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SBStiftungsBrief

Spendenhaftung(Steuer-)rechtliche Tücken des Spendenrechts – Das Risiko der Spendenhaftung im Blick haben

Abo-Inhalt11.03.20257 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Werden einer Stiftung Spenden zugewandt, muss sie diese nicht nur ordnungsgemäß bescheinigen, sondern auch für den steuerbegünstigten Zweck verwenden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht ein erhebliches Haftungsrisiko für die Stiftung und deren Verantwortliche. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen der Aussteller- und der Veranlasserhaftung. Welche Haftungsrisiken hier konkret bestehen, erläutert SB. |

Was bei der Ausstellerhaftung gilt

Nach § 10b Abs. 4 S. 2, Alt. 1 EStG haftet für die entgangene Steuer, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausstellt.

Kriterium 1: Wann ist eine Zuwendungsbestätigung unrichtig?

Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Zuwendungsbestätigung unrichtig, wenn deren Inhalt nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht (BFH, Urteil vom 12.08.1999, Az. XI R 65/98, Abruf-Nr. 000209). Das kann z. B. der Fall sein, wenn

  • es sich bei der Zuwendung tatsächlich um ein Leistungsentgelt und nicht – wie in der Zuwendungsbestätigung angegeben – um eine Spende handelt;
  • im Zeitpunkt der Ausstellung der Zuwendungsbestätigung bekannt ist, dass die Zuwendung anders als bestätigt verwendet werden soll oder
  • bei Sachspenden ein zu hoher Wert bescheinigt wird.

Beispiel

Eine Stiftung unterhält eine Privatschule, die Schulgebühren erhebt. Hier setzt sie die Schulgebühren so niedrig an, dass sie auf Spenden angewiesen ist, um den Schulbetrieb aufrechterhalten zu können.
Lösung: Stellt sich im Nachhinein herausstellt, dass der normale Betrieb der Schule nur durch entsprechende Zuwendungen der Eltern aufrechterhalten werden kann, handelt es sich bei diesen Zuwendungen um ein Leistungsentgelt, nicht um Spenden. Die erteilten Zuwendungsbestätigungen wären unrichtig.

Kriterium 2: Wann hat die Stiftung als Ausstellerin schuldhaft gehandelt?

Die Haftung der Stiftung setzt ein schuldhaftes Handeln bei der Ausstellung der Zuwendungsbestätigung voraus (FG Niedersachsen, Urteil vom 15.01.2015, Az. 14 K 85/13, Abruf-Nr. 144187); es muss ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln vorliegen.

Beispiel

Die Stiftung betreibt ein Naturkundemuseum; im Rahmen umfangreicher Renovierungsarbeiten engagieren sich zahlreiche Menschen. Im Nachhinein erteilt der Stiftungsvorstand den Helfern Zuwendungsbestätigungen über erbrachte Arbeitsleistungen. Die Höhe der im Einzelnen bestätigten Zuwendung richtete sich nach der Zahl der von dem jeweiligen Helfer geleisteten Arbeitsstunden nach einem festgelegten Stundensatz.
Lösung: Da Arbeitsleistungen keine Spende darstellen, die bescheinigt werden können, sind die Zuwendungsbestätigungen unrichtig. Der Vorstand handelte (mindestens) grob fahrlässig.

Der Stiftung ist das Verschulden ihrer Vertreter zuzurechnen; der Verschuldensbegriff des § 10b Abs. 4 EStG entspricht dem des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.03.2014, Az. 6 K 9244/11, Abruf-Nr. 141374; FG München, Urteil vom 16.07.1996, Az. 16 K 3638/94). Damit ist ein grobes Verschulden erforderlich.

Grobes Verschulden i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AO setzt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit voraus. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem, nicht entschuldbarem Maße verletzt (BFH, Urteil vom 22.05.2024, Az. VIII R 20/22, Abruf-Nr. 243741).

Nach der Rechtsprechung ist der Aussteller von Zuwendungsbestätigungen verpflichtet, sich Kenntnisse im Spenden- und Zuwendungsrecht zu verschaffen (FG Niedersachsen, Urteil vom 15.01.2015, Az. 14 K 85/13, Abruf-Nr. 144187). Das impliziert, dass die Verantwortlichen in der Stiftung entsprechende steuerrechtliche Kenntnisse haben müssen. Dies betrifft nicht nur den Vorstand, sondern auch Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Stiftung, da eine Übertragung der Zeichnungsbefugnis steuerlich zulässig ist (OFD München/Nürnberg, Verfügung vom 19.07.2000, Az. S 2223 – 393/St 31).

Auch ein Verschulden des beauftragten Steuerberaters ist der Stiftung zuzurechnen. Dabei sind an dessen Sorgfaltspflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen, weil bei einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe vorausgesetzt wird, dass er das materielle Recht und das Verfahrensrecht kennt. Daher ist sein Irrtum auf diesem Gebiet regelmäßig als schuldhaft einzuordnen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.03.2014, Az. 6 K 9244/11, Abruf-Nr. 141374).

Wichtig | Maßgebend für das Verschulden bei der Ausstellerhaftung ist der Zeitpunkt, zu dem die Zuwendungsbestätigung ausgestellt wird.

Die möglichen Haftungsschuldner bei der Ausstellerhaftung

Als Haftungsschuldner kommen in Betracht

  • vorrangig die Stiftung, in deren Namen die unrichtige Zuwendungsbestätigung ausgestellt wurde (OFD, Frankfurt a. M., Verfügung vom 17.03.2017, Az. S 2223 A – 95 – St 53, Abruf-Nr. 141490) oder
  • zweitrangig die handelnden Personen, die veranlasst haben, dass die unrichtige Zuwendungsbestätigung ausgestellt wird. Die handelnden Personen haften gegenüber der Stiftung aus § 280 Abs. 1 BGB. Ein Haftungsausschluss nach §§ 84a Abs. 3 S. 1, 31a Abs. 1 BGB wird hier nicht in Betracht kommen, da das Ausstellen einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung als grob fahrlässig anzusehen ist. Die Stiftung muss den Stiftungsvorstand in Anspruch nehmen, will sie sich nicht dem Vorwurf der Mittelfehlverwendung aussetzen, was zur Aberkennung der Steuerbegünstigung führen kann.

Was bei der Veranlasserhaftung gilt

Bei der Veranlasserhaftung haftet die Stiftung dafür, dass sie veranlasst hat, dass eine Zuwendung nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet wird. Es geht also um eine Mittelfehlverwendung. Allein maßgeblich ist, ob sich die tatsächliche Verwendung der Zuwendungen mit dem in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck deckt (BFH, Urteil vom 28.07.2004, Az. XI R 39/03, Abruf-Nr. 245381).

Eine Mittelfehlverwendung ist nicht gegeben, wenn die Stiftung die Zuwendung zu dem in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck verwendet hat, auch wenn sie im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren nicht als gemeinnützig anerkannt wird (BFH, Urteil vom 28.07.2004, Az. XI R 39/03, Abruf-Nr. 245381).

Beispiel

Der Stiftung wurde für die Kalenderjahre 2020 bis 2023 durch das Finanzamt der Freistellungsbescheid erteilt. Aufgrund einer Betriebsprüfung wurde der Stiftung im Jahr 2025 die Steuerbegünstigung wegen einer fehlenden Förderung der Allgemeinheit aberkannt.
Lösung: Es liegt keine Mittelfehlverwendung vor.

Eine Mittelfehlverwendung liegt auch bei rückwirkender Aberkennung der Gemeinnützigkeit nicht vor, wenn die Stiftung die Zuwendung zu dem in der Zuwendungsbestätigung angegebenen begünstigten Zweck verwendet hat (EStH H 10b.1; so auch: FG München, Urteil vom 30.03.2004, Az. 6 K 1186/02).

Verschulden bei der Veranlasserhaftung

Durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz ist auch für § 10b Abs. S. 2, 2. Alt. EStG ein Verschuldenserfordernis für die Veranlasserhaftung vorgesehen.

Haftungsschuldner bei der Veranlasserhaftung

Bei der Veranlasserhaftung ist vorrangig der Zuwendungsempfänger, also die Stiftung, in Anspruch zu nehmen; die in diesen Fällen für den Zuwendungsempfänger handelnden natürlichen Personen sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 AO erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Stiftung nicht erfolgreich sind.

Umfang der Haftung

Durch fehlerhafte Zuwendungsbestätigungen und falsche Mittelverwendungen entgehen dem Staat Steuern. Dieser Steuerausfall ist pauschal mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags zu ersetzen (§ 10b Abs. 4 S. 3 EStG). Bei einer Spende von einem Unternehmen kommen zusätzlich noch 15 Prozent für die entgangene Gewerbesteuer hinzu.

Der Haftungstatbestand ist an den Vertrauensschutz beim Spender gekoppelt. Sprich: dass bei der Haftungsprüfung stets dessen Gutgläubigkeit zu prüfen ist. Die Darlegungs- und Beweislast für die den Vertrauensschutz ausschließenden Gründe hat im Haftungsverfahren der Aussteller. Er hat daher auch die Möglichkeit einzuwenden, dass es, bezogen auf die einzelne Zuwendung, zu keinem Steuerausfall gekommen ist, weil der Zuwendende z. B. den Abzug der Zuwendung bei seiner Steuererklärung nicht verlangt (OFD Frankfurt a. M., Verfügung vom 17.03.2017, Az. S 2223 A – 95 – St 53, Abruf-Nr. 141490).

Im Falle der Ausstellerhaftung bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die Haftungshöhe nach den Zuwendungen, für die eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausgestellt wurde. Im Falle der Veranlasserhaftung bestimmt sie sich nach den fehlverwendeten Zuwendungen.

Beispiel

Nach einer Betriebsprüfung stellt sich heraus, dass der Vorstand eine „Aufwandsentschädigung“ in Höhe von 60.000 Euro erhalten hat, obwohl die Satzung keine entsprechende Regelung aufweist (§ 84a Abs. 1 BGB). Es liegt eine Mittelfehlverwendung vor (AEAO Nr. 25 zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) vor.
Lösung: Die Haftungssumme betrüge hier 18.000 Euro (60.000 Euro x 30 %).

Erteilung des Haftungsbescheids

Das Betriebsstättenfinanzamt der Stiftung wird hier, nach vorheriger Anhörung einen Haftungsbescheid nach § 191 AO erlassen. Im Rahmen des Haftungsbescheids muss das Finanzamt auch darlegen, wie es das Ermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme ausgeübt hat. Hier kann auch eine gleichrangige Haftung der einzelnen Haftungsschuldner in Betracht kommen, wobei die Inanspruchnahme der Stiftung selbst regelmäßig ermessensgerecht ist (BFH, Beschluss vom 23.02.1999, Az. XI B 128/98).

Festsetzungsfrist

Hinsichtlich der Festsetzungsfrist für die Haftungsansprüche sieht § 10b Abs. 4 S. 5 EStG eine Ablaufhemmung dahingehend vor, dass diese nicht abläuft, solange die Festsetzungsfrist für von der Stiftung geschuldete Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum nicht abgelaufen ist, in dem die unrichtige Bestätigung ausgestellt wurde bzw. die Mittelfehlverwendung stattfand; § 191 Abs. 5 AO ist nicht anzuwenden.

AUSGABE: SB 4/2025, S. 72 · ID: 50265917

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