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PlanungsleistungenDie Lph 2 in der Technischen Ausrüstung (Teil 1): Empfehlungen zu „Basics“ und „Varianten“
| Die Entscheidungen, die in der Vorplanung getroffen werden, sind entscheidend, um die Planungsvertiefung erfolgreich zu gestalten. Es gilt, die Voraussetzungen zu klären, damit auch neue Planungsmethoden wie BIM in punkto Darstellung und Informationsgehalt Nutzen bringen. PBP geht in einer Beitragsreihe, die auch für andere Planungsbeteiligte (Objektplaner, Bauphysiker) relevant ist, auf die zentralen Erfolgsfaktoren für die Lph 2 in der TA ein. Teil 1 behandelt die Grundlagen und frühe Variantenbetrachtung. Erkennen Sie Fallstricke, definieren Sie Aufwand und Honorar frühzeitig. |
Die Bedarfsplanung als Fundament der Lph 2
Ein typischer Fallstrick ist die Annahme, dass die Lph 2 dann erfolgreich wird, wenn Sie die beauftragten HOAI-Teilleistungen abarbeiten. Tatsächlich ist es aber so, dass die Weichen für eine technisch und wirtschaftlich erfolgreiche Abwicklung bereits in der Lph 1 bzw. bereits davor in der TA-Bedarfsplanung gestellt werden.
Darum ist die Bedarfsplanung so bedeutend
Die Bedeutung der Bedarfsplanung gemäß DIN 18205 Bedarfsplanung (erstmals 1996 veröffentlicht) wird unterschätzt. Und das, obwohl sie in der HOAI bereits in der Lph 1 an zwei Stellen erwähnt wird. Einmal direkt in der Grundleistung a) und dann noch in der korrespondierenden Besonderen Leistung als „Mitwirkung bei der Bedarfsplanung“.
Inhalt und Ziele der Bedarfsplanung
Durch die Bedarfsplanung formuliert der Auftraggeber seinen Anspruch an das Projekt und gibt die Rahmenbedingungen für die weiteren Planungsphasen vor. Genau diese Rahmenbedingungen in der frühesten Planungsphase sind wichtig, wenn es um Effizienz und Aufwandsreduzierung geht.
Die DIN 18205 zeigt dazu elf essenzielle Themenblöcke der Bedarfsplanung als „TA-Planungs–Leitplanken“. Diese sind stichwortartig so zusammenzufassen (Auszug aus DIN 18205/2016):
- Funktionale, technische Ziele klären (vgl. 4.2 Projektziele festlegen a))Elf Leitplanken für die TA-Planung
- Ökologische Ziele formulieren (vgl. 4.2 Projektziele festlegen c))
- Ersten Kostenrahmen ermitteln (vgl. 4.5 Bedarfsdeckung untersuchen und festlegen)
Konkreter werden die Teilziele für die Technische Ausrüstung dann in der Tabelle im Anhang A zur DIN 18205 (Checklisten genannt):
- Belichtung und Beleuchtung (A2, 1.2)Acht Checklisten aus Anhang A der DIN
- Thermischer Komfort (A2, 2.1)
- Reduzierung des Gesamtverbrauchs an Primärenergie (A2, 4.1)
- Maximierung des Einsatzes erneuerbarer Energie (A2, 4.1)
- Kostenkennwerte (A3, 3.4)
- Finanzrahmen (A4, 1.1)
- Energieoptimierte Anlagentechnik (A4, 2.4)
- Vorhandene Anlagen- und Gebäudetechnik (A5, 1.4)
Im Gegensatz zum Leistungsbild Objektplanung werden obige Inhalte im Leistungsbild der TA zu selten definiert. Deshalb ist die Bedarfsplanung hier so wichtig. Legen Sie dem Auftraggeber dar, dass die Bedarfsplanung auch im Leistungsbild TA als Besondere Leistung erforderlich ist, weil sie die Planung effektiver macht und der Straffung von Terminen dient. So profitiert auch der Auftraggeber. Noch kritischer wird es, wenn die Lph 1 nicht beauftragt werden soll.
Praxistipp | Weisen Sie den Auftraggeber auf den seriellen, stufenweise vertiefenden Planungsablauf hin. Fordern Sie Vorleistungen der Lph 1 und der Bedarfsplanung konkret ein und prüfen Sie diese. Arbeiten Sie nicht auf unklaren oder fiktiven Annahmen, ohne den Bauherrn gleichzeitig auf die daraus entstehenden Risiken schriftlich hinzuweisen. Bieten Sie umgehend die Erstellung oder Ertüchtigung der ausstehenden Leistung als zusätzliche Leistungen an, weisen Sie auf die terminlichen Abhängigkeiten hin und legen Sie die fachliche Notwendigkeit dar. |
Bedarfsplanung und alternative Lösungsmöglichkeiten
Beim Stichwort „Bedarfsplanung und alternative Lösungsmöglichkeiten“ schließt sich der Effektivitätskreis. Eine fehlende Bedarfsplanung und/oder eine fehlende Grundlagenermittlung haben gravierende Folgen für den Aufwand und die Qualität der Vorplanung. Dies resultiert vor allem daraus, dass die Art und Anzahl von „Lösungsmöglichkeiten bei gleichen Nutzungsanforderungen“ (Lph 2, Teilleistung b) im Wesentlichen davon abhängen, welche Festlegungen der Auftraggeber in der Grundlagenermittlung/Bedarfsplanung getroffen hat. Warum? Weil das sukzessive Verringern des Planungskorridors über schrittweise Entscheidungen des Auftraggebers eine Kern-idee des sequenziellen Planungsablaufs der HOAI ist.
Darum sind Anzahl und Art der Varianten im Leistungsbild TA limitiert
Allein die Themen „Finanzrahmen (A4, 1.1) sowie Vorgaben zum „Thermischen Komfort (A2, 2.1)“ der Bedarfsplanung nach DIN 18205 reduzieren und konkretisieren die Anzahl und Art der in der Lph 2 zu betrachtenden Varianten in der TA erheblich. Der Planungsprozess wird effizient(er).
So macht es beispielsweise keinen Sinn, hochwertige Kühldeckensysteme oder Vollklimaanlagen in Varianten über Wochen zu untersuchen, wenn gerade einmal ein Budget (oder Vorgaben der öffentlichen Hand) für Heizkörper mit Fensterlüftung vorhanden ist.
Praxistipp | Auch der Gesetzgeber hat im BGB 2018 das Thema „Kosten zu Projektbeginn“ über § 650p BGB (Stichwort „Kosteneinschätzung“) explizit hervorgehoben. Führen Sie daher frühzeitig (möglichst bereits im Angebot) für Ihre Fachplanungen eine erste Kostenindikation durch. |
Die großen Themen: Energieversorgung und technische Raumausstattung
In der Lph 2 der TA sind bei den Untersuchungen zu Varianten zwei große Themen zu unterscheiden: die Energieversorgung und die technische Raumausstattung. Spielt bei der Untersuchung der technischen Raumausstattung der finanzielle Rahmen des Bauherrn in Kombination mit dessen Komfortansprüchen (siehe Bedarfsplanung) meist die große Rolle, so wird der Variantenvergleich der Energieversorgung durch andere Rahmenbedingungen bestimmt. Dazu gehören z. B.
- die Verfügbarkeit von technischer Infrastruktur (z. B. von Fernwärme),
- örtliche Begebenheiten (z. B. Möglichkeit von thermischer Grundwassernutzung) oder
- gesetzliche Vorgaben (z. B. Gebäudeenergiegesetz [GEG]).
Wichtig | Vor allem die Auswirkungen des GEG sind vor Beginn der TA-Lösungsfindung in der Lph intensiv mit dem Bauphysiker und dem Objektplaner zu erörtern. Die gemeinsame Betrachtung der GEG-Vorgaben bietet bei der Lösungsfindung für alle Beteiligten (inkl. Bauherr) erhebliche Vorteile.
Nur aus dem Zusammenwirken von Qualität der Hülle, Struktur des Bauwerks und angepasster Gebäudetechnik können die Gesamt- und Betriebskosten optimiert und die Planungsvertiefung professionell gestaltet werden (keine unnötigen Ehrenrunden bei den jeweiligen Planungsschritten). Denn in letzter Konsequenz beurteilt die bauphysikalische Berechnung nach DIN V 18599, ob die gewählten „Lösungsvarianten“ das GEG einhalten. Dabei entsteht oft ein Spannungsfeld im Leistungsbild Bauphysik, weil mehrere Variantenbetrachtungen (ggf. unterschiedliche Erzeugervarianten) untersucht und berechnet werden müssen. Diese optimierende Variantenbetrachtung ist in der Bauphysik nicht in den Grundleistungen enthalten.
Praxistipp | Weisen Sie den Bauherrn auf diesen Sachverhalt hin. Optimierende Interrationsschleifen bzw. Wiederholungsleistungen sind im Grundleistungsbild der Bauphysik nicht enthalten. Bieten Sie aus dem Planerteam vertiefende Untersuchungen zur Optimierung als Besondere Leistung an. Dies wird z. B. bei geothermischer Energiebereitstellung besonders wichtig. Alle Projektbeteiligten tun gut daran, das Risiko zu minimieren, dass sich im späteren Projektverlauf herausstellt, dass die in der Lph 2 gefundene Planungslösung nicht tragfähig war. Durch das GEG wird in naher Zukunft vor allem das Thema Energiekonzept in Kombination mit Fördermitteln deutlich an Bedeutung gewinnen. |
Die Bearbeitungstiefe der Varianten
Vorab ist klarzustellen, dass die TA nicht jede Konzeptidee durchplanen muss. Es müssen zu den jeweiligen Variantenüberlegungen nur konzeptionelle Hinweise, vor allem zu den Technikflächen, geben werden.
Der Objektplaner benötigt Informationen, um den Baukörper anhand der Vorgaben der Bedarfsplanung zu entwickeln (z. B. auch zur Einhaltung der Flächenvorgaben des Bauherrn). Nur die Variante, für die sich der Auftraggeber anhand der gemeinsamen Konzeptentwicklung entscheidet (Zeitpunkt ca. Mitte Lph 2), ist dann im Zuge der Lph 2 weiter zu beplanen. Hierzu gehören dann auch Grundrisse, Schemen und korrespondierende Vordimensionierungen. Vor allem ist der Flächenbedarf für Technikräume und Schächte zu betrachten. Eine Hilfestellung zu Technikflächen kann in kontroversen Diskussionen dabei auch die VDI 2050 bieten.
Praxistipp | Üblicherweise werden in der Vorplanung Grundrisse im Maßstab 1:200 erstellt. Dabei wird oft übersehen, ob der Platzbedarf bzw. die Höhenangaben für die TA ausreichen. Detailschnitte vor allem bei Deckenkoffern sind über das HOAI Grundleistungsbild der Lph 2 nicht geschuldet. Es ist daher zu empfehlen, dem Bauherrn anzubieten (Besondere Leistung), gemeinsam mit dem Planungsteam neuralgische Punkte bei Deckenkoffern detaillierter auszuplanen (Maßstab 1:20). Dabei sollten bereits jetzt Bautoleranzen und Befestigungen exemplarisch als Platzhalter mit dargestellt werden. Damit wird die Baubarkeit frühzeitig plausibilisiert und Überraschungen (= Planungsänderungen mit Terminverschiebungen) in späteren Planungsphasen vermieden. |
Wichtig | Die Variante, auf die man sich in der Lph 2 einigt, ist die Basis für die Lph 3. Die Entwurfsplanung startet nach HOAI erst, wenn die Variante feststeht, die weitergeplant werden soll (Entscheidung Auftraggeber). Das Weiterführen von mehreren Varianten in der Lph 3 ist keine Grundleistung. Schließen Sie daher die Lph 2 dokumentiert ab, bevor Sie mit den nächsten Planungsschritt – der Lph 3 – beginnen.
„Alternativen bei gleichen Nutzungsanforderungen“: Was gilt?
Seit Jahren entzünden sich Konflikte in der TA bei der Definition und Auslegung von „gleichen“ und „verschiedenen“ Nutzungsanforderungen im Sinne der HOAI. Die Fachwelt hat sich dazu wie folgt geäußert: Den „gleichen“ Nutzungsanforderungen sind enge Grenzen gesetzt worden. Schon wenn nur ein Brennwertkessel mit einer Wärmepumpe verglichen wird, entsprechen diese „Alternativen“ nicht mehr „gleichen“ Anforderungen.
Ob diese Grundleistungen der HOAI den Anforderungen der aktuellen Projektpraxis gerecht werden, ist daher zu bezweifeln. Zudem sind mittlerweile allein über das GEG oft zwangsläufig unterschiedliche Alternativen bei der Energiebereitstellung der Technischen Ausrüstung zu vergleichen. Regelmäßig müssen Vor- und Nachteile von Fernwärme und lokaler Eigenerzeugung (Wärmepumpen) miteinander verglichen werden.
So können Sie das Thema im Tagesgeschäft gut regeln
Um mit dieser wichtigen Leistung der TA (alternative Lösungsmöglichkeiten) zielführend umzugehen, empfiehlt der Autor, dass sowohl der Auftraggeber (im Leistungsbild) als auch der Auftragnehmer (im Angebot) diese Leistung als Besondere Leistung beschreiben. Damit wird die Leistung im Angebotsprozess vergleichbar und transparent. Da der Aufwand der Untersuchungen je Anlagengruppe oft sehr schwankt, bietet sich auch eine getrennte Leistungs- und Vergütungsregelung je Anlagengruppe an. Für die Anlagengruppe 2 (Wärmeversorgung) könnte das wie folgt aussehen:
Beispiel: Besondere Leistungen (Anlagengruppe 2 – Wärmeversorgung) |
Untersuchung von vier alternativen Lösungsmöglichkeiten der wärmetechnischen Energiebereitstellung unterschiedlichster Nutzungsanforderung innerhalb der Vorgaben des GEG. |
Erläuterungen zum Beispiel
Das „Besondere Leistungspaket“ sollte als Zeithonorar angeboten werden. Damit ergibt sich (auch bei Wiederholungen von Teilleistungen) ein transparentes Abrechnungsmodell. Werden z. B. anstatt von vier nur zwei Varianten miteinander verglichen, vermindert sich der Aufwand anteilig.
Fazit | Prüfen Sie zu Beginn eines jeden Projekts die Grundlagen und Vorleistungen. Reichen sie nicht aus, fordern Sie diese ein. Nutzen Sie die DIN 18205 als Leitfaden. Der kreative Charakter der Vorplanung erfordert in der Projektpraxis oft einen flexiblen Umgang mit Besonderen Leistungen. Erarbeiten Sie diese gemeinsam im Planungsteam und bieten Sie sie dem Bauherrn an, um ihm eine bessere Entscheidungsgrundlage präsentieren zu können. Beenden Sie aber die Vorplanung in jedem Fall erst, wenn der Auftraggeber die Variante festgelegt hat und diese dem GEG entspricht. |
- In den nächsten Ausgaben lesen Sie mehr zu den Themen „Oberflächennahe Geothermie in der Lph 2: Schnittstellen, Honorare und Terminabläufe“, „Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen: Was ist geschuldet und was sinnvoll?“, „Kosten in der TA: Basis für Honoraransätze“ und „BIM in der Lph 2“. Gerne geht der Autor auch auf Ihren Themenwunsch ein. Mailen Sie einfach an pbp@iww.de.Beitragsreihe wird fortgesetzt
AUSGABE: PBP 2/2022, S. 5 · ID: 47910953