Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Apr. 2024 abgeschlossen.
MyoarthropathieAqualizer – So rechnen Sie ab!
| Der Aqualizer ist eine Sofort-Hilfe-Schiene zur Behandlung von Funktionsstörungen im Kausystem (Myoarthropathie). Die vorgefertigte Einwegschiene ist im Molarenbereich mit Wasser gefüllt und balanciert so die Schieflagen des Kiefers aus. Diese Relaxationsschiene gleicht die Okklusion des Patienten aus und sorgt für eine Entspannungshaltung. Einseitige Schonhaltungen, Kieferverspannungen und daraus folgende CMD-Symptome werden dadurch gelindert. |
Inhaltsverzeichnis
Der Praxisfall
Ein 45-jähriger PKV-Versicherter klagt über Kieferverspannungen, eingeschränkte Mundöffnung und Kiefergelenksschmerzen. Es erfolgt eine CMD-Diagnostik im Rahmen einer klinischen Funktionsdiagnose und die Beratung hinsichtlich einer schnellen Schmerzausschaltung durch das Eingliedern eines Aqualizers. Der Patient wird über weitere Behandlungsmaßnahmen und eine weiterführende CMD-Behandlung aufgeklärt.
Behandlungsablauf | |||
Datum | Zahn | Leistung | GOZ |
05.02. | Eingehende Untersuchung, Patient klagt über Kieferverspannungen, eingeschränkte Mundöffnung und Kiefergelenksschmerzen | 0010 | |
Klinische Funktionsanalyse auf Formblatt | 8000 | ||
Eingehende Beratung über mögliche Diagnostik und Therapie | Ä1 | ||
Manuelle Strukturanalyse | § 6 (1) | ||
Streckung und Lockerung eines Kiefergelenks, rechtes und linkes Kiefergelenk gestreckt | 2x Ä2181 | ||
OK/UK | Eingliederung eines Aqualizers (Softschiene) | 7000 + Mat. | |
07.02. | Schriftlicher Heil- und Kostenplan mit funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen | 0040 | |
10.02. | OK/UK | Alginat-Abformung für Diagnostikmodelle | Mat. |
OK/UK | Arbiträre Scharnierachsenbestimmung | 8020 | |
OK/UK | Registrieren der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers | 8010 + Mat. | |
Mechanischer Muskelprovokationstest | Ä399 | ||
Streckung und Lockerung des Kiefergelenkes, rechts und links | 2 x Ä2181 | ||
Bruxismus-Screening-Index | § 6 (1) | ||
19.02. | Diagnostische Maßnahmen an Modellen im Artikulator, einschließlich subtraktiver oder additiver Korrekturen, Befundauswertung und Behandlungsplanung, je Sitzung | 8080 | |
17, 16, 15, 14, 13, 24, 25, 26, 27 | Systematische subtraktive Maßnahmen am natürlichen Gebiss, am festsitzenden und/oder herausnehmbaren Zahnersatz, je Zahnpaar | 9 x 8100 | |
Beratung über weiterführende Kiefergelenksbehandlung | – |
Erläuterungen
Nachfolgend erläutern wir die Leistungspositionen und geben Hinweise zur Abrechnung.
08.01.
Die eingehende Untersuchung berechnet man beim PKV-Patienten nach Nr. 0010 GOZ. Sie ist ohne Einhaltung von Fristen berechenbar. Der Befund ist zu dokumentieren.
Die klinische Funktionsanalyse nach Nr. 8000 GOZ beinhaltet eine prophylaktische, prothetische, parodontologische und okklusale Befunderhebung, die funktionsdiagnostische Auswertung von etwaigen Röntgenaufnahmen des Schädels und der Halswirbelsäule, klinische Reaktionstests (wie beispielsweise den Resilienztest) sowie die Dokumentation der Befunde. Die Nr. 8000 GOZ ist je Sitzung einmal berechenbar, das heißt bei einem veränderten Krankheitsbild, bei Kontrollbefunden oder bei Änderung des Therapieverlaufs ist die Nr. 8000 GOZ erneut berechenbar.
Neben einer Leistung nach Nr. 0010 GOZ kann für dieselbe Sitzung eine Beratungsgebühr nach Nr. 1 GOÄ berechnet werden, sofern diese erbracht wurde. Im Praxisfall wird der Patient über diagnostische Maßnahmen, den Therapieverlauf und die Therapiemöglichkeiten aufgeklärt, diese Beratung ist nach Nr. 1 GOÄ berechenbar.
Die manuelle Strukturanalyse ist je Sitzung berechenbar. Da es sich dabei um eine selbstständige Leistung handelt, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ genannt ist, erfolgt die Berechnung nach § 6 (1) GOZ. Bei der manuellen Strukturanalyse handelt es sich um ein Untersuchungsverfahren, bei dem Gewebe des Kauorgans (craniomandibuläres System) unter differenzierter Belastung untersucht werden.
Die Streckung und Lockerung eines Kiefergelenkes ist je Kiefergelenk nach Nr. 2181 GOÄ berechenbar. Hierbei handelt es sich um separat zu betrachtende diagnostische oder therapeutische Handlungen, mit dem Ziel, Strukturschäden, wie beispielsweise Verkürzungen der Gelenkkapsel oder verkürzte Mundschließmuskel, aufzudecken und z. B. eine Dehnung der Kiefergelenkkapsel herbeizuführen.
Zur Ausschaltung der akuten Schmerzen (Akutintervention bei Myoarthropathien) wird dem Patienten eine Softschiene (Aqualizer) eingegliedert. Gemäß dem Kommentar Liebold/Raff/Wissing fallen derartige industriell vorgefertigten Schienen unter die Nr. 7000 GOZ. Allerdings gibt es hierzu in der Literatur unterschiedliche Auffassungen.
In manchen Kommentaren wird auch die analoge Berechnung empfohlen. Schaut man jedoch in den Katalog selbstständiger Leistungen nach § 6 (1) GOZ der BZÄK (Stand: Oktober 2023, bzaek.de/goz/goz-kommentar.html), so ist die Eingliederung einer industriell hergestellten Schiene (Aqualizer) hier nicht aufgeführt. Wir empfehlen daher die Berechnung nach Nr. 7000 GOZ.
07.02.
Das Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans mit funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen wird nach Nr. 0040 GOZ berechnet. Dabei gehört die Planung der entsprechenden zahnärztlichen Leistung, die Berechnung des voraussichtlichen Honorars, die Schätzung der voraussichtlichen Material – und Laborkosten, die schriftliche Niederlegung sowie die Aushändigung an den Patienten zum Leistungsinhalt.
10.02.
Das Material für die Alginatabformungen zur Herstellung der diagnostischen Modelle kann gesondert nach § 4 (3) GOZ berechnet werden. Die Berechnung der Nr. 0060 GOZ scheidet aus, da an diesen Modellen diagnostische Maßnahmen einschließlich subtraktiver oder additiver Korrekturen durchgeführt werden.
Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung berechnet man nach Nr. 8020 GOZ für das Anlegen eines Übertragungsbogens entsprechend der zuvor bestimmten arbiträren Scharnierachsenpunkte und die weitere Übertragung und Koordinierung des Übertragungsbogens mit dem Artikulator. Sie ist im Rahmen der Diagnostik je arbiträrer Scharnierachsenbestimmung berechenbar. Die zahntechnischen Leistungen für das Einartikulieren des Oberkiefers werden gemäß § 9 GOZ zusätzlich berechnet.
Die Registrierung der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers berechnet man je Registrat nach Nr. 8010 GOZ. Die Leistung ist je Sitzung höchstens zweimal berechnungsfähig. Das verwendete Material und die zahntechnischen Leistungen können zusätzlich berechnet werden.
Der mechanische Provokationstest der Muskulatur des craniomandibulären Systems wird nach Nr. Ä399 GOÄ berechnet. Er ist je Sitzung berechenbar.
Das BSI-Screening als Basisdiagnostik zur Erfassung von Bruxismus ist eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ aufgeführt ist. Die Berechnung erfolgt daher analog gemäß § 6 (1) GOZ.
19.02.
Diagnostische Maßnahmen an Modellen im Artikulator einschließlich subtraktiver oder additiver Korrekturen, Befundauswertung und Behandlungsplanung sind je Sitzung nach Nr. 8080 GOZ berechenbar. Die anfallenden Materialkosten und die zahntechnischen Leistungen sind zusätzlich berechenbar.
Systematische subtraktive Maßnahmen am natürlichen Gebiss, am festsitzenden und/oder herausnehmbaren Zahnersatz sind je Zahnpaar nach Nr. 8100 GOZ zu berechnen. Als Zahnpaar gelten die sich unmittelbar gegenüberliegenden Zähne im Ober- und Unterkiefer.
Die Beratung über weiterführende Kiefergelenksbehandlung kann nicht nach Nr. 1 GOÄ berechnet werden. Die Beratungsgebühr darf im Behandlungsfall nur einmal zusammen mit einer Gebühr nach der GOZ berechnet werden.
AUSGABE: PA 4/2024, S. 2 · ID: 49944276