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Stiftungsrechtsstreit/Klagebefugnisse So lässt sich Streit um Rechte und Pflichten von Organmitgliedern in Stiftungen gerichtlich klären
| In einer Stiftung arbeiten verschiedene Organe und ihre Mitglieder zusammen, um die Ziele der Stiftung zu verwirklichen. Dabei kann es zu Konflikten kommen, insbesondere wenn es um die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten geht. Dieser Beitrag beleuchtet die typischen Ursachen und rechtlichen Rahmenbedingungen solcher Konflikte und zeigt auf, wie sie gerichtlich gelöst werden können. |

Konflikte zwischen Stiftung, Organen und Organmitgliedern
Streitigkeiten zwischen den Organen und der Stiftung können zum einen daraus resultieren, dass Rechte, die den Organen oder einzelnen Organmitgliedern zustehen, nicht gewährt werden oder die Organe oder Mitglieder ihre Rechte nicht wahrnehmen und der Stiftung so schaden. Insbesondere bei Beschlüssen, mit denen Organmitglieder abberufen werden, die Satzung geändert werden oder Ausschüttungen beschlossen werden sollen, kann es zu Konflikten zwischen den Organmitgliedern kommen.
In solchen Fällen sollten die Beteiligten immer erst versuchen, die Meinungsverschiedenheiten im Sinne der Stiftung auszuräumen. Gelingt dies nicht, müssen die Beteiligten vor das zuständige Zivilgericht gehen, um die Angelegenheit zu klären.
Streitigkeit über Beschlussmängel und Feststellungsklage
Die Stiftungsorgane müssen unter Beachtung der gesetzes- und satzungsmäßigen Voraussetzungen durch Beschluss entscheiden.
- Kommt ein Beschluss unter Verstoß gegen Satzung oder Gesetz zustande, ist dieser – mit wenigen Ausnahmen – immer nichtig. Das bedeutet, dass er von den Organmitgliedern nicht umgesetzt werden darf.
- Verstößt der Beschluss gegen eine Norm oder eine Satzungsregelung, die nicht dem Schutz der Stiftung, ihrer Organe oder dem Stifterwillen dient, ist der Beschluss ausnahmsweise weiterhin wirksam.
Ist zwischen den Organmitgliedern nun strittig, ob ein Beschluss nichtig ist, kann dies vor den Zivilgerichten im Rahmen einer Feststellungsklage geprüft werden.
Wichtig | Streiten sich Mitglieder der Stiftungsorgane um die Wirksamkeit ihrer Organbeschlüsse, dürfen die Organmitglieder nicht auf die Genehmigung der unwirksam beschlossenen Maßnahme (z. B. Auflösung der Stiftung) warten und dann die Rechtswidrigkeit der Genehmigung auf dem Verwaltungsrechtsweg feststellen lassen. Vielmehr gilt: Die Organmitglieder müssen stattdessen unmittelbar und ohne Zeitverzug zivilrechtlich gegen den durch ihr Organ gefassten, unwirksamen Beschluss klagen!
Wer kann klagen?
Nicht jeder kann einfach so eine Feststellungsklage erheben. Es muss ein rechtliches Interesse bestehen, also ein guter Grund, warum die Klärung wichtig ist. Folgende Organe haben ein rechtliches Interesse:
- Stiftung: Die Stiftung selbst, vertreten durch ihre Organe, hat immer ein Interesse daran, ungültige Beschlüsse anzufechten.
- Kontrollorgan: Auch das Kontrollorgan der Stiftung – in der Regel der Stiftungsrat –, das die Aufgabe hat, die Arbeit der anderen Organe zu überwachen, kann klagen.
Wichtig | Es ist jedoch umstritten, ob einzelne Mitglieder der Organe ebenfalls im Rahmen der Feststellungsklage klagen können. Hier empfiehlt sich in jedem Fall, rechtlichen Rat vor Klageerhebung einzuholen.
Gegen wen wird geklagt?
Wenn es Streit zwischen den Organen der Stiftung gibt, wird gegen das Organ geklagt, das den ungültigen Beschluss gefasst hat. In anderen Fällen ist die Stiftung selbst der richtige Klagegegner.
Gibt es eine Frist für die Klage?
Normalerweise gibt es keine feste Frist, innerhalb derer eine Klage erhoben werden muss. Es ist jedoch ratsam, nicht zu lange zu warten und die Klage zügig, also binnen einiger Wochen bis weniger Monate, einzureichen.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht entscheidet durch Urteil. Es untersucht im Gerichtsverfahren, unter welchen Umständen der Beschluss zustande gekommen ist und prüft, ob der Beschluss die Vorgaben der Satzung, des Stifters und des Gesetzes beachtet hat.
Stellt das Gericht fest, dass der streitgegenständliche Beschluss tatsächlich nichtig ist, gilt diese Entscheidung in der Regel nur für die beteiligten Parteien. Es wird jedoch diskutiert, ob das Urteil auch für andere Mitglieder der Stiftung gelten sollte.
Praxistipp | Hier sollte immer qualifizierter Rechtsrat vor Klageerhebung eingeholt werden, um sicherzustellen, dass auch die richtigen Parteien durch das Urteil gebunden werden. |
Streitigkeiten über Abberufung und vorläufiger Rechtsschutz
Ein Organmitglied kann von den anderen Organmitgliedern bzw. dem Aufsichtsorgan (oftmals Stiftungsrat) abberufen werden. Ist das Organmitglied mit der Abberufung nicht einverstanden und bestimmt die Satzung nichts anderes, bleibt das Organmitglied im Amt, bis die Wirksamkeit der Abberufung rechtskräftig festgestellt wird.
Greift die Stiftungsbehörde hier nicht ein und beruft das Organmitglied ab bzw. untersagt seine Tätigkeit, kann die Stiftung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Regelungsverfügung erwirken. Hierdurch kann das betroffene Organmitglied zur Abwendung wesentlicher Nachteile vorläufig abberufen werden, um seine Einflussnahme auf die Stiftung zu unterbinden.
Beispiel |
Der Vorsitzende des Stiftungsvorstands V entdeckt, dass Vorstandsmitglied A regelmäßig unbefugt Stiftungsgelder auf sein Privatkonto transferiert. Der Stiftungsvorstand erklärt die Abberufung. Damit ist A nicht einverstanden und klagt. A bliebe im Amt, bis die Wirksamkeit der Abberufung rechtskräftig festgestellt wird. Lösung: Die Stiftung kann hier im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Regelungsverfügung erwirken und A vorläufig abberufen |
Erzwingen einer Handlung und Leistungsklage
Es gibt Fälle, in denen z. B. Teile des Organs eine Beschlussfassung herbeiführen wollen, sich jedoch ein entscheidendes Mitglied zu Unrecht weigert (etwa, weil die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Satzungsänderung vorliegen) und seine Stimme für die Beschlussfassung erforderlich ist. Hier kann seine Stimmabgabe im Wege der zivilrechtlichen Leistungsklage verfolgt werden. Diese Klage zwingt die Person oder das Organ, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Es kommt auch vor, dass ein Organmitglied seine Pflichten verletzt und der Stiftung daraus ein Schaden entsteht. In einem solchen Fall hat die Stiftung, vertreten durch ihren Vorstand, ggf. auch durch ihr Kontrollorgan, den Schaden gegenüber dem Schädiger geltend zu machen. Weigert der Schädiger sich, der Stiftung den entstandenen Schaden zu ersetzen, muss die Stiftung, vertreten durch ihren Vorstand, den Schadenersatz im Wege der Leistungsklage vom Schädiger einklagen.
- Krezer, in: Stiftungsrecht nach der Reform, 2. Auflage 2024, Kapital 10.
- Beitrag „Rechtsstreitigkeiten in Stiftungen: Diese Konflikte birgt die Errichtungsphase“, SB 3/2025, Seite 55 → Abruf-Nr. 50283669
- Die Beitragsserie wird fortgesetzt. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe mehr zum Thema „Streitigkeiten im Zusammenhang mit Destinatären und Anfallberechtigten“ sowie „Streitigkeiten mit dem Finanzamt“.
AUSGABE: SB 4/2025, S. 63 · ID: 50353232