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FamilienverträgeÜbertragung einer Mietimmobilie gegen Versorgungsleistung: Steuertücken kennen und meiden

Top-BeitragAbo-Inhalt17.04.202513 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Ein häufiges Dilemma im Alter ist die geringe Rente. Ist ein Vermietungsobjekt vorhanden, sorgen Mieterträge zwar für Liquidität. Allerdings macht das Objekt Arbeit, und deshalb soll es oft auf die nächste Generation übertragen werden. Doch wie, ohne dabei die Einnahmen zu verlieren? Eine Möglichkeit ist, die Immobilie gegen eine Versorgungsleistung zu übertragen. Erfahren Sie nachfolgend anhand eines Musterfalls, welche steuerlichen Folgen sich dabei für beide Parteien ergeben. |

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Der Musterübertragungsfall aus der Praxis

Der Musterfall

Mutter M hat eine vermietete Immobilie besessen. Diese hat sie zum 02.01.2025 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Tochter Thea übertragen. Im Gegenzug gewährt ihr Thea zur Altersabsicherung eine lebenslange Versorgungsleistung. Folgende Eckwerte sind zu berücksichtigen:
Lebensalter M zum 02.01.2025

70 Jahre

Lebenslange Versorgungsleistung monatlich

2.500 Euro

Ursprüngliche Anschaffungskosten VuV-Objekt (Erwerb 02.01.2018)

400.000 Euro

Aktueller Wert des VuV-Objekts (02.01.2025)

600.000 Euro

Anteil Grund und Boden/Gebäude (am 02.01.2018 und 02.01.2025)

1/3 zu 2/3

Wichtig | In der Praxis wird es öfter vorkommen, dass das zur Übertragung anstehende Objekt der M länger als zehn Jahre gehört. SSP hat dennoch die Variante mit einer Besitzzeit von nur sieben Jahren gewählt, um Sie auf eine brisante Steuerfalle bei der gefühlt privaten Übertragung auf Thea aufmerksam zu machen: § 23 EStG (mehr dazu am Ende des Beitrags).

Das sagt der BFH zur Übertragung von Mietimmobilien

Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen können grundsätzlich unter § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG fallen. In dem Fall könnte Thea (Zahlende) die Versorgungsleistung als Sonderausgaben abziehen. M als Empfängerin müsste die Zahlungen in voller Höhe versteuern (§ 22 Nr. 1a EStG).

Dies gilt jedoch – wie der BFH mit Urteil vom 29.09.2021 (Az. IX R 11/19, Abruf-Nr. 226774) klargestellt hat – seit dem 01.01.2008 nur für die Wirtschaftsgüter, die in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG benannt sind, z. B. für einen übertragenen Betrieb. Private Vermietungsobjekte fallen nicht unter die Norm, sodass § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG im Musterfall nicht gilt.

Rechtsfolge: (Teil-)entgeltliche Übertragung

Weil keine Versorgungsleistung i. S. v. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG gegeben ist, die Leistung (monatliche Zahlung von 2.500 Euro) jedoch für eine Gegenleistung (Vermietungsobjekt) erbracht wird, handelt es sich um einen (teil-)entgeltlichen Vorgang. Ein rein unentgeltlicher Vorgang ist aufgrund der beidseitigen Verknüpfung nicht gegeben, ebenso keine Unterhaltsleistung.

Die Steuerfolgen bei (teil-)entgeltlichen Übertragungen

Die Folge: Für Erwerberin Thea ergeben sich Werbungskosten, bei ihrer Mutter kann es zu einem Veräußerungsgeschäft kommen. Aber der Reihe nach.

Für die konkreten Rechtsfolgen ist zunächst zu prüfen, ob es sich um einen vollentgeltlichen oder um einen teilentgeltlichen Vorgang handelt. Die Entscheidung darüber hängt davon ab, ob Leistung (monatliche Zahlung von 2.500 Euro) und Gegenleistung (Vermietungsobjekt) einander gleichwertig gegenüberstehen – oder eben nicht. Zunächst ist daher der Wert der Leistung und der Gegenleistung zu ermitteln.

Praxistipp | Sind Leistung und Gegenleistung einander gleichwertig, handelt es sich um ein vollentgeltliches Geschäft. Ist die Gegenleistung (Vermietungsobjekt) werthaltiger, liegt ein teilentgeltlicher Erwerb mit den nachstehend beschriebenen Folgen vor. Sollte die Leistung hingegen werthaltiger als die Gegenleistung sein, ist die Leistung aufzuteilen. Bis zum Wert der Gegenleistung ergeben sich die nachstehend beschriebenen Rechtsfolgen. Der die Gegenleistung übersteigende Anteil stellt hingegen eine nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbare Zuwendung dar.

Notwendig: Ermittlung des entgeltlichen Anteils

Der entgeltliche Anteil der Vermögensübertragung ermittelt sich durch Vergleich des Rentenbarwerts mit dem aktuellen Grundstückswert von 600.000 Euro. Da es sich bei der Versorgungsleistung um eine lebenslange Leistung handelt, richtet sich die Ermittlung des Rentenbarwerts (Kapitalanteil) nach § 14 Abs. 1 BewG. Danach ist ein Vielfaches des Jahreswerts der Leistungen anzusetzen. Der Jahreswert umfasst den Jahresbetrag der voraussichtlich erfolgenden Versorgungsleistungen (§§ 15 und 16 BewG).

Der anzusetzende Vervielfältiger ist aus den Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts zu ermitteln. Maßgebend ist die zum 01.01. des Übertragungsjahrs veröffentlichte Sterbetafel. Der sich danach ergebende Kapitalwert muss unter Berücksichtigung von Zwischen- und Zinseszinsen mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent als Mittelwert zwischen dem Kapitalwert für jährlich vor- und nachschüssige Zahlungsweise berechnet werden. Alternativ zu dieser Berechnungsmethode gestattet es R 6.2 EStR, den Barwert nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln.

Klingt kompliziert – ist aber einfach. Denn das BMF stellt die für den Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen oder Leistungen im Jahresbetrag von einem Euro nach Lebensalter und Geschlecht der Berechtigten in einer Tabelle zusammen. Die für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2025 maßgebenden Vervielfältiger hat das BMF mit Schreiben vom 09.12.2024 veröffentlicht (Az. IV D 4 - S 3104/19/10001 :010, Abruf-Nr. 246267).

Bezogen auf den Praxisfall

Der Jahreswert der Leistung beträgt 30.000 Euro (zwölf Monatsraten zu je 2.500 Euro). Der Vervielfältiger beläuft sich bei einer weiblichen Berechtigten im Alter von 70 Jahren auf 11,050 Euro. Daraus errechnet sich ein Barwert von 331.500 Euro (30.000 x 11,050 Euro). Das Grundstück (als Gegenleistung) hat einen Verkehrswert von 600.000 Euro. Ergo handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung:
Entgeltlicher Teil (331.500 Euro/600.000 Euro)

55,25 Prozent

Unentgeltlicher Teil (268.500 Euro/600.000 Euro)

44,75 Prozent

Wichtig | Hängt die Dauer des Versorgungsbezugs vom Leben mehrerer Personen ab (z. B. Mutter und Ehemann) und erlischt das Recht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so ist gemäß § 14 Abs. 3 BewG für die Ermittlung des Vervielfältigers das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der höchste Vervielfältiger ergibt. Erlischt das Recht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so ist das Lebensalter und Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der niedrigste Vervielfältiger ergibt.

Der Werbungskostenabzug beim Erwerber

Bei Erwerberin Thea sind gleich drei Werbungskostenabzüge zulässig:

  • 1. Abschreibung des entgeltlich erworbenen Teils
  • 2. Abschreibung des unentgeltlich erworbenen Teils
  • 3. Abzug des in den Versorgungsleistungen enthaltenen Zinsanteils

1. Abschreibung des entgeltlich erworbenen Teils

Nutzt Erwerberin Thea das Objekt zur Erzielung von Einkünften, so führen die von ihr geschuldeten und an ihre Mutter entrichteten wiederkehrenden Leistungen in Höhe ihres („verrenteten“) Barwerts zu Anschaffungskosten. Diese sind – soweit sie auf abnutzbare Wirtschaftsgüter (hier das Gebäude) entfallen – gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b) EStG mit jährlich zwei Prozent abzuschreiben. Die Abschreibung ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Werbungskosten abzugsfähig.

Bezogen auf den Praxisfall

Bei einem Barwert von 331.500 Euro ergeben sich Anschaffungskosten in gleicher Höhe. Diese sind gemäß den Daten des Musterbeispiels zu 1/3 auf den nicht abnutzbaren Grund und Boden (110.500 Euro) und zu 2/3 auf das abnutzbare Gebäude (221.000 Euro) zu verteilen. Die Abschreibung für den entgeltlich erworbenen Gebäudeteil beträgt also 4.420 Euro (zwei Prozent von 221.000 Euro).
Praxistipp | Saniert Thea das Gebäude im Anschluss an den Erwerb, ist zu prüfen, inwieweit sich anschaffungsnahe Herstellungskosten i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ergeben. Das gilt jedoch nur für den entgeltlich erworbenen Teil. Erhaltungsaufwendungen, die auf den unentgeltlich erworbenen Teil entfallen, sind in voller Höhe abzugsfähig. Der Grund: Die Besitzzeiten von M werden Thea zugerechnet. Würden sich die Erhaltungsaufwendungen der Jahre 2025 bis 2027 auf 100.000 Euro belaufen, wären folglich 44,75 Prozent (44.750 Euro – unentgeltlicher Teil) sofort abzugsfähig. Die restlichen 55.250 Euro entfielen auf den entgeltlich erworbenen Teil. Sie müssten zusammen mit dem Gebäude abgeschrieben werden, da die 15-Prozent-Grenze überschritten wird.

2. Abschreibung des unentgeltlich erworbenen Teils

Soweit Erwerberin Thea die Immobilie unentgeltlich erworben hat, hat sie keine eigenen Anschaffungskosten geleistet. Deshalb kann sie für den unentgeltlich erworbenen Teil die AfA-Reihe ihrer Mutter fortführen (§ 11d Abs. 1 EStDV). Die AfA bemisst sich insoweit nach den (anteiligen) Anschaffungskosten der Rechtsvorgängerin und dem AfA-Prozentsatz, der für sie maßgebend wäre, wenn sie noch Eigentümerin der Immobilie wäre. Dabei kann Thea die Abschreibung so lange vornehmen, wie das von M noch nicht ausgeschöpften AfA-Volumen reicht.

Bezogen auf den Praxisfall

Die Anschaffungskosten von M beliefen sich auf 400.000 Euro. Davon entfielen 1/3 (133.333 Euro) auf den Grund und Boden. Hiervon übernimmt Thea 44,75 Prozent, also 59.667 Euro. Auf das Gebäude entfielen 2/3 (266.667 Euro). Davon übernimmt Thea ebenfalls 44,75 Prozent, also 119.334 Euro. M hat das Objekt bereits sieben Jahre lang mit jährlich zwei Prozent abgeschrieben (2018 bis 2024), sodass sich das für Thea maßgebende AfA-Volumen auf 102.632 Euro reduziert (119.334 Euro ./. sieben Jahre à 2.386 Euro). Thea kann folglich im Jahr 2025 und in jedem folgenden Jahr eine zusätzliche Abschreibung in Höhe von 2.386 Euro geltend machen (119.334 Euro x zwei Prozent). Und das so lange, bis dadurch das verbliebene AfA-Volumen von 102.632 Euro vollständig aufgebraucht ist.
Praxistipp | Sollte Thea die Immobilie veräußern, ist § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu prüfen. Für den entgeltlich erworbenen Teil gilt für die maßgebende Spekulationsfrist das Datum des Rechtsgeschäfts des Erwerbs, also das Datum der Vereinbarung der Übertragung gegen Versorgungsleistung. Für den unentgeltlich erworbenen Teil ist hingegen das Rechtsgeschäft des vorherigen Erwerbers maßgebend, also das Datum des Vertrags, mit dem M zuvor Eigentum an dem Grundstück erlangt hat. So kann es sein, dass zwar ein Spekulationsgewinn anfällt, dieser jedoch nicht das ganze Grundstück umfasst.

3. Abzug des in den Versorgungsleistungen enthaltenen Zinsanteils

In den von Thea aufgewandten monatlichen Versorgungsleistungen sind nicht nur die anhand des Barwerts ermittelten Anschaffungskosten enthalten. Vielmehr setzen sich die monatlichen Versorgungsleistungen auch aus Tilgungs- und Zinsanteilen zusammen. Davon ist der Zinsanteil gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Maßgebend für den Abzug ist der Betrag, der sich nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. b) EStG ergibt. Entscheidend ist also der Ertragsanteil. Er bestimmt sich nach dem Alter der Versorgungsberechtigten bei Beginn der Versorgungsleistungen. Bei dieser Beurteilung spielt es keine Rolle, ob der Versorgungsberechtigte männlich oder weiblich ist. Der Prozentsatz ist gleich.

Bezogen auf den Praxisfall

Die versorgungsberechtigte M ist bei Beginn der Leistungen 70 Jahre alt. Der Ertragsanteil beträgt deshalb 15 Prozent. In den monatlichen Zahlungen von 2.500 Euro sind also pauschal 15 Prozent und damit 375 Euro Zinsen enthalten. Die jährlichen Werbungskosten für Thea betragen damit 4.500 Euro (12 x 375 Euro).

Wichtig | Hängt die Laufzeit der Rente von der Lebenszeit mehrerer Personen ab (z. B. M und Ehegatte), ist zur Ermittlung des Zinsanteils § 55 Abs. 1 Nr. 3 EStDV zu beachten. Es ist das vollendete Lebensjahr der ältesten Person maßgebend, wenn die Leistungen mit dem Tod des zuerst Sterbenden erlöschen. Erlöschen die Leistungen hingegen mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, ist das vollendete Lebensjahr der jüngsten Person entscheidend.

Zwischenfazit Werbungskostenabzug Thea

Thea kann entsprechend obiger Ausführungen folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei den Mieterträgen geltend machen:
1.
Jährlich 4.420 Euro AfA

(50 Jahre lang – entgeltlich)

2.
Jährlich 2.386 Euro AfA

(ca. 43 Jahre lang – unentgeltlich)

3.
Jährlich 4.500 Euro Zinsen

(bis zum Versterben der M)

Wichtig | Ändert sich in nachfolgenden Jahren die Höhe der zu leistenden Zahlungen (z. B. infolge einer Wertsicherungsklausel), berührt die Änderung nicht die abzuschreibenden Anschaffungskosten. Die erhöhten Beträge sind lediglich in dem Umfang abzugsfähig, in dem sich aufgrund des enthaltenen Ertragsanteils Zinsaufwendungen ergeben (BFH, Urteil vom 10.07.1990 Az.  X R 138/86). Gleichermaßen bleiben die Anschaffungskosten unberührt, wenn in nachfolgenden Jahren die Versorgungsberechtigte (frühzeitig) verstirbt und die Zahlungen entfallen sollten.

Die steuerliche Behandlung beim Veräußerer

Bei der veräußernden M ist die steuerliche Behandlung einfacher. Hier muss nur zwischen dem Ertragsanteil der Versorgungsleistung und dem entgeltlich veräußerten Anteil am Vermietungsobjekt unterschieden werden.

1. Ertragsanteil als sonstige Einkünfte

So wie Tochter Thea den in den monatlichen Versorgungsleistungen enthaltenen Ertragsanteil als Werbungskosten geltend machen kann, muss M diesen gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. b) EStG als sonstige Einkünfte versteuern. Zur Ermittlung des Ertragsanteils gelten die identischen Grundsätze wie für Thea, sodass das Lebensalter von M zu Beginn der Leistungen maßgebend ist.

Bezogen auf den Praxisfall

Die sonstigen Einkünfte von M belaufen sich auf monatlich 375 bzw. jährlich 4.500 Euro. Davon ist gemäß § 9a Nr. 3 EStG ein Pauschbetrag von jährlich 102 Euro abzuziehen, sodass 4.498 Euro im Jahr der Besteuerung unterliegen.

2. Entgeltlicher Teil der Veräußerung

M erzielt für den entgeltlichen Teil der Grundstücksübertragung einen Veräußerungspreis, der sich ebenso wie bei Erwerberin Thea nach dem Barwert bemisst. Sind wie im Musterbeispiel die Spekulationsfristen des § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG noch nicht verstrichen, ergibt sich deshalb im Umfang der entgeltlichen Übertragung ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn. Abzuziehen sind vom Veräußerungspreis (Barwert)

Bezogen auf den Praxisfall

Der Veräußerungspreis beträgt 331.500 Euro (Barwert der Leistungen). Abzuziehen sind die noch nicht abgeschriebenen Anschaffungskosten – allerdings nur in Höhe von 55,25 Prozent (entgeltlicher Anteil). Von den gesamten Anschaffungskosten in Höhe von 400.000 Euro verbleiben nach Abzug der von M bereits geltend gemachten Abschreibung in Höhe von 37.334 Euro (400.000 x 2/3 x zwei Prozent x sieben Jahre) noch 362.666 Euro. Diese sind in Höhe von 200.373 Euro (55,25 Prozent) vom Veräußerungspreis abzuziehen. Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn für M beträgt damit 131.127 Euro.
Praxistipp | Hätte M mit der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung noch drei Jahre gewartet, hätte sie damit die Besteuerung umgangen. Denn dann wäre die Spekulationsfrist von zehn Jahren bereits abgelaufen gewesen.
  • die Veräußerungskosten (z. B. anteilige Kosten für den Notarvertrag) sowie
  • die anteilig noch nicht abgeschriebenen Anschaffungskosten (§ 23 Abs. 3 EStG).

Dieser für M ermittelte Veräußerungsgewinn unterliegt allerdings nicht sofort der Besteuerung. Vielmehr ist aufgrund des Zuflussprinzips (§ 11 EStG) der Unterschiedsbetrag der jährlichen Versorgungsleistungen und dem darin enthaltenen Zinsanteil zu ermitteln. Dieser Betrag ist von den bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns abgezogenen Anschaffungskosten sowie der übrigen Werbungskosten abzuziehen. Erst wenn die so reduzierten Anschaffungskosten und weiteren Werbungskosten null Euro betragen, erfolgt insoweit die Besteuerung des Veräußerungsgewinns, wie künftig weitere Zahlungen zufließen.

Bezogen auf den Praxisfall

Die jährliche Versorgungsleistung beträgt 30.000 Euro. Davon ist der Zinsanteil (4.500 Euro – sonstige Einkünfte) abzuziehen, sodass sich ein Unterschiedsbetrag von 25.500 Euro ergibt. Dieser Betrag ist mit den bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns abgezogenen verbliebenen Anschaffungskosten sowie der übrigen Werbungskosten zu verrechnen (200.373 Euro). Deshalb muss in den ersten sieben Jahren kein Veräußerungsgewinn versteuert werden. Im achten Jahr (2032) setzt jedoch die Besteuerung ein. Von den noch nicht verrechneten Anschaffungskosten sind noch 21.873 Euro übrig (200.373 Euro ./. sieben Jahre x 25.500 Euro). Es fließt jedoch ein Unterschiedsbetrag in Höhe von (wie bisher) 25.500 Euro zu. Die Differenz von 3.627 Euro unterliegt im Jahr 2032 als Veräußerungsgewinn der Besteuerung. In den Folgejahren sind jährlich 25.500 Euro als Veräußerungsgewinn zu versteuern, weil die Anschaffungskosten bereits vollständig aufgezehrt wurden. Sollte M folglich vor 2032 versterben, muss sie (doch) keinen Veräußerungsgewinn versteuern.
Praxistipp | Im Unterschied zu einem Veräußerungsgewinn ist ein Verlust schon früher zu berücksichtigen. Dieser ist anteilig nach dem Verhältnis der jährlichen Teilzahlungen zu dem zu erwartenden Gesamterlös (Barwert) in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse anzusetzen (BFH, Urteil vom 06.12.2016, Az. IX R 18/16, Abruf-Nr. 192761). Der Verlust wird damit (anteilig) ab dem ersten Zahlungsjahr realisiert.

Ist die Schenkung der Immobilie eine Alternative?

Als Alternative bietet es sich an, dass M die Immobilie an Thea verschenkt. In diesem Fall muss M weder einen späteren Veräußerungsgewinn versteuern noch die in den Versorgungsleistungen enthaltenen Ertragsanteile. Im Gegenzug hat Thea einen Nachteil. Denn sie kann nun nur die Gebäudeabschreibung der M fortführen und das sind jährlich 5.333 Euro. Im Ausgangsfall beträgt die Abschreibung infolge der teilweise gehobenen stillen Reserven jedoch jährlich 6.806 Euro, und hinzu kommen noch die in den Versorgungsleistungen enthaltenen Zinsanteile von jährlich 4.500 Euro. Im Saldo müsste Thea bei einer Schenkung also deutlich höhere Vermietungseinkünfte versteuern.

Allerdings erzielt Thea im Vergleich zum Ausgangsfall einen Vorteil, weil sie infolge der unentgeltlichen Übertragung keine Versorgungsleistungen erbringen muss. Aber ist der Vorteil real? Wenn die finanzielle Ausstattung von M. wie im Musterfall nicht zum Bestreiten des eigenen Lebensstandards genügt, wird Thea früher oder später Unterstützungsleistungen erbringen (müssen). Das Problem dabei ist aber, dass diese nicht mehr in Bezug zur Immobilienübertragung stehen und damit die Vermietungseinkünfte nicht mindern. Damit verbleibt als Abzugsmöglichkeit lediglich § 33a EStG. Das Problem: Hier werden die eigenen Einkünfte und Bezüge der M gegengerechnet (z. B. Rente), sodass meistens kein Abzugsvolumen verbleibt. Ergo: Die späteren Unterstützungsleistungen fallen unter den Tisch.

AUSGABE: SSP 5/2025, S. 9 · ID: 50307760

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