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MietprozessZuständiges Gericht bei streitigem Wohnraummietverhältnis

Abo-Inhalt21.10.20242837 Min. Lesedauer

| Ob für die Zuständigkeit ein Wohnraum- oder ein Geschäftsraummietverhältnis zugrunde zu legen ist, beurteilt sich nach dem Antrag und dem schlüssigen Sachvortrag des Klägers – nicht hingegen nach dessen bloßer Rechtsauffassung –, da sich hiernach der Streitgegenstand bestimmt. Eine Zuständigkeit nach § 23 Nr. 2a GVG wird nicht schon dadurch begründet, dass sich der Beklagte in schlüssiger Weise mit Gegenrechten aus einem wohnraummietrechtlichen Vertragsverhältnis verteidigt (OLG Brandenburg 13.2.24, 3 U 96/23, Abruf-Nr. 244151). |

Vermieter und Mieterin stritten über den rechtlichen Charakter des zwischen ihnen bestehenden Mietverhältnisses: Während der Vermieter ein Gewerberaummietverhältnis behauptete mit der Folge, dass er vor dem LG Räumungsklage erhob, meinte die Mieterin, dass ein Wohnraummietverhältnis vorliege und deshalb das AG ausschließlich zuständig sei.

Das LG hielt sich für unzuständig und erteilte den Parteien einen entsprechenden Hinweis. Da kein Verweisungsantrag gestellt wurde, wies es die Klage, wie angekündigt, als unzulässig ab.

Die Berufung des Vermieters hatte Erfolg. Für Streitigkeiten über Wohnraummietverhältnisse sind die AG als Eingangsgericht ausschließlich zuständig. Eine Wahl unter Gerichtsständen, sei sie sachlicher oder örtlicher Art, ist unzulässig. Aber: Diese materiellen Grundsätze stießen im Zivilprozess auf die Grundsätze der Parteiherrschaft, so das OLG: Nur der Vortrag, den die Parteien dem Gericht unterbreiten, bilde die Entscheidungsgrundlage. Zwar trügen (im Regelfall) beide Parteien (Gegensätzliches) vor, sodass auch der soziale Aspekt zur Entscheidungsgrundlage werden könne. Aber maßgebend sei zunächst (nur!) der schlüssige Vortrag des Klägers. Denn er habe das Verfahren durch Anrufung des Gerichts eingeleitet und aus seinem Vortrag – zunächst als wahr unterstellt – müsse die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts entnommen werden.

Beachten Sie | Der Kläger bestimmt den Streitgegenstand sowohl hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit als auch im Hinblick auf die Begründetheit der Klage (BGH 25.11.93, IX ZR 32/93). Insoweit wird sein Vortrag als „wahr“ unterstellt, um das Verfahren überhaupt in Gang zu setzen. Die vom Beklagten vorgebrachten Gegenrechte werden erst im laufenden Verfahren berücksichtigt; sie blockieren hingegen nicht dessen Ingangsetzung.

Das gelte auch bei widersprechendem Vortrag über eine ausschließliche Zuständigkeit (hier: AG für Wohnraum oder LG für Gewerberaum). Insoweit behalte der Kläger sein Initiativrecht: Trägt er schlüssig ein Gewerberaummietverhältnis vor, bleibt es dem Verfahrensfortgang überlassen, ob der Beklagte mit seinem Einwand eines Wohnraummietverhältnisses durchdringt. Der Kläger trage hier das Risiko eines Prozessverlustes.

AUSGABE: MK 11/2024, S. 201 · ID: 50191951

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