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FG-Rechtsprechung kompaktWichtige Entscheidungen für die Freiberufler-Beratung

Abo-Inhalt20.06.202513 Min. Lesedauer

1. Reichweite der Abzugsbeschränkung für noch nicht verrechnete Verluste aus einer typisch stillen AG-Beteiligung

Nach einer Entscheidung des FG München (24.10.24, 7 K 776/21, Gerichtsbescheid; Rev. BFH XI R 28/24) kommt es nicht zu einem Untergang von noch nicht verrechneten laufenden Verlusten einer Kapitalgesellschaft aus typisch stiller Gesellschaft an einer Kapitalgesellschaft im Veranlagungszeitraum der Beendigung der stillen Gesellschaft.

Nach Auffassung des FG ist die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG vielmehr verfassungskonform dahin gehend auszulegen, dass im Fall der Veräußerung oder Aufgabe der stillen Beteiligung in einem ersten Schritt eine Verrechnung bislang noch nicht verrechneter Verluste aus der stillen Beteiligung i. S. d. § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG mit einem Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe dieser stillen Beteiligung erfolgt. Sollte nach einer solchen Verrechnung ein noch nicht verrechneter Verlust i. S. d. § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG verbleiben, sei dieser in einem zweiten Schritt als nicht mehr an die Regelungen des § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG gebundener Verlust mit den übrigen Einkünften des stillen Gesellschafters im Rahmen des horizontalen und vertikalen sowie periodenübergreifenden Verlustabzugs zu verrechnen, um einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten endgültigen Untergang dieser Verluste zu verhindern.

Das FG Baden-Württemberg (25.5.23, 3 K 1694/19; Rev. BFH XI R 20/23) war zuvor von der Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung für Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG überzeugt. Die in § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG geregelte Beschränkung des Verlustausgleichs bzw. der Verlustverrechnung auf positive Einkünfte aus derselben stillen Beteiligung als solche verstößt danach ungeachtet der hierdurch ausgelösten Zins- und Liquiditätsnachteile nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Gesetzgeber habe seine Befugnis zur Typisierung nicht dadurch überschritten, dass er die in § 15 Abs. 4 S. 6 bis 8 EStG geregelte Beschränkung des Verlustausgleichs tatbestandlich auf Kapitalgesellschaften und mitunternehmerische Innengesellschaften begrenzt habe.

Praxistipp | Es darf also mit Spannung erwartet werden, ob der BFH die steuergünstige, verfassungskonforme Auslegung des FG München billigt oder selbst verfassungsrechtliche Zweifel hat und zur verfassungsmäßigen Prüfung das BVerfG anruft. Bis zur Klärung der Rechtslage sind auf jeden Fall Einspruch und ggf. Klage gegen betroffene Körperschaftsteuerbescheide geboten.

2. Einbringung eines Teils eines Mitunternehmeranteils (bis VZ 2023)

Das FG Münster (6.6.24, 13 K 1857/22 F; Rev. BFH VIII R 28/24) hat geurteilt, dass § 34a Abs. 7 S. 2 EStG in der für das Streitjahr 2023 geltenden Fassung auch die Einbringung des Teils eines Mitunternehmeranteils erfasst. Diese Auffassung wird insbesondere auf den Gesetzeswortlaut (grammatische Auslegung) und auf die Zwecksetzung der Norm (teleologische Auslegung) gestützt. Der Begriff „Mitunternehmeranteil“ erfasse nach allgemeinem Wortverständnis auch die Einbringung des Teils eines Mitunternehmeranteils.

Denn auch ein solcher (vom bisherigen Mitunternehmeranteil abgespaltener) Teil eines Mitunternehmeranteils werde im Zeitpunkt der Übertragung zu einem vollwertigen Mitunternehmeranteil im üblichen Wortsinn. Zudem werde bei Anwendung der gesetzlichen Regelungen der §§ 20, 24 UmwStG, der §§ 16, 34 EStG und des § 6 Abs. 3 EStG gemeinhin davon ausgegangen, dass bei Verwendung des Begriffs „Mitunternehmeranteil“ grundsätzlich auch die Übertragung bzw. Einbringung eines Teilanteils erfasst werde. Es bestehe kein Grund, bei Anwendung des § 34a EStG von diesem allgemein anerkannten Wortverständnis abzuweichen. Das FG folgt damit nicht der im BMF-Schreiben vom 11.8.08 (IV C 6 - S 2290-a/07/10001, BStBl I 08, 838, Tz. 47) und auch im steuerlichen Schrifttum vertretenen Auffassung, dass die unentgeltliche Übertragung bzw. Einbringung des Teils eines Mitunternehmeranteils nicht vom Wortlaut des früheren § 34a Abs. 7 EStG erfasst werde.

Praxistipp | Die streitige Rechtsfrage stellt sich nach aktuellem Recht nicht mehr. Durch das Wachstumschancengesetz vom 23.3.24 (BGBl. I 24 Nr. 108) ist § 34a Abs. 7 EStG dahin gehend geändert worden, dass unentgeltliche Übertragungen und Einbringungen von Teilen eines Mitunternehmeranteils nunmehr ausdrücklich erfasst werden. Diese Regelung ist nach § 52 Abs. 34 EStG erstmals für den VZ 2024 anwendbar. Die Praxisrelevanz ist daher beschränkt auf bis zum VZ 2023 vorgenommene unentgeltliche Übertragungen und Einbringungen des Teils eines Mitunternehmeranteils. In diesen Fällen sind jedoch bis zur höchstrichterlichen Klärung Einspruch und ggf. Klage geboten.

3. Schätzungsbefugnis bei Mängeln der Kassenführung

Das FG Schleswig-Holstein (28.8.23, 3 K 25/22; Rev. BFH X R 27/24) hat entschieden, dass bei einer Steuerpflichtigen, die einen bargeldintensiven Imbiss mit Sitzgelegenheiten betreibt, im Hinblick auf die Manipulierbarkeit elektronischer Kassensysteme allein schon das Fehlen von Organisationsunterlagen bzw. Programmierunterlagen zu der im Betrieb verwendeten elektronischen Registrierkasse einen schweren Mangel darstellt, der die Finanzbehörde zu einer Schätzung dem Grunde nach berechtigt. Das FG hat auch der Höhe nach keine Bedenken gegen die vom beklagten FA vorgenommene Richtsatzschätzung.

Das FG führte zur Begründung an, dass der äußere Betriebsvergleich anhand der Richtsätze aus der amtlichen Richtsatzsammlung trotz vom BFH vorgebrachter Bedenken und Unklarheiten weiterhin eine grundsätzlich anerkannte Schätzungsmethode sei.

Praxistipp | Der Besprechungsfall hat eine sehr große Bedeutung für die Abwehrberatung im Rahmen von Betriebsprüfungen. Hier gehört die Auseinandersetzung mit den Fragen der Schätzungsbefugnis und den Schätzmethoden der Betriebsprüfung zum täglichen Brot des steuerlichen Beraters. Der BFH hat im Revisionsverfahren X R 19/21 bereits hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er noch diverse Unklarheiten bei der Schätzung der Höhe nach anhand der amtlichen Richtsätze im Rahmen eines äußeren Betriebsvergleichs sieht, deren Klärung es bedarf. Das bedeutet noch nicht das „Aus“ einer Richtsatzschätzung als bislang anerkannte Schätzmethode, aber gibt eine gewisse Hoffnung auf ein „Einfallstor“, was für eine Reduzierung der Schätzung genutzt werden könnte. Im Besprechungsfall hat der BFH im Übrigen im Hinblick auf die derzeit bestehenden Unsicherheiten im Beschluss vom 4.10.24 (X B 105/23) die Revision zugelassen. Es darf mit Spannung erwartet werden, wie die Beurteilung der Richtsatzschätzung durch den BFH beurteilt wird. Bis dahin sollten betroffene geänderte Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheide mit dem Einspruch angefochten und zum Ruhen gebracht werden.

4. Keine Anwendung der Seitwärtsabfärbung zuungunsten des Steuerpflichtigen

Das FG Nürnberg (12.12.23, 1 K 1572/20; Rev. BFH IV R 5/24) ist zu der Überzeugung gelangt, dass die vom BFH entwickelte sog. Bagatellgrenzenrechtsprechung zur Seitwärtsabfärbung dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG entgegenstehe und daher jedenfalls nicht zulasten des Steuerpflichtigen angewandt werden könne.

Im Streitfall stellt sich die Rechtsfrage, ob bereits die Errichtung einer Photovoltaikanlage zur gewerblichen Infektion der Einkünfte einer im Übrigen nur vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft führt, auch wenn Einnahmen aus der Stromeinspeisung erst ab dem Folgejahr erzielt werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (27.8.14, VIII R 16/11, BStBl II 15, 996) findet eine sog. Seitwärtsabfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 Alt. 1 EStG nicht statt, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse und den Betrag von 24.500 EUR nicht übersteigen (sog. Bagatellgrenze/Geringfügigkeitsgrenze). Der BFH (30.6.22, IV R 42/19, BStBl II 23, 118) hatte klargestellt, dass dieser Rechtsprechung nicht durch die (rückwirkend geltende) Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (insbesondere die Einfügung des Satzes 2) der Boden entzogen wurde, sondern sowohl die relative als auch die absolute Umsatzgrenze weiterhin fortgelten. Im Anschluss daran kam das FA unter Berufung auf die Rechtsprechung zur Bagatellgrenze zu dem Schluss, dass im Streitjahr mangels Umsatzerzielung noch keine Abfärbung erfolgt sei und die durch die streitigen Abschreibungen im Wertpapiervermögen entstandenen Verluste daher nicht im Rahmen von Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen seien. Das FG sah das dem Grunde nach anders. Ungeachtet fehlender Einnahmen komme es mit der Gründung des Gewerbebetriebs zur Infektion. Die vom BFH entwickelte Bagatellrechtsprechung könne nicht (entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) zulasten/-ungunsten des Steuerpflichtigen angewendet werden.

Praxistipp | Ob der BFH die Rechtsauffassung des FG teilt, ist fraglich. Der BFH hat jedenfalls deutlich zu erkennen gegeben, dass er an seiner Bagatellgrenzenrechtsprechung ungeachtet der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (insbesondere der Einfügung des Satzes 2) ausdrücklich festhält (BFH 30.6.22, I VR 42/19, a. a. O.; a. A. Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 1426). Gleichwohl sollten betroffene Feststellungsbescheide bis zum Ende des Revisionsverfahrens in verfahrensrechtlich geeigneter Form offengehalten werden.

5. Anforderungen an das Fahrtenbuch eines Berufsgeheimnisträgers

Das FG Hamburg (13.11.24, 3 K 111/21; Rev. BFH VIII R 35/24) ist im Grundsatz zu der Beurteilung gelangt, dass sich die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung erstreckt. Berufsgeheimnisträger könnten deshalb bei der Vorlage eines Fahrtenbuchs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG Schwärzungen vornehmen, soweit diese Schwärzungen erforderlich sind, um die Identitäten von Mandanten zu schützen.

Im Streitfall hatte das FA die private Pkw-Nutzung eines Rechtsanwalts wegen vorgenommener Schwärzungen nicht als ordnungsgemäß anerkannt und den Nutzungswert nach der ungünstigeren 1 %-Regelung ermittelt. Diese Schwärzungen sah das FG zwar grundsätzlich als unbedenklich an. Gleichwohl hatte die Klage keinen Erfolg. Die Berechtigung, einzelne Eintragungen im Fahrtenbuch zu schwärzen, ändert aus Sicht des FG nichts an der grundsätzlichen Beweislastverteilung; gegebenenfalls müsse der Berufsträger substanziiert und nachvollziehbar darlegen, weshalb Schwärzungen in dem erfolgten Umfang erforderlich waren, und die berufliche Veranlassung der Fahrten durch ergänzende Angaben darlegen. Dies gelang dem Kläger im Streitfall jedoch nicht.

Das FG hat sich schließlich mit der DSGVO auseinandergesetzt. Wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Nachweises durch Vorlage eines Fahrtenbuchs regelt – wie in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG –, impliziert dies nach Auffassung des FG zwangsläufig die Befugnis der zuständigen Stellen, vorgelegte Fahrtenbuchdaten zu verarbeiten (i. S. d. DSGVO). Die Verarbeitung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO, da die Datenverarbeitung für die Prüfung des Umfangs der privaten Pkw-Nutzung angemessen, erheblich und auf das notwendige Maß beschränkt bleibe.

Praxistipp | Das FG hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang Berufsgeheimnisträger zum Nachweis des Verhältnisses von privaten Fahrten zu beruflich veranlassten Fahrten ein geschwärztes Fahrtenbuch vorlegen können, grundsätzliche Bedeutung habe. Für die Freiberuflerberatung dürfte die Rechtsfrage von großer praktischer Bedeutung sein. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind betroffene Einkommensteuerbescheide daher in jedem Fall offenzuhalten. Gegebenenfalls wäre anzuraten, Aufzeichnungen zu geschwärzten Stellen aufzubewahren, um bei einer negativen Entscheidung des BFH selbst bei Gestattung der Schwärzung seiner Feststellungslast zu genügen und die berufliche oder betriebliche Veranlassung der betroffenen Fahrten darzulegen.

6. Gewerbesteuerfreiheit für Erträge aus Patientenfahrservice

Das FG Münster (15.11.24, 12 K 817/19 G, F; Rev. BFH IV R 1/25) hatte sich in einem aktuellen Fall mit dem Umfang der Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG zu befassen.

Nach Auffassung des FG unterliegen die Gewinne bzw. Verluste aus dem Patientenfahrservice insgesamt nicht der Gewerbesteuerpflicht: Der Transport der Patienten zur Klinik und zurück nach Hause stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit den Erträgen aus dem Betrieb einer Reha-Klinik. Die Behandlung der Patienten in der Klinik sei ohne die Anreise der Patienten nicht denkbar. Sie erfolge anlässlich – und nicht etwa nur bei Gelegenheit – der Behandlung und falle damit nach Auffassung des Senats ebenso wie die Unterbringung und Verpflegung der Patienten unter den o. g. Zweck der Steuerbefreiung, die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten und die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern. Ein Indiz dafür sei, dass die Sozialversicherungsträger die Kosten zumindest mittragen, indem sie der Klägerin die Fahrten mit 0,20 EUR/km vergüten. Der Fahrservice der Klägerin ist insoweit nach Ansicht des FG auch nicht vergleichbar mit dem Betrieb einer Cafeteria oder eines (kostenpflichtigen) Besucherparkplatzes, die nicht primär an die Patienten adressiert sind und deren Gewinne nicht dazu geeignet sind, die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten und die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern.

Praxistipp | Im Revisionsverfahren wird sich der BFH mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob der Patientenservice von der Gewerbesteuerfreiheit des § 3 Nr. 20 GewStG umfasst ist, obwohl es sich – für sich betrachtet – nicht um eine heilberufliche Tätigkeit handelt. Die steuerliche Praxis sollte beachten, dass zwischen § 3 Nr. 20 GewStG und den umsatzsteuerlichen Befreiungstatbeständen (§ 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG) kein Gleichlauf besteht.
Die vorstehenden Ausführungen des FG enthalten daher auch keine Aussagen darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Umsätze des Fahrservice umsatzsteuerpflichtig sind bzw. Vorsteuer zu berücksichtigen ist. Im Unterschied zur vom FG dargelegten Zwecksetzung des § 3 Nr. 20 GewStG kommt in der Umsatzsteuer der Wettbewerbsrelevanz einer Tätigkeit ein stärkeres Gewicht zu (vgl. BFH 1.9.21, III R 20/19, BStBl II 22, 83). Bei Ablehnung der Gewerbesteuerbefreiung für Erträge aus dem Patientenfahrservice sollten steuerliche Berater gegen betroffene Gewerbesteuermessbescheide unter Hinweis auf das Besprechungsurteil Einspruch einlegen und im Hinblick auf das Revisionsverfahren IV R 1/25 das Ruhen des Verfahrens beantragen.

7. Nichtsteuerbarkeit eines Technologiegründerstipendiums

Das FG Sachsen (2.10.24, 3 K 837/18; Rev. BFH X R 29/24) hat entschieden, dass die Stipendienzahlungen eines Technologiegründerstipendiums nicht der Einkommensteuer unterliegen.

Die bloße Stellung als Stipendiat begründet danach regelmäßig keine eigenständige steuerbare Tätigkeit. Es sei vielmehr erforderlich, dass die Einnahmen aus dem Stipendium einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsquellen zuzurechnen und durch diese Einkunftsquelle veranlasst ist. Einen solchen Veranlassungszusammenhang mit den in Betracht kommenden Einkunftsarten gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 22 Nr. 1 S. 1 Hs. 1, S. 3 Buchst. b EStG hat das FG verneint. Die steuerliche Behandlung als Arbeitslohn scheide aus, da im Streitfall das Stipendium nicht dem Ersatz von (vorweggenommenen) Werbungskosten aus der Erwerbssphäre diene, sondern den Zweck habe, den Stipendiaten bei der Bestreitung ihres privaten Lebensunterhaltes zu helfen. Auch gewerbliche Einkünfte lägen nicht vor. Das FG ließ dabei offen, ob es im Bereich der gewerblichen Einkünfte für den erforderlichen Veranlassungszusammenhang ausreiche, dass die Stipendiumszahlung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stipendiaten erhöhe und der Stipendiat mit dem Stipendium zur Bestreitung des Lebensunterhaltes das geförderte Gründungsvorhaben weitertreiben könne. Jedenfalls sei entscheidend, dass unabhängig von der Einkunftsart der Veranlassungszusammenhang zwischen Stipendienzahlung und Einkünftetatbestand einheitlich dahin gehend zu beurteilen sei, dass der Empfänger des Stipendiums hierfür eine Gegenleistung zu erbringen habe. Diese Anforderung sah das FG nicht als erfüllt an. Allein die Durchführung des durch das Stipendium geförderten Vorhabens stelle keine Gegenleistung i. S. d. § 22 Nr. 1 EStG dar. Eine etwaige Rückzahlungspflicht, falls die mit dem Stipendium verbundenen Vorgaben nicht erfüllt würden, scheide als Gegenleistung für das Stipendium ebenfalls aus.

Praxistipp | Die Frage der Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Stipendienzahlungen führen immer wieder zu Streitigkeit mit dem FA (siehe etwa zuletzt BFH 25.3.21, VIII R 47/18, BStBl II 21, 696 betr. Sonderbetriebseinnahmen bei Stipendiengewährung an die Mitunternehmer einer GbR; BFH 8.7.20, X R 6/19, BStBl II 21, 557 betr. Steuerbarkeit und -pflicht eines Gastarztstipendiums; BFH 11.12.20, IX R 33/18, BStBl II 21, 488 betr. Facharztausbildung – „Thüringen-Stipendium“). Der Ausgang des Revisionsverfahrens im Besprechungsfall ist für die Abwehrberatung von erheblicher Bedeutung. Das FG hat im Übrigen offengelassen, ob die Zahlungen steuerfrei nach § 3 Nr. 44 EStG wären. Bei einer Steuerbarkeit der Stipendienzahlungen könnte der Rückgriff auf diese Steuerbefreiungsvorschrift noch „helfen“. In vergleichbaren Sachverhalten kann sich die steuerliche Praxis vorerst auf das günstige Besprechungsurteil stützen. Bei zu erwartendem Widerstand der FÄ sind der Einspruch und ggf. die Klage geboten.

8. Aufteilung des Kaufpreises zur Ermittlung der AfA- Bemessungsgrundlage

Das FG Köln (13.11.24, 2 K 1386/20; Rev. BFH IX R 26/24) hat entschieden, dass bei der Aufteilung des Kaufpreises zur Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage für ein mit einem denkmalgeschützten Gebäude bebautes Grundstück der Bodenwertanteil nicht abzuzinsen ist. Der Bodenwertanteil könne nicht von der Restnutzungsdauer des aufstehenden Gebäudes abhängig sein. Er drücke die Lage eines Objektes aus und sei mit einem festen Wert zu berücksichtigen. Im Übrigen sprächen die für eine fortdauernde wirtschaftliche Nutzbarkeit eines denkmalgeschützten Gebäudes erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen gegen die Annahme einer unendlichen Restnutzungsdauer des Objekts.

Praxistipp | Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen gewährt der Gesetzgeber nach der ausdrücklichen Regelung in § 7i EStG unter der Voraussetzung, dass bestimmte Aufwendungen „erforderlich” sind. Fraglich ist, ob Eigentümer vermieteter Baudenkmale auch abseits dieser Vorschrift erhöhte Absetzungen in Anspruch nehmen können, indem die allgemeinen Bestimmungen über AfA denkmalspezifisch ausgelegt und angewendet werden. Eine Abzinsung eines Bodenwerts ist jedenfalls in der ImmoWertV bei Liquidationsobjekten vorgesehen, also wenn das Gebäude abgerissen werden soll. In solchen Fällen wird der Bodenwert für den Zeitraum vom Wertermittlungsstichtag bis zur voraussichtlichen Freilegung des Grundstücks abgezinst, um zu berücksichtigen, dass der Boden nicht sofort, sondern erst später wirtschaftlich genutzt werden kann. Um ein Liquidationsobjekt handelt es sich bei einem Baudenkmal aber gerade nicht. Die Besteuerungspraxis sollte aber beachten, dass gerade die Denkmal-Eigenschaft zu einem erhöhten Bedarf an Bau- und Modernisierungsmaßnahmen, der die wirtschaftliche Restnutzungsdauer gegenüber dem gesetzlichen Regelfall des § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c EStG (40 Jahre) verkürzt. Der AfA-Satz kann sich daher im Einzelfall günstiger gestalten (vgl. hierzu auch Kleinmanns, BB 25, 817). Betroffene Steuerbescheide sollten ungeachtet dessen bis zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtsfrage einer Abzinsung des Bodenwerts bei denkmalgeschützten Gebäuden unbedingt offengehalten werden.

AUSGABE: PFB 7/2025, S. 198 · ID: 50358487

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