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AnerkennungDie Anerkennung der rechtsfähigen Stiftung: Was die Stiftungsaufsicht prüft
| Eine rechtsfähige Stiftung entsteht durch Stiftungsgeschäft und Anerkennung der Stiftungsbehörde – so sagen es §§ 80, 82 BGB auch nach der Reform des Stiftungsrechts. Tagtäglich werden auf dieser Grundlage rechtsfähige Stiftungen errichtet – doch wie genau funktioniert der Anerkennungsprozess und was prüft die Stiftungsaufsicht? SB wirft einen Blick auf das Anerkennungsverfahren und ein Urteil des VG Berlin. |
Inhaltsverzeichnis
Fall vor VG Berlin: Antrag auf Anerkennung einer Stiftung
In dem vom VG Berlin entschiedenen Fall ging es um die Anerkennung einer rechtsfähigen Familienstiftung. Die spätere Klägerin hatte zusammen mit ihrem Rechtsanwalt im Jahr 2019 die Schritte zur Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung eingeleitet. Das Stiftungsgeschäft und die Satzung wurden mit der Stiftungsaufsicht abgestimmt. Zur Errichtung der Stiftung kam es zunächst trotzdem nicht, sondern die Klägerin entschied sich zwischenzeitlich dazu, die Stiftung vorerst als unselbstständige (Treuhand-)Stiftung zu errichten. Dabei agierte sie als Treuhänderin und ihr Rechtsanwalt als Stifter.
„Umwandlung“ von unselbstständiger Stiftung und Anerkennung
Im Jahr 2021 sollte die unselbstständige Stiftung nun in eine rechtsfähige Stiftung umgewandelt werden. Als Stifter sollte der Rechtsanwalt, der Treugeber also, gelten. Noch bevor die Stiftungsaufsicht über die Anerkennung entschied, erfuhr sie jedoch, dass der potenzielle Stifter regelmäßig im konservativen und ggf. politisch rechten Spektrum Beiträge (insbesondere zu den im Zuge der Covid-Pandemie getroffenen Maßnahmen) veröffentlichte. Die Stiftungsaufsicht lehnte aus diesem Grund nach Anhörung des potenziellen Stifters den Anerkennungsantrag ab. Sie begründete die Ablehnung mit einer Gefährdung des Gemeinwohls, die man im vorliegenden Fall nicht ausschließen könne.
Gegen die Ablehnung der Anerkennung ging die Treuhänderin gerichtlich im Wege einer Verpflichtungsklage, gerichtet auf Anerkennung der Stiftung, vor. Im einstweiligen Rechtsschutz blieb ihr Begehren erfolglos, in der Hauptsache bekam sie jedoch Recht (VG Berlin, Urteil vom 23.11.2023, Az. 29 K 23/22, Abruf-Nr. 244850).
Das Urteil des VG Berlin ist nicht nur mit Blick auf die Ausführungen zur Gemeinwohlgefährdung interessant, sondern es zeigt auch, dass es mehr als einen Weg „in die rechtsfähige Stiftung“ gibt. Die Anerkennung einer Stiftung steht zwar meistens im Zusammenhang mit einer „Neugründung“ – also einer Situation, in der das Vermögen erstmals in einer Stiftungsform gebunden wird –; zwingend ist das aber nicht. Vielmehr kann eine rechtsfähige Stiftung auch aus einer bereits bestehenden unselbstständigen Stiftung entstehen – so war es auch im Fall des VG Berlin.
„Umwandlung“ einer unselbstständigen Stiftung
Anerkennung der Stiftung gefährdet nicht das Gemeinwohl
Eine solche „Umwandlung“ einer unselbstständigen Stiftung ist streng genommen ein Vorgang der Einzelrechtsnachfolge, d. h. die einzelnen Rechte und Pflichten der unselbstständigen Stiftung werden jeweils einzeln auf die in diesem Zusammenhang neu errichtete rechtsfähige Stiftung übertragen.
Das VG Berlin gab der Klage statt und entschied, dass die Stiftung nach §§ 80 Abs. 2, 82 BGB als rechtsfähig anzuerkennen sei. Es stellte klar: Es besteht ein Anspruch auf Anerkennung einer rechtsfähigen Stiftung, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Es ist also kein Vorgang der Gesamtrechtsnachfolge wie die Zusammenlegung oder Zulegung, die das neue Stiftungsrecht erstmals ausdrücklich und umfassend regelt.
Errichtungsprozess einer unselbstständigen Stiftung
Der Errichtungsprozess an sich ist häufig etwas komplizierter als die „klassische Neugründung“. Man muss insbesondere bedenken, dass ggf.
- Das Stiftungsgeschäft muss den Anforderungen des § 81 Abs. 1 bis 3 BGB genügen.Drei Voraussetzungen für Anerkennung einer rechtsfähigen Stiftung
- Die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks muss gesichert erscheinen.
- Die Stiftung darf das Gemeinwohl nicht gefährden.
- Weisungen an den Stiftungstreuhänder,
- Satzungs-/Vertragsänderungen bei der unselbstständigen Stiftung und/oder
- die Einholung von Zustimmungserklärungen (z. B. von Vertragspartnern)
Im vorliegenden Fall ging es vorwiegend um die Gefährdung des Gemeinwohls. Da eine Stiftung, die das Gemeinwohl gefährdet, auch nachträglich aufgehoben werden könne (§ 87a Abs. 2 Nr. 2 BGB), könne ihr – wie nach dem alten Stiftungsrecht – von Anfang an die Anerkennung versagt werden. Die Stiftungsaufsicht müsse dabei eine Prognose anstellen, in die sie auch außerhalb der Errichtung selbst liegende Umstände einbeziehen dürfe.
Es sei, so das VG Berlin, deswegen grundsätzlich in Ordnung, dass die Stiftung im Rahmen der Prognose zur Gemeinwohlgefährdung die Veröffentlichungen des potenziellen Stifters einbezogen habe. Allerdings habe sich daraus keine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergeben, dass im Falle ihrer Anerkennung von der Tätigkeit der Stiftung eine Gefahr für das Gemeinwohl ausgehen wird. Selbst ein politisch einseitiges und provozierendes Ausreizen der Grenzen der Meinungsfreiheit durch die Stiftung, ihre Organe oder den Stifter sei nicht per se – und auch nicht im konkreten Fall – eine Gemeinwohlgefährdung.
Die Folgerungen und Handlungsempfehlungen für die Praxis
zur Vorbereitung der „Umwandlung“ erforderlich sein können.
Die Entscheidung des VG Berlin zeigt erneut, wie wichtig eine sorgfältige Vorbereitung der Anerkennung einer Stiftung ist und wie (erfreulicherweise!) ernst die Stiftungsbehörden ihre Aufgabe als „Hüterinnen über die Stiftungen“ nehmen. Denn nicht nur im vom VG Berlin entschiedenen Fall sind die Stiftungsbehörden weit davon entfernt, Anerkennungsanträge einfach abzunicken – im Gegenteil: Im Regelfall werden die Anträge sehr sorgfältig geprüft, was immer wieder auch zu den (nicht ganz wohlgelittenen) Verzögerungen im Anerkennungsprozess führt.
Im Übrigen erfolgt die Errichtung der neuen rechtsfähigen Stiftung jedoch nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. durch Stiftungsgeschäft und Anerkennung.
Knackpunkt: Gemeinwohlgefährdung
Schwerpunkt der Prüfung durch die Stiftungsbehörde ist in den wenigsten Fällen die potenzielle Gemeinwohlgefährdung. Bei den meisten Stiftungen ist schnell klar, dass sie sich auf dem Boden des Rechts bewegen und jedenfalls eine Gemeinwohlgefährdung ihrer Anerkennung nicht im Wege steht.
Dabei ist besonders sorgfältig darauf zu achten und festzulegen,
Knackpunkt: Vermögensausstattung
Wesentlich häufiger als die Frage nach der Gemeinwohlgefährdung führt in der Praxis die Vermögensausstattung der Stiftung zu Rückfragen. Die Stiftungsaufsicht prüft, ob die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint – anders gesagt: ob der Zweck aus dem Stiftungsvermögen langfristig erfüllt werden kann. Dabei ist jede Stiftung einzigartig, und was für die eine Stiftung passt, ist bei einer anderen Stiftung nicht der Königsweg. Vielmehr führt die besondere Zweck-Mittel-Relation, die die Stiftungsaufsicht bei der Anerkennung prüft, zu einer Differenzierung im Einzelfall und einigen „Weichen“, die der Stifter stellen kann.
- Je umfangreicher die Zwecke und Projekte der Stiftung sind, desto größer muss tendenziell das einzusetzende Vermögen sein. Der Stifter sollte daher bei der Formulierung der Stiftungszwecke berücksichtigen, welches Vermögen er einzusetzen gedenkt. Außerdem sollte er die Stiftungszwecke so flexibel formulieren, dass man auch in ertragsmäßig schlechteren Jahren keine Probleme hat, die Zwecke zu erfüllen.Je mehr Zwecke und Projekte, desto höher Vermögen
- Für eine Verbrauchsstiftung stellen sich andere Fragen als bei einer Ewigkeitsstiftung. Die Verbrauchsstiftung kann unter Verbrauch ihres Vermögens arbeiten, die Ewigkeitsstiftung nur aus den Erträgen. Ein Zwischenweg für den Stifter kann eine Hybridstiftung sein, die sowohl einen erhaltenden als auch einen zu verbrauchenden Vermögensteil hat.Verbrauchs- und Hybridstiftung sind Modelle neben der Ewigkeitsstiftung
- Auch, wenn im Gesetz keine festen Beträge genannt sind, haben sich in der Praxis Vorgaben der Stiftungsbehörden eingebürgert. Die Beträge, die als „zwingend erforderlich“ kommuniziert werden, liegen zwischen 50.000 Euro und 200.000 Euro; teils wird auch eine bestimmte Zusammensetzung des Vermögens (v. a. Barvermögen) gefordert. Der Stifter sollte sich über diese Vorgaben bestenfalls im Vorfeld informieren.
- Will der Stifter Gesellschaftsbeteiligungen oder vergleichbar volatile Vermögensgegenstände in die Stiftung einbringen, empfiehlt es sich, der Stiftungsaufsicht Informationen über deren Ertrags- bzw. Werthaltigkeit (z. B. durch Vorlage der letzten Jahresabschlüsse und einer Unternehmensplanung) auch unaufgefordert vorzulegen. Dies macht es der Stiftungsbehörde leichter, zu prüfen, ob der Zweck aus diesem Stiftungsvermögen langfristig erfüllt werden kann.Informationen über Ertrags- bzw. Werthaltigkeit vorlegen
- wer Stifter sein soll – der Stiftungstreuhänder oder der Treuhänder,
- welches Vermögen übertragen wird (manchmal bietet es sich an, die rechtsfähige Stiftung mit einem einfach strukturierten Vermögen „anzustiften“ und das restliche Vermögen erst im Nachgang zuzustiften) und
- dass bei gemeinnützigen Stiftungen darauf geachtet wird, dass nicht durch eine unbeabsichtigte Änderung der Anfallklausel, Mittelfehlverwendung o. Ä. die Gemeinnützigkeit entfällt.
Für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung bleibt erneut festzuhalten: Eine Stiftung „von der Stange“ gibt es nicht. Es lohnt sich daher immer, den Errichtungsprozess sorgfältig vorbereiten und zu gestalten sowie sich frühzeitig mit der Stiftungsaufsicht abzustimmen.
Die formalen Hürden sind dabei gering; in der Regel kann die Abstimmung formlos erfolgen. Der Anerkennungsantrag selbst bedarf in der Regel ebenfalls keiner besonderen Form – nur das Stiftungsgeschäft und die Satzung müssen im Original schriftlich bzw. in der Form einer Verfügung von Todes wegen vorliegen.
„Umwandlung“ von unselbstständiger Stiftung und Anerkennung
Das Urteil des VG Berlin ist nicht nur mit Blick auf die Ausführungen zur Gemeinwohlgefährdung interessant, sondern es zeigt auch, dass es mehr als einen Weg „in die rechtsfähige Stiftung“ gibt. Die Anerkennung einer Stiftung steht zwar meistens im Zusammenhang mit einer „Neugründung“ – also einer Situation, in der das Vermögen erstmals in einer Stiftungsform gebunden wird –; zwingend ist das aber nicht. Vielmehr kann eine rechtsfähige Stiftung auch aus einer bereits bestehenden unselbstständigen Stiftung entstehen – so war es auch im Fall des VG Berlin.
„Umwandlung“ einer unselbstständigen Stiftung
Eine solche „Umwandlung“ einer unselbstständigen Stiftung ist streng genommen ein Vorgang der Einzelrechtsnachfolge, d. h. die einzelnen Rechte und Pflichten der unselbstständigen Stiftung werden jeweils einzeln auf die in diesem Zusammenhang neu errichtete rechtsfähige Stiftung übertragen.
Es ist also kein Vorgang der Gesamtrechtsnachfolge wie die Zusammenlegung oder Zulegung, die das neue Stiftungsrecht erstmals ausdrücklich und umfassend regelt.
Errichtungsprozess einer unselbstständigen Stiftung
Der Errichtungsprozess an sich ist häufig etwas komplizierter als die „klassische Neugründung“. Man muss insbesondere bedenken, dass ggf.
- Weisungen an den Stiftungstreuhänder,
- Satzungs-/Vertragsänderungen bei der unselbstständigen Stiftung und/oder
- die Einholung von Zustimmungserklärungen (z. B. von Vertragspartnern)
zur Vorbereitung der „Umwandlung“ erforderlich sein können.
Im Übrigen erfolgt die Errichtung der neuen rechtsfähigen Stiftung jedoch nach den allgemeinen Vorschriften, d. h. durch Stiftungsgeschäft und Anerkennung.
Dabei ist besonders sorgfältig darauf zu achten und festzulegen,
- wer Stifter sein soll – der Stiftungstreuhänder oder der Treuhänder,
- welches Vermögen übertragen wird (manchmal bietet es sich an, die rechtsfähige Stiftung mit einem einfach strukturierten Vermögen „anzustiften“ und das restliche Vermögen erst im Nachgang zuzustiften) und
- dass bei gemeinnützigen Stiftungen darauf geachtet wird, dass nicht durch eine unbeabsichtigte Änderung der Anfallklausel, Mittelfehlverwendung o. Ä. die Gemeinnützigkeit entfällt.
AUSGABE: SB 12/2024, S. 223 · ID: 50228758