte nicht auf das „Werkstattrisiko“ berufen kann (BGH, Urteil vom 23.04.2024, Az. VI ZR 348/21, Abruf-Nr. 241967).
Der BGH stimmt dem Berufungsgericht zu, dass ein verständiger, wirtschaftlich denkender Geschädigter bei der Plausibilitätskontrolle erkennen musste, dass die Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen, wie sie von der Werkstatt in Rechnung gestellt wurden, deutlich überhöht und in dieser Höhe nicht ersatzfähig sind. Das zeige das jedermann während der Pandemie gegebene Erfahrungswissen. Denn außerhalb der Kfz-Werkstätten seien sehr viel niedrigere Beträge berechnet worden. Deshalb durfte die Geschädigte auch nicht auf die Prognose des Schadengutachters vertrauen.
Handlungsempfehlung für die Praxis
Die Hardliner-Versicherer werden auf dieser Grundlage nun verschiedene Schadenpositionen attackieren. Dabei werden sie im Wesentlichen dann Erfolg haben, wenn die Werkstatt allzu heftig an der Preisschraube gedreht hat. Auch hier gilt die alte Schrauber-Weisheit: Nach ganz fest kommt ganz locker.
Die dem Geschädigten zur Pflicht auferlegte Plausibilitätsprüfung der Reparaturrechnung lässt UE einen sorgenvollen Blick auf manche Übertreibung werfen, die man erkennen kann:
Die kleinen Schadenpositionen und die übertriebenen Kosten
Es ist nicht gut, wenn bei „den kleinen Schadenpositionen“ immer weiter an der Schraube gedreht wird. Wir erinnern an das Thema der Desinfektionskosten und der Entwicklung in der Justiz rund um Stuttgart. Am Anfang ließen sich die drei Arbeitswerte und die 7,50 Euro Sachkosten, die das IfS gemeinsam mit dem Allianz-Zentrum für Technik als angemessenen Aufwand ermittelt hatte, leicht durchsetzen. Da ergaben sich Beträge um die 50 oder 60 Euro. Mancher dachte: Da geht mehr. Und am Ende waren es 150 Euro und mehr. Dann hat ein Gericht aus dem Stuttgarter Umland entschieden: Das ist übertrieben. Und es hat den angemessenen Aufwand auf 30 Euro geschätzt. Die Berufungskammer des LG Stuttgart hat das so mitgetragen. Die Folge war, dass wegen Übertreibungen einzelner ab dann alle Versicherer nur noch die 30 Euro erstatteten. Gerichtliche Gegenwehr war zwecklos. Chapeau!
Die inflationären „Hebebühnenbenutzungskosten“
Eine Schadenposition, die UE Sorgen macht, ist mit ihren Übertreibungen die der Hilfestellung beim Gutachten, vulgo die Hebebühnenbenutzungskosten. Wir reden nicht von Vorgängen, bei denen das nicht mehr fahrbereite Fahrzeug mit Radrollern und tatkräftiger Unterstützung der Werkstattmitarbeiter auf die Hebebühne gewuchtet werden muss.
Wir reden von den normalen Vorgängen, bei denen das Ausspielen der Gutachter gegeneinander und deren Überbietungswettbewerb untereinander extreme Wirkung entfaltet. „Von dem Gutachter bekommen wir 50 Euro für die Benutzung der Hebebühne. Wenn Du hier was werden willst, musst Du mehr geben.“ „Na gut, mache ich…“. Und so finden wir schon Rechnungen, in denen diese Position bald die 200 Euro übersteigen wird. Irgendwann sagt ein Gericht „20 Euro sind auch genug“, und dann ist es, siehe oben, passiert.
Das Risiko ist groß, da die Position bei vielen Richtern ohnehin den Hautgout einer versteckten Provision für die Gutachtenvermittlung hat.
Die Kosten für den Reparaturablaufplan
Eine ähnliche Entwicklung sieht UE bei den Kosten für den Reparaturablaufplan. Die 75 Euro, die sich dort als Standard herausgebildet haben, werden auch schon aufgeblasen, und so hatten wir jüngst eine Rechnung dafür mit 119 Euro plus MwSt in einem Urteil. Da ist es gutgegangen, aber das Risiko, dass ein Gericht sagt, 30 Euro wären auch genug, ist spätestens seit der BGH-Entscheidung zur Plausibilitätsprüfung sehr greifbar geworden. Und dann hilft auch kein subjektbezogener Schadenbegriff mehr, wie man dem BGH-Urteil klar entnehmen kann.
- Beitrag „BGH ändert seine bisherige Rechtsprechung zur Erstattung der Sachverständigenkosten“, UE 5/2024, Seite 4 → Abruf-Nr. 50000872
AUSGABE: UE 7/2024, S. 6 · ID: 50059707