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Rechtliches GehörAuch Erfolg einer VB wirkt sich auf Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren aus
| Für die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in Verfassungsbeschwerdeverfahren kommt es sowohl auf die subjektive als auch die objektive Bedeutung der Sache an. In diesem Zusammenhang hat nach Ansicht des VerfGH NRW auch der Erfolg bzw. Misserfolg einer Verfassungsbeschwerde Einfluss auf den festzusetzenden Gegenstandswert. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Abruf-Nr. 231723
Der VerfGH hatte der Verfassungsbeschwerde eines Klägers stattgegeben, mit der sich dieser gegen die Abweisung seiner Klage in einem verkehrsrechtlichen Verfahren vor dem AG gewandt hatte. Der VerfGH hatte eine Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör festgestellt. Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte, den Gegenstandswert für die Verfassungsbeschwerde auf mindestens 35.370 EUR festzusetzen. Der VerfGH NRW verdoppelte aber nur den in § 37 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 RVG vorgesehenen Mindestgegenstandswert und bestimmte den Gegenstandswert mit 10.000 EUR (12.7.22, VerfGH 104/21.VB-2, Abruf-Nr. 231723).
Die subjektive Bedeutung der Verfassungsbeschwerde sei für den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht gering, weil sie nur einen Betrag von 59,50 EUR betrifft. Begrenzt werde die subjektive Bedeutung zudem durch den Inhalt der Entscheidung: Dem Kläger werden die 59,50 EUR nicht etwa zugesprochen, sondern die Sache wird an das AG zurückverwiesen. Der weitere Gang des Verfahrens ist offen. Auch objektiv komme der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu. Der Fall habe keine erstmals klärungsbedürftigen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.
Relevanz für die Praxis
M. E. ist die Festsetzung angesichts des nur sehr geringen Streitwerts im Ausgangsverfahren zutreffend. Der VerfGH ist insofern den vom BVerfG entwickelten Maßstäben gefolgt (vgl. grundlegend VerfGH NRW NVwZ 19, 1511 m. w. N.). Der Rechtsanwalt hatte zwar noch auf seinen erheblichen Arbeitsaufwand für das Verfassungsbeschwerdeverfahren hingewiesen. Das BVerfG meint dazu aber, dass dieser Aspekt im Rahmen der Gesamtschau keine Anhebung des Gegenstandswerts über den verdoppelten Mindestwert hinaus rechtfertigt. Die Sache war auch hier zum einen von nicht mehr als durchschnittlicher tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeit und vom Umfang her überschaubar. Zum anderen bleibt ungeachtet des anwaltlichen Aufwands stets die Bedeutung der Sache das ausschlaggebende Moment für die Wertfestsetzung.
Der Klägerbevollmächtigte kann seine Vergütung nun nach § 37 RVG abrechnen. Er erhält nach § 37 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. Nr. 3206 VV RVG eine 1,6-Gebühr aus einem Gegenstandswert von 10.000 EUR. Das sind 982,40 EUR nebst Auslagen, was im Hinblick auf den Gegenstandswert des Ausgangsverfahrens von rund 59 EUR angemessen sein dürfte.
AUSGABE: RVGprof 11/2022, S. 187 · ID: 48578864