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HaftungsrechtPatientin verletzt sich am Gerät – wie gehen wir rechtssicher vor?
| Frage: „Eine Patientin hatte einen Termin mit Krankengymnastik am Gerät. Dabei stieß sie mit dem Oberarm ungünstig ans Gerät, lachte nur und führte ihre Übungen normal weiter aus. Zwei Tage später rief sie in der Praxis an und teilte mit, sie habe einen blauen Fleck am Arm, der leicht schmerze. Eine ärztliche Versorgung verneinte sie zu diesem Zeitpunkt. Wir notierten den Vorfall intern bei uns. Jetzt – Wochen später – fragt die Patientin, ob wir den Vorfall gemeldet haben. Die drei Tage Meldefrist sind natürlich jetzt schon vorbei. Wie gehen wir jetzt vor?“ |
Antwort: Wenn es während einer Behandlungseinheit zu einer Verletzung eines Patienten kommt, steht grundsätzlich die Frage im Raum, ob und in welchem Umfang der Therapeut dafür haften muss:
- Verletzt ein Therapeut vorsätzlich oder fahrlässig die Gesundheit eines Patienten, dann haftet er nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und ist zur Zahlung von Schadenersatz (z. B. Ersatz von Arztkosten) und Schmerzensgeld verpflichtet.
- Die Haftung tritt allerdings nur dann ein, wenn dem Therapeuten die Schuld an der Verletzung eindeutig nachgewiesen werden kann.
- Der Therapeut haftet nicht, wenn der Patient sich durch eigenes Verschul-den verletzt.
- In einem Rechtsstreit muss der Patient, der Ansprüche gegen den Therapeuten geltend macht, darlegen und beweisen, dass der Therapeut die Verletzung verschuldet hat.
So gehen Sie vor, wenn Ihnen der Patient unmittelbar einen Schaden oder eine Verletzung anzeigt
Wenn ein Patient während (oder nach) einer Behandlungseinheit
- sich an einem Gerät verletzt und Sie dies mitbekommen oder
- behauptet, er habe sich an einem Gerät verletzt, es habe aber keiner gesehen oder
- sagt, er habe während oder nach der Behandlung Schmerzen oder
- einen Sachschaden (z. B. heruntergefallene Brille, vgl. PP 09/2020, Seite 12 ff.) vorträgt,
dann erkennen Sie gegenüber dem Patienten auf keinen Fall irgendwelche Schadenersatzansprüche an! Weder dem Grunde noch der Höhe nach. Denn: Sie haben sich in Ihrem Versicherungsvertrag verpflichtet, die Bearbeitung von Haftpflichtfällen Ihrer Versicherung zu überlassen. Diese prüft und beurteilt, ob und in welchem Umfang Sie für die vom Patienten vorgetragene Verletzung oder den behaupteten Sachschaden verantwortlich sind.
Verletzung oder Schädigung des Patienten – so gehen Sie vor |
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Patient meldet sich nach Ablauf einer mit der Versicherung vereinbarten Meldefrist
Die meisten Versicherungen lehnen es ab, sozusagen vorsorgliche Schadensmeldungen anzunehmen und eine Akte anzulegen. Vorsorgliche Schadensmeldungen sind solche, in denen auf den ersten Blick den Patienten selbst die Schuld an seiner Verletzung oder dem eingetretenen Sachschaden trifft – also solche Fälle, wie der eingangs geschilderte Fall. Wenn Sie einen solchen Fall also „gleich“ Ihrer Versicherung melden, wird man Ihnen vermutlich sagen, Sie sollen sich wieder melden, wenn Ansprüche geltend gemacht werden.
Daher ist es in solchen Fällen sozusagen unschädlich, wenn zwischen dem Tag des Ereignisses und dem Tag, an dem der Patient Ansprüche anmeldet, die Meldefrist abgelaufen ist. Sie müssen solche Fälle aber sofort Ihrer Versicherung melden, wenn der Patient mündlich oder schriftlich Ihnen gegenüber äußert, dass er nach dem „Vorfall“ Schmerzen hat oder fragt, ob der Vorfall gemeldet wurde. In beiden Fällen machen Sie dem Patienten zeitnah folgende schriftliche Mitteilung (Muster online, Abruf-Nr. 50169398).
Musterformulierung / Patienteninfo über Versicherungsmeldung bei Schaden/Verletzung |
„Ich habe den Vorfall vom Tag 00.00.00 meiner Haftpflichtversicherung „XYZ Versicherung in Musterstadt“ angezeigt. Diese wird sich mit Ihnen Verbindung setzen. Bitte warten Sie das Schreiben der Versicherung ab. Sollte sich meine Versicherung wider Erwarten nicht mit Ihnen in Verbindung setzen, kommen Sie gerne wieder auf mich zu. Ich werde dann meine Versicherung kontaktieren.“ |
AUSGABE: PP 10/2024, S. 4 · ID: 50167475