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WohnraummieteEigenbedarfskündigung für Tochter eines GbR-Mitgesellschafters mit namenlosem Lebensgefährten
| Wird wegen Bedarfs für einen Familienangehörigen gekündigt und zur weiteren Erläuterung ausgeführt, dass dieser mit seinem Lebensgefährten zusammenziehen will, reicht es aus, wenn die Bedarfsperson – der Familienangehörige – identifizierbar benannt wird. Der Name muss nicht offengelegt werden (LG Berlin II 18.4.24, 65 S 172/23, Abruf-Nr. 245933). |
Zwei GbR hatten eine Wohnung vermietet. Sie kündigten wegen Eigenbedarf für die Tochter eines ehemaligen Mitgesellschafters der GbR, die inzwischen selbst Mitgesellschafterin war. Die Tochter plane, die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten zu beziehen, ohne diesen namentlich zu benennen. Die Räumungsklage hatte vor dem AG Wedding (4 C 158/22) keinen Erfolg. Vor dem LG bekamen die Vermieterinnen Recht. Es bestehe ein Räumungs- und Herausgabeanspruch gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB. Das Mietverhältnis sei durch die Eigenbedarfskündigung beendet worden. Die Kündigung sei formell wirksam und genüge den Anforderungen der § 573 Abs. 3 S. 1, § 568 BGB.
Zweck der Begründungspflicht Merke | Nach § 573 Abs. 3 S. 1 BGB setze die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck der Vorschrift bestehe darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucksache 6/1549, S. 6 f. [zu § 564a Abs. 1 S. 2 BGB a. F.]). Diesem Zweck werde genügt, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichne, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden könne. Eine solche Konkretisierung ermögliche es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis verwehrt werden soll (Verweis auf BGH 10.5.17, VIII ZR 292/15; 15.5.17, VIII ZR 270/15). |
Daher reiche es bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf aus, die Person anzugeben, für die die Wohnung benötigt werde, und das Interesse darzulegen, das diese Person am Erlangen der Wohnung habe (BGH 28.4.21, VIII ZR 6/19; 22.5.19, VIII ZR 167/17; 30.4.14, VIII ZR 284/13; 17.3.10, VIII ZR 70/09). Diesen Anforderungen entspreche das Kündigungsschreiben: Die Tochter des Mitgesellschafters als Bedarfsperson aus dem nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB privilegierten Personenkreis (dazu BGH 15.3.17, VIII ZR 92/16; 14.12.16, VIII ZR 232/15) werde namentlich benannt, zudem als Nutzungs- bzw. Erlangungsinteresse angegeben, dass die Wohnung mit dem Lebensgefährten bewohnt werden solle. Auf der Grundlage dieser Angaben war es den Mietern möglich, einzuschätzen, ob ein Vorgehen gegen die Kündigung veranlasst war, vor allem, ob die angegebene Bedarfsperson nach den rechtlichen Maßstäben des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB den Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung überhaupt rechtfertigen kann. Infolge ihrer namentlichen Nennung sei die Bedarfsperson auch nicht austauschbar.
Beachten Sie | Die Frage, ob die Einzelheiten der im Kündigungsschreiben angegebenen beabsichtigten Nutzung zutreffen, diese ggf. aus verschiedenen Gründen von Anfang an so nicht realisierbar war oder ihre Realisierbarkeit wegfällt, betrifft die materielle Wirksamkeit der Kündigung. Das gilt auch für die Frage, ob ein Lebensgefährte vorhanden ist, die Beziehung bereits im Zeitpunkt der Kündigung bestand und ein gemeinsamer Nutzungswunsch besteht. Diese Behauptungen muss der Vermieter im Streitfall beweisen.
Zweck der Begründungspflicht sei es nicht, Eigenbedarfskündigungen über formelle Anforderungen, die nicht von einem berechtigten Interesse des Mieters gedeckt sind, von vornherein zu verhindern, so das LG. Es sei vielmehr Aufgabe des jeweiligen Tatrichters, den Schutz des vertragstreuen Mieters vor Kündigungen, denen kein berechtigtes Interesse des Vermieters im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zugrunde liegt, dadurch sicherzustellen, dass er den geltend gemachten Eigennutzungs- bzw. Überlassungswunsch an eine privilegierte Bedarfsperson sorgfältig überprüft und angebotene Beweise erhebt (Verweis auf BVerfG 26.5.93, 1 BvR 208/93). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das Gericht fest, dass die Tochter des Mitgesellschafters die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten künftig gemeinsam bewohnen wollte.
AUSGABE: MK 2/2025, S. 22 · ID: 50277006