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BilanzierungDoch keine Grundstücke von untergeordnetem Wert: So funktioniert die (nachträgliche) Einlage
| Gewerblich oder freiberuflich tätige Steuerpflichtige, die in ihrem Eigenheim einen Raum betrieblich nutzen, müssen mit kritischen Prüfungen durch das FA rechnen. Dabei wird geprüft, ob es sich bei dem betrieblich genutzten Raum im Eigenheim um einen Grundstücksteil von untergeordneter Bedeutung nach § 8 EStDV und damit um Privatvermögen oder um notwendiges Betriebsvermögen handelt. |
1. Grundsätze der Prüfung nach § 8 EStDV
Nach § 8 EStDV brauchen betrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn der Wert der betrieblich genutzten Räume nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks (relative Grenze) und nicht mehr als 20.500 EUR (absolute Grenze) beträgt. Bei der Überprüfung dieser beiden Grenzen ist Folgendes zu beachten:
PRAXISTIPP | Die Grenzen des § 8 EStDV sind zwar nicht zu ändern, aber durch die zulässige Einbeziehung von Zubehörräumen kann ein günstigeres Flächenverhältnis erreicht werden. Zurechenbar sind z. B. Kellerräume, Abstellräume, Bodenräume, Heizungsräume oder Garagen. |
- Es ist auf den Wert des Gebäudeteils zuzüglich des dazugehörigen Grund und Bodens abzustellen (R 4.2 Abs. 8 S. 2 EStR).
- Bei der Prüfung, ob der Wert eines Grundstücksteils mehr als ein Fünftel des Werts des gesamten Grundstücks beträgt, ist das Verhältnis der Nutzflächen zueinander maßgebend.
2. Grenzen des § 8 EStDV sind nicht überschritten
Werden die Grenzen des § 8 EStDV nicht überschritten, hat der Selbstständige ein Wahlrecht. Er kann den betrieblich genutzten Raum im Eigenheim als Privatvermögen oder als Betriebsvermögen behandeln. Entscheidet er sich für die erste Möglichkeit, ist Folgendes zu bedenken:
- Wird der betrieblich genutzte Raum als Privatvermögen behandelt, können die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen grundsätzlich als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Abschreibungsbetrag richtet sich jedoch nach den Abschreibungsmethoden für Privatgebäude, da kein Betriebsvermögen vorliegt.
- Wird ein betrieblich genutzter Grundstücksteil von untergeordneter Bedeutung nach § 8 EStDV als Privatvermögen behandelt, wird das FA in jedem folgenden Steuerjahr erneut prüfen, ob die Voraussetzungen noch vorliegen.
3. Grenzen des § 8 EStDV sind überschritten
Wird eine der beiden Grenzen des § 8 EStDV wegen steigender Immobilienpreise erstmals überschritten, ist der Grundstücksteil zwingend in das Betriebsvermögen einzulegen (BFH 21.7.67, VI 290/65). Der Einlagewert ist i. d. R. der Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG. Bei Einlage innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung bzw. Herstellung wird der Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 2 Buchst. a und S. 2 EStG ermittelt.
4. Notwendige Einlage wird erst später erkannt
In vielen Fällen wird jedoch erst Jahre später erkannt, dass ein betrieblich genutzter Raum im Eigenheim wegen Überschreitung einer der Grenzen des § 8 EStDV als notwendiges Betriebsvermögen ausgewiesen werden muss. Hier stellt sich die Frage, in welchem Jahr die Einlage zu erfolgen hat und vor allem mit welchem Wert sie zu berücksichtigen ist. Soweit keine Berichtigung im ersten Jahr, in dem notwendiges Betriebsvermögen vorhanden ist, mehr möglich ist, ist der fehlerhafte Ansatz grundsätzlich im ersten Jahr, dessen Veranlagung noch geändert werden kann, zu berichtigen. Dabei ist aus steuerlicher Sicht Folgendes zu beachten:
Beispiel |
Die Steuerpflichtige S besitzt eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 100 qm. Die Anschaffungskosten für diese Eigentumswohnung betrugen im Jahr 2012 160.000 EUR. Das betrieblich genutzte Zimmer hat eine Fläche von 9 qm und wurde bisher als Privatvermögen behandelt. Zum 31.12.18 ist der gemeine Wert der Immobilie auf 340.000 EUR gestiegen. Davon entfallen 40 % auf den Grund und Boden. Diese Wertsteigerung wurde erstmals im Jahr 2025 bemerkt. Die Steuerbescheide 2018 bis 2023 sind bereits bestandskräftig und können nicht mehr geändert werden. Einlage ist erstmals im Jahr 2024 zu berücksichtigen Folge: Bis Ende 2017 wurde der betrieblich genutzte Raum zu Recht als Privatvermögen behandelt, da der Wert des Raums nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 EUR betrug. Am Bilanzstichtag 31.12.18 ist die absolute Grenze des § 8 EStDV jedoch überschritten, weil der auf den betrieblich genutzten Grundstücksteil entfallende gemeine Wert 30.600 EUR (9/100 von 340.000 EUR) beträgt und somit über dem Höchstwert von 20.500 EUR liegt. Der betrieblich genutzte Raum stellt ab 2018 Betriebsvermögen dar. Die Einlage ist erstmals im Jahr 2024 zu berücksichtigen. |
- Der Grundstücksteil ist mit dem Wert einzubuchen, der sich ergeben würde, wenn der Grundstücksteil von Anfang an richtig aktiviert worden wäre.
- Zur Ermittlung des Einlagewerts ist eine Schattenrechnung vorzunehmen (H 4.4 „Unterlassene Bilanzierung“ EStH).Schattenrechnung erforderlich
- Die bisher unterlassene Abschreibung für nicht mehr änderbare Veranlagungszeiträume kann nicht mehr nachgeholt werden, wenn ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens im Wege der Fehlerberichtigung erstmals als Betriebsvermögen ausgewiesen wird.
5. Schattenrechnung in drei Schritten notwendig
Um den korrekten Einlagewert zum 31.12.18 in unserem Beispielsfall ermitteln zu können, ist eine Schattenrechnung notwendig.
5.1 Schritt 1: Bewertung der Einlage zum 31.12.18
Die Einlage zum 31.12.18 hätte grundsätzlich mit dem Teilwert erfolgen müssen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 1 EStG).
Bewertung der Einlage | |
Gebäudeanteil (60 % von 30.600 EUR) | 18.360 EUR |
Anteil Grund und Boden (40 % von 30.600 EUR) | 12.240 EUR |
Gesamt | 30.600 EUR |
5.2 Schritt 2: Ermittlung der Abschreibungsbeträge 2019 bis 2023
Die Abschreibung hätte ab Einlage grundsätzlich mit 3 % des Einlagewerts für den Gebäudeanteil pro Jahr vorgenommen werden müssen (§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG).
Ermittlung der Abschreibungsbeträge | |
3 % von 18.360 EUR | 551 EUR |
Jahresabschreibungen 2019 bis 2023 (5 × 551 EUR) | 2.755 EUR |
Gebäudeanteil zum 1.1.24 (18.360 EUR – 2.755 EUR) | 15.605 EUR |
Beachten Sie | Die nicht vorgenommenen Abschreibungen i. H. von 2.755 EUR in den Jahren 2019 bis 2023 können nicht nachgeholt werden.
5.3 Schritt 3: Erfolgsneutrale Einbuchung zum 1.1.24
Zum 1.1.24 muss die Einlage steuerlich erfolgsneutral berücksichtigt werden – und zwar mit folgenden Werten:
Einbuchung zum 1.1.24 | |
Gebäudeanteil (siehe Schritt 2) | 15.605 EUR |
Anteil Grund und Boden | 12.240 EUR |
Beachten Sie | Bei Ermittlung der Abschreibung nach der Einlage aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen – und auch für die Schattenrechnung 2019 bis 2023 – findet § 7 Abs. 1 S. 5 EStG keine Anwendung. Denn diese Vorschrift gilt nach dem eindeutigen Wortlaut nur, wenn das Wirtschaftsgut vorab zur Erzielung von Überschusseinkünften verwendet wurde. Im Beispiel wurde das Wirtschaftsgut jedoch zur Erzielung von Gewinneinkünften verwendet.
6. Besonderer Prüfungsschwerpunkt
Die Prüfung des FA, ob Grundstücksteile von untergeordneter Bedeutung nach § 8 EStDV vorliegen oder es sich doch um notwendiges Betriebsvermögen handelt, soll vor allem in Fällen vorgenommen werden, in denen Selbstständige ihren Betrieb verkaufen oder aufgeben.
AUSGABE: MBP 8/2025, S. 132 · ID: 50413374