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AnästhesieleistungenKostenfaktor Anästhesie BEMA vs. GOZ – ein Überblick

Abo-Inhalt22.07.20235774 Min. LesedauerVon Yvonne Lindner, ZMV, Referentin, Fachgutachterin, Hundhaupten

| Oft verlieren die täglichen Leistungen in der Praxis unsere Aufmerksamkeit. Dabei sind es genau diese Leistungen, welche durch exakte und vollständige Berechnung Liquiditätsstabilität schaffen. Dazu gehören auch die Anästhesien, welche voluminöse Abrechnungskombinationen im BEMA und in der GOZ aufweisen und wirtschaftlich stark differieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über sämtliche Anästhesieleistungen sowie deren Berechnungsmöglichkeiten. |

GOZ-Honorar der Anästhesien optimieren für wirtschaftliche Berechnung

Bekannterweise orientieren sich die GOZ-Leistungen am Punktwert von 1988.

Dementsprechend listet die GOZ viele Leistungen unter dem BEMA-Niveau – so auch die Anästhesieleistungen. Der folgende Überblick stellt die Honorierung sowie zusätzliche Berechnungsmöglichkeiten dar.

Anästhesieleistungen in der GOZ

Ziffer

Leistung

2,3-fach/ Euro

Bemerkung

0080

Intraorale Oberflächenanästhesie, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

3,88

  • unabhängig von der Applikationstechnik: Pinseln, Einreiben, Sprühen
  • keine zusätzliche Materialberechnung möglich (Ausnahme Zumutbarkeitsgrenze)
  • extraorale Oberflächenanästhesie ist analog zu berechnen
  • zusätzliche Berechnung zur 0090, 0100; Ä267/Ä268

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie, je Zahn

7,76

  • generell 1 x/Zahn, bei mehrmaliger Berechnung ist dies in der Rechnung zu begründen
  • auch für intraligamentäre, intraossäre Anästhesie berechenbar
  • in Kombination mit der GOZ 0100 ist auf der Rechnung eine Begründung anzugeben
  • Kosten für Anästhetikum sind gesondert nach § 4 Abs. 3 GOZ berechenbar (keine Nadeln oder Spritze)
  • berechenbar für das Computer-controlled local anesthetic delivery system (CCLADS), auch bekannt durch „The Wand“
  • zusätzliche Berechnung zur GOZ 0080

0100

Intraorale Leitungsanästhesie

9,05

  • je Kieferhälfte
  • in der Regel einmal je Sitzung
  • in Kombination mit der GOZ 0090 ist auf der Rechnung eine Begründung anzugeben
  • bei mehrmaliger Berechnung (u. a. lange Dauer, Anästhesieversager) ist auf der Rechnung eine Begründung anzugeben
  • Kosten für Anästhetikum sind gesondert nach § 4 Abs. 3 GOZ berechenbar (keine Nadeln oder Spritze)
  • extraorale Leistungsanästhesie ist analog zu berechnen
  • zusätzliche Berechnung zur GOZ 0080

Einige Praxen anästhesieren auch mit Oraquix®. Dies kann als Alternative und/oder zusätzlich zur Infiltrations- und Leitungsanästhesie eingesetzt werden, indem das Gel mit einer stumpfen Kanüle in den Gingivasaum eingebracht wird. Obwohl Oraquix® intrasulculär appliziert wird, wird es der Oberflächenanästhesie zugeordnet und nach Nr. 0080 GOZ berechnet. Hier ist gemäß Beschluss Nr. 11 des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen und bezugnehmend auf das BGH-Urteil vom 27.05.2004 (Az. III ZR 264/03) das Material zusätzlich berechnungsfähig. Die Leistung ist nach dem KZBV-Schnittstellenpapier vereinbarungsfähig mit GKV-Patienten nach § 8 Abs. 7 BMV-Z.

Ebenso kommt die Oberflächenanästhesie oft vor der eigentlichen Injektion zum Einsatz, vor allem bei Kindern zur Verminderung der Schmerzempfindung beim Einstich der Nadeln. Weitere Anwendung findet die Oberflächenanästhesie bei Patienten mit Brech- und Würgereiz sowie zur Betäubung des Gingivasaums bei der Fixierung von Kofferdamklammern. Es hält sich der Mythos, dass die Infiltrationsanästhesie nach Nr. 0090 GOZ je Einstich berechenbar ist: seit Inkrafttreten der GOZ 2012 ist jedoch eine Berechnung grundsätzlich nur einmal je Zahn möglich Eine häufigere Berechnung ist nur mit Begründung (z. B. wegen vestibulärer und lingualer bzw. palatinaler Anästhesie oder wegen besonders langer Dauer des Eingriffs) möglich (siehe Kommentar Liebold, Raff, Wissing).

Praxistipp | Einige Praxen bieten zur schnelleren Aufhebung der Gewebeanästhesie eine finale Injektion mit OraVerse® an. Gern wird dieser Patientenkomfort genutzt, um ein schnelleres Empfinden zu veranlassen sowie um die Kaufunktion wiederherzustellen nach dem zahnärztlichen Eingriff unter Lokalanästhesie. Diese Leistung wird nach Nr. 267 oder 268 GOÄ berechnet. Die medizinische Notwendigkeit ist vom Behandler zu prüfen und liegt vor, wenn dies z. B. aus beruflichen Gründen des Patienten (u. a. Referent, Opernsänger o. Ä.) hervorgeht. Sollte keine medizinische Notwendigkeit bestehen, ist mit dem Patienten eine Verlangensleistung nach § 2 Abs. 3 GOZ zu vereinbaren, die mit dem aktuellen Umsatzsteuersatz von 19 % zu versehen ist.

Sonderform Heilinjektion

An scheinbar gesunden Zähnen kann gegen Schmerzen mit einer sogenannten Heilinjektion (HI) geholfen werden. Dadurch werden die Schmerzreize für eine gewisse Dauer (ca. 45 Min.) unterdrückt, gleichzeitig wird der Zahn mit Nährstoffen versorgt. Ebenso können chronische Nachschmerzen, z. B. nach einer Zahnextraktion, beruhigt oder ausgelöscht werden. Dafür wird ein flüssiges Betäubungsmittel an dem betroffenen Zahn oder auch in die schmerzende Region (mehrfach) injiziert. Die HI ist nicht auf die Berechenbarkeit „je Zahn“ begrenzt.

Heilinjektionen aus der GOÄ

Ziffer

Leistung

2,3-fach/Euro

Bemerkung

Ä 267

Medikamentöse Infiltrationsbehandlung einer Region

10,72

  • je Sitzung
  • zzgl. Materialberechnung nach § 10 GOÄ
  • zusätzliche Berechnung GOZ-Nrn. 0080, 0090, 0100

Ä 268

Medikamentöse Infiltrationsbehandlung mehrerer Regionen

17,43

  • je Sitzung
  • zzgl. Materialberechnung nach § 10 GOÄ
  • zusätzliche Berechnung GOZ-Nrn. 0080, 0090, 0100

Heilinjektionen sind von den GOZ-Anästhesiearten zu unterscheiden und dementsprechend über die Nr. 267 GOÄ oder bei mehreren Regionen über die Nr. 268 GOÄ zu berechnen, zzgl. der Materialberechnung nach § 10 GOÄ.

Die Leistung ist eine reine Privatleistung und damit nicht im Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung. Daher ist mit einem GKV-Patienten eine Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z für diese Leistung zu treffen.

Anästhesieberechnung in der GKV

Trotz der Möglichkeit der Faktorsteigerung nach § 5 GOZ und der ergänzenden Materialberechnung für das jeweilige Anästhetikum zeigt sich eine attraktivere Bewertung der Anästhesieleistungen in der GKV.

Anästhesieleistungen im BEMA

Ziffer

Leistung

Bewertungszahl

Punktwert

1,2486*

Euro

Bemerkung

40

Infiltrationsanästhesie (I)

8

9,99

  • im Bereich von zwei nebeneinanderstehenden Zähnen nur einmal je Sitzung
  • die beiden mittleren Schneidezähne gelten im Fall der Infiltrationsanästhesie nicht als ein Bereich von zwei nebeneinanderstehenden Zähnen
  • bei lang andauernden Eingriffen ist die Nr. 40 ein zweites Mal berechnungsfähig (mit Begründung über KZV intern), z. B. chirurgischer, prothetischer oder parodontaler Behandlungsmaßnahmen
  • auch als intraligamentäre Anästhesie berechenbar → bei zwei nebeneinanderstehenden Zähnen je Zahn einmal berechenbar
  • berechenbar für die Ausschaltung von Anastomosen, z. B. bei der Entfernung von Frontzähnen im UK zusätzlich zur Leitungsanästhesie

41a

intraorale Leitungsanästhesie (L1)

12

14,98

  • bei lang andauernden Eingriffen ist die Nr. 41a ein zweites Mal berechnungsfähig (mit Begründung über KZV intern), z. B. chirurgischer, prothetischer oder parodontaler Behandlungsmaßnahmen
  • berechenbar für die Ausschaltung von Anastomosen, z. B. bei der Entfernung von Frontzähnen im UK zusätzlich zur BEMA-Nr. 40 berechenbar

41b

extraorale Leitungsanästhesie (L2)

16

19,98

  • bei lang andauernden Eingriffen ist die Nr. 41b ein zweites Mal berechnungsfähig (mit Begründung über KZV intern), z. B. chirurgischer, prothetischer oder parodontaler Behandlungsmaßnahmen
  • berechenbar für die Ausschaltung von Anastomosen, z. B. bei der Entfernung von Frontzähnen im UK zusätzlich zur BEMA-Nr. 40 berechenbar

Merke | Eine zusätzliche Materialberechnung ist im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht möglich. Die Materialien sind mit der Berechnung der entsprechenden Gebühr abgegolten.

Es ist davon auszugehen, dass jeder schmerzhafte Eingriff für den Patienten unter Einsatz einer Anästhesie auch im Rahmen vertragszahnärztlicher Behandlung durchgeführt werden kann. Eine Zuzahlung bei der Infiltrations- und/oder Leitungsanästhesie durch den Patienten ist nicht zulässig („Zuzahlungsverbot“).

Vereinbarte Abrechnungsbestimmungen

Der BEMA regelt in einer Vielzahl vereinbarter Abrechnungsbestimmungen der BEMA-Nrn. 40 und 41 sowie der G-BA-Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung die Berechenbarkeit der unterschiedlichen Anästhesietechniken, Infiltrations- und Leitungsanästhesie. So sind i. d. R. Infiltrationsanästhesie dem Oberkiefer, Leitungsanästhesien dem Unterkiefer zugeordnet.

Auszug Behandlungsrichtlinie des G-BA

„Bei der chirurgischen Behandlung im Oberkiefer wird der Schmerz durch Infiltrationsanästhesie ausgeschaltet, bei größeren Eingriffen oder bei entzündlichen Prozessen sowie bei der chirurgischen Behandlung im Unterkiefer durch Leitungsanästhesie. Die Infiltrationsanästhesie ist neben der Leitungsanästhesie in der Regel nicht angezeigt. Dies gilt nicht bei der Parodontalbehandlung.“

Die Abrechnungsbestimmungen gelten für konservierende, prothetische, endodontische und auch chirurgische Behandlungen.

Unterscheidung der Anästhesieberechnung bei der Mehrkostenregelung

Wird die Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB V angewandt, so ist die in diesem Zusammenhang erbrachte Anästhesie als Vertragsleistung abzurechnen, wenn die Anästhesie auch bei der Vertragserfüllung notwendig gewesen wäre. Wird die Anästhesie notwendig, um bei einer außervertraglichen Füllungstherapie Schmerzfreiheit herzustellen, sind sämtlich Anästhesien über die GOZ zu liquidieren. Gleiches gilt bei Verlangensleistungen, z. B. den Austausch einer intakten Füllung auf Wunsch des Patienten.

Weiterführende Hinweise
  • Die rechtssichere private Vereinbarung: Was gilt? (inkl. Musterschreiben) (PA 03/2019, Seite 13)
  • Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung im Volltext unter g-ba.de/richtlinien/32/
  • Intraorale Anästhesieleistungen korrekt nach GOZ abrechnen: Das müssen Sie beachten! (PA 12/2019, Seite 14)
  • Intraorale Anästhesieleistungen korrekt nach GOZ abrechnen – sechs Abrechnungsbeispiele (PA 01/2020, Seite 14)
  • Rechtsprechung: Intraligamentäre Anästhesie kann echte Alternative zur Leitungsanästhesie sein (iww.de/pa > Abruf-Nr. 44068721)
  • Extraktionstherapie: Chirurgische Nachbehandlung – was gilt es zu beachten? (PA 02/2023, Seite 10)

AUSGABE: PA 8/2023, S. 2 · ID: 49464255

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