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WurzelbehandlungDesinfektion von Wurzelkanälen in der Endodontie: Was ist berechenbar?

Abo-Inhalt23.05.20235712 Min. LesedauerVon Dental-Betriebswirtin Birgit Sayn, ZMV

| Ziel einer Wurzelbehandlung ist es, die eingedrungenen Keime möglichst vollständig aus der Pulpenhöhle und den Wurzelkanälen zu eliminieren. Um eine Desinfektion im Rahmen einer Wurzelkanalbehandlung vorzunehmen, stehen unterschiedliche Spül- und Dekontaminationsverfahren zur Verfügung. Welche Verfahren kommen zur Anwendung, welche Unterschiede bestehen und wie sind diese zu berechnen? |

Verfahren der Wurzelkanaldesinfektion

Die Folge von Desinfektions- und Dekontaminationsverfahren ist die wirksame Verminderung der Keimzahl im Wurzelkanal, insbesondere in unerreichbaren Seitenkanälen und den Hohlräumen der Dentinkanälchen. Das Ziel der Desinfektion ist die Keimabtötung und Inaktivierung von Krankheitserregern. Eine Desinfektion erreicht zwar keine vollständige Keimfreiheit, reduziert die Erregerzahl jedoch deutlich. Dekontamination bedeutet die Entfernung einer oder mehrerer Substanzen von einer Oberfläche und, sofern eingedrungen, auch aus den darunter liegenden Schichten.

Das Ziel einer Wurzelkanalbehandlung ist die optimale Desinfektion der Wurzelkanäle und die Vermeidung von Reinfektionen. Das Verbleiben großer Mengen von Mikroorganismen im Wurzelkanalsystem oder die Neubesiedlung des gefüllten Kanalsystems gilt als einer der Hauptgründe für Misserfolge. Nur durch eine effiziente Desinfektion nach vorheriger Wurzelkanal- (WK)-Aufbereitung ist es möglich, nicht instrumentierte Bereiche wie Isthmen, Lakunen oder Seitenkanäle zu reinigen. Dabei kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz.

Natriumhypochlorit (NaOCl)

Natriumhypochlorit kann als Goldstandard in Bezug auf die Desinfektion des Wurzelkanalsystems bezeichnet werden. Hauptmerkmale von NaOCI sind die gewebsauflösenden und antimikrobiellen Wirkungen, besonders gegenüber nekrotischem Gewebe.

Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)

EDTA bindet Kalziumionen aus dem Dentin, was zur Entfernung der Schmierschicht (Smear Layer) und zur Erweichung des Dentins führt. Durch die Entfernung der Smear Layer wird das Eindringen des NaOCl in alle Bereiche des Wurzelkanalsystems verbessert.

Ultraschallaktivierte Spülung

Die ultraschallaktivierte Spülung gilt als der heutige Goldstandard für die aktivierte Desinfektion im Wurzelkanal. In der Literatur wird zwischen der aktiven und der passiven Spülung unterschieden. Bei der aktiven Spülung soll das Instrument die ganze Zeit Kanalinnenwandkontakt haben, was bei der passiven Form nicht gewünscht ist. Im Gegenteil, die Feile sollte möglichst frei im Kanal zum Schwingen kommen. Um dies zu gewährleisten, erfolgt die ultraschallaktivierte Spülung erst nach Abschluss der mechanischen Präparation. Die Schallaktivierung findet bei Frequenzen zwischen 1000 und 6000 Hz und die Ultraschallaktivierung bei Frequenzen zwischen 20 und 40 kHz statt.

Hydrodynamische Aktivierung

Eine weitere Form der elektrophysikalisch-chemischen Wurzelkanalaufbereitungsmethode stellt das EndoRins®-System (turbinengesteuert) dar. Bei der hydrodynamischen Desinfektion kommt es im Wurzelkanal zu Strömungsentwicklungen bis tief in das apikale Ende. Die Desinfektion verbindet hydrodynamische Aktivierung mit einer innovativen Pump-Saug-Technologie und erzielt dadurch eine hohe Spüldynamik. Solche hydrodynamischen Effekte können auch manuell erzeugt werden.

Lasergestützte Spülung

Neben der Desinfektion des Wurzelkanalsystems ist ein weiteres Ziel der Wurzelkanalspülung die möglichst vollständige Entfernung des Debris, welches während der mechanischen Aufbereitung entsteht. Auch Kalziumhydroxid oder Überreste von Guttapercha und Sealer nach Wurzelkanalfüllungsrevisionen konnten effizienter aus dem Wurzelkanal gespült werden, wenn eine Aktivierung der Spülflüssigkeit stattfindet. Eine Aktivierung der Spüllösung ist erst dann sinnvoll, wenn die Wurzelkanäle soweit aufbereitet wurden, dass die Spülflüssigkeit im apikalen Drittel des Kanals zirkulieren kann. Dies ist oft erst gegen Ende der ersten Sitzung vor dem Einbringen der medikamentösen Einlage der Fall. Durch die Aktivierung der Spüllösung, wie z. B. NaOCI, kann der desinfizierende Effekt dieser Flüssigkeiten um ein Vielfaches verstärkt werden, was wiederum den Langzeiterfolg der Behandlung verbessern kann.

In der klinischen Anwendung ist zwischen zwei unterschiedlichen Methoden zur Laseraktivierung von Spülflüssigkeiten zu unterscheiden:

  • Bei der LAI (Laser-Activated Irrigation) wird ein Lichtleiter in den Wurzelkanal eingebracht.
  • Die PIPS (Photon-Initiated Photoacoustic Streaming) unterscheidet sich in der klinischen Handhabung grundlegend von der LAI. Der Lichtleiter wird hierbei nicht in den Wurzelkanal, sondern in das mit Spülflüssigkeit gefüllte Pulpenkavum eingebracht. Mithilfe von Laserimpulsen werden energiereiche Schockwellen in die Spülflüssigkeit abgegeben, die sich in Bewegung setzen und wellenförmig im Kanalsystem ausbreiten.

Photodynamische Therapie (PDT)

Mit der photodynamischen Inaktivierung von Bakterien via PDT können Biofilme in vitro effizient inaktiviert werden. Der Effekt basiert darauf, dass sichtbares Licht den Photosensibilisator aktiviert, wodurch reaktive Sauerstoffspecies gebildet werden, die Bakterien oxidativ abtöten. Methylenblau wie auch Toluidinblau sind sehr effektiv bei der Inaktivierung grampositiver wie auch gramnegativer parodontalpathogener Bakterien.

Abrechnung der Wurzelkanaldesinfektion

Die „Zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal“ wird nach der Nr. 2420 GOZ berechnet. Diese Leistung wird im Praxissprachgebrauch meist als „Phys“ bezeichnet.

Nach dem Leitfaden „Schnittstellen zwischen BEMA und GOZ“ der KZBV ist eine Leistung nach der Nr. 2420 GOZ mit Versicherten der GKV vereinbarungsfähig, da eine vergleichbare Leistung im Sachleistungskatalog der GKV nicht enthalten ist. Die Berechnung verstößt somit nicht gegen das – auch bei endodontischen Behandlungen zu beachtende – „Zuzahlungsverbot“ des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z).

Der Hinweis „Zusätzliche Anwendung“ zielt darauf ab, das zuerst eine Wurzelkanalaufbereitung erfolgen muss, bevor die Phys einmal je Wurzelkanal und je Sitzung abrechenbar ist. Die Phys kann dabei sowohl während als auch nach der Wurzelkanalaufbereitung erfolgen. Auch bei ggfs. notwendiger Weiteraufbereitung eines Wurzelkanals in Folgesitzungen kann die Phys berechnet werden. Für die Wiederholbarkeit in Folgesitzungen existiert keine gebührenrechtliche Beschränkung oder Obergrenze. Diese wird durch die medizinische Notwendigkeit definiert.

Die Formulierung „elektrophysikalisch-chemisch“ in der Leistungslegende der Nr. 2420 GOZ ist als Sammelbegriff zu verstehen. Je nach Methode treten mehr elektrische, physikalische oder chemische Wirkungsmechanismen in den Vordergrund, wobei eine klare Trennung zwischen physikalischer und chemischer Wirkungsweise kaum möglich ist.

Da „Methoden“ (Plural) und nicht eine „Methode“ (Singular) in der Leistungslegende genannt sind, umfasst die Nr. 2420 GOZ alle angewendeten Methoden in dem jeweiligen Wurzelkanal in der betreffenden Sitzung.

Elektrophysikalisch-chemische Verfahren sind beispielsweise die Anwendung von Ultraschallinstrumenten unter gleichzeitiger Verwendung einer Spüllösung (z. B. NaOCl) oder das EndoRins® -System.

Sonderfall „Wechselspülungen“

Heute kaum noch angewandt bis umstritten, aber nach Nr. 2420 GOZ berechenbar, sind Wechselspülungen mit NaOCl und H2O2 (Wasserstoffperoxid), die Iontophorese oder Depotphorese (Prof. Knappwost). Die Durchführung von Wechselspülungen nach einem Spülprotokoll mit verschiedenen chemischen Substanzen stellt wiederum keine elektrophysikalisch-chemische Methode nach der Nr. 2420 GOZ dar. Beim Spülprotokoll hingegen handelt es sich um eine besonders aufwendige Form der Spülung im Rahmen der Wurzelkanalaufbereitung nach der Nr. 2410 GOZ. Entsteht durch ein besonders differenziertes und zeitintensives Spülprotokoll ein erhöhter Aufwand, ist dieser gemäß § 5 Abs. 2 GOZ durch die Wahl eines entsprechenden Steigerungsfaktors oder durch eine Honorarvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ zu berücksichtigen.

Kommentar der BZÄK zur Nr. 2420 GOZ

Im GOZ-Kommentar der BZÄK (Stand August 2022) finden sich folgende Erläuterungen: „Zusätzliche Maßnahmen zur Dekontamination eines mechanisch (von Hand oder maschinell) aufbereiteten Wurzelkanals mittels Kombination aus elektrophysikalischen und chemischen Verfahren. Dabei erfolgt die Reinigung und Desinfektion der Kanalwände und mechanisch nicht aufbereitbarer akzessorischer Wurzelkanäle, z. B. mittels in Ultraschallschwingung versetzter Kanalinstrumente in Verbindung mit chemischen Spüllösungen (z. B. Natriumhypochlorit, Chlorhexidin). Die Gebührennummer wird je Kanal und Sitzung unabhängig von der Anzahl der Anwendungen berechnet.“

Beschluss GOZ-Ausschuss der LZK BW 26.11.2014

„Bei einem ‚Spülprotokoll‘ handelt es sich um eine besondere Methode der Erbringung der Nr. 2420 GOZ. Der unter Umständen erheblich bis extrem erhöhte Aufwand ist über § 5 Abs. 2 bzw. § 2 Abs. 1 GOZ zu bemessen/vereinbaren. Je nach tatsächlichem und dokumentiertem Aufwand können dabei auch Faktoren im höheren zweistelligen Bereich angemessen sein.“

Auffassung der ZÄK Berlin zu Spülungen

Auch nach Auffassung des GOZ-Referats der ZÄK Berlin (Stand 2019) stellen zeitaufwendige Spülungen nach einem Spülprotokoll keine selbstständige und damit auch nicht gesondert berechnungsfähige Leistung dar. Zitat: „Als Bestandteil der Wurzelkanalaufbereitung kann der erhöhte Zeitaufwand für diese Spülungen über den Steigerungssatz (nach § 5 bzw. § 2 GOZ) berücksichtigt werden (vgl. GOZ-Kommentar der BZÄK zur Geb.-Nr. 2410 GOZ). Handelt es sich jedoch um ultraschallaktivierte Spülungen, können sie wie z. B. auch die zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden (Geb.-Nr. 2420 GOZ) oder die antibakterielle photodynamische Therapie (zu berechnen nach § 6 Abs. 1 GOZ) bei der Wurzelkanalaufbereitung gesondert zur Berechnung gelangen. Eine ultraschallaktivierte Spülung ist eine mechanisch-chemische Methode, die im Gebührenverzeichnis der GOZ nicht enthalten ist und daher gem. § 6 Abs. 1 GOZ (analog) berechnet werden kann. Als geeignete Analoggebühr bietet sich hierfür die Geb.-Nr. 2420 GOZ an.“

Information der ZÄK Sachsen zum Spülprogramm

Laut Aussage der ZÄK Sachsen im GOZ-Telegramm (April 2021) werden mit der Erstellung eines Spülprotokolls die einzelnen desinfizierenden Spülgänge im Rahmen endodontischer Behandlungen dokumentiert. Dabei werden z. B. die einzelnen Maßnahmen beschrieben, das verwendete Desinfektionsmittel benannt und die jeweilig verwendete Zeit für den Desinfektionsvorgang eingetragen. Entsprechende Aufwendungen für die Erstellung eines derartigen Spülprotokolls seien über die Bemessung des Steigerungssatzes gemäß § 5 Abs. 2 GOZ der Hauptleistung zu berücksichtigen.

Analoge Leistungen

Im Folgenden werden einzelne Verfahren als selbstständige Leistungen aufgezeigt, die weder in der GOZ noch GOÄ existent sind. Die Berechnung erfolgt in diesen Fällen gemäß § 6 Abs. 1 GOZ. Die beispielhaft gewählten Gebührenziffern sind der Fachliteratur entnommen.

Dekontamination mittels Hochfrequenz

Mit hoher Stromdichte werden durch eine Elektrode in den verästelten WK-Kanälen der Zahnwurzel die Mikroorganismen oder versteckten Bakterien eliminiert.

2420a

Keimreduktion des Wurzelkanals mittels Hochfrequenz-Wurzelkanalsterilisation je Kanal entsprechend Geb.-Nr. 2420 elektrophysikalisch-chemische Methode

2,3-fach/ 9,05 Euro

Laseraktivierte Spülung mit PIPS

2320a

Keimreduktion des Wurzelkanals mittels laseraktivierte Spülung entsprechend Geb.-Nr. 2320 Wiederherstellung Krone

2,3-fach/ 45,27 Euro

Ultraschallbasierte Spülung, PDT

2430a

Keimreduktion des Wurzelkanals mittels ultraschallbasiertem Spülprotokoll entsprechend Geb.-Nr. 2430 Medikamentöse Einlage

2,3-fach/ 26,39 Euro

2410a

Keimreduktion des Wurzelkanals mittels ultraschallbasiertem Spülprotokoll entsprechend Geb.-Nr. 2410 Aufbereiten Wurzelkanäle

2,3-fach/ 50,71 Euro

2410a

Beseitigung des intrakanalären Biofilms mittels photodynamischer Therapie entsprechend Geb.-Nr. 2410 Aufbereiten Wurzelkanäle

2,3-fach/ 50,71 Euro

3140a

Ultraschallbasiertes Spülprotokoll entsprechend Geb.-Nr. 3140 Reimplantation Zahn

2,3-fach/ 71,15 Euro

Dekontamination/Desensibilisierung Wurzelkanal mit Laser

Infizierte Wurzelkanäle können mithilfe von Lasern vollständig desinfiziert werden, da das Laserlicht auch tiefste Verzweigungen im Kanalsystem erreicht.

2250a

Dekontamination oder Desensibilisierung von Wurzelkanälen mit Laser, je Kanal entsprechend Geb.-Nr. 2250 Konfektionierte Krone

2,3-fach/ 27,16 Euro

2070a

Dekontamination oder Desensibilisierung von Wurzelkanälen mit Laser, je Kanal entsprechend Geb.-Nr. 2070 Zweiflächige Restauration mit plastischem Füllungsmaterial

2,3-fach/ 31,30 Euro

Dekontamination Wurzelkanal mit Ozon

Mit einer speziellen Sonde wird mittels gasförmigen Ozons im gesamten Wurzelsystem nach vorangegangener Wurzelkanalaufbereitung und -spülung eine Desinfektion bis in die Tiefe des Wurzelkanals erzielt.

2070a

Keimreduktion und Sterilisation des Wurzelkanals mittels Ozon, je Kanal entsprechend Geb.-Nr. 2070 Zweiflächige Restauration mit plastischem Füllungsmaterial

2,3-fach/ 31,30 Euro

5000a

Wurzelkanalsterilisation mit Ozon, je Kanal entsprechend Geb.-Nr. 5000 Ankerkrone

2,3-fach/ 131,43 Euro

Rechtsprechungen zur Wurzelkanaldesinfektion

An dieser Stelle werden drei markante Rechtsprechungen zur Berechnung rund um die Desinfektion von Wurzelkanälen vorgestellt.

Photoaktivierte Desinfektion

Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat in zwei Fällen am 11.03.2013 entschieden, dass die photoaktivierte Desinfektion zu Recht als Analogleistung berechnet werden kann. Auch die Anwendung eines komplexen endodontischen Wechselspülprotokolls stellt laut dem VG eine Entsprechungsleistung dar (Az. 13 K 4202/11, Az. 13 K 4557/11).

Verwendung von Ozon

In seinem Gutachten für das Amtsgericht (AG) Dortmund hat der Sachverständige festgestellt, dass der Einsatz von Ozon grundsätzlich nicht über die Nr. 2420 GOZ abzurechnen sei, sondern analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ (Urteil vom 31.8.2015, Az. 405 C 3277/14; Details in PA 01/2016, Seite 1).

Vereinbarung der Vergütungshöhe zu Nrn. 2400 und 2420 GOZ

Das AG Karlsruhe hat am 04.09.2015 entschieden, dass die Vereinbarung über den 27,52-fachen Steigerungsfaktor für die Gebührenziffern 2400 und 2420 GOZ rechtmäßig war und nicht den Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB erfüllt (Az. 6 C 1670/15). Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass die GOZ in § 2 Abs. 1 gerade die Vereinbarung einer abweichenden Gebührenhöhe zulasse, wenn wegen des besonderen Aufwands einer zahnärztlichen Leistung durch den vorgegebenen Rahmen der GOZ keine angemessene Vergütung gewährleistet sei. Es sei aber im Einzelfall zu prüfen, ob die geltend gemachte Gebühr in einem auffälligen Missverhältnis zur konkret erfolgten Behandlung stehe. Der betroffene Zahnarzt hatte vorgetragen, dass wegen einer erschwerten Zugänglichkeit des Zahnes und der Notwendigkeit mehrerer Spüllösungen die Behandlung unter Einsatz von Mikroskop und Lupenbrille zwei Stunden gedauert habe. Nach Ansicht des Gerichts kann eine Gebühr in Höhe von 650 Euro für eine zweistündige Behandlung kein auffälliges Missverhältnis begründen.

Analogberechnung der Wurzelkanaldesinfektion

Selbstständige, nicht im Gebührenverzeichnis der GOZ oder GOÄ enthaltene Leistungen können gemäß § 6 Abs. 1 GOZ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Wahl der als gleichwertig anzusehenden Leistungen obliegt dabei der Zahnärztin und dem Zahnarzt.

Praxistipp | Die Erstattung von lasergetriebenen neuartigen intrakanalären Desinfektionsbehandlungen sowie allgemeinen Analogleistungen gemäß § 6 Abs. 1 GOZ ist meist schwierig. Nach dem Patientenrechtegesetz (§ 630c BGB) ist dem Patienten vorab zu vermitteln, dass eine Kostenübernahme (bekannterweise) durch Dritte nicht gewährleistet ist. In § 630c Abs. 3 BGB heißt es: „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt.“

Trotz gegebener Studienlage wird die medizinische Notwendigkeit oder die Selbstständigkeit der Leistung von Erstattungsstellen negiert. Alternativ zur Analogleistung bleibt lediglich eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ.

AUSGABE: PA 6/2023, S. 3 · ID: 49455178

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