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MaterialberechnungUnzumutbarkeitsgrenze nutzen! Teures Material ist oft zusätzlich berechnungsfähig
| Die Honorierung vieler Leistungen hat in einigen Zahnarztpraxen durch die in den letzten Jahren stark gestiegenen Preise für Materialkosten gelitten und den Gewinn geschmälert. Dabei hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon vor über 20 Jahren entschieden, dass Materialien zusätzlich berechnet werden dürfen, wenn ihre Kosten die Gebühr der zugehörigen GOZ-Nr. überschreiten. Wenn Sie diese Unzumutbarkeitsgrenze konsequent beachten, stimmt auch der Umsatz bald wieder! |
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
In § 4 Abs. 3 GOZ ist festgelegt, wann Materialien zusätzlich berechnungsfähig sind und wann nicht. Letzteres ist der Fall, wenn die Materialkosten in der jeweils zugehörigen Leistung inkludiert bzw. mit den Praxiskosten abgegolten sind – soweit nicht im Gebührenverzeichnis etwas anderes bestimmt ist.
Allerdings hat der BGH in seinem Urteil vom 27.05.2004 (Az. III ZR 264/03) entschieden, dass Materialien, welche aufgrund ihres hohen Preises das Honorar gänzlich oder zum Großteil aufzehren, zusätzlich berechnungsfähig sind, auch wenn dies nicht ausdrücklich in den allgemeinen Bestimmungen genannt oder gemäß den Bestimmungen der jeweiligen GOZ-Leistung möglich ist. Das Gericht hat entschieden, dass Materialien zusätzlich berechnet werden dürfen, wenn die Kosten hierfür wie folgt überschritten werden. Die Grenze ist demnach bei der einfachen Gebühr am ehesten erreicht.
- Bei Faktor 1,0 → 100 % der Gebühr
- Bei Faktor 2,3 → ab 75 % der Gebühr
- Bei Faktor 3,5 → ab 50 % der Gebühr
Praxisbeispiele
Das folgende Beispiel zur Berechnung eines Kronentrenners verdeutlicht die Möglichkeiten, die bei Berücksichtigung der Unzumutbarkeitsgrenze entstehen: Nr. 2290 GOZ (Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches), Wert:
- Faktor 1,0 → 10,12 Euro
- Faktor 2,3 → 23,28 Euro
- Faktor 3,5 → 35,43 Euro
Kostet der Einmal-Ekr-Bohrer bzw. Kronentrenner demnach mindestens 10,12 Euro, kann er zusätzlich zur Nr. 2290 GOZ berechnet werden. Um Erstattungsschwierigkeiten möglichst zu verhindern, hat sich ein Hinweis über das Vorliegen des Überschreitens der Unzumutbarkeitsgrenze in der Materialbeschreibung bewährt. Der Faktor der GOZ-Leistung darf natürlich gemäß § 5 GOZ frei gewählt werden und ist nicht auf den Einfachsatz beschränkt.
Beispielformulierung | |
Material | Preis |
Einmal verwendbarer Edenta Kronentrenner – zusätzlich berechnungsfähig zur GOZ 2290 wegen Überschreitung der Unzumutbarkeitsgrenze gem. BGH-Urteil vom 27.05.2004 (AZ III ZR 264-03) | 26,53 Euro |
Die folgende Tabelle zeigt weitere, möglicherweise berechnungsfähige Materialien. Hier wurden jeweils Einzelpreise ermittelt und nicht der Gesamtpreis des jeweiligen Produkts genommen. Wichtig | Bei der Preisermittlung ist die Mehrwertsteuer zu berücksichtigen.
Weitere Beispiele | ||
Material | Materialpreis | Faktor 1,0 |
Variolink adhäsives Befestigungsmaterial – zusätzlich berechnungsfähig zur Nr. 2197 | 10–15 Euro | 7,31 Euro |
Pro Root MTA Wurzelkanal-Reparaturmaterial – zusätzl. berechnungsfähig zur Nr. 2440 | 50–55 Euro | 14,51 Euro |
Harvard MTA OptiCaps – zusätzlich berechnungsfähig zur Nr. 2440 | 30–40 Euro | 14,51 Euro |
Oraqix subgingivales Oberflächenanästhetikum – zusätzlich berechnungsfähig zur Nr. 0080 GOZ | 9,50 Euro (1 Amp) | 1,69 Euro |
RelyX adhäsives Befestigungsmaterial – zusätzl. berechnungsfähig zur Nr. 2197 GOZ | 8–10 Euro | 7,31 Euro |
Materialpreise laufend im Blick behalten!
In Anbetracht der zuletzt stark gestiegenen Materialkosten ist es enorm wichtig, die Materialpreise mehrmals im Jahr zu überprüfen und Preisänderungen an die Abrechnungskraft der Praxis weiterzuleiten. Diese ist dann in der Lage, das jeweilige Material der entsprechenden GOZ-Leistung zuzuordnen und zu erkennen, ob eine Überschreitung der Unzumutbarkeitsgrenze vorliegt.
Da die Preise je nach Lieferant und Konditionen variieren, sind diese selbstverständlich in der Praxis auf den eigenen Einkaufspreis hin zu prüfen. Nicht immer sind Einzelpreise direkt klar ersichtlich oder leicht zu ermitteln, wenn es sich z. B. um große Packungen, Kartuschen usw. handelt. Hier sind die Einzelportionen zu errechnen und der entsprechenden GOZ-Nummer gegenüberzustellen.
Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass manche GOZ-Leistungen, wie die im Beispiel genannte Leistung 0080 GOZ nicht je Zahn, sondern lediglich je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich berechnungsfähig sind. Wird das Material in einer Sitzung also an mehreren Zähnen verwendet, erhöhen sich dadurch auch die Materialkosten. Das hat zur Folge, dass das entsprechende Material bei einem Zahn möglicherweise nicht berechnet werden kann, bei mehreren Zähnen jedoch schon. Hier ist eine gute Dokumentation unumgänglich.
Fazit | Die hohen Materialkosten erlauben es der Praxis, Material auskömmlich zu berechnen. Sollte eine zusätzliche Berechnung nicht möglich sein, ist ggf. eine Honorarvereinbarung gem. § 2 Abs. 1 und 2 GOZ in Betracht zu ziehen. |
AUSGABE: PA 5/2025, S. 7 · ID: 50366848