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EinkommensteuerEuGH-Vorlage zur Steuerermäßigung bei Handwerkerleistungen für Schweizer Immobilie
| Der EuGH muss sich mit der Frage befassen, ob die Nichtgewährung einer Steuerermäßigung nach § 35a EStG für in der Schweiz gelegene Haushalte gegen das Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz (FZA) verstößt (C-223/25). Hintergrund ist eine Vorlage des FG Köln (20.2.25, 7 K 1204/22). Das FG hält es für europarechtswidrig, dass in Deutschland steuerpflichtige Personen keine Steuerermäßigung für Handwerker- und haushaltsnahe Dienstleistungen erhalten, wenn die Dienstleistungen in der Schweiz ausgeführt wurden. |

Sachverhalt
Das Ehepaar mit deutscher und schweizerischer Staatsbürgerschaft wohnt in der Schweiz. Der Ehemann war als Arbeitnehmer in Deutschland tätig und unterhielt hierfür eine Wohnung in Deutschland. Für das gemeinsame Haus in der Schweiz beauftragten die Eheleute verschiedene Handwerks- und Gartenbauarbeiten i. S. v. § 35a EStG und beantragten hierfür eine Ermäßigung ihrer Einkommensteuer. Das Finanzamt lehnte dies mit dem Hinweis ab, dass die Dienstleistungen in der Schweiz ausgeführt worden seien. Hiergegen erhoben die Eheleute Klage vor dem FG Köln. Die Auffassung des Finanzamts verstoße gegen das FZA zwischen der EU und der Schweiz. Dem folgte das FG Köln. Das auf den Streitfall anwendbare FZA enthalte ein Recht auf Gleichbehandlung in Bezug auf Steuervergünstigungen.
Entscheidungsgründe
Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 EUR (§ 35a Abs. 3 EStG).
Der Steuerabzug nach § 35a EStG kann nach § 35a Abs. 4 S. 1 EStG aber nur in Anspruch genommen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis, die Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem in der EU oder dem EWR liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder – bei Pflege- und Betreuungsleistungen – der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird. Danach kam der Steuerabzug im Streitfall nicht in Betracht, weil die Handwerkerleistungen in der Schweiz, also außerhalb der EU-/EWR-Raums, erbracht wurden.
Das FG Köln bezweifelt jetzt in seinem Vorlagebeschluss, ob es mit dem FZA vereinbar sei, dass die Steuerermäßigungen nur für Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können, die in einem in der EU oder dem EWR liegenden Haushalt ausgeübt oder erbracht werden. Das im Streitfall anwendbare FZA enthalte ein Recht auf Gleichbehandlung in Bezug auf Steuervergünstigungen (Art. 9 Abs. 2 Anhang I zum FZA), das den Eheleuten zugutekommen könnte. Es lautet:
Artikel 9 Gleichbehandlung |
2. Ein Arbeitnehmer und seine in Artikel 3 dieses Anhangs genannten Familienangehörigen genießen dort die gleichen steuerlichen und sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen. |
Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbiete dabei nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale wie das Kriterium des Wohnsitzes tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen. Diese Auslegung könnte aus der Sicht des Senats auch für das Unterscheidungsmerkmal des Ausübungsortes der begünstigten Dienstleistung im Rahmen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG gelten. Das FG Köln nimmt hierbei maßgeblich Bezug auf das BMF-Schreiben vom 16.9.13 (IV C 3 – S 1325/11/10014, BStBl I 13, 1325), das seinerseits auf die EuGH-Entscheidung vom 28.2.13 in der Rechtssache C-425/11 „Ettwein“ (BStBl II 13, 896) verweist.
Die Eheleute fallen nach Ansicht des FG Köln in den Schutzbereich des FZA. Als direkte Steuerermäßigung ist § 35a EStG eine Steuervergünstigung in diesem Sinne. Durch die Ausübung seines Freizügigkeitsrechts als Arbeitnehmer erleidet der Ehemann im Streitfall in Deutschland einen steuerlichen Nachteil im Verhältnis zu inländischen Arbeitnehmern, deren Haupt- und Zweitwohnung innerhalb Deutschlands liegen. Er ist zudem steuerlich benachteiligt gegenüber Arbeitnehmern, die aus Mitgliedstaaten der EU oder des EWR stammen und im Herkunftsland ihren Haushalt beibehalten, gleichzeitig aber in Deutschland arbeiten und wohnen. Es sei kein Grund ersichtlich, die Ausweitung der Abzugsfähigkeit auf die EU-/EWR-Länder nicht auch auf Haushalte in der Schweiz vorzunehmen, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Praxistipp | Da die Auslegung des FZA in diesem Fall entscheidend für die Urteilsfindung des FG ist, wird das Verfahren bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt. Das Verfahren beim EuGH ist aktuell unter dem Aktenzeichen C-223/25 anhängig. Sollte der EuGH dem FG Köln recht geben mit der Folge, dass auch Handwerkerleistungen in Schweizer Immobilien zum Steuerabzug nach § 35a EStG berechtigen, kann sich das für Steuerpflichtige durchaus lohnen, weil der Abzug unmittelbar die Steuerschuld mindert. In vergleichbaren Fällen ist deshalb Steuerpflichtigen zu raten, gegen entsprechende ablehnende Steuerbescheide unter Hinweis auf das anhängige EuGH-Verfahren Einspruch einzulegen. |
- Zum Sonderausgabenabzug bei Schulgeld an Schweizer Privatschule s. Jahn, PIStB 25, 90
- Zur Antragsveranlagung auch für beschränkt Steuerpflichtige mit Wohnsitz in der Schweiz s. Peters, PIStB 25, 242
AUSGABE: PIStB 5/2025, S. 120 · ID: 50377877