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EigentümerversammlungPraxisfragen zur virtuellen Versammlung
| Über die virtuelle Eigentümerversammlung haben wir in „Mietrecht kompakt“ ausführlich berichtet (MK 24, 197, 218). Seit dieser Zeit erreichten uns zahlreiche Zuschriften mit Fragen zur Umsetzung des neuen Rechts. Der folgende Beitrag greift diese Fragen auf und beantwortet sie. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Beschluss zur Durchführung der Versammlung: Was gilt?
- 2. Einladung: Was ist zu beachten?
- 3. Zulassungsbeschluss erforderlich?
- 4. Wie ist die Versammlung vorzubereiten?
- 5. Was gilt bei der Vertretung in der virtuellen Versammlung?
- 6. Was ist beim Übergangsrecht zu beachten?
- 7. Wo genau ist der Datenschutz zu beachten?
1. Beschluss zur Durchführung der Versammlung: Was gilt?
Zur Durchführung der Versammlung bedarf es eines Beschlusses, der mit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden muss (näher: Drasdo, ZMR 25, 181). Es kommt also nicht auf die in der Gemeinschaft insgesamt vertretenen Stimmen an. Stimmenenthaltungen sind keine Stimmabgaben. Es zählen also nur die abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen. Da nun die Versammlung immer beschlussfähig ist (§ 25 Abs. 1 WEG), kommt es auf etwa abweichende Altvereinbarungen zur Beschlussfähigkeit an, die gemäß § 47 WEG aktuell noch zu beachten sein könnten.
Beachten Sie | Der Beschluss liegt im Ermessen der Gemeinschaft. Deshalb folgen aus der Möglichkeit eines solchen Beschlusses keine Individualrechte, z. B. aus dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung. Auch hier ist ein vorheriger Beschluss zur Möglichkeit der Online-Teilnahme zwingend, was die Wirksamkeit der nachfolgenden Versammlungsbeschlüsse angeht. Andernfalls sind sie nichtig (BGH NJW 25,55). Aus dem Vergleich zwischen den Vorschriften für die Hybridversammlung (§ 23 Abs. 1 S. 2 WEG) und der reinen virtuellen Versammlung (§ 23 Abs. 1a S. 1 WEG) wird der Schluss gezogen, dass ein Geschäftsordnungsbeschluss zu Beginn der virtuellen Versammlung nicht möglich ist (Abramenko, ZMR 24, 100).
Wie bei der hybriden Versammlung kann auch der Zulassungsbeschluss durch einfache Mehrheit wieder aufgehoben werden. Denn das besondere Beschlussquorum gilt nach 23 Abs. 1a S. 1 WEG nur für den Zulassungsbeschluss selbst. Und: Ein abändernder Zweitbeschluss (Aufhebungsbeschluss) muss nicht mit der besonderen qualifizierten Mehrheit des aufzuhebenden Beschlusses gefasst werden (OLG Köln NZM 02, 454; OLG Stuttgart ZWE 01, 454).
Beachten Sie | Bei der rein virtuellen Versammlung handelt es sich im Unterschied zur Versammlung in Hybridform nicht um eine Präsenzveranstaltung. Deshalb bedarf es keines Versammlungsraums mehr.
2. Einladung: Was ist zu beachten?
In der Einladung muss auf die Möglichkeit sowie auf das Verfahren der Online-Teilnahme hingewiesen werden; die notwendigen Einwahldaten (Teilnahmelink) müssen mitgeteilt werden. Andernfalls liegt ein formaler Ladungsmangel vor (Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 23 WEG Rn. 47 und 145). Gefasste Beschlüsse werden dann anfechtbar, jedoch nicht nichtig (§ 23 Abs. 4 S. 1 WEG; BGH IMR 24, 462; so bereits: LG Köln IMR 23, 196). Nichtigkeit kommt nur in Betracht, wenn ein Sondereigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden sollte (hinweisend auch: BGH 20.7.12, V ZR 235/ 11, NJW 12, 3571). Denn das Teilnahmerecht (Anwesenheits-, Rede-, Antragsrecht) gehört zum unabdingbaren Kernbereich des Wohnungseigentums (BGH NJW-RR 24, 428).
Genügt die Einladung zur virtuellen Versammlung diesen Voraussetzungen, gilt als Grundsatz: Erscheint ein Eigentümer persönlich, z. B. im Büro des Verwalters, darf er im Unterschied zur Hybridveranstaltung zurückgewiesen werden.
3. Zulassungsbeschluss erforderlich?
Offen ist, ob es ein Zulassungsbeschluss für eine reine Onlineversammlung erfordert, Wohnungseigentümern mit persönlichem Handicap (Behinderungen, fehlende technische Ausrüstung, fehlende digitale Kenntnisse, höheres Alter) bei der Wahrnehmung einer reinen Online-Veranstaltung „zu helfen“, etwa indem die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Raum, die darin befindliche digitale Technik sowie einen persönlichen Support zur Verfügung stellt (bejahend: Abramenko, ZMR 24, 100, 102; Kaßler, ZWE 23, 336). Der Gesetzgeber geht offensichtlich nicht davon aus. Denn nach der Gesetzesbegründung muss der Eigentümer selbst dafür sorgen, dass er virtuell ertüchtigt teilnehmen kann; erwähnt wird nur die Möglichkeit der „Nachbarschaftshilfe“ (BR-Drucksache 508/21, S. 14 bis 15).
4. Wie ist die Versammlung vorzubereiten?
Geht es dem einzelnen Eigentümer um eine besondere Vorbereitung der Versammlung durch Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, kann ein Anspruch auf Versand der Unterlagen auch per E-Mail nicht erfolgreich geltend gemacht werden (LG Frankfurt/Main IMR 25, 118). Im Übrigen gilt Folgendes:
Checkliste / Hybride und virtuelle Versammlung richtig durchführen |
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5. Was gilt bei der Vertretung in der virtuellen Versammlung?
Weil die rein virtuelle Versammlung mit der Präsenzversammlung vergleichbar sein muss (§ 23 Abs. 1a S. 2 WEG), gelten die allgemeinen Regeln. Einerseits ist die Eigentümerversammlung nicht öffentlich, andererseits ist eine Vertretung zulässig (§ 25 Abs. 3 WEG). Dabei kann das Vertretungsrecht nur im Hinblick auf den Kreis der zu bevollmächtigen Personen in engen Grenzen beschränkt werden (BGH NJW-RR 19, 1354; LG Frankfurt/Main ZMR 23, 316).
Eine Vertretungsvollmacht ist vorzulegen. Wurden für die Form der Vollmachtsurkunde Besonderheiten vereinbart (Schriftform oder öffentliche Beglaubigung), ist sie rechtzeitig vorher (körperlich) an den Versammlungsleiter zu übermitteln. Denn in der virtuellen Versammlung können diese Formgebote wegen der hier nur möglichen Textform durch Einlesen in das Programm-Tool oder durch zeitlich parallele Übersendung als E-Mail-Anhang (z. B. als PDF) nicht erfüllt werden.
6. Was ist beim Übergangsrecht zu beachten?
§ 48 Abs. 6 WEG trifft folgende temporäre Sonderregelungen:
- Kommt es vor dem 1.1.28 zu einem Beschluss mit komplett virtueller Versammlungsdurchführung, bedarf es bis einschließlich zum Jahr 2028 einer zusätzlichen Präsenzversammlung mindestens einmal pro Jahr. Ausnahme: Die Wohnungseigentümer verzichten darauf durch einstimmigen Beschluss (dazu: Häublein, ZWE 25, 102).
- Die Präsenzpflicht in dem genannten Zeitfenster ist nicht sanktioniert; wird gegen sie mit durchgeführten virtuellen Versammlungen verstoßen, sind die dort gefassten Beschlüsse weder nichtig noch anfechtbar. Die Frage sei erlaubt: Welchen Sinn verfolgt dann diese Überleitungsregelung?
- Aber: Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört auch die Einberufung und Abhaltung zumindest einer Eigentümerversammlung pro Kalenderjahr. Die ordnungsmäßige Verwaltung obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 18 Abs. 1 WEG). § 24 Abs. 1 WEG, wo der Verwalter als Einberufungsberechtigter und Einberufungsverpflichteter genannt ist, beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen und passt nicht in das System, nach dessen Grundaussage die Gemeinschaft für die ordnungsmäßige Verwaltung zuständig ist. Deshalb ist § 24 Abs. 1 WEG im Wege der Auslegung zu berichtigen. Daraus folgt, dass der einzelne Wohnungseigentümer nur gegenüber der Gemeinschaft einen Anspruch auf Durchführung der Eigentümerversammlung hat (BGH NJW-RR 24, 1017), aber nicht gegen den Verwalter (LG Stuttgart ZWE 23, 453; LG Braunschweig ZMR 23, 390).Mindestens eine Eigentümerversammlung pro Jahr
Das Problem eines rein virtuellen Modells, aber auch eines Hybridmodells, liegt vielmehr in einer entsprechenden Überzeugungsbildung bei den Beteiligten. Es wird darin bestehen, nicht „digital affine“ Wohnungseigentümer mit einzubinden und zu überzeugen (zu Recht hinweisend: Kappus, NJW 25, 340). Dabei hängt die Hürde mit einem gesetzlichen und nicht abdingbaren Beschlussquorum von drei Viertel der abgegebenen Stimmen (§ 23 Abs. 1a S. 1 WEG) recht hoch. Ob sich diese Hürde mit dem Angebot, sich gemeinsam mit technikaffineren Nachbarn vor den „Schirm“ zu setzen, überspringen lässt, wird die Praxis zeigen (Reinke, MK 24, 218). Da der Verwalter aber die Anwesenheit online im Blick behalten muss, bietet sich in diesem Fall ohnehin statt der nachbarlichen Hilfe seine Hilfe an. Je nachdem, wie viele Eigentümer dann auf dieses Angebot zurückgreifen, kann man auch gleich wieder in Präsenz tagen. Der „Switch“ wäre gescheitert.
7. Wo genau ist der Datenschutz zu beachten?
Von den angesprochenen Fragen zu trennen sind datenschutzrechtliche Überlegungen. Der Verwalter muss darauf achten, dass die eingesetzte Software datenschutzkonform ist und die personenbezogenen Daten der Teilnehmenden geschützt werden. Notwendig ist der Einsatz verschlüsselter Verbindungen sowie eine sichere Speicherung der Sitzungsdaten. Es muss ausgeschlossen sein, dass personenbezogene Daten unbefugt weitergegeben werden. Insgesamt müssen die DS-GVO und das BDSG eingehalten sein (hinweisend: BR-Drucksache 508/21, S. 15).
Praxistipp | Notwendig ist vor allem, die Erweiterung einer „Vereinbarung über die gemeinsame datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit“ im Hinblick auf virtuelle Versammlungen (Art. 26 DS-GVO) sowie die notwendigen Informationen zur Datenerhebung und Datenverarbeitung gegenüber jedem Online-Teilnehmer sicherzustellen (Datenschutzerklärung mit Belehrung gemäß Art. 13 DS-GVO). Spannend bleibt, wie dem bei einem vorher nicht bekannten teilnehmenden Vertreter genügt werden kann. Der Verwalter sollte diesen Aspekt schon bei Auswahl des Programm-Tools beachten und dafür sorgen, dass das Produkt die automatische Abgabe der Datenschutzerklärung vor dem Einloggen vorsieht. |
Erlaubte Datenerhebung und Datenverarbeitung bedeutet, dass sie bei dem Grundsatz der Datenminimierung gesetzlich anerkannt gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber stellt dabei auf eine vorab erteilte Einwilligung des teilnehmenden Sondereigentümers ab (Art. 4 Nr. 11 DS-GVO; BR-Drucksache 508/21, S. 15). Wenn auch diese Einwilligung nach dem ausdrücklichen Wortlaut der DS-GVO nicht schriftlich erfolgen muss, ist sie doch nach Art. 5 Abs. 2 DS-GVO zu dokumentieren, damit dem Auskunftsanspruch in Art. 82 DS-GVO und der Nachweispflicht einer rechtmäßigen Datenverarbeitung (Art. 7 Abs. 1 und 2 DS-GVO) genügt werden kann.
Beachten Sie | Das stellt einen Medienbruch im Verhältnis zu § 23 Abs. 1a WEG dar und erscheint überdies viel zu schwerfällig. Man denke nur etwa an unangekündigte Vertretungen plötzlich erkrankter Sondereigentümer.
Eine solche datenschutzrechtlich nötige Rechtfertigung liegt aber unabhängig von einer Einwilligung bereits vor (Art. 6 Abs. 1c DS-GVO), wenn die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung persönlicher Daten der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen entsprechen. Das lässt sich hier für den Pflichtenkreis des Verwalters wie der Gemeinschaft bei einmal gefasstem Zulassungsbeschluss annehmen. Die Gemeinschaft muss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung den gefassten Beschluss umsetzen.
AUSGABE: MK 7/2025, S. 135 · ID: 50446647