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Energetische GebäudesanierungIn diesen Fällen ist § 35a EStG die bessere Option

Abo-Inhalt04.06.20256 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage

| Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG erfreut sich großer Beliebtheit. Immerhin werden nicht nur die Lohnkosten, sondern auch die Materialkosten mit einer direkten Steuerermäßigung von 20 % privilegiert. Dies ist grundsätzlich deutlich lukrativer als § 35a EStG, der nur für die Lohnkosten eine Steuerermäßigung von 20 % ermöglicht. Dennoch gibt es Konstellationen, in denen § 35a EStG eine höhere Ersparnis als § 35c EStG bietet. |

1. Auf den Antrag kommt es an

Erfüllt eine energetische Maßnahme die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 35c EStG, so sind typischerweise zugleich auch die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG erfüllt, denn die Anforderungen sind insoweit deckungsgleich. Allerdings schließen sich die beiden Steuerermäßigungen gegenseitig aus (§ 35c Abs. 3 S. 2 EStG) und werden jeweils nur auf Antrag gewährt. Folglich muss in der Steuererklärung darüber entschieden werden, welche Steuerermäßigung beantragt wird.

2. Vergleich der Steuerermäßigungen

§ 35c EStG führt i. d. R. zu einer höheren Steuerermäßigung als § 35a EStG. Zwar wird bei § 35c EStG die Ermäßigung nur ratierlich über drei Jahre gewährt, aber im Saldo beläuft sie sich wie bei § 35a EStG auf 20 % der Aufwendungen. Allerdings gelten bei § 35c EStG deutlich höhere Höchstbeträge und während § 35a EStG lediglich die Bruttolohnkosten privilegiert (§ 35a Abs. 5 S. 2 EStG), begünstigt § 35c EStG den kompletten Rechnungsbetrag – d. h. einschließlich der Materialkosten.

Die beiden Steuerermäßigungen im Vergleich
§ 35a Abs. 3 EStG§ 35c EStG
Steuerermäßigung für die Bruttolohnkosten
Höchstbetrag
Steuerermäßigung für den Rechnungsbetrag (inkl. Material)
Höchstbetrag

Jahr 1

20 %

1.200 EUR

7 %

14.000 EUR

Jahr 2

0 %

0 EUR

7 %

14.000 EUR

Jahr 3

0 %

0 EUR

6 %

12.000 EUR

Summe

20 %

1.200 EUR

20 %

40.000 EUR

Beachten Sie | Bei der Frage, ob § 35a EStG oder § 35c EStG günstiger ist, darf nicht allein auf das Jahr der Maßnahme („Jahr 1“) abgestellt werden. Vielmehr müssen auch die Folgejahre in die Betrachtung einbezogen werden, die bei § 35c EStG hohe Ermäßigungen bieten. Wird hier die Wahl der Steuerermäßigung dem Softwareprogramm zur Erstellung der Einkommensteuererklärung überlassen, entsteht ein Dilemma: Das Programm berücksichtigt nicht die potenzielle steuerliche Entlastung der Folgejahre, sodass programmtechnisch bezogen auf das Jahr 1 fast immer § 35a EStG günstiger wäre.

Ausgangsbeispiel

A ist Eigentümer eines Hauses und führt 2024 eine Optimierung der alten Heizungsanlage durch. Von der Rechnung entfallen 3.000 EUR auf die Arbeitsleistung des Handwerkers und 1.000 EUR auf Materialkosten.
Lösung: Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beträgt 600 EUR (3.000 EUR × 20 %). Wird hingegen die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragt, ergibt sich im ersten und zweiten Jahr eine Steuerermäßigung von jeweils 280 EUR (4.000 EUR × 7 %) und im dritten Jahr von 240 EUR (4.000 EUR × 6 %), in Summe 800 EUR. § 35c EStG sollte bevorzugt werden.

3. In diesen Konstellationen bietet § 35a mehr als § 35c EStG

Nur in Ausnahmefällen hat § 35a EStG gegenüber § 35c EStG „die Nase vorn“. Das sind Konstellationen, in denen § 35a EStG im ersten Jahr eine höhere Steuerermäßigung als § 35c EStG bietet und gleichzeitig § 35c EStG in den Folgejahren „ins Leere läuft“ bzw. die Abzugsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Denkbar sind grundsätzlich fünf verschiedene Konstellationen, die anhand der folgenden Abwandlungen des Ausgangsbeispiels verdeutlicht werden.

Konstellation 1: Vermietung des Objekts

A vermietet das bisher eigengenutzte Objekt ab Herbst 2025.
Lösung: Infolge der Vermietung kann die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ab 2026 nicht mehr beantragt werden, weil in diesem Jahr keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken mehr vorliegt. Für 2025 bleibt die Steuerermäßigung jedoch erhalten, weil in diesem Jahr die Aufgabe der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgt (BMF 14.1.21, IV C 1 - S 2296-c/20/10004 :006, Rz. 19).
Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG würde wie im Ausgangsbeispiel 600 EUR betragen. Bei Wahl des § 35c EStG erhält A hingegen nur jeweils 280 EUR für die Jahre 2024 und 2025 sowie 0 EUR ab 2026 – ein Nachteil von 40 EUR. Die für 2026 nicht zu berücksichtigenden Aufwendungen können auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.

Konstellation 2: Rückgang der Einkünfte

A erleidet ab 2025 erhebliche Einkommenseinbußen (z. B. aufgrund des Renteneintritts, einer Kündigung, Insolvenz des Arbeitgebers, langfristiger Krankheit). Die Einbußen sind derart gravierend, dass sein z. v. E. für 2025 und 2026 eine tarifliche Einkommensteuer von 0 EUR ergibt.
Lösung: Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG bewirkt eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer, maximal auf 0 EUR. Liegt die tarifliche Einkommensteuer bereits bei 0 EUR, läuft § 35c EStG ins Leere. Würde die tarifliche Einkommensteuer bei 50 EUR liegen, würde die Steuerermäßigung nach § 35c EStG nur anteilig – in Höhe von 50 EUR – gewährt werden. Wie in Konstellation 1 führt § 35a EStG zu einem besseren Ergebnis.

Beachten Sie | Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG wird als letzte Steuerermäßigung von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen. Andere Steuerermäßigungen (wie z. B. § 35a EStG) wirken sich also vorrangig aus.

Konstellation 3: Der Erbfall

A verstirbt im Jahr 2025. Alleinerbe sind seine Kinder.
Lösung: A ist ab 2026 nicht mehr steuerpflichtig und kann keine Steuerermäßigung beantragen. Auch die Erben können keine „geerbte“ Steuerermäßigung geltend machen, denn diese erfordert, dass zuvor eigene Aufwendungen geleistet wurden. Dies ist im Rahmen einer Erbschaft nicht gegeben. Zudem fehlt es an einer Vorschrift, die eine Übertragung auf den bzw. die Erben möglich macht (wie z. B. § 11d EStDV im Rahmen der Gebäudeabschreibung). Auch hier wäre es also besser, im Jahr 2024 eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu beantragen (600 EUR), da die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für die Jahre 2024 und 2025 mit insgesamt 560 EUR um 40 EUR niedriger ausfällt.

Konstellation 4: Veräußerung des Objekts

A entscheidet sich im Jahr 2025 dazu, das Objekt zu veräußern. Das Eigentum geht im Winter 2025 auf den Käufer über.
Lösung: Sollte A das Objekt bis zur Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben, lässt sich für 2025 noch die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beanspruchen. Ab 2026 ist jedoch keine Steuerermäßigung mehr zu gewähren. Der verbliebene Ermäßigungsanspruch geht auch nicht auf den Käufer über. Es wäre daher günstiger gewesen, im Jahr 2024 die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu beantragen.

Konstellation 5: Die Höchstbeträge werden überschritten

A hat bereits 2021 Steuerermäßigungen nach § 35c EStG beantragt und Aufwendungen über 198.000 EUR geltend gemacht.
Lösung: Für § 35c EStG gilt ein objektbezogener Höchstbetrag von 40.000 EUR. In den Jahren 2021 bis 2023 wurden davon 39.600 EUR in Anspruch genommen (198.000 EUR × 20 %). Folglich kann für die 2024 durchgeführte Maßnahme maximal der Restbetrag von 400 EUR nach § 35c EStG als Steuerermäßigung gewährt werden. § 35a EStG bietet dagegen mit 600 EUR eine höhere Ermäßigung.
FAZIT | Auch wenn § 35c EStG ein größeres Steuerermäßigungspotenzial besitzt, gibt es Konstellationen, in denen § 35a EStG eine höhere Entlastung bietet. Da die Einkommensteuererklärung typischerweise erst Mitte bis Ende des Folgejahres abgegeben wird, sollten künftige Entwicklungen im Blick behalten und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

AUSGABE: MBP 6/2025, S. 94 · ID: 50376829

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