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WerkvertragsrechtTerminverzögerungen: Planer haften nicht für Verschulden des Bauherrn
| Terminverzögerungen gehören immer mehr zum Tagesgeschäft. Um daraus ohne Effizienz- oder Honorarverluste herauszukommen, ist es wichtig, dass Sie immer streng Ursache und Wirkung der Terminverzögerung prüfen und im Zweifel sehr schnell selbst agieren. Was hier konkret veranlasst ist, um Ansprüche des Bauherrn abzuwehren und sich für unverschuldete Terminverzögerungen auch eine finanzielle Gegenleistung zu sichern, ergibt sich aus einer Entscheidung des OLG Brandenburg. |
Verzögerte Baugenehmigung – Bauherr ist zuständig
Im konkreten Fall war ein Unternehmer damit beauftragt, eine Trafostation auf dem Grundstück des Auftraggebers zu errichten und in betriebsbereitem Zustand zu übergeben. Für die Fertigstellung der Trafostation war eine Frist von 18 Wochen vereinbart. Da die erforderliche Baugenehmigung erst 14 Monate nach Vertragsschluss vorlag, konnte die Trafostation letztlich erst nach ca. 16 Monaten fertiggestellt werden. Der Auftraggeber verlangte Schadenersatz wegen elfmonatigen Terminverzugs.
Das OLG Brandenburg hat den Schadenersatzanspruch verneint, weil der Auftraggeber die ihm obliegende Aufgabe, die Baugenehmigung rechtzeitig zu erwirken, nicht termingerecht erfüllt hatte. Im vorliegenden Fall war in den AGB des Auftragnehmers geregelt, dass der Auftraggeber für die Beibringung der Baugenehmigung verantwortlich war. Die gesetzliche Grundlage für die Mitwirkungspflicht des Auftraggebers ist in § 642 BGB geregelt (OLG Brandenburg, Urteil vom 11.11.2021, Az. 12 U 79/21, Abruf-Nr. 226939).
Urteil ist auf Planungsverträge übertragbar
Die Entscheidung ist wegen ihres werkvertraglichen Charakters auf Planungsleistungen und -verträge übertragbar. Auch hier passiert es, dass Auftraggeber die Baugenehmigung nicht rechtzeitig herbeiführen oder die Baubehörde zu lang mit der Bearbeitung braucht. Hinkt die Baugenehmigung dem Terminplan hinterher, kann man Sie nicht dafür verantwortlich machen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Ihre Genehmigungsplanung mangelfrei und vollständig ist.
Schadenersatzansprüche oder neue Verhandlungen durch Planungsbüro
Hat Ihr Auftraggeber die Terminverzögerung zu vertreten, geht nicht nur sein Schadenersatzanspruch gegen Sie ins Leere. Sie selbst können Ihrerseits Schadenersatz vom Bauherrn verlangen, weil Sie in Ihrer termingerechten Vertragsabwicklung gehindert sind. Das gilt nicht nur bei verspäteter Baugenehmigung, sondern überall da, wo der Bauherr gegen seine Mitwirkungspflichten verstößt.
Neue Termine mit Kompensationshonorar gut verhandeln
Nicht immer macht es Sinn, Auftraggebern gleich mit der „Schadenersatzkeule“ zu drohen. Denn das Projekt soll ja weitergehen. Sind die ursprünglich vereinbarten Termine aber nicht mehr haltbar, ist damit auch die ursprüngliche Terminvereinbarung praktisch „ersatzlos“ weggefallen. Das Projekt muss auf eine neue Zeitschiene gesetzt werden. Diese Termine müssen neu verhandelt und vereinbart werden. Das ist aber oft eine wiederholte Grundleistung. Bei umfassenden Detailterminplänen können das auch Besondere Leistungen oder Projektsteuerungsleistungen sein. Ihre Verhandlungsposition ist insoweit also gut, wenn Sie die Verzögerung nicht zu vertreten haben.
Ihr Bauherr ist daran interessiert, möglichst neue verbindliche (und auch kurzfristige) Termine mit allen betroffenen Planern und ggf. ausführenden Unternehmen zu vereinbaren. Hier kommt es für Sie darauf an, die Verhandlungen zum richtigen Zeitpunkt zu führen.
Im Ergebnis ist bei Terminverzögerungen, an denen Sie keine Schuld tragen, immer darauf zu achten, dass vor Beginn der Terminverhandlungen mit den ausführenden Unternehmen auch Ihr eigenes Angebot über die wiederholten Grundleistungen oder Besonderen Leistungen auf dem Tisch des Auftraggebers liegt. Die neue Vereinbarung von Terminen sollte also einhergehen mit einer Vereinbarung über die ausgleichende Vergütung. So werden die berechtigten Interessen aller Beteiligten entsprechend gewürdigt.
Auch andere Projektbeteiligte sind einzubeziehen
Was für Sie gilt, gilt für Ihre Planungspartner genauso wie für ausführende Unternehmen. Jeder, der von der Terminverzögerung betroffen ist, sollte mit dem Bauherrn über diese Vergütungsfragen verhandeln.
Praxistipp | Machen Sie dem Auftraggeber klar, dass Sie für zusätzliche oder zu wiederholende Leistungen eine Honorarvereinbarung benötigen bzw. dass Sie einen Nachtrag zum Planungsvertrag einreichen werden. |
Fazit | Bei von Planern unverschuldeten Terminverzögerungen ist es Aufgabe des Bauherrn, die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten zu erfüllen, d. h. neue Terminvereinbarungen mit den ausführenden Unternehmen zu treffen. Sind ursprüngliche Termine abgelaufen, müssen neue Terminvereinbarungen her. Die fachliche Unterstützung können Sie liefern. Denn ohne neue Terminvereinbarungen ist eine professionelle weitere Projektabwicklung nicht denkbar. Um schnelles Einvernehmen herbeizuführen, sollten bei dieser Gelegenheit alle Fragestellungen (Ausgleich für Verzögerungen, Honorar bei wiederholten Grundleistungen) gemeinsam verhandelt werden. |
- Beitrag „Komplizierte Genehmigungsverfahren: Unterlagen zügig nachreichen und Haftung vermeiden“, PBP 2/2022, Seite 17 → Abruf-Nr. 47936954
- Beitrag „Verzögerungen bei der Baugenehmigung: So vermeiden Sie Haftungsrisiken“, PBP 4/2019, Seite 14 → Abruf-Nr. 45809172
AUSGABE: PBP 2/2022, S. 15 · ID: 47936757