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ArchitektenrechtMängelverfolgung und VOB-Schriftverkehr: Was Planern erlaubt ist und was nicht

Abo-Inhalt24.07.20244 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Gabriela Böhm, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, Partnerin c.r.p. law. partnerschaft mbb, Frankfurt a. M.

| Um die Frage nach den Grenzen der Tätigkeit eines Architekten im Rahmen der HOAI und des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zu klären, ist es wichtig, das BGH-Urteil vom November 2023 zu kennen. Denn damit wurde klargestellt, dass Architekten keine Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen, die über die typischen Planungs- und Überwachungsaufgaben hinausgehen. Zu diesem Sachverhalt hatte PBP ausführlich Stellung genommen. Nun erreichten PBP auch erste Leseranfragen. |

Der Fall aus der Leserschaft

Ein Architekt ist mit der Lph 6-9 beauftragt. Nachdem er über PBP auf die aktuelle Rechtsprechung aufmerksam gemacht worden war, überdenkt er seine bisherige Arbeitsweise im Umgang mit der Mängelverfolgung und sieht von Schreiben mit vertragsrelevanten Inhalten (z. B. Nachfristsetzung mit Kündigungsandrohung) ab. Darüber informiert er das Projektsteuerungsbüro, mit dem Hinweis, dass er nicht zur Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten befugt ist. Der Projektsteuerer setzt ihn daraufhin unter Druck. Für den Architekten stellt sich die Frage, wo genau die Trennlinie zwischen erlaubter und unerlaubter Leistung in Bezug auf die Mängelverfolgung verläuft, damit sich kein Haftungsrisiko ergibt. Er fragt sich, ob er seinem Auftraggeber (AG) folgendes Vorgehen vorschlagen kann, ohne die Grenze des RDG zu überschreiten:

  • 1. Mängelrüge (VHB Formblatt 4431) an ausführende Firma durch Architekt
  • 2. Nachfristsetzung mit Kündigungsandrohung durch AG
  • 3. Kündigung durch AG

Zulässige Planer- und unzulässige Rechtsdienstleistungen

Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Architekt seinem AG weder eine rechtliche Nachtragsprüfung noch eine rechtliche Mängelverfolgung schuldet, was er gegenüber dem AG auch klar kommunizieren sollte. Die Lph 8 der HOAI umfasst die Objektüberwachung und beinhaltet insbesondere folgende (zulässige) Leistungen:

  • Überwachung der Ausführung auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen.
  • Dokumentation des Baufortschritts und Mängelfeststellung.
  • Koordinierung/Kommunikation zwischen beteiligten Gewerken und AG

Gemäß dem BGH-Urteil (RDG) sind hingegen folgende Tätigkeiten unzulässig:

  • Entwurf/Bereitstellung von Vertragsklauseln, wie z. B. Skontoklauseln
  • Rechtliche Beratung/Vertretung des AG in vertragsrechtlichen Belangen
  • Führung rechtlicher Auseinandersetzungen/rechtliche Mängelverfolgung

Wie kann also der Architekt in Bezug auf die Mängelverfolgung agieren, ohne die RDG-Grenzen zu überschreiten:

  • Technische Mängelrügen: Der Architekt kann technische Mängel identifizieren und dokumentieren. Diese Dokumentation kann dem Bauherrn übergeben werden, damit dieser oder sein Rechtsbeistand die rechtliche Mängelrüge formulieren kann.
  • Kommunikation: Die Kommunikation mit den ausführenden Firmen sollte sich auf technische und organisatorische Aspekte beschränken. Rechtliche Inhalte, insbesondere Verwarnungen, Nachfristen oder Kündigungen, sollten vom Bauherrn oder seinem rechtlichen Vertreter verfasst werden.
  • Unterstützung und Beratung: Der Architekt kann beratend zur Seite stehen, indem er technische Sachverhalte erläutert oder Vorschläge für das weitere Vorgehen aus technischer Sicht macht. Hierbei sollte jedoch klar sein, dass keine rechtlichen Bewertungen oder Empfehlungen abgegeben werden.

Bewertung des vom Architekten vorgeschlagenen Vorgehens

  • 1. Mängelrüge (VHB FB 4431) an ausführende Firma durch Architekt: Richtig
  • 2. Nachfristsetzung mit Kündigungsandrohung durch AG: In der Regel falsch, wegen BGH-Urteil vom 19.01.2023
  • 3. Kündigung durch AG: In der Regel falsch, wegen BGH-Urteil vom 19.01.2023

Im Hinblick auf das vorgeschlagene Vorgehen zur Kündigung auf Grundlage von § 4 Abs. 7 VOB/B ist es wichtig zu beachten, dass der BGH in einem Urteil vom 19.01.2023 entschieden hat, dass das dort geregelte Kündigungsrecht unwirksam ist. Die Regelung wurde als unangemessen benachteiligend für den AN angesehen und hält daher der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, S.1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Das bedeutet, dass eine Kündigung nach § 307 Abs. 1, S.1, Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Mängeln vor der Abnahme nicht mehr allein auf § 4 Abs. 7 VOB/B gestützt werden kann.

Der BGH hat klargestellt, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund erfordert, dass der AN durch sein Verhalten die vertragliche Vertrauensgrundlage derart erschüttert, dass dem AG unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.

Fazit | Es sollte sichergestellt werden, dass alle (vertrags-)rechtlichen Schritte in enger Abstimmung mit einem Rechtsberater des Bauherrn erfolgen, um sicherzustellen, dass alle Handlungen den aktuellen rechtlichen Anforderungen entsprechen und nicht auf unwirksamen Regelungen basieren. Insbesondere sollten Kündigungen nur dann angedroht oder ausgesprochen werden, wenn dies durch die Gesamtheit der Umstände gerechtfertigt ist.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Der BGH und die Rechtsberatung der Planer am Bau: Das gehört zu Ihren Pflichten und das nicht“: Teil 1: PBP 4/2024, Seite 16 → Abruf-Nr. 49879641 und Teil 2: PBP 5/2024, Seite 23 → Abruf-Nr. 49961109

AUSGABE: PBP 8/2024, S. 13 · ID: 50024754

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