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ImmobilienImmobilien-Familienstiftung: Rechtliche, steuerrechtliche, wirtschaftliche und familiäre Aspekte

Abo-Inhalt19.11.20248 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

| Wertvolles Immobilienvermögen bedarf einer fachmännischen Gestaltung und Strukturierung zur steuerlichen Optimierung, zum Schutz vor Gläubigern und zur Vorbereitung der Nachfolge innerhalb der Familie. Die Immobilien-Familienstiftung bietet in verschiedenen Konstellationen deutliche Vorteile. Sie bedarf einer sorgfältigen Planung, bei der rechtliche und insbesondere steuerrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen, jedoch auch wirtschaftliche und familiäre Aspekte. Ein Überblick. |

Immobilien-Familienstiftung

Eine Familienstiftung ist eine Stiftung, die den finanziellen Interessen der Familie dient; sie ist somit nicht gemeinnützig. Eine Immobilien-Familienstiftung liegt vor, wenn das Stiftungsvermögen ausschließlich oder wesentlich aus Immobilenvermögen besteht, wie z. B. (vermietete) Wohn- oder Gewerbeimmobilien. Ob eine Immobilien-Familienstiftung sinnvoll ist, hängt von der steuerrechtlichen Gesamtbetrachtung ab, aber auch von der Bedeutung der weiteren Stiftungszwecke und des langfristigen steuerlichen Szenarios.

Immobilen und Erbschaft- und Schenkungsteuer

Bei der steuerrechtlichen Gesamtbetrachtung der Immobilien-Familienstiftung liegt der steuerliche Fokus zunächst bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Denn der Stifter stattet die Stiftung mit Immobilenvermögen aus.

So wird der Wert der Bereicherung bei der Stiftung ermittelt

Die Bereicherung der Stiftung unterliegt – soweit diese nicht steuerfrei ist – der Erbschaft- oder Schenkungsteuer (§ 10 Abs. 1 ErbStG). Das auf die Stiftung übertragene Vermögen (§ 12 ErbStG) ist nach den allgemeinen Regelungen des Bewertungsgesetzes zu bewerten. Grundbesitz ist mit dem gesondert festgestellten Grundbesitzwert anzusetzen (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG).

Beispiel

Der Stifter stattet eine Immobilien-Familienstiftung mit Wohn- oder Gewerbeimmobilien in Höhe von 15 Mio. Euro aus.
Lösung: Die Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer richtet sich nach § 12 Abs. 3 ErbStG i. V. m. §§ 157 ff. BewG., wonach der gesondert festzustellende Wert der wirtschaftlichen Einheit anzusetzen ist.

Stiftungen profitieren von „Steuerklassenprivileg“

Beim Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung ist für die Bestimmung der anwendbaren Steuerklasse und des Freibetrags auf den „entferntest Berechtigten“ zum Schenker abzustellen, so der BFH (Urteil vom 28.02.2024, Az. II R 25/21, Abruf-Nr. 241787). Der „entferntest Berechtigte“ ist derjenige, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann. Unerheblich ist, ob die Person zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren ist, jemals geboren wird und tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen wird.

Die Wahl der Destinatäre hat also erheblichen Einfluss darauf, welche Steuerklasse gilt und welcher Freibetrag zu gewähren ist.

Beispiel

Bei einer Immobilien-Familienstiftung mit 15 Mio. Euro Immobilienvermögen gehören zum Kreis der begünstigten Personen neben den Ehegatten und den bereits geborenen Kindern auch künftige Abkömmlinge wie Urenkel.
Lösung: In diesem Fall beträgt der Freibetrag bei der Erstausstattung der Stiftung 100.000 Euro. Sind beide Ehegatten Stifter, entfallen auf jeden 100.000 Euro. Es gelten die Steuersätze der Steuerklasse I.
Zum Vergleich: Wären nur der Ehegatte und die Kinder begünstigt, so wären entferntest Berechtigte die Kinder des Stifters; das würde die Steuerklasse I und einen Freibetrag von 400.000 Euro bedeuten.

Wichtig | Für spätere Schenkungen/Zustiftungen gilt das für die Stiftungserrichtung geltende Steuerklassenprivileg und die Begünstigung bei den Freibeträgen nicht. Das gilt auch, wenn die Zustiftung durch den Stifter erfolgt, der die Stiftung errichtet hat. Für Zustiftungen gilt die Steuerklasse III, und es ist lediglich ein Freibetrag von 20.000 Euro abzuziehen (R E 15.2 Abs. 3 ErbStR und BFH, Urteil vom 09.12.2009, Az. II R 22/08, Abruf-Nr. 100864).

Praxistipps |
  • Die Steuerbelastung bei der Errichtung der Stiftung lässt sich bei der Immobilien-Familienstiftung dadurch verringern, dass eine Immobilie übertragen wird, die fremdfinanziert ist und deren Nettowert erst noch steigen wird.
  • Überträgt der Stifter eine Immobile und behält er sich bei der Übertragung auf die Stiftung ein Nießbrauchsrecht vor, mindert das deren steuerlichen Wert.

Beispiel

Auf eine Immobilien-Familienstiftung wird eine Immobilie übertragen, die
  • frei von Belastungen ist (Variante 1),
  • fremdfinanziert ist (Variante 2: Schulden von 150.000 Euro, vom Beschenkten übernommen) oder
  • mit einem Nießbrauch belastet ist (Variante 3: Wert hier 150.000 Euro).
Lösung: Der schenkungssteuerliche Wert berechnet sich wie folgt:
  • Variante 1: Steuerwert der Immobilie 500.000 Euro. Schenkungssteuerlicher Wert ebenfalls 500.000 Euro.
  • Variante 2: Die Kreditverbindlichkeiten mindern den Steuerwert, weil hier der Kredit vom Beschenkten übernommen wird. Steuerwert 500.000 Euro ./. Schulden von 150.000 Euro = 350.000 Euro zu versteuernde Bereicherung.
  • Variante 3: Steuerwert der Immobilie 500.000 Euro. Wert des Nießbrauchs, der sich nach den zurückbehaltenen Erträgen und dem Alter des Nießbrauchers richtet, hier 150.000 Euro. Der schenkungssteuerliche Wert beträgt daher 350.000 Euro (= 500.000 Euro ./. 150.000 Euro).

Erbersatzsteuer führt alle 30 Jahre zu fiktivem Erbfall

Zuletzt: Alle 30 Jahre greift die sog. Erbersatzsteuer. Das gesamte Vermögen einer Familienstiftung unterliegt der Besteuerung (§ 1 Abs.1  Nr. 4 ErbStG).

Maßgebend für die Erbersatzsteuer ist die Steuerklasse I, da die Erbersatzsteuer einen Vermögensübergang auf die nächste Generation – bestehend aus zwei Kindern – fingiert. Es spielt keine Rolle, ob der Stifter tatsächlich mehr oder weniger Kinder hat. Deshalb wird gemäß § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG auch der doppelte Freibetrag im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für Kinder – aktuell 800.000 Euro – von dem der Erbersatzsteuer unterliegenden Vermögen der Stiftung abgezogen. Zudem ist nicht der reguläre Erbschaftsteuersatz, sondern der Erbschaftsteuersatz für die Steuerklasse I maßgebend, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde (fiktive Teilung des Vermögens auf zwei Kinder). Schuldner der Erbersatzsteuer ist die Familienstiftung (§ 20 Abs. 1 ErbStG).

Wichtig | Alles in allem können die Rahmenbedingungen bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer von Fall zu Fall zunächst gegen eine Familienstiftung sprechen. Denn bei der gewöhnlichen Nachfolge durch Schenkungen und Erbschaften an Angehörige etwa kann alle zehn Jahre jeder Elternteil auf jedes Kind steuerfrei 400.000 Euro übertragen. Ob die Familienstiftung das bessere Nachfolgeinstrument ist, hängt von der Bedeutung der weiteren Stiftungszwecke und des langfristigen steuerlichen Szenarios ab. Dieses wiederum ist vorrangig von der laufenden Versteuerung der Mieteinkünfte sowie von Veräußerungsgewinnen abhängig.

Besteuerung der Mieteinnahmen bei Familienstiftung

Bei einer Immobilien-Familienstiftung werden die laufenden Mieteinkünfte nur mit 15,825 Prozent besteuert (15 Prozent Körperschaftsteuer und 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag). Eine Steuerlast in dieser Höhe ermöglicht es, schnell Verbindlichkeiten zu tilgen und zügig Eigenkapital für weitere Immobilienprojekte aufzubauen. Das ist aber nicht der einzige Vorteil.

Keine Gewerbesteuer bei Immobilien-Familienstiftung

Die Immobilien-Familienstiftung ist aufgrund ihrer Rechtsform nicht gewerblich tätig (anders die vermögensverwaltende Immobilien-GmbH). Die Mieteinnahmen unterliegen somit auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn die Voraussetzungen der erweiterten Grundbesitzkürzung gemäß § 9 GewStG nicht vorliegen. Die Immobilien-GmbH muss hingegen die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllen, damit der Gewinn um die Erträge aus der Vermietung gekürzt wird und es zum Entfall der Gewerbesteuerbelastung kommt.

Wichtig | Die erweiterte Grundbesitzkürzung setzt tätigkeitsbezogen, grundbesitzbezogen und zeitraumbezogen die (fast) ausschließliche Verwaltung eigenen Grundbesitzes voraus.

Beispiel

Die A-Immobilien-GmbH, deren unternehmerisches Kerngeschäft in der Vermietung und Verpachtung eigener Gebäude und Grundstücke liegt, nimmt jährlich wiederkehrend mit Gewinnerzielungsabsicht an einem örtlichen Weihnachtsmarkt an einem Adventswochenende teil und betreibt dort Stände. Der aus der Beteiligung am Weihnachtsmarkt resultierende Gewinn wird im Rahmen einer Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke an einen gemeinnützigen Verein gespendet.
Lösung: Die Weihnachtsmarktaktivitäten sind keine erlaubten Tätigkeiten im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG und führen selbst bei Geringfügigkeit zum Verlust der erweiterten Kürzung bei der A-Immobilien-GmbH.

Keine Grunderwerbsteuer bei Immobilien-Familienstiftung

Die Immobilien-Familienstiftung profitiert auch von der Grunderwerbsteuerfreiheit. Denn gelangen Grundstücke durch Schenkung oder Erbschaft in das Stiftungsvermögen, sind diese Vorgänge nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Die Grunderwerbsteuerfreiheit gilt ausdrücklich auch für den Übergang von Immobilien aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG).

Veräußerungsgewinne von Immobilien sind privilegiert

Noch ein Vorteil bei der Immobilien-Familienstiftung: Immobilien können nach einer Haltedauer von zehn Jahren steuerfrei veräußert werden. Es gilt also die einkommensteuerliche Privilegierung für private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG (sog. Spekulationssteuer).

Wichtig | Die Immobilien-Familienstiftung hat damit also einen steuerlichen Vorteil gegenüber der vermögensverwaltenden Immobilien-GmbH.

Ausschüttungen an Destinatäre sind begünstigt

Ausschüttungen der Immobilien-Familienstiftungen an die begünstigten Familienmitglieder (Destinatäre) unterliegen der Abgeltungsteuer von 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag darauf, insgesamt sind das also 26,375 Prozent.

Beispiel: Gesamtsteuerbelastung nach Ausschüttung aus Familienstiftung
Überschuss aus Vermietung und Verpachtung
100 Euro
Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 15,825 %
./. 15,83
Ausschüttbarer Gewinn
84,17 Euro
Abgeltungssteuer 25 % zzgl. Soli 5,5 % (ohne Kirchensteuer)
./. 22,20 Euro
Verfügbar im Privatvermögen
61,98 Euro
Gesamtsteuerbelastung
38,02 %

Der Vorteil: Die Gesamtsteuerbelastung bei einer Vermietung von Immobilien durch eine Familienstiftung ist niedriger als der Spitzensteuersatz von 42 Prozent und gegebenenfalls Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent darauf, der bei vielen Vermietern im Privatvermögen greift.

Schutz des Familienvermögens vor Zerschlagung und Pfändung

Die Immobilien-Familienstiftung ist als Instrument des Vermögensschutzes unter verschiedenen Konstellationen interessant.

Praxistipp | Die Reichweite des Vermögensschutzes ist vor allem von der Gestaltung der Stiftungssatzung abhängig. Spielt der Haftungsschutz und/oder die Reduzierung von Pflichtteilen enterbter Angehöriger eine Rolle, ist es geboten, die Stiftung frühzeitig zu errichten und mit Immobilienvermögen auszustatten.
  • Da die begünstigten Familienmitglieder anders als bei Gesellschaften keine Anteile an der Stiftung halten, können solche auch nicht von Gläubigern der Destinatäre gepfändet werden.
  • Ein Gläubigerzugriff auf die Ausschüttungen an Destinatäre scheitert regelmäßig, wenn diese nach der Satzung gegenüber der Stiftung keinen Rechtsanspruch auf eine Ausschüttung erhalten, der gepfändet werden könnte.
  • Ebenso ist den Gläubigern des Stifters der Zugriff auf das Stiftungsvermögen verwehrt. Dies gilt jedenfalls, nachdem die Fristen des Anfechtungsgesetzes oder der Insolvenzordnung abgelaufen sind. Bei der Insolvenzanfechtung ist ein Zeitraum von bis zu zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag umfasst. Nach dem Anfechtungsgesetz läuft maximal auch eine zehnjährige Frist, die von dem Zeitpunkt zurückzurechnen ist, an dem die Anfechtbarkeit gerichtlich geltend gemacht wird.
  • Im Fall der Scheidung bietet die Vermögensbündelung in einer Stiftung Schutz. So wird insbesondere der Zugriff von Schwiegerkindern auf die Wertsteigerungen des Familienvermögens verhindert.
  • Im Erbfall sorgt der Übergang des Vermögens auf Erben und die Enterbung von Familienmitgliedern regelmäßig für erhebliche Konflikte. Auch insoweit bewirkt die Familienstiftung den dauerhaften Erhalt von Vermögenswerten.
Weiterführender Hinweis

AUSGABE: SB 12/2024, S. 227 · ID: 50190330

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