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Handwerkerleistungen/Haushaltsnahe DienstleistungenDie Steuerermäßigung nach § 35a EStG und die Besonderheiten bei Beteiligten einer WEG

Abo-Inhalt06.02.2023829 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Für in einem Haushalt erbrachte Handwerker- und haushaltsnahe Dienstleistungen können Sie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beanspruchen. In der Praxis gibt es dabei immer wieder Probleme, wenn es sich bei dem Objekt um eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) handelt. Zudem ist bei einer WEG auch die Abgrenzung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Leistungen nicht immer einfach. SSP geht daher vier ausgewählten WEG-Praxisproblemen auf den Grund. |

Problemfeld 1: Besondere Bescheinigung erforderlich

Alleineigentümer einer Immobilie haben es einfach: Beauftragen sie z. B. einen Handwerker, können sie die Rechnung bzw. den darin enthaltenen Lohnanteil in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Als Nachweis gegenüber dem Finanzamt dient die Rechnung. Bei Wohnungseigentum geht das leider nicht so einfach. Besteht nämlich ein Beschäftigungsverhältnis zu einer WEG (z. B. bei Reinigung und Pflege von Gemeinschaftsräumen) oder ist die WEG Auftraggeber der haushaltsnahen Dienstleistung bzw. Handwerkerleistung, steht der auf den Wohnungseigentümer entfallende Anteil nicht ohne weiteres fest.

Jahresabrechnung der WEG muss aufgegliedert werden

Damit Sie die Steuerermäßigung dennoch beantragen können und diese auch vom Finanzamt gewährt wird, ist es deshalb erforderlich, die Jahresabrechnung der WEG aufzugliedern; und zwar in

  • 1. die im Kalenderjahr unbar gezahlten Beträge (gesondert aufgeführt nach den begünstigten haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen)
  • 2. den Anteil der in 1. enthaltenen steuerbegünstigten Kosten (Arbeits- und Fahrtkosten, zzgl. Umsatzsteuer, keine Materialkosten) und
  • 3. den individuell errechneten Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers.

Die so aufgegliederte Jahresabrechnung dient dann als Nachweis gegenüber dem Finanzamt.

Wenn die WEG einen Verwalter hat

Hat die WEG zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben einen Verwalter bestellt und ergeben sich die Angaben nicht aus der Jahresabrechnung, kann der Nachweis der Aufwendungen über den Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers gegenüber dem Finanzamt durch eine Bescheinigung des Verwalters geführt werden (Muster: Siehe Anlage 2 zum BMF-Schreiben vom 09.11.2016, Az. IV C 8 – S 2296-b/07/10003 :008, Abruf-Nr. 190166). Das Datum über die Beschlussfassung der Jahresabrechnung kann formlos auf der Bescheinigung vermerkt werden.

Problemfeld 2: Zeitpunkt der Steuerermäßigung

Auch der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen im Sinne des § 35a EStG sorgt bei WEG für Probleme. Denn grundsätzlich ist die Steuerermäßigung für das Jahr zu beantragen, in dem die Aufwendungen unbar bezahlt worden sind. Als Mitglied einer WEG zahlen Sie jedoch nicht direkt an den Handwerker bzw. Dienstleister. Vielmehr entrichten Sie an die WEG bzw. den Hausverwalter ein Hausgeld. Je nach Eigentümergemeinschaft werden auch Sonderumlagen und Zuführungen zu der Instandhaltungsrücklage von Ihnen gefordert.

Hausgeld wird nicht sofort in nach § 35a begünstigte Leistungen investiert

Das Besondere: Während Sie bereits jetzt wirtschaftlich belastet sind, kommt es auf Ebene der WEG nicht sofort zur Ausführung einer von § 35a EStG begünstigten Leistung. Insbesondere Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage werden oft jahrelang vom Hausverwalter verwaltet, bis aus dem angesammelten Betrag tatsächlich eine (oft teure) Sanierung der Immobilie erfolgt. Im Zeitpunkt Ihrer Zahlung kann also noch nicht abgesehen werden, ob und wenn ja wann überhaupt von § 35a EStG begünstigte Maßnahmen ausgeführt werden. Daran ändern auch Kostenvoranschläge nichts, da die spätere Rechnung doch anders ausfallen kann.

So werden Hausgeld-Zahlungen „§ 35a-gerecht“ zugeordnet

Daher gilt für die zeitliche Zuordnung Ihrer Zahlungen an die Hausverwaltung Folgendes:

Praxistipp | Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn Sie die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist (BMF, Schreiben vom 09.11.2016, Rz. 47). Dies bietet in der Praxis eine erhebliche Vereinfachung, da dann einfach die gesamte Jahresabrechnung für die Steuererklärung zugrunde gelegt werden kann. Zudem müssen Sie die Vereinfachung nicht gemeinsam mit den übrigen Wohnungseigentümern anwenden. Jeder Wohnungseigentümer kann selbst entscheiden, ob er die Vereinfachung wählt oder nicht.

Beispiel

An die Hausverwaltung wird ein monatliches Hausgeld von 250 Euro entrichtet. Aus der Jahresabrechnung 2022 ergeben sich unter § 35a EStG fallende laufende Aufwendungen von 500 Euro und einmalige Aufwendungen von 1.250 Euro. Die Jahresabrechnung wird im Jahr 2023 genehmigt.

Lösung: Grundsätzlich sind im Jahr 2022 die 500 Euro laufende Aufwendungen nach § 35a EStG geltend zu machen. Für das Jahr 2023 sind die einmaligen Aufwendungen von 1.250 Euro nach § 35a EStG zu berücksichtigen. Wird die Vereinfachung angewendet, sind sämtliche von § 35a EStG begünstigte Aufwendungen von 1.750 Euro im Jahr 2023 zu berücksichtigen. In der Summe beläuft sich die Steuerermäßigung auf einen identischen Betrag. Der Vorteil der Vereinfachung besteht darin, dass für die Steuererklärung 2023 einfach die in diesem Jahr genehmigte Jahresabrechnung zugrunde gelegt werden kann und sich eine Aufteilung der Jahresabrechnung in verschiedene Jahre erübrigt.

  • Soweit mit Ihrer Zahlung Aufwendungen für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen (wie z. B. Reinigung des Treppenhauses, Gartenpflege, Hausmeister) bezahlt werden, können Sie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG grundsätzlich anhand der geleisteten Vorauszahlungen im Jahr der Vorauszahlung geltend machen.
  • Soweit mit Ihrer Zahlung einmalige Aufwendungen (wie z. B. Handwerkerrechnungen) bezahlt werden, können Sie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG dagegen erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung beanspruchen. Soweit einmalige Aufwendungen durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden, können die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Instandhaltungsrücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden.

Problemfeld 3: Straßen- und Gehwegreinigung

In vielen Abrechnungen von Hausverwaltungen befindet sich die Position „Straßen- und Gehwegreinigung“. Ob Sie solche Aufwendungen als haushaltsnahe Dienstleistung geltend machen können, hängt davon ab, um welche Art Straßenreinigung es sich konkret handelt.

Grundsätzliche Voraussetzungen für den Abzug

Denn um die Steuerermäßigung zu erhalten, muss die erbrachte Leistung eine hinreichende Nähe zu Ihrer Haushaltsführung aufweisen bzw. mit dieser in Zusammenhang stehen. Dazu gehören auch hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigter erledigt werden und die in regelmäßigen Abständen anfallen (BFH, Urteil vom 13.07.2011, Az. VI R 61/10, Abruf-Nr. 114211). Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff auch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen außerhalb der Grundstücksgrenze begünstigt sein. Es muss sich allerdings zwingend um Tätigkeiten handeln, die üblicherweise von Familienangehörigen erbracht und in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden sowie dem Haushalt dienen (BFH, Urteil vom 21.02.2018, Az. VI R 18/16, Abruf-Nr. 201752).

Der Abzug von Kosten der Straßenreinigung

Die von der Gemeinde oder Stadt durchgeführte Reinigung der Straße erfüllt diese Anforderungen nicht, sodass sich keine Steuerermäßigung ergibt. Es handelt sich um keine Tätigkeit, die typischerweise durch Mitglieder des Haushalts erledigt wird. Vielmehr obliegt die Reinigung regelmäßig der jeweiligen Gemeinde als öffentliche Aufgabe. Selbst wenn die Reinigungspflicht in Einzelfällen auf die Anlieger abgewälzt wird, ändert dies nichts am Ergebnis. Auch dann liegt keine Tätigkeit vor, die „gewöhnlich“ durch die Mitglieder des Haushalts erbracht wird. Außerdem endet der räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt an der Bordsteinkante zwischen Gehweg und Straße, sodass auch deswegen eine Steuerermäßigung ausgeschlossen ist (BFH, Urteil vom 13.05.2020, Az. VI R 4/18, Abruf-Nr. 219023).

Der Abzug von Kosten der Gehwegreinigung

Anders sieht es aus, wenn Sie zur Reinigung oder Schneeräumung von Gehwegen verpflichtet sind bzw. hierfür innerhalb der Abrechnung der Hausverwaltung Kosten zu tragen haben. Weil derartige Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Haushaltsführung stehen, sind sie von § 35a EStG begünstigt (BFH, Urteil vom 20.03.2014, Az. VI R 55/12, Abruf-Nr. 141766).

Problemfeld 4: Ingenieurtechnische Leistungen

Es kommt nicht selten vor, dass WEG auch ingenieurtechnische Leistungen in Auftrag geben. Das können Bauwerksuntersuchungen sein, die Planung der Instandsetzung einer Tiefgarage oder auch die Bauoberleitung für eine Tiefgarage bzw. die Inspektion derselben. Auch hier stellt sich die Frage, ob Sie für die Lohnkosten die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beantragen können. Dies mag anhand der Formulierung im Anwendungsschreiben zu § 35a EStG zunächst so aussehen (BMF, Schreiben vom 09.11.2016, Rz. 20). Denn hier findet sich folgende Formulierung:

Auszug aus BMF-Schreiben vom 09.11.2016, Rz. 20

„Die Erhebung des unter Umständen mangelfreien Istzustands, z. B. die Prüfung der ordnungsgemäßen Funktion einer Anlage, ist ebenso eine Handwerkerleistung wie die Beseitigung eines Schadens oder Maßnahmen zur vorbeugenden Schadensabwehr … Handelt es sich bei der gutachterlichen Tätigkeit dagegen weder um eine Handwerkerleistung noch um eine haushaltsnahe Dienstleistung, kommt die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht in Betracht.“

Hintergrund dieser Formulierung war ein BFH-Urteil vom 06.11.2014 (Az. VI R 1/13, Abruf-Nr. 174486). Dort hatte der BFH entschieden, dass die Dichtheitsprüfung einer Abwasserleitung, die von einem Handwerksbetrieb durchgeführt wurde, in den Anwendungsbereich des § 35a EStG fällt. Die Besonderheit in dem Urteilsfall war also, dass die Überprüfungsleistung von einem Handwerksbetrieb ausgeführt wurde.

Wichtig | Ingenieure sind jedoch keine Handwerker, sodass deren Leistungen nicht unter § 35a EStG fallen. Das hat der BFH jüngst explizit für die Leistung und Rechnung eines Statikers klargestellt, obwohl auf dessen Berechnungen basierend eine Instandhaltungsmaßnahme eingeleitet wurde. Begründung des BFH: Ein Statiker ist nicht handwerklich tätig, sondern erbringt Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken sowie der Beurteilung der baulichen Gesamtsituation. Auch der Zusammenhang mit der später zu erbringenden Handwerkerleistung eines anderen Betriebs reicht nicht aus, die Leistung als Handwerkerleistung einzustufen (BFH, Urteil vom 04.11.2021, Az. VI R 29/19, Abruf-Nr. 227809).

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „BFH: Steuerermäßigung nach § 35a EStG für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen“, SSP 8/2022, Seite 12 → Abruf-Nr. 48484670
  • Beitrag „Instandhaltungsrücklage: Wann mindert sie als Werbungskosten die Steuerlast?“, SSP 10/2021, Seite 20 → Abruf-Nr. 47107799

AUSGABE: SSP 11/2023, S. 18 · ID: 48589301

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