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EinkommensteuerKranken- und Pflegeversicherung für Kinder: Abzugsmöglichkeiten und Steuergestaltungen
| Bei privat versicherten Kindern können regelmäßig die Eltern die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerlich absetzen. Was oft nicht bekannt ist: Das funktioniert auch bei einer direkt von dem Kind abgeschlossenen Versicherung. Genauso ist ein Abzug für die Beiträge möglich, die bei gesetzlich versicherten Kindern vom Arbeitgeber über den Lohnsteuerabzug einbehalten wurden. Zudem ist über freiwillige Beitragsvorauszahlungen eine lukrative Steuergestaltung möglich. Der Beitrag zeigt, welche Abzugsmöglichkeiten bestehen. |
1. Lukrativer Sonderausgabenabzug
Leisten Mandanten Beiträge für die Basisleistung einer Krankenversicherung oder Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung, sind diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) bzw. b) EStG als Sonderausgaben ohne Abzugsbeschränkung abzugsfähig. Der Höchstbetrag für sonstige Vorsorgeaufwendungen (1.900 bzw. 2.800 EUR pro Person) ist nach § 10 Abs. 4 S. 4 EStG nicht anzuwenden.
Anders sieht das für den Abzug von Beiträgen für zusätzlich versicherte Wahlleistungen (z. B. Krankenhaustagegeld oder Chefarztbehandlung) aus. Diese Beiträge sind nur über § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG abzugsfähig. Der Nachteil: Hier gilt der für sonstige Vorsorgeaufwendungen geltende Höchstbetrag von 1.900 bzw. 2.800 EUR pro Person, sodass sich diese Beiträge in der Praxis typischerweise nicht steuermindernd auswirken.
2. Für ein Kind abgeschlossene Versicherung
Mandanten können aber nicht nur ihre eigenen Beiträge absetzen. Haben Mandanten für eines ihrer Kinder eine Kranken- oder Pflegeversicherung abgeschlossen, sind die hierfür gezahlten Versicherungsprämien ebenfalls abzugsfähig (BMF 24.5.17, IV C 3 - S 2221/16/10001: 004, Rz. 81). Handelt es sich um ein Kind i. S. des § 32 EStG, werden die Beiträge inklusive etwaiger Wahlleistungen in der Anlage Kind erfasst. Hat der Mandant für das Kind hingegen keinen Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag, erfolgt die Eintragung in der Anlage Vorsorgeaufwand.
Beispiel 1 |
Melanie hat für ihre minderjährige Tochter eine private Krankenversicherung abgeschlossen. Für die Basisabsicherung zahlt sie monatlich 35 EUR. Für Wahlleistungen (u. a. Auslandskrankenversicherung) werden monatlich 5 EUR fällig. Melanie kann 420 EUR (12 × 35 EUR) als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben geltend machen. Die 60 EUR für Wahlleistungen sind hingegen nur im Rahmen der Höchstbeträge abzugsfähig. |
3. Von einem Kind abgeschlossene Versicherung
Auch wenn das Kind des Mandanten Versicherungsnehmer ist, können Mandanten die Beiträge in ihrer eigenen Steuererklärung geltend machen. Dies setzt nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG nur voraus, dass der Mandant
- für das Kind Anspruch auf Kindergeld oder -freibetrag hat und
- die Beiträge durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat.
Beachten Sie | Mandanten können in diesem Fall „nur“ die unbeschränkt abzugsfähigen Beiträge geltend machen. Die lediglich beschränkt abzugsfähigen Wahlleistungen kann nur das Kind selbst absetzen.
Merke | Es ist unerheblich, ob das Kind über (beträchtliche) eigene Einkünfte und Bezüge verfügt und die Versicherungen auch selbst hätte bezahlen können. Entscheidend ist nur, dass der Mandant die Beiträge durch Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat. Die abzugsfähigen Beiträge werden in der Anlage Kind eingetragen. |
Beispiel 2 |
Der Sohn von Max ist 17 Jahre alt, Beamtenanwärter und hat eine private Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen. Für die Basisabsicherung der Krankenversicherung zahlt er monatlich 50 EUR, für die Wahlleistungen 15 EUR. Die Pflegeversicherung kostet 10 EUR im Monat. Max erstattet seinem Sohn den Gesamtbetrag von monatlich 75 EUR durch entsprechende Überweisungen. Bei Max können 600 EUR (50 EUR × 12) Krankenversicherungsbeiträge und 120 EUR (10 EUR × 12) Pflegeversicherungsbeiträge als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben berücksichtigt werden. Nur die Wahlleistungen von 180 EUR (15 EUR × 12) kann nicht er, sondern nur sein Sohn steuerlich geltend machen. |
Beachten Sie | Es handelt sich bei der Übertragung der Beiträge von dem Kind auf den die Beiträge wirtschaftlich tragenden Elternteil um ein Wahlrecht (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG – „können“). Damit muss der Mandant entscheiden, ob er die Beiträge bei sich oder bei seinem Kind berücksichtigen möchte. Insgesamt ist ein Abzug nur einmal zulässig. Die geleisteten Beiträge können aber auch auf den Mandanten und das Kind verteilt werden (z. B. 75/25).
Abwandlung zu Beispiel 2 |
Es besteht kein Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag. Ohne Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag ist eine Übertragung der Beiträge auf die Eltern nicht zulässig. Damit ist nur ein Abzug bei dem Kind möglich. Wurden die Beiträge jedoch von den Eltern getragen, können diese nach den Regelungen des § 33a EStG (Unterhaltsleistung) abgezogen werden. |
Wie bereits ausgeführt, müssen die Beiträge von den Eltern wirtschaftlich getragen werden. Der BFH (13.3.18, X R 25/15) hatte zwar die Auffassung vertreten, dass Mandanten die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung eines Kindes nur dann geltend machen können, wenn sie diese tatsächlich gezahlt oder dem Kind erstattet haben. Dieses Urteil hätte in vielen Konstellationen einen Abzug beim Mandanten verhindert. Die Finanzverwaltung sah das aber nicht so eng (BMF 3.4.19, IV C 3 - S 2221/10/10005 :005) – inzwischen wurde auch das Gesetz bzw. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG entsprechend geändert.
Danach kommt es für den Abzug nicht darauf an, ob der Mandant den Beitrag durch Bar- oder Sachleistungen tatsächlich trägt. Vielmehr können die Beiträge bereits dann berücksichtigt werden, wenn der Mandant die Beiträge wirtschaftlich getragen hat – und das wird bereits erfüllt, wenn das Kind beim Mandanten wohnt (Stichwort: „Sachleistung Unterkunft und Verpflegung“). Aus diesem Grund können die Beiträge des Kindes, welche dieses als Arbeitnehmer z. B. während der Ausbildung an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zahlt, beim Mandanten berücksichtigt werden.
Beispiel 3 |
Lukas und Linda sind verheiratet, ihr zu versteuerndes Einkommen (z. v. E.) beträgt 50.000 EUR. Ihr Sohn Sven (wohnt noch zu Hause) befindet sich in einer Erstausbildung mit einer Vergütung von 1.000 EUR pro Monat. Sein Arbeitgeber behält davon 81,50 EUR für die Krankenversicherung (Basisabsicherung: 78,24 EUR = 96 %) und 17,00 EUR für die Pflegeversicherung ein. Das z. v. E. von Sven liegt auch ohne Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unterhalb des Grundfreibetrags. Steuern zahlen muss er also nicht. Die Eltern müssen bei einem z. v. E. von 50.000 EUR hingegen Steuern i. H. von 6.046 EUR zahlen. Da sie für Sven Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag haben und durch die Unterkunft und Versorgung in ihrem Haushalt Sachunterhalt leisten, können sie die jährlichen Beiträge von Sven zur Krankenversicherung (Basisabsicherung: 939 EUR) und zur Pflegeversicherung (204 EUR) als Sonderausgaben geltend machen. Ihr z. v. E. verringert sich dadurch auf 48.857 EUR und die Einkommensteuer auf 5.740 EUR. Die Steuerersparnis: jährlich 306 EUR. |
Praxistipp | Die Übertragung von im Lohnsteuerabzug während der Ausbildung des Kindes einbehaltenen Beiträgen zur KV/PV auf den Mandanten trägt nahezu immer zur Steuerersparnis bei. Denn die Beiträge wirken sich beim Kind aufgrund der geringen Ausbildungsvergütung oft nicht aus (Grundfreibetrag). |
4. Vom anderen Elternteil abgeschlossene Versicherung
Auch wenn weder der Mandant noch das Kind Versicherungsnehmer sein sollten, sondern der andere Elternteil, können die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beim Mandanten – und nicht bei dem anderen Elternteil als Versicherungsnehmer – berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG, dass das Kind gegenüber dem Mandanten unterhaltsberechtigt ist und der Mandant die Beiträge getragen hat.
Beispiel 4 |
Frank und Frida sind geschieden und haben zwei minderjährige Kinder. Die Kinder leben bei Frida und wurden von ihr privat krankenversichert. Der monatliche Beitrag beträgt 40 EUR je Kind (Basisabsicherung). Frank ist den Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet und übernimmt auch die Krankenversicherung. Frank kann seine Unterhaltsaufwendungen nicht nach § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung geltend machen, weil er für die Kinder einen Anspruch auf Kindergeld bzw. -freibetrag hat (§ 33a Abs. 1 S. 4 EStG). Da Frank aber die Beiträge zur Krankenversicherung trägt, kann er diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG i. H. von 960 EUR (40 EUR × 12 × 2) als Sonderausgaben absetzen. Bei einem Steuersatz von 35 % spart er dadurch 336 EUR. |
5. Mit Beitragsvorauszahlungen Steuern sparen
Eine lukrative Gestaltung ist es, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Voraus zu zahlen. Das funktioniert relativ unkompliziert bei allen privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, wie z. B. bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Beamten, Gewerbetreibenden und Selbstständigen. Der Vorteil einer Vorauszahlung: Da für den Sonderausgabenabzug das Zu- und Abflussprinzip gilt, ist die Vorauszahlung beim Mandanten bereits im Jahr der Zahlung abzugsfähig. Eine in 2024 geleistete Beitragsvorauszahlung für 2025 mindert also bereits die Steuerlast des Jahres 2024 und nicht diejenige des Jahres 2025. Dieser Effekt kann wie folgt genutzt werden:
Variante 1: Übersteigen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung den für die übrigen Vorsorgeaufwendungen geltenden Höchstbetrag pro Person von 1.900 bzw. 2.800 EUR, wirken sich die übrigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich nicht aus. Leisten Mandanten jedoch eine Beitragsvorauszahlung für ein Jahr im Voraus, mindern die „normalerweise unter den Tisch fallenden “ übrigen Vorsorgeaufwendungen im Folgejahr die Steuerlast.
Beispiel 5 (Ausgangslage vor Steuergestaltung) | |
Beiträge werden jährlich gezahlt | |
KV/PV Max und Lea (Basisabsicherung): | 5.000 EUR |
KV/PV Kind (Basisabsicherung): | 1.000 EUR |
Privat- und Kfz-Haftpflicht, Unfallversicherung: | 1.200 EUR |
Berufsunfähigkeitsversicherung: | 800 EUR |
Lebensversicherung (Abschluss vor 1.1.05): | 1.500 EUR(88 % = 1.320 EUR) |
Die Versicherungen können Max und Lea als Sonderausgaben mit jährlich 6.000 EUR (KV/PV – Basisabsicherung) geltend machen. Die weiteren Versicherungen wirken sich wegen der überschrittenen Höchstbeträge nicht aus. |
Beispiel 5 – Gestaltung 1 |
Max und Lea zahlen die Beiträge zur KV/PV des Jahres 2025 (6.000 EUR) durch eine Beitragsvorauszahlung in 2024 im Voraus. Im Jahr 2024 erhöhen sich die abzugsfähigen Sonderausgaben auf 12.000 EUR (6.000 EUR für 2024 und 6.000 EUR für 2025). Im Jahr 2025 können dann die übrigen Versicherungen (Haftpflicht, Unfall, BU und Lebensversicherung) mit 3.320 EUR abgesetzt werden. Für beide Jahre zusammen setzt das Paar nun 15.320 EUR von der Steuer ab – im Ausgangsfall waren es noch 12.000 EUR. Bei einem Steuersatz von 35 % ist das eine Steuerersparnis von 1.162 EUR – alle zwei Jahre! |
Variante 2: Verfügt der Mandant aufgrund besonderer Umstände (z. B. eine erhaltene Abfindung oder ein privates Veräußerungsgeschäft) in einem Jahr über besonders hohe Einkünfte und im nächsten Jahr voraussichtlich über geringere, kann mit der Beitragsvorauszahlung die nicht zu verachtende Schwankung im progressiven Steuersatz abgefedert werden.
Beispiel 5 – Gestaltung 2 |
Max und Lea erwarten im Jahr 2024 ein z. v. E. von 100.000 EUR. Für 2025 bis 2027 erwarten sie ein jährliches z. v. E. von nur 50.000 EUR. Sie zahlen in 2024 die Beiträge zur KV/PV der Jahre 2025 bis 2027 i. H. von 18.000 EUR (6.000 EUR × 3 Jahre) im Voraus. Ohne Vorauszahlung müssen die Ehegatten 21.744 EUR für 2024 und für die Jahre 2025 bis 2027 jeweils 6.046 EUR Steuern zahlen (Tarif 2024). In Summe 39.882 EUR. Da sie die Vorauszahlung über 18.000 EUR in 2024 absetzen können, reduziert sich das z. v. E. auf 82.000 EUR und die Steuer auf 15.572 EUR. Parallel erhöht sich für die Jahre 2025 bis 2027 das z. v. E. um jährlich 6.000 EUR. Es sind jedoch nun die übrigen Versicherungen mit jeweils 3.320 EUR abzugsfähig, sodass effektiv 52.680 EUR zu versteuern sind. Die Steuer beträgt jährlich 6.772 EUR. In Summe zahlt das Paar nun 35.888 EUR und der Steuervorteil beträgt 3.994 EUR. |
Beachten Sie | Das Steuersparmodell durch Beitragsvorauszahlungen ist äußerst lukrativ, vor allem deshalb, weil es kostenlos ist. Da die geleistete Beitragsvorauszahlung mit den künftigen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung verrechnet wird, geht dem Mandanten die Beitragsvorauszahlung nicht verloren. Er erhält über den Zeitraum der Beitragsvorauszahlung jeden geleisteten EUR durch entfallende Beitragszahlungen zurück. Der einzige Nachteil besteht für den Mandanten darin, dass er durch die Vorauszahlung zwischenzeitlich an Liquidität verliert. Dafür gewinnt er aber oft enorme Steuerersparnisse.
Merke | Einziger Haken an den Beitragsvorauszahlungen: Das Steuersparmodell funktioniert nicht in beliebiger Höhe. Denn nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 5 EStG darf die Beitragsvorauszahlung maximal das Dreifache der auf das Zahlungsjahr entfallenden Beiträge betragen, damit das FA diese dem Zahlungsjahr zuordnet. |
AUSGABE: MBP 2/2025, S. 26 · ID: 50237134