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Lph 8Muss Architekt auf Bauabzugssteuer hinweisen?
| Nach § 48 EStG müssen unternehmerisch tätige Auftraggeber (Leistungsempfänger) einen Steuerabzug von 15 Prozent der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vornehmen, wenn der Leistende keine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt. Bis dato war unklar, ob Sie im Rahmen der Rechnungsprüfung verpflichtet sind, den Auftraggeber auf einen Einbehalt von Bauabzugssteuer hinzuweisen. Das LG Bielefeld hat das jetzt für Fälle verneint, wenn Ihr Auftraggeber steuerlich beraten ist oder über eigene Sachkunde verfügt. |
Darum geht es bei der Bauabzugssteuer
Die Bauabzugssteuer gibt es schon seit 2002. Sie ist mit dem „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“ eingefürt worden. Sie soll verhindern, dass auf dem Bau Steuern hinterzogen werden. Betroffen sind alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts und alle Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetzes (UStG), für die jemand in Deutschland Bauleistungen erbringt. Betroffen sind nur Bauleistungen, die ein Unternehmer für sein Unternehmen bezieht.
Diese Auftraggeber müssen einen Abzug in Höhe von 15 Prozent der Gegenleistung für Rechnungen des die Bauleistung erbringenden Unternehmens vornehmen, wenn der leistende Unternehmer keine Freistellungsbescheinigung vorlegt (BMF, Schreiben vom 19.07.2022, Az. IV C 8 – S 2272/19/10003 :002, Abruf-Nr. 230633).
Was sind die Pflichten des Architekten?
Die Rechnungsprüfung in der Lph 8 betrifft technische und vertragsrechtliche Kriterien. Aus technischer Sicht geht es um die Stimmigkeit der Preise mit dem Leistungsverzeichnis und die Kontrolle der berechneten Massen. In Rechnung gestellte Zusatzleistungen sind unter gewerkespezifischen Gesichtspunkten auf ihre Berechtigung zu prüfen. Ob Sie auch die Einhaltung der Regeln der Bauabzugssteuer in § 48d EStG prüfen müssen, war nicht 100-prozentig geklärt. Gerichtliche Entscheidungen zu der Frage gab es bis dato nicht. In der Fachwelt haben sich die „Gelehrten“ gestritten.
Das LG Bielefeld nimmt Architekten aus der Schusslinie
Jetzt hat sich das LG Bielefeld mit der Sache befasst und die Haftung eines Architekten abgelehnt, der bei einem Bauunternehmer nicht geprüft hatte, ob dieser eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 EStG vorgelegt hatte. Das LG begründete das damit, dass der Architekt weder aus dem konkreten Planungsvertrag noch aus dem Gesetz (§ 631 BGB) verpflichtet gewesen sei, seinen AG auf den Einbehalt der Bauabzugssteuer hinzuweisen. Es führte aus, dass ein Architekt nicht verpflichtet sei, sich schwierige steuerliche Kenntnisse anzueignen. Es genügt vielmehr, auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Steuerberaters hinzuweisen (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 13. Aufl., § 34 Rn. 84; ders. 10. Aufl., Rn. 85). In diesem Fall kann der Architekt davon ausgehen, dass sein Auftraggeber ausreichend beraten ist (LG Bielefeld, Urteil vom 16.02.2024, Az. 7 O 167/20, Abruf-Nr. 241219).
AUSGABE: PBP 8/2024, S. 15 · ID: 50105168