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GewerbesteuerPV-Anlagen und was bei der erweiterten Grundstückskürzung zu beachten ist!

Abo-Inhalt04.06.20259 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

| Die Besteuerung von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) wurde durch § 3 Nr. 72 EStG erheblich vereinfacht. Allerdings stecken die Tücken im Detail – insbesondere wenn es im Zusammenhang mit dem Verkauf des Stroms um die Möglichkeit der erweiterten Grundstückskürzung geht. Die steuerlichen Fallstricke werden nachfolgend anhand eines Musterfalls dargestellt. |

1. Musterfall

Die WOHN-PHOTOVOLTAIK GmbH ist Eigentümerin eines Wohngrundstücks. Geplant ist, dieses Grundstück mit einer Wohnimmobilie zu bebauen bzw. das bestehende Gebäude zu sanieren und Wohneinheiten zu schaffen. Außerdem soll eine PV-Anlage mit einer Bruttoleistung von mehr als 100 kWp auf das Gebäude installiert werden. Mit der PV-Anlage soll eine Wärmepumpe betrieben werden, die für die Warmwasseraufbereitung und Beheizung der Wohnungen zuständig ist. Der eventuell temporär überschüssig produzierte Strom soll in das Netz des örtlichen Energieversorgers eingespeist werden.

Die durch die Wärmepumpe produzierte Wärme bzw. das Warmwasser werden über die Nebenkosten pauschal im Rahmen einer Warmmiete an die Mieter weiterberechnet. Zur Stromversorgung der Wohnungen muss jeder Mieter einen gesonderten Vertrag mit einem Energieversorger abschließen. Diese Kosten werden nicht über die Nebenkosten abgerechnet. Auch der Hausstrom für die Beleuchtung der Treppenhäuser etc. wird über einen Vertrag mit einem Energieversorger abgedeckt und nicht aus der PV-Anlage gespeist.

Abwandlung 1: Wie der Ausgangsfall, jedoch wird die PV-Anlage auch für die normale Stromversorgung der Mieter genutzt. Ein eventuell dann noch vorhandener Strom wird in das örtliche Netz eingespeist. Sollten die Mieter mehr Strom benötigen als selbst produziert wird, wird der Strom von der WOHN-PHOTOVOLTAIK GmbH vom Netzanbieter erworben und an die Mieter weitergegeben. Der Stromverbrauch ist ebenfalls über die Warmmiete abgegolten.

Abwandlung 2: Wie der Ausgangsfall, jedoch beträgt die Bruttoleistung der PV-Anlage weniger als 100 kWp.

Abwandlung 3: Wie Abwandlung 1, jedoch beträgt die Bruttoleistung der PV-Anlage weniger als 100 kWp.

2. Vorüberlegungen

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG regelt Folgendes: Anstelle der Kürzung nach S. 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die

  • ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern,
  • die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Beachten Sie | Wegen des Wortlauts „ausschließlich“ ist grundsätzlich jede auch noch so geringfügige Tätigkeit, die über die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes hinausgeht, für die Anwendung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG schädlich. Zu prüfen ist also, ob die Stromüberlassung und/oder die Wärmelieferung einer erweiterten Kürzung entgegenstehen.

Unter „Verwaltung und Nutzung“ i. S. des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG fallen außer der Verwendung für den eigenen Bedarf im Allgemeinen die Vermietung und Verpachtung. Bei der Überlassung des Grundbesitzes an Dritte muss es sich also um Miet- oder Pachtverträge i. S. des bürgerlichen Rechts handeln. Die Tätigkeit darf ihrer Natur nach nicht gewerblicher Art sein.

Merke | Durch § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) aa) GewStG ist die erweiterte Grundstückskürzung auch zu gewähren, wenn in Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Einnahmen aus der Lieferung von Strom durch PV-Anlagen erzielt werden und die Einnahmen hieraus im Wirtschaftsjahr nicht höher als 20 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Zudem dürfen die Einnahmen nicht aus der Lieferung an Letztverbraucher stammen, es sei denn, diese sind Mieter des Anlagenbetreibers (vgl. hierzu auch: gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.22, BStBl I 22, 958).

Der Begriff des Anlagenbetreibers ist in § 3 Nr. 2 EEG definiert als derjenige, der unabhängig vom Eigentum die Anlage für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas nutzt. Nach § 42a Abs. 2 S. 6 EnWG muss der Mieterstromvertrag die umfassende Versorgung des Letztverbrauchers mit Strom auch für die Zeiten vorsehen, in denen kein Mieterstrom geliefert werden kann.

3. Lösung des Grundfalls

Bei der Erzeugung von Strom mit einer eigenen PV-Anlage kommt es entscheidend darauf an, wofür der erzeugte Strom verwendet wird:

  • Hinsichtlich der unmittelbaren Stromlieferung an den örtlichen Energieversorger kommt es auf die Grenze von 20 %, bezogen auf die Gesamteinnahmen an.
  • Soweit der erzeugte Strom für den Betrieb der eigenen Wärmepumpe verwendet wird, liegt m. E. eine unschädliche Wärmelieferung an die Mieter vor, wenn dies gegenüber den Mietern auch so vertraglich vereinbart und abgerechnet wird. Insoweit liegt die Lieferung des Endprodukts „Wärme“ vor und kein Stromverkauf. Somit ist zu überlegen, die Vergütung nicht am kWh-Preis, sondern an einem Preis für Wärme zu bemessen, um den Unterschied zu einer Stromlieferung deutlich zu zeigen.

Die Abgrenzung „Lieferung von Strom“ versus „Lieferung von Wärme“ wurde (soweit ersichtlich) aus ertragsteuerlicher Sicht von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. In den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.22 wird unter der Rz. 2 immerhin ausgeführt: „Gewerbeerträge aus Tätigkeiten, die Bestandteil der Wohn- oder Gewerberaumüberlassung sind (z. B. Lieferung von Wärme an Mieter/Pächter), unterliegen ebenfalls dem Grunde nach der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG.“ Darüber hinaus ist unter der Rz. 32 folgendes Beispiel aufgeführt:

Beispiel

Das Grundstücks- und Wohnungsunternehmen vermietet im Jahr 01 Wohnraum für Kaltmieten i. H. von insgesamt 500.000 EUR. Darüber hinaus stellt das Unternehmen seinen Mietern/Pächtern umlagefähige Betriebskosten i. H. von insgesamt 80.000 EUR in Rechnung, darin enthalten sind 50.000 EUR für die Lieferung von Wärme, die mittels eines vom Grundstücks- und Wohnungsunternehmen betriebenen Blockheizkraftwerks produziert wurde. Der ebenfalls durch das Blockheizkraftwerk, das nicht ausschließlich mit Biomasse im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG betrieben wird, gewonnene Strom wird den Mietern gesondert mit insgesamt 26.000 EUR berechnet.
Im Jahr 01 erzielt das Grundstücks- und Wohnungsunternehmen Einnahmen i. H. von 580.000 EUR aus der Gebrauchsüberlassung seines Grundbesitzes. Die Einnahmen aus der Lieferung von Strom i. H. von 26.000 EUR sind gemäß § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG kürzungsunschädlich, da sie nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind (hier: 4,48 %).

In dem Beispiel werden die vereinnahmten 50.000 EUR aus der Wärmelieferung explizit nicht in die Berechnung der unschädlichen Grenze einbezogen (hier nach § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG, weil Blockheizkraftwerke nicht unter § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) aa) GewStG fallen sollen, vgl. Rz. 11 des Erlasses). In dem Beispiel wird mit einem Blockheizkraftwerk sowohl Strom als auch Wärme geliefert. Insoweit dürfte der Fall vergleichbar sein, auch wenn vorliegend noch eine Wärmepumpe (neben der PV-Anlage) hinzukommt.

Bei Vornahme einer Gesamtwürdigung spricht m. E. viel dafür, dass vorliegend eine Lieferung von Wärme – und keine Lieferung von Strom – anzunehmen ist, wenn der Vertrag entsprechend gestaltet wird. Bei der Frage, ob die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG vorliegen, stellt die Finanzverwaltung wohl nur auf den gelieferten Stromanteil ab. Sind die Einnahmen hieraus nicht höher als 20 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes, handelt es sich um unschädliche, aber nicht begünstigte Einnahmen. Die Vermietungseinnahmen sind dagegen von der Gewerbesteuer befreit.

Merke | Wird bei Wärmepumpen der selbst produzierte Strom für die Versorgung der Mieter mit Wärme und Warmwasser genutzt (Strom für die Wärmepumpe bzw. den Allgemeinstrom), soll eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) für eine andere Einkunftsquelle vorliegen (so Seifert in StuB 23/24, S. 951). Eine Entnahme scheidet allerdings aus, wenn der Strom – wie hier und in den drei Abwandlungen – im gewerblichen Bereich verbleibt.

4. Lösung der Abwandlung 1

Die Stromlieferung an die Mieter fällt wegen der Überschreitung der kWp-Grenze des § 3 Nr. 72 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG.

Für Zwecke der Gewerbesteuer bzw. des § 9 Nr. 1 GewStG ist eine Aufteilung (ggf. durch Einbau eines gesonderten Zählers, hilfsweise durch Schätzung) vorzunehmen, um die gewerbesteuerlich unschädliche 20 %-Grenze ermitteln zu können.

Beachten Sie | Der an die Mieter verkaufte Strom fällt unter § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) GewStG.

5. Lösung der Abwandlung 2

5.1 Körperschaftsteuer

Bei einer Gesamtnennleistung von höchstens 100 kWp gilt § 3 Nr. 72 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 S. 1 KStG. Daher sind Einnahmen aus dem Verkauf von Strom steuerfrei und Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der PV-Anlage sind nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 3c Abs. 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG). Soweit der Strom jedoch für die Wärmepumpe verwendet wird, entfällt er auf eine Wärmelieferung, die nicht unter § 3 Nr. 72 EStG fällt. Daher müssen die mit der Stromerzeugung erzielten Einnahmen und Ausgaben gesondert ermittelt und aufgeteilt werden (Ermittlung eines %-Satzes).

Das BMF (17.7.23, IV C 6 - S 2121/23/10001 :001, Rz. 24) macht hierzu diese Ausführungen: Befindet sich eine PV-Anlage im Betriebsvermögen eines Betriebs, dessen Zweck nicht ausschließlich der Betrieb von nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigten PV-Anlagen ist, ist die Befreiungsvorschrift nur insoweit anzuwenden, als der Strom eingespeist, entnommen oder an Dritte veräußert wird. Der Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit dem Betrieb der PV-Anlage bleibt unberührt, soweit dieser auf die eigenbetriebliche Nutzung des Stroms aus der PV-Anlage entfällt. Bis zur Höhe der Einnahmen und der Entnahmen i. S. des § 3 Nr. 72 S. 1 EStG gilt das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 3c Abs. 1 EStG.

Merke | Weil die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugsverbots auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen und Entnahmen nicht unumstritten ist, hatte der Bundesrat im Rahmen des JStG 2024 gefordert, für diese Rechtsauslegung eine eindeutige gesetzliche Regelung (§ 3c Abs. 5 EStG-E) zu schaffen (vgl. BT-Drs. 20/13157). Dies wurde durch das JStG 2024 aber letztendlich nicht umgesetzt. Ggf. kann hier das Revisionsverfahren des BFH (III R 35/24) hinsichtlich der nachträglichen Betriebsausgaben bei steuerfreien PV-Anlagen Klarheit bringen.

5.2 Gewerbesteuer

Die Steuerfreiheit gilt auch für die Gewerbesteuer, da für die Ermittlung des Gewerbeertrags der nach KStG zu ermittelnde Gewinn maßgebend ist. Dennoch können die Einnahmen schädlich für die erweiterte Grundstückskürzung sein. Auch insoweit ist nach § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) GewStG maßgebend, ob die (steuerfreien) Einnahmen aus der Stromlieferung durch die PV-Anlage nicht höher als 20 % der Einnahmen aus der Wohnungsvermietung sind.

Der für den Betrieb der Wärmepumpe produzierte Strom und die damit erzielten Einnahmen aus der Wärme- und Warmwasserüberlassung sind m. E. entsprechend den bisherigen Ausführungen nicht mit in die Berechnung der 20 %-Grenze für Stromlieferungen einzubeziehen.

Beachten Sie | Es handelt sich insoweit um eine Nebenleistung zur Vermietungsleistung und demzufolge um eine vermögensverwaltende Tätigkeit. Wird der für die Wärmepumpe erzeugte Strom als Wärmelieferung der vermögensverwaltenden Tätigkeit zugeordnet, dann ist dieser Teil der Stromproduktion für die Beurteilung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung (entsprechend den obigen Ausführungen) unbeachtlich.

6. Lösung der Abwandlung 3

Für die Steuerbefreiung macht es keinen Unterschied, ob der Stromverkauf an den Netzbetreiber oder an die Mieter erfolgt. Die mit der Stromerzeugung erzielten Einnahmen und Ausgaben sind gesondert zu ermitteln:

Fazit | Der Fall „Lieferung von Wärme“ wurde höchstrichterlich noch nicht explizit entschieden. Das Beispiel in Rz. 32 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.22 spricht m. E. aber klar dafür, dass die Finanzverwaltung so wie dargestellt differenziert.
Sofern jegliches Risiko ausgeschlossen werden soll, kann eine verbindliche Auskunft eingeholt werden. Ist dies nicht gewünscht und bewertet die Rechtsprechung die Wärmeüberlassung anders, könnte zudem Vertrauensschutz für bereits bestandskräftige Fälle nach § 176 Abs. 2 AO zu berücksichtigen sein, weil die Erlasslage insoweit eindeutig sein dürfte.
  • Die Herstellungskosten des selbst produzierten Stroms sind zu bestimmen und in Höhe des prozentualen Anteils „Wärmelieferung“ steuerlich als Betriebsausgaben abziehbar (weil insoweit körperschaftsteuerlich relevante Einnahmen erzielt werden).
  • Die übrigen Stromentstehungskosten für den Betrieb der PV-Anlage sind indes nicht abzugsfähig, weil insoweit steuerfreie Einnahmen erzielt werden (§ 3c Abs. 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG).

AUSGABE: MBP 6/2025, S. 104 · ID: 50382099

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