FeedbackAbschluss-Umfrage

MitarbeiterbindungBelohnen Sie Mitarbeiter, die selten ausfallen, durch eine Anwesenheitsprämie!

Abo-Inhalt10.09.20242261 Min. LesedauerVon Dipl.-Kfm. Thomas Schneider, Essen

| Die Fehlzeiten von Berufstätigen erreichen neue Höchststände. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse fehlten im Jahr 2023 Beschäftigte im Schnitt 20 Tage krankheitsbedingt, 5,5 Prozent der Arbeitsleistung fielen damit aus (iww.de/s11579). Wer krank ist, kann und soll nicht arbeiten, wer (wieder) gesund ist, die Tätigkeit erneut aufnehmen. In der Realität gibt es Grauzonen: Manche Beschäftigten erscheinen arbeitsunfähig zur Arbeit oder wollen noch vor Ablauf der Arbeitsunfähigkeit (AU) wieder arbeiten (PP 06/2022, Seite 13 ff.), andere nehmen den „gelben Zettel“ nur allzu gern in Anspruch. Physiotherapiepraxen sind personell meist „auf Kante genäht“ und können ihre Behandlungsleistungen weder auf Vorrat noch im Nachhinein erbringen. Eine Anwesenheitsprämie belohnt Mitarbeiter, die nie oder nur sehr selten krank sind. Sie kann helfen, Fehlzeiten zu reduzieren. |

Ist eine Anwesenheitsprämie gerecht?

Die Möglichkeit der Krankschreibung und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verhindern, dass Menschen unverschuldet in finanzielle Not geraten. Um Missverständnisse auszuschließen, gilt es darauf hinzuweisen, dass eine Anwesenheitsprämie keinen Einfluss auf die Lohnfortzahlung hat.

Kranke Mitarbeiter mögen sich durch die Prämie diskriminiert fühlen, allerdings gibt es auch weitere Einkommensbestandteile, auf die Betroffene nur einen gewissen Einfluss haben, bspw. erfolgsabhängige Zahlungen. Außerdem profitieren Mitarbeiter, die arbeitsunfähig sind, von der Entgeltfortzahlung, während die anwesenden Mitarbeiter oft Zusätzliches leisten müssen, um die Aufgaben der kranken Kollegen zu übernehmen. Schlussendlich muss ein Praxisinhaber die Gerechtigkeitsfrage für sich persönlich beantworten.

So lässt sich die Anwesenheitsprämie gestalten

Die Zahlung einer Anwesenheitsprämie kann unterschiedlich ausgestaltet werden. Üblicherweise kommen drei Modelle zum Einsatz:

  • Die Mitarbeiter erhalten am Jahresende eine Prämie, die für jeden Fehltag um einen bestimmten Betrag gekürzt wird (siehe nächster Abschnitt).
  • Die Mitarbeiter erhalten am Jahresende eine Prämie. Für jeden Monat, in dem sie krank waren, wird die Prämie um ein Zwölftel gekürzt.
  • Die Mitarbeiter erhalten für jeden Monat, in dem sie nicht krank waren, einen Bonus oder einen steuerfreien Sachbezug.

So hoch darf die Kürzung bei Krankheit ausfallen

Arbeitsrechtlich ist es zulässig, dass Arbeitgeber Mitarbeiter finanziell belohnen, die selten oder nie krankheitsbedingt ausfallen.

Gemäß § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) darf eine Kürzung für jeden Tag der AU infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten. Zur Berechnung des maximalen Kürzungsbetrags muss das Jahresbruttoentgelt durch die Zahl der Arbeitstage geteilt und anschließend ein Viertel berechnet werden.

Beispiel: So errechnet sich die Höhe der Kürzung

Physiotherapeutin Tanja lobt für Mitarbeiter, die nie krank werden, eine Anwesenheitsprämie von 500 Euro jährlich aus. Ihr angestellter Therapeut Timo verdient 40.000 Euro (brutto) im Jahr. Das Jahr hat 220 Arbeitstage, davon war Timo fünf Tage krank. Pro Tag AU darf Tanja die Anwesenheitsprämie um 45,45 Euro kürzen (40.000 Euro/220/4). Bei fünf Krankheitstagen würden 227,27 Euro wegfallen. Damit bekäme Timo am Ende des Jahres noch eine Anwesenheitsprämie von 272,72 Euro.

Diese teilweise Kürzung ist sicherlich angemessener als ein vollständiger Entfall bei nur einem oder wenigen Krankheitstagen. Dann wäre vor allem am Jahresende die Gefahr groß, dass Mitarbeiter, die trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen, vielleicht sich und andere gefährden.

So ist die Anwesenheitsprämie formal zu vereinbaren

Wird eine Anwesenheitsprämie ausgelobt, muss dies schriftlich fixiert werden. Da es in den meisten Physiopraxen weder Tarifverträge noch einen Betriebsrat gibt, kann Anwesenheitsprämie arbeitsvertraglich geregelt werden.

Merke | Bestünde (wie z. B. im öffentlichen Dienst) ein relevanter Tarifvertrag, der eine Anwesenheitsprämie festlegt, wären Arbeitgeber an diese Vorgaben gebunden. In Behandlungseinrichtungen mit Betriebsrat (z. B. Krankenhäuser) muss eine Anwesenheitsprämie per Betriebsvereinbarung geregelt werden, da sie die „betrieblichen Entlohnungsgrundsätze“ betrifft. Ebenso ist der Betriebsrat bei einer Änderung einzubeziehen.

Zwar darf laut einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az. 17 Sa 1797/97) der Arbeitgeber die Anwesenheitsprämie auch kürzen, wenn Mitarbeiter infolge eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig werden, dies wird jedoch in den meisten Fällen berechtigterweise ausgeschlossen. Allerdings sollte das Vorgehen konsequent eingehalten werden. Inhaber von Physiotherapiepraxen sind i. d. R. keine Ärzte und sollten nicht nach „Gutsherrenart“ entscheiden, wem in welcher Höhe die Prämie im Einzelfall ausgezahlt oder gekürzt wird.

Gutscheine statt Geld als Prämie helfen Steuern sparen

Eine Anwesenheitsprämie ist Bestandteil des normalen Entgelts, wie bspw. eine Sonderzahlung aufgrund guter Geschäftsergebnisse, womit Steuern und Sozialversicherungsabgaben anfallen. Eine Möglichkeit der Steuer- und Abgabenfreiheit liegt darin, die Prämie monatlich als sogenannten Sachbezug auszuschütten. Dies kann bspw. für jeden Mitarbeiter erfolgen, der keine Krankheitstage aufweist. Erhalten Betroffene einen Gutschein und liegt der Sachbezugswert bei maximal 50 Euro, so ist die Prämie steuerfrei. Allerdings kann diese Möglichkeit nur genutzt werden, wenn sie nicht bereits ohnehin angewendet wird und Mitarbeiter aus anderen Gründen Gutscheine erhalten.

AUSGABE: PP 10/2024, S. 11 · ID: 50156281

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte