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BetriebsprüfungBeschleunigung der Betriebsprüfung: Diese Neuerungen gelten seit 2025!
| 150.000 Betriebsprüfungen ordnen die Landesfinanzbehörden in etwa jedes Jahr an. Kein Wunder, dass nahezu alle Unternehmen und Steuerberatungskanzleien regelmäßig mit dem Thema „Betriebsprüfung“ in Kontakt kommen. Während einige Prüfungen in wenigen Wochen abgeschlossen sind, gibt es auch Prüfungen, die jahrelang laufen, Um die Betriebsprüfung zu beschleunigen, wurden mit Wirkung ab 2025 mehrere Gesetze geändert. SSP stellt Ihnen die wichtigsten Neuerungen vor. |
Der neue Teilabschlussbescheid
In der Praxis dauern Betriebsprüfungen oft vor allem deshalb so lange, weil einzelne Sachverhalte umfangreiche Ermittlungen erfordern. So ist es keine Seltenheit, dass die Prüfung im Grunde genommen bereits abgeschlossen ist, aber ein einzelner Punkt noch tiefer geprüft wird; und das dauert.
Damit besteht für Sie keine Rechtssicherheit bei allen anderen Prüfungsfeststellungen. Einerseits kann der Prüfer noch immer seine Meinung zu geklärt geglaubten Feststellungen ändern. Andererseits haben Sie noch keine Möglichkeit, gegen nicht akzeptierte – und damit strittige – Feststellungen im Einspruchs- und Klageweg vorzugehen. Diesem misslichen Zustand wird durch den neuen Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO abgeholfen.
- Für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen, können einzelne im Rahmen einer Außenprüfung ermittelte und abgrenzbare Feststellungen vor dem abschließenden Prüfungsbericht gesondert festgestellt werden (§ 180 Abs. 1a AO).... abschließenden Prüfungsbericht gesondert festgestellt werden
- Gleiches gilt für vor dem 01.01.2025 entstandene Steuern, wenn die Prüfungsanordnung nach dem 31.12.2024 bekanntgegeben wurde.
Der Vorteil: Bei dieser Feststellung handelt es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt, der die enthaltene Prüfungsfeststellung verbindlich feststellt. Sind Sie mit dieser nicht einverstanden, können Sie dagegen im Einspruchs- und Klageverfahren vorgehen.
Wichtig | Vor einem Teilabschlussbescheid muss Ihnen der Prüfer einen schriftlichen oder elektronischen Teilprüfungsbericht übermitteln (§ 202 Abs. 3 AO).
Grundsätzlich steht der Erlass eines Teilabschlussbescheids im Ermessen des Prüfers. Einen Teilabschlussbescheid können Sie aber dann beantragen, wenn Sie daran ein erhebliches Interesse glaubhaft machen können. Dieses erhebliche Interesse wird in der Praxis oft darin bestehen, für bestimmte Sachverhalte oder Teilbereiche zeitnah Rechtssicherheit zu erlangen, um unternehmerische Liquiditätsplanungen zeitnah umsetzen zu können.
Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen und -verzögerungsgeld
Nicht jeder Unternehmer wirkt in vollem Umfang und zeitnah bei der Prüfung mit. Weil sich dadurch der Prüfungsablauf verzögert, wurde mit § 200a Abs. 1 AO zum 01.01.2025 das qualifizierte Mitwirkungsverlangen eingeführt.
Gegenstand dieses Verlangens sind die allgemeinen Mitwirkungspflichten i. S. v. § 200 AO. Dabei stellt das Mitwirkungsverlangen eine Ermessensentscheidung des Prüfers dar und darf frühestens nach Ablauf von sechs Monaten seit Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ergehen. Entscheidet sich der Prüfer für ein solches Mitwirkungsverlangen, ist dieses schriftlich oder elektronisch mit Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen. Dann müssen Sie (als geprüftes Unternehmen) handeln. Denn das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe zu erfüllen. Nur in begründeten Einzelfällen kann die Frist verlängert werden.
Das Mitwirkungsverzögerungsgeld
Das Problem am qualifizierten Mitwirkungsverlangen ist das ebenfalls neu eingeführte Mitwirkungsverzögerungsgeld. Es soll Sie dazu anhalten, Ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen. Das Mitwirkungsverzögerungsgeld ist dann festzusetzen, wenn ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nicht oder nicht hinreichend erfüllt wird. „Nicht hinreichend“ bedeutet: Nicht der quantitative Umfang der Nichterfüllung der geforderten Mitwirkung ist entscheidend, sondern ihre qualitative Bedeutung für die Ermittlungsmaßnahmen.
Wichtig | Auch das Mitwirkungsverzögerungsgeld kommt für Zeiträume vor 2025 in Betracht, wenn die Prüfungsanordnung nach dem 31.12.2024 erlassen wurde.
Das Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt für jeden vollen Tag der Mitwirkungsverzögerung 75 Euro – höchstens für 150 Tage (§ 200a Abs. 2 AO). Maximal können damit 11.250 Euro fällig werden (150 Tage x 75 Euro). Die Mitwirkungsverzögerung endet spätestens mit der Schlussbesprechung. Denn nach dieser gibt es keinen Bedarf mehr, eine Mitwirkung sicherzustellen.
Der Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld
Doch damit nicht genug. Gemäß § 200a Abs. 3 AO kann der Prüfer seit 2025 auch einen Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld festsetzen und das ebenfalls für Zeiträume vor 2025, wenn die Prüfungsanordnung nach dem 31.12.2024 erlassen wurde. In Betracht kommt der Zuschlag etwa dann, wenn
- in den letzten fünf Jahren bereits ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wurde und zu befürchten ist, dass das Mitwirkungsverlangen ohne einen Zuschlag nicht erfüllt wird;
- die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des geprüften Unternehmens dies erfordert (Umsatzerlöse des geprüften Unternehmens betragen in einem der von der Prüfung umfassten Jahre mindestens zwölf Mio. Euro).
Wichtig | Der Zuschlag kann beachtliche Dimensionen erreichen. Denn er darf bis zu 25.000 Euro für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung betragen, und das für maximal 150 Tage. Damit sind im Extremfall 3,75 Mio. Euro als Zuschlag denkbar (150 Tage x 25.000 Euro).
Die Neuregelung der Ablaufhemmung
Ist der Steueranspruch bereits verjährt, kann keine Steuerfestsetzung mehr erfolgen. Das wäre vor allem dann problematisch, wenn sich eine Betriebsprüfung über einen langen Zeitraum erstreckt. Deshalb existiert die Ablaufhemmung. § 171 Abs. 4 AO besagt, dass wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder der Beginn auf Ihren Antrag hinausgeschoben wurde, die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung erstrecken sollte, nicht abläuft, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Diese Ablaufhemmung galt bereits vor 2025 und hat auch noch heute Gültigkeit.
Neu ist eine zeitliche Obergrenze: Für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstehen, endet die Ablaufhemmung spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde (§ 171 Abs. 4 S. 3 AO). Damit besteht nun erstmals eine Deadline, bis zu der der Prüfer die Prüfung abgeschlossen und die Änderung etwaiger Steuerbescheide vorgenommen haben muss. Diese zeitliche Höchstgrenze ist aber nicht ganz unumstößlich. Einige Beispiele für Verlängerungen sind:
Beispiele für Verlängerung der Ablaufhemmung |
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Wichtig | Die Neuregelung gilt nur für Steuern und -vergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstanden sind. Liegt der Zeitpunkt der Entstehung vor dem 01.01.2025, lässt sich die neue Rechtslage nicht anwenden. Das gilt selbst dann, wenn die Außenprüfung erst nach dem 31.12.2024 angeordnet wird.
Beispiel |
Im Oktober 2026 wird Unternehmer M. eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben. Die am 01.12.2026 beginnende Prüfung soll sich auf die Einkommensteuer für 2024 und 2025 erstrecken. M. bittet um Verschiebung der Prüfung um sechs Monate, sodass die Prüfung erst am 01.06.2027 beginnt. |
Lösung: Für 2024 lässt sich die Neuregelung nicht anwenden, weil die Steuer vor dem 01.01.2025 entstanden ist (konkret mit Ablauf des 31.12.2024). Für den Veranlagungszeitraum 2025 gilt hingegen der neue § 171 Abs. 4 S. 3 AO. Weil die Prüfungsanordnung 2026 bekanntgegeben wurde, läuft die fünfjährige Frist grundsätzlich bis zum 31.12.2031. Weil der Beginn der Prüfung jedoch um sechs Monate verschoben wurde, verlängert sich das Fristende bis zum 30.06.2032. |
Pflicht zur Berichtigung von Steuererklärungen
Erkennen Sie nach Abgabe der Steuererklärung, aber vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass diese unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, sind Sie gemäß § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO dazu verpflichtet, dies unverzüglich dem Finanzamt anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Diese Verpflichtung gilt gleichermaßen für Ihren steuerlichen Vertreter, wenn dieser die Erklärung vorbereitet, unterschrieben oder elektronisch an das Finanzamt übermittelt hat.
Wichtig | Die vorsätzliche Nichtberichtigung eines erkannten Fehlers ist als Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbewehrt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
Diese bereits seit Jahrzehnten bestehende Berichtigungspflicht verpflichtet Sie aber nur dann zu einer Richtigstellung, wenn Sie den Fehler erkannt haben. Das setzt das Wissen von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung sowie die Erkenntnis darüber voraus, dass es durch die Erklärung zu einer Verkürzung der Steuer kommen kann oder bereits gekommen ist. Keine Anwendung findet die Vorschrift folglich bei einem bloßen „Erkennen-Können“ bzw. „Erkennen-Müssen“ des Fehlers (AEAO zu § 153 Tz. 2.4).
Wichtig | Das hat sich ab 2025 geändert. Ein neuer § 153 Abs. 4 AO besagt, dass die in § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO verankerte Berichtigungspflicht auch dann besteht, wenn Prüfungsfeststellungen unanfechtbar in einem Steuerbescheid, einem Feststellungsbescheid oder einem Teilabschlussbescheid umgesetzt worden sind und die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte auch in einer anderen von oder für Sie abgegebenen Erklärung, die nicht Gegenstand der Außenprüfung war, zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt.
Damit besteht über § 153 Abs. 4 AO erstmals eine Nachforschungspflicht zu Ihren Lasten. § 153 Abs. 4 AO gilt für Steuern, die nach dem 31.12.2024 entstehen (§ 37 Abs. 2 EGAO). Allerdings schreibt § 37 Abs. 3 EGAO vor, dass die Vorschrift auch für vor dem 01.01.2025 entstandene Steuern anzuwenden ist, wenn für diese nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Damit strahlt die Vorschrift bei Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nach dem 31.12.2024 auch auf alte Veranlagungszeiträume aus und eröffnet für diese die Berichtigungspflicht.
AUSGABE: SSP 5/2025, S. 21 · ID: 50337141