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Öffentliches Baurecht Komplizierte Genehmigungsverfahren: Unterlagen zügig nachreichen und Haftung vermeiden
| Das öffentliche Baurecht der 16 Bundesländer versucht an verschiedenen Stellen, die Genehmigungsverfahren zu straffen. Bauordnungen enthalten deshalb Fristen, innerhalb derer die Vollständigkeit von Antragsunterlagen zu prüfen ist. Das kann für Sie Haftungsrisiken bedeuten, wenn Sie es angesichts immer komplexerer Projekte und Projektanforderungen nicht schaffen, fristgerecht vollständige Antragsunterlagen vorzulegen. PBP zeigt Ihnen anhand einer Neuregelung in der niedersächsischen Bauordnung, was das für Sie bedeutet und wie Sie sich wappnen. |
Thema betrifft alle Leistungsbilder
Das Thema betrifft alle Leistungsbilder (inkl. Beratungsleistungen) und unterschiedlichste Genehmigungsverfahren (z. B. Baugenehmigungen, Genehmigungen nach BImSchG oder Planfeststellungsverfahren bei Infrastrukturmaßnahmen). Durch die sog. „Konzentrationswirkung“ schließen die genannten Genehmigungsverfahren andere Verfahren ein. So wird z. B. eine Genehmigung nach BImSchG für eine Windkraftanlage deren Baugenehmigung gleich mit umfassen oder – umgekehrt – eine Baugenehmigung für ein Gewerbeprojekt die Vorschriften nach BImSchG.
Da die 16 Landesbauordnungen trotz Musterbauordnung etwas voneinander abweichen, ist eine Prüfung je Bundesland empfehlenswert.
Die neue Nachreichungsfrist ist eine Ausschlussfrist
Die Neuerung in Niedersachsen besteht darin, dass die Genehmigungsbehörde eine Nachreichungsfrist setzen kann, wenn noch Unterlagen zur Genehmigungsplanung nachzureichen sind. Der Haken: Ist diese Frist fruchtlos abgelaufen, gibt es noch eine letzte Nachreichungsfrist von drei Wochen. Das ist eine Ausschlussfrist. Ist der Bauantrag bis dahin nicht komplett, gilt er als zurückgenommen! Das Genehmigungsverfahren ist dann ohne weiteren Schriftverkehr und ohne Genehmigung beendet.
Das hat gravierende Folgen. Es
- muss ein neuer Genehmigungsantrag gestellt werden,
- fallen vermeidbare Mehrkosten an (evtl. anteilige Bearbeitungsgebühren, Zusatzkosten bei den anderen Planungsbeteiligten etc.),
- beginnen alle Bearbeitungsfristen im Amt neu,
- werden ursprüngliche Termine für das Projekt verschoben.
Risikoerhöhend wirkt, dass der Zurechnungszusammenhang zwischen Ursache, Schaden und Verursacher (z. B. ein Planungsbeteiligter, der für die Unvollständigkeit verantwortlich ist) relativ leicht nachvollziehbar ist. Deshalb müssen Sie alles daran setzen, die Fristen einzuhalten.
Beispiele für nachzureichende Unterlagen |
Hier muss in der Praxis oft nach-
gebessert werden Die Erfahrung lehrt, dass aus dem großen Kreis an einzureichenden Unterlagen u. a. die Folgenden besonders „nachreichungsrelevant“ sind:
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Vorausschauend Weitergaberegelungen treffen
Dem Redaktionsteam sind einige Fälle bekannt, bei denen der Bauherr eine Nachreichungsfrist erhielt, diese jedoch erst nach 14 Tagen weiterleitete. So etwas sollte auf keinen Fall passieren. Solche bad-case-Szenarien lassen sich am besten durch vorausschauende Regelungen vermeiden, die Sie im Planungsteam und mit dem Auftraggeber treffen. Wichtig ist z. B.,
- wer sofort nach Eingang der behördlichen Mitteilung in welcher Form tätig wird (z. B. gegenseitige Information),
- welche Planungsbüros für die Bearbeitung etwaiger Nachforderungen zur Verfügung stehen,
- wer diese Fristen (z. B. für vier Wochen im Nachlauf zum eingereichten Antrag auf Genehmigung) in den Terminplan aufnimmt, damit alle Beteiligten sich darauf einrichten können.
Musterklausel für geordnete Genehmigungsabläufe
Um hier eine praktikable Lösung zu finden, empfiehlt PBP, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Diese muss nicht bereits zwingend in den Planungsvertrag aufgenommen werden. Sie sollte aber spätestens in Lph 2 getroffen werden, wenn klar ist, worauf es ankommt. Damit können sich alle Beteiligten darauf einrichten und spätere Schuldzuweisungen und Schadenersatz vermeiden.
Musterformulierung / Behandlung des Bauantrags |
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Wichtig | Trifft eine Nachreichungsaufforderung der Genehmigungsbehörde beim Auftragnehmer (angegebener Entwurfsverfasser im baurechtlichen Sinn) ein, sollte er diese unverzüglich an den Auftraggeber und in Kopie an die betreffenden Fachplaner weiterleiten. Die Weiterleitung sollte auch eine kurze baufachliche Handlungsempfehlung enthalten (keine Bearbeitung von Rechtsfragen).
Terminplanung muss diese Phase würdigen
Bei allen relevanten Projekten sollte ein entsprechender Zeitraum im Anschluss an die Einreichung des Genehmigungsantrags in den Terminplan aufgenommen werden. Unterbleibt das und ergeben sich daraus unnötige Terminverzüge bei der Arbeitsvorbereitung bzw. Bauausführung sowie Nachforderungen bereits beauftragter ausführender Unternehmen, könnte das größeren auslösen. Bedenken Sie ferner, dass Sie immer öfter gehalten sind, früh auf Defizite in der Beauftragung zusätzlich erforderlicher Leistungen hinzuweisen. Diese Beratungsleistung ist eminent wichtig, um Haftungsrisiken zu vermeiden und für einen geordneten Projektablauf zu sorgen.
Fazit | Die Bauordnungen enthalten enge Fristen für die Behörden, innerhalb derer sie Bauanträge auf Vollständigkeit prüfen müssen. Die Behörden werden aber auch in Richtung Planer kantiger, z. B. durch harte Nachreichungsfristen wie in Niedersachsen. Vorsorgliche Vertragsregelungen zur gegenseitigen Information helfen, die daraus resultierenden Risiken in den Griff zu bekommen. |
- Beitrag „Vorpreschende Planung unter Termindruck: So sichern Sie Ihren Honoraranspruch“, PBP 11/2011, Seite 4 → Abruf-Nr. 29768790Mehr zum Thema auf pbp.iww.de
- Beitrag „Denkmalrechtliche Abstimmungen nach Erteilung der Baugenehmigung: Noch Grundleistung?“, PBP 12/2020, Seite 17 → Abruf-Nr. 46994051
AUSGABE: PBP 2/2022, S. 17 · ID: 47936954