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HausrechtWie gehen Sie rechtssicher mit unkooperativen Patienten um, die Ihre Anweisungen missachten?

Abo-Inhalt26.02.2024274 Min. LesedauerVon RA Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler, baehrle-partner.de

| Sie kennen das: Ein Patient geht ohne Aufforderung in die Behandlungskabine. Ein anderer kommt trotz wiederholter Hinweise immer zu spät, erwartet aber dennoch, dass er sofort behandelt wird und auch den vollen Umfang der Behandlung bekommt. Wieder ein anderer befolgt Ihre therapeutischen Anweisungen nicht, obwohl er hierzu geistig und körperlich in der Lage ist, hält sich unerlaubt dort auf, wo er nichts zu suchen hat oder meckert grundlos über alle in der Praxis anwesenden Therapeuten und Patienten. Wie sich solche Situationen grundsätzlich vermeiden lassen und wie Sie am besten mit den Störenfrieden umgehen, zeigt dieser Beitrag. |

Als Praxisinhaber bestimmen Sie die Spielregeln

Welche „Spielregeln“ in der Praxis gelten, bestimmt ausnahmsweise mal nicht der Behandlungsvertrag. Denn dieser legt – vereinfacht gesagt – meist nur fest, dass der Therapeut die verordnete Behandlung ordnungsgemäß zu erbringen hat und im Gegenzug dafür die vereinbarte Vergütung erhält. Mehr wird in der Regel nicht ausdrücklich vereinbart, auch weil der Behandlungsvertrag mit gesetzlich versicherten Patienten üblicherweise durch Übergabe der ärztlichen Verordnung und Terminvereinbarung geschlossen wird. Nur wenn ausnahmsweise ein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen wird (z. B. mit Privatpatienten), enthält dieser in Einzelfällen Regelungen (z. B. für den Fall, dass Patienten zu spät kommen).

Die Regeln, an die sich ein Patient ab Betreten der Praxis halten muss, bestimmen Sie als Praxisinhaber im Rahmen Ihres Hausrechts. Sie können dies durch einzelne Anweisungen tun, aber auch eine Hausordnung aufstellen, in der das Wichtigste zusammengefasst wird.

Weisen Sie Ihre Patienten auf die geltenden Regeln hin!

Ihre Patienten können nur befolgen, worauf sie ausdrücklich hingewiesen wurden. Und genau hier liegt das Problem: Manche Verhaltensweisen werden einfach erwartet, ohne zuvor darauf hinzuweisen. So erwartet man, z. B., dass

  • sich die Patienten in der Praxis nur in den Räumen bewegen, die für sie vorgesehen sind und aus allen anderen Räumen draußen bleiben. Meist sind die nicht für Patienten zugänglichen Räume auch besonders gekennzeichnet, als „privat“ oder „nur für Personal“ o. Ä.
  • Patienten im Wartezimmer bleiben, bis sie aufgefordert werden, die Behandlungskabine zu betreten, alleine schon aus Rücksichtnahme gegenüber den anderen Patienten.
  • man zu einem vereinbarten Termin pünktlich kommt oder wenn die Verspätung absehbar ist, kurz Bescheid gibt oder den Termin rechtzeitig absagt.

Wenn Sie nun in Ihrer Praxis häufiger feststellen, dass bisher als selbstverständlich erachtete Verhaltensweisen – warum auch immer – nicht mehr gezeigt werden, dann müssen Sie diese konkret einfordern. Aber wie?

Fordern Sie das gewünschte Verhalten von den Patienten ein!

Als Praxisinhaber müssen Sie zunächst – am besten gemeinsam mit Ihrem Team – eine Art Hausordnung erarbeiten, in der die erwarteten Verhaltensweisen genau beschrieben sind.

So setzen Sie Ihre Hausordnung gegenüber unkooperativen Patienten durch

  • Sind es nur ganz wenige unkooperative Patienten, dann können Sie diese ganz gezielt auf ihr Fehlverhalten ansprechen und auffordern, sich zukünftig anders zu verhalten. Sagen Sie den Patienten genau, was Sie von ihnen erwarten.
  • Gibt es bei relativ vielen Patienten Verhaltensweisen zu bemängeln, dann sollten Sie überlegen, ob Sie
    • die Hausordnung gut sichtbar aushängen und ab sofort jeden Patienten mindestens einmal darauf hinweisen, dass eine Hausordnung gilt.
    • den „Störenfrieden“ in einem persönlichen Gespräch die Hausordnung aushändigen, sich den Empfang bestätigen lassen und den Patienten auffordern, sich ab sofort an die in der Hausordnung beschriebenen Regeln zu halten.
    • z. B. an den Behandlungskabinen Hinweise befestigen, dass ein Zutritt nur nach Aufforderung erlaubt ist.

So können Sie unerwünschtes Verhalten ahnden

Als Praxisinhaber können Sie kraft Ihres Hausrechts unerwünschtes Verhalten von Patienten grundsätzlich sanktionieren. Welches der folgenden Sanktionsmittel angemessen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

Dies sind Ihre Sanktionsmöglichkeiten gegenüber unkooperativen Patienten

  • Sprechen Sie den Patienten auf sein unerwünschtes Verhalten an oder rügen Sie sein Verhalten im Wiederholungsfall schriftlich.
  • Weisen Sie den Patienten darauf hin, dass bei Nichtänderung der Verhaltensweise nur noch die aktuelle ärztliche Verordnung abgearbeitet wird, es aber keine Anschlussbehandlungen mehr in der Praxis gibt.
  • Drohen Sie dem Patienten schriftlich an, den Behandlungsvertrag nicht fortzusetzen, wenn sich das beanstandete Verhalten nicht ändert. Auf mündliche Androhungen sollte aus Beweisgründen eine schriftliche Version folgen.
  • Kündigen Sie den Behandlungsvertrag sofort und brechen Sie die Behandlung ab. Dies geht allerdings nur in gravierenden Fällen. Die Kündigung sollte dann schriftlich erfolgen unter Beschreibung des Vorfalls, der zur Kündigung Anlass gab. In die Patientenakte kommt in derartigen Fällen eine Aktennotiz mit präzisen Angaben zum Vorfall unter Benennung von Zeugen. Dies ist wichtig für aus der Kündigung resultierende Probleme, z. B. durch eine Beschwerde des Patienten bei der gesetzlichen Krankenkasse oder bei Streit um das Behandlungshonorar für die vor der Kündigung erbrachten Behandlungen.
  • Ein „Rauswurf“ aus der Praxis, ggf. verbunden mit einem Hausverbot (PP 05/2016, Seite 11 ff.) wird nur in Extremfällen passieren. In diesem Fall sollte anschließend eine Aktennotiz über den Vorfall gefertigt und zur Patientenakte genommen werden. Alle Personen, die den konkreten Vorfall miterlebt haben, sollten diese Aktennotiz unterzeichnen oder zumindest darin namentlich erwähnt werden.

Wichtig | Voraussetzung ist, dass Ihr Patient darauf hingewiesen wurde, welche Regeln er zu befolgen hat (s. o.).

Auch Regeländerungen müssen klar kommuniziert werden

Regeln können sich ändern. Und so kann bisher erwünschtes Verhalten plötzlich unerwünscht sein. Wer Patienten – insbesondere Stammpatienten – nicht über Neuregelungen informiert, darf nicht beanstanden, dass sich die Patienten weiterhin nach dem alten Prozedere richten.

Beispiel: Änderung der Patientenführung

In der Physiotherapiepraxis Neu ist es bisher üblich, dass Stammpatienten immer in der gleichen Kabine behandelt werden. Zum vereinbarten Behandlungstermin nehmen die Patienten schon mal in „ihrer Stammkabine“ Platz. An einem Donnerstagabend beschließt Praxisinhaberin Frau Neu, das Prozedere zum kommenden Montag zu ändern: Alle Patienten, auch Stammpatienten, sollen die Behandlungskabine nur noch nach ausdrücklicher Aufforderung betreten. Als Frau Neu am Montagmorgen mit einer Patientin eine Behandlungskabine betritt, findet sie dort schon die Stammpatientin Frau Müller vor. Die erklärt glaubhaft, sie habe von der neuen Regelung nichts gewusst. Was war passiert? Beim Betreten der Praxis war die Rezeption nicht besetzt und der A4-Ausdruck, der über die neue Patientenführung informierte, war in der Praxis nicht ausgehängt, sondern lag nur laminiert auf dem Empfangstresen.

So wäre es richtig gewesen:

  • Eine großflächige Ankündigung (Aushänge, Praxiswebsite) – möglichst mit ausreichend zeitlichem Vorlauf (zum nächsten 1. oder 15. des Folgemonats) – sorgt dafür, dass Änderungen auch bekannt werden.
  • Insbesondere, wenn kein zeitlicher Vorlauf möglich ist (z. B. wegen kurzfristigen Personalausfalls durch Krankheit), muss jemand aus dem Praxisteam greifbar sein und darauf achten, dass die Neuregelung auch befolgt wird.
  • Alle Patienten, insbesondere aber die Stammpatienten, müssen aufgefordert werden, nach Betreten der Praxis erst einmal ins Wartezimmer zu gehen und nicht wie bisher gleich zur Behandlungskabine.
  • Ggf. ist gerade bei Stammpatienten eine mehrfache Aufforderung nötig.

Sprechen Sie mit unkooperativen Patienten nur unter Zeugen!

Hält sich ein Patient, obwohl ihm die Hausordnung nachgewiesenermaßen bekannt ist, nicht an die Regeln, und Sie wollen ihm (nochmals) deutlich sagen, dass Sie sein Verhalten beanstanden, führen Sie das Gespräch am besten immer zu dritt, damit Sie einen Zeugen haben. Weisen Sie als Praxisinhaber Ihr Praxisteam an, sich an folgendes Prozedere zu halten.

Wiederholtes Beanstanden unerwünschter Verhaltensweisen – so führen Sie das Gespräch

  • Falls möglich, sollten sich Praxismitarbeiter vorher mit dem Praxisinhaber abstimmen.
  • Führen Sie das Gespräch ruhig und sachlich.
  • Beschreiben Sie das Verhalten, das abgestellt werden soll, genau. Begründen Sie, warum das vom Patienten gezeigte Verhalten unerwünscht ist.
  • Insbesondere Gespräche, die eskalieren könnten (z. B. weil der Patient schon als aggressiv bekannt ist), sollte der Praxisinhaber selbst oder ein erfahrener Kollegen führen.
  • Grundsätzlich sollte der Praxisinhaber bei jedem Gespräch dabei sein, in dessen Verlauf einem unkooperativen Patienten mit Sanktionen gedroht werden soll, für den Fall, dass er das Verhalten nicht ändert.
  • Notieren im Anschluss an das Gespräch dessen Ablauf und Inhalt und geben Sie die Notiz zur Patientenakte.
Weiterführende Hinweise
  • In welchen Fällen dürfen Sie die Behandlung eines Dauerpatienten abbrechen? (PP 03/2020, Seite 13 f.)
  • So setzen Sie rechtssicher ein Hausverbot durch (PP 05/2016, Seite 11 ff.)

AUSGABE: PP 3/2024, S. 8 · ID: 49919471

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