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GrenzgängerDas sind die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für Grenzpendler bzw. -gänger

Top-Beitrag Abo-Inhalt 03.09.2024 13 Min. Lesedauer Von Kerstin Kind, Director und Rentenberaterin, WTS GmbH, Frankfurt

| Gerade Arbeitnehmer, die im Ausland grenznah zu Deutschland wohnen, pendeln oft zur Arbeit nach Deutschland, ggf. mit einer zusätzlichen Vereinbarung über tageweise Home-Office-Tätigkeit im Ausland. Dadurch nimmt die Anzahl der ausländischen Grenzpendler bzw. -gänger tendenziell zu. LGP nimmt das zum Anlass, die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen in einer Beitragsserie unter die Lupe zu nehmen. In diesem Beitrag geht es um die sozialversicherungsrechtlichen Spielregeln. |

Die Regelungen für Grenzgänger im sv-rechtlichen Kontext

Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz sind die Verordnung (EG) über soziale Sicherheit Nr. 883/2004 und die Durchführungsverordnung (EG) Nr.  987/2009 anzuwenden. Diese regeln u. a., dass bei grenzüberschreitenden Sachverhalten immer nur das Sozialversicherungsrecht eines Staates anwendbar ist.

Die Regelungen der EG Verordnungen gelten auch für Grenzgänger. Grenzgänger im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist, wer in einem Staat arbeitet, in dem er nicht wohnt und regelmäßig in den Wohnstaat zurückkehrt. Eine regelmäßige Rückkehr in den Wohnstaat liegt vor, wenn die Person täglich oder mindestens einmal wöchentlich zurückkehrt. Steuerlich wird zwischen Grenzgängern und Grenzpendlern unterschieden. Nicht so in der Sozialversicherung. Sozialversicherungsrechtlich entspricht ein Grenzpendler dem Begriff des Grenzgängers. Die folgenden sozialversicherungsrechtlichen Aspekte der Grenzgänger gelten somit auch analog für Grenzpendler.

Anwendbare Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit

Grenzgänger sind grundsätzlich in dem Land versichert, in dem sie arbeiten (sog. Pay-where-you-work-Prinzip nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) 883/2004). Ein Grenzgänger, der in Deutschland beschäftigt ist und in einem anderen EU/EWR-Staat oder der Schweiz wohnt, unterliegt damit deutschem Sozialversicherungsrecht.

Beispiel

A wohnt in Österreich und arbeitet bei der ABC GmbH in Deutschland. Er pendelt täglich von Österreich nach Deutschland, um dort am Sitz seines Arbeitgebers seiner Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Lösung: Da A seine Tätigkeit physisch ausschließlich in Deutschland ausübt, gilt deutsches Sozialversicherungsrecht.

Antragsverfahren zum Nachweis der Erwerbstätigkeit in Deutschland

Häufig kommt es vor, dass für Grenzgänger eine A1-Bescheinigung gefordert wird (z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen). Diese ist zwar keine Pflicht, jedoch kann eine Behörde einen Nachweis über die anwendbaren Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit verlangen. Für die Ausstellung dieser A1-Bescheinigung nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) 883/2004 sind in Deutschland die folgenden Stellen zuständig:

  • Die gesetzliche Krankenkasse. Dies gilt unabhängig davon, ob dort eine Pflicht-, freiwillige oder Familienversicherung besteht.
  • Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die Person nicht gesetzlich krankenversichert ist.
  • Die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. (ABV) in Berlin, wenn die Person nicht gesetzlich krankenversichert und Mitglied bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist.

Der Antrag gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) 883/2004 – Nachweis über eine in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit – ist aktuell noch in Papierform zu stellen (kein elektronisches Verfahren möglich). Der GKV-Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) stellt hierfür ein Antragsformular zur Verfügung.

Für eine A1-Bescheinigung im Ausland sind die ausländischen Sozialversicherungsträger zuständig.

Besonderheiten für Mehrstaatenbeschäftigte

Besonderheiten gelten, wenn der Grenzgänger nicht ausschließlich in einem Staat tätig ist. Sofern Personen regelmäßig in verschiedenen Mitgliedstaaten arbeiten oder dies voraussichtlich tun werden, greifen die Vorschriften nach Art. 13 VO (EG) 883/2004 für Mehrstaatenbeschäftigte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Erwerbstätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung bei einem oder bei mehreren Arbeitgebern, als selbstständige Tätigkeit oder im Rahmen einer Kombination aus verschiedenen Erwerbsformen (Beschäftigung, Selbstständigkeit, Beamtentätigkeit) ausgeübt wird.

Wird eine Tätigkeit wiederholt in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt, ist die für die folgenden zwölf Kalendermonate angenommene Situation zu berücksichtigen. Arbeitet der Grenzgänger in diesem Zeitraum voraussichtlich an mindestens einem Tag im Monat oder an mindestens fünf Tagen im Quartal in verschiedenen Mitgliedstaaten, üben diese ihre Erwerbstätigkeit gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten aus. Für Mehrstaatenbeschäftigte gelten die folgenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungen:

  • Wird ein wesentlicher Teil der Tätigkeit – mindestens 25 Prozent – im Wohnsitzstaat ausgeübt, dann gelten die dortigen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.
  • Wird kein wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnsitzstaat ausgeübt, dann gilt das Recht des Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Gesellschaftssitz oder seine Niederlassung hat.
  • Falls der Grenzgänger für mehrere Arbeitgeber tätig ist, deren Gesellschaftssitze sich in unterschiedlichen Ländern befinden, gilt das Recht des Wohnsitzstaates wenn dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Wird kein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt, gilt das Recht des Arbeitgeberstaates außerhalb des Wohnsitzstaates.
  • Falls der Grenzgänger selbstständig beschäftigt ist und nicht einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit im Land seines Wohnsitzes ausübt, gilt für ihn das Sozialversicherungsrecht des Landes, in dem sich sein Arbeitsmittelpunkt befindet.
  • Werden eine Angestelltentätigkeit und eine selbstständige Beschäftigung in zwei unterschiedlichen Ländern ausgeübt, ist das Sozialversicherungsrecht anwendbar, in dem die abhängige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Unterliegen Personen, die bei einem ausländischen Arbeitgeber beschäftigt sind, der deutschen Versicherungspflicht, müssen auch die im Rahmen der DEÜV geforderten Meldungen erstattet werden. Zudem muss auch der Sozialversicherungsbeitrag für die jeweilige Person entrichtet werden. Es besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer diese Verpflichtungen selbst übernimmt. Hinsichtlich der Beiträge ist zu beachten, dass der Beschäftigte eines ausländischen Arbeitgebers den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat (§ 28m SGB IV). In diesen Fällen besteht ein Erstattungsanspruch in Höhe des Arbeitgeberanteils gegenüber dem Arbeitgeber. Zu beachten ist, dass das Haftungsrisiko beim Arbeitgeber verbleibt.

Beispiel

B wohnt in Deutschland und arbeitet bei der DEF GmbH in den Niederlanden. Seine Tätigkeit übt er regelmäßig zu 50 Prozent aus dem deutschen Home-Office heraus aus, die anderen 50 Prozent arbeitet er am Sitz seines Arbeitgebers in den Niederlanden.
Lösung: B arbeitet regelmäßig in verschiedenen Mitgliedstaaten. Er ist als Mehrstaatenbeschäftigter zu qualifizieren. Da er einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit (mehr als 25 Prozent) aus seinem Wohnsitzstaat heraus arbeitet, findet das Recht des Wohnsitzstaates (hier Deutschland) Anwendung. Niederländisches Sozialversicherungsrecht findet keine Anwendung.

Abänderung Beispiel

B wohnt in Deutschland und arbeitet bei der DEF GmbH in den Niederlanden in Teilzeit (50 Prozent), da er in Deutschland einer selbstständigen Tätigkeit (50 Prozent) nachgeht. Seine selbstständige Tätigkeit übt er voll aus dem deutschen Home-Office heraus aus, die anderen 50 Prozent arbeitet er als abhängig DEF-Beschäftigter am Sitz seines Arbeitgebers in den Niederlanden.
Lösung: B arbeitet regelmäßig in verschiedenen Mitgliedstaaten. Er ist als Mehrstaatenbeschäftigter zu qualifizieren. Da er eine abhängige Beschäftigung in den Niederlanden und eine selbstständige Tätigkeit in Deutschland ausübt, ist das Sozialversicherungsrecht des Landes anzuwenden, in dem er die abhängige Tätigkeit ausübt – hier die Niederlande. Dies gilt selbst, wenn der Umfang der Tätigkeit im Wohnsitzstaat Deutschland wesentlich, also mindestens 25 Prozent, beträgt.

Für Mehrstaatenbeschäftigte muss ein Antrag auf Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften gestellt werden. Für die Feststellung der anwendbaren Rechtsvorschriften ist jeweils der Mitgliedstaat zuständig, in dem sich der Lebensmittelpunkt (Wohnstaat) des Mitarbeiters befindet. Dies gilt unabhängig davon, welches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet.

Wohnt der Grenzgänger in Deutschland, ist für die Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften der GKV-Spitzenverband (DVKA) in Bonn zuständig. Je nach Sachverhalt, kann der Antrag entweder elektronisch oder in Papierform an die DVKA übermittelt werden.

Multilaterale Rahmenvereinbarung für Telearbeitnehmer

Um bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten mehr Flexibilität zu schaffen, ist 2023 eine multilaterale Rahmenvereinbarung für Telearbeitnehmer in Kraft getreten. Sie kann angewendet werden, wenn die Tätigkeit im Wohnstaat zwischen 25 Prozent und weniger als 50 Prozent der gesamten Beschäftigung ausmacht. So besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, individuelle Einzelvereinbarungen zu schließen, um einen Wechsel in das Sozialversicherungssystem des Wohnsitzstaates zu vermeiden.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können allerdings nur dann davon Gebrauch machen, wenn die grenzüberschreitende Tätigkeit als „Telearbeit“ ausgeübt wird und die weiteren Voraussetzungen für einen Anwendungsfall der Rahmenvereinbarung vorliegen. Ferner muss die Anwendung der Rahmenvereinbarung immer beantragt werden. Wird kein Antrag nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 gestellt, gelten weiterhin die obigen Regelungen für Mehrstaatenbeschäftigte (vgl. Punkt 1.2) gemäß Art. 13 der VO (EG) 883/2004.

Wichtig | Zum 01.05.2024 ist Litauen und zum 01.06.2024 Irland der Vereinbarung beigetreten. Somit sind inzwischen 22 Mitgliedstaaten Mitglied.

Das ist im Leistungsrecht für Grenzgänger zu beachten

Bei der Inanspruchnahme von (Sozial-)Leistungen wird zwischen Sachleistungen und Geldleistungen unterschieden. Zu den Sachleistungen gehören Leistungen wie ärztliche Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen, verschreibungspflichtige Medikamente, Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte sowie häusliche Krankenpflege. Zu den Geldleistungen gehören u. a. Leistungen wie das Mutterschafts- und Krankengeld.

Das gilt bei Sachleistungen

Grenzgänger können sich sowohl im Wohnstaat als auch im Erwerbsland ärztlich behandeln lassen. Im Wohnstaat werden Grenzgänger und ihre anspruchsberechtigten Familienangehörigen den Versicherten des Wohnstaats gleichgestellt. Dies bedeutet, dass Grenzgänger und ihre Familienangehörigen alle im Wohnstaat vorgesehenen Sachleistungen in Anspruch nehmen können. Der Kreis der anspruchsberechtigten Personen und der Leistungsumfang richten sich dabei nach dem Recht des Wohnstaates. Dies gilt unabhängig davon, ob das Sozialversicherungsrecht des Wohnstaates oder des Arbeitgeberstaates Anwendung findet.

Wichtig | Bei Grenzgängern richtet sich der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach dem Recht des Wohnstaates. Dies bedeutet, dass der Träger im Wohnstaat prüft, wer nach seinen Rechtsvorschriften familienversichert werden kann.

In Deutschland wohnende Grenzgänger erhalten für die Inanspruchnahme der Sachleistungen eine Krankenversicherungskarte. Auch familienversicherte Angehörige erhalten eine Karte. Zuständig ist der Krankenversicherungsträger (gesetzliche Krankenversicherung) am Wohnort.

Unterliegt der Grenzgänger ausländischem Sozialversicherungsrecht, so stellt der gewählte ausländische Träger eine Anspruchsbescheinigung aus. Diese nennt sich S1-Bescheinigung und wird direkt auf Nachfrage vom ausländischen Träger zur Verfügung gestellt. Der Vordruck entspricht den bisherigen Vordrucken E106, E109, E120 und E121. Die S1-Bescheinigung gilt als Nachweis, dass ausländisches Sozialversicherungsrecht greift und der ausländische Träger für die Kosten der Sachleistungen aufkommt. Die S1-Bescheinigung ist sodann bei der zuständigen Krankenkasse am Wohnort einzureichen. Darauf basierend erhalten die Person und die familienversicherten Angehörigen eine gesetzliche Krankenversicherungskarte ausgehändigt.

Bei Urlaubsaufenthalten in einem anderen EU/EWR-Staat oder der Schweiz verwenden Grenzgänger und Familienangehörige für die Inanspruchnahme von Sachleistungen die Europäische Krankenversicherungskarte.

Wichtig | Der Vordruck S3 berechtigt ehemalige Grenzgänger zur Behandlung in dem Land, in dem sie früher gearbeitet haben. Dabei kann es sich um eine neue Behandlung oder eine Nachsorge zu einer vor dem Ende der Erwerbstätigkeit des Inhabers in dem betreffenden Land begonnene Behandlung handeln. Dies kann insbesondere für Grenzgänger von Bedeutung sein, wenn sie inzwischen in den Ruhestand gewechselt sind.

Das gilt für Geldleistungen

Der Anspruch auf Geldleistungen richtet sich hingegen immer nach dem Recht des Landes, das auf den Grenzgänger Anwendung findet. Unterliegt der Grenzgänger den deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit, richtet sich der Anspruch auf Geldleistungen also nach deutschem Recht.

In diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Entgeltfortzahlung und das Krankengeld zu nennen, die bei Arbeitsunfähigkeit in Betracht kommen. Nach deutschem Recht besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen einer Arbeitsunfähigkeit. Grundsätzlich wird nach diesen sechs Wochen Krankengeld gezahlt. Ist die Entgeltfortzahlungsdauer im Ausland allerdings länger als sechs Wochen, ruht der Anspruch auf Krankengeld für die Dauer der Entgeltzahlung.

Für Grenzgänger kommt ebenfalls die Zahlung von Mutterschaftsgeld in Betracht. Auch hier richtet sich der Anspruch nach dem Recht des Landes, das auf den Grenzgänger Anwendung findet.

Das gilt bei Arbeitsunfähigkeit des Grenzgängers

Ist der Grenzgänger für einen deutschen Arbeitgeber tätig und im Ausland versichert, gelten trotz allem die deutschen Regelungen zur Arbeitsunfähigkeitsmeldung. Das hat zur Folge, dass der im Ausland wohnende Grenzgänger vom behandelnden Arzt im Ausland eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten kann, wenn er arbeitsunfähig ist.

Es wird empfohlen, dass der Grenzgänger die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb einer Woche an seine deutsche Krankenkasse sendet. Sowohl der Arbeitgeber als auch die Krankenkasse sind an die im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeit gebunden. Sollten Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen, ist eine Überprüfung dieser Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich möglich. Das elektronische Arbeitsunfähigkeitsverfahren (eAU) kommt hier nicht zur Anwendung.

Das gilt in der Unfallversicherung des Grenzgängers

Unterliegt ein Grenzgänger den deutschen Rechtsvorschriften, ist er versicherungspflichtig in der Unfallversicherung. Sollte ein Grenzgänger einen Unfall erleiden, kann er sich sowohl im Beschäftigungsstaat als auch im Wohnstaat behandeln lassen. Für die Leistungsinanspruchnahme im Wohnstaat erhält der Grenzgänger vom deutschen Träger der Unfallversicherung eine Bescheinigung DA1 (vormals: E 123). Mit dieser Bescheinigung kann der Grenzgänger Sachleistungen zulasten der deutschen Unfallversicherung erhalten. Ist der Grenzgänger im Ausland versichert, erhält er die DA1 Bescheinigung vom ausländischen Unfallversicherungsträger.

Das gilt bei Arbeitslosigkeit des Grenzgängers

Nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 der Europäischen Union haben Grenzgänger grundsätzlich im Wohnstaat Anspruch auf Arbeitslosengeld. Diese Regelung stellt sicher, dass die Sozialleistungen in dem Land erbracht werden, in dem der Arbeitnehmer seinen Lebensmittelpunkt hat und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Tritt Arbeitslosigkeit ein, muss sich der Grenzgänger bei der Agentur für Arbeit am Wohnort arbeitslos melden.

  • Grundsätzlich gilt, dass ausländische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder zur Erhöhung der Anspruchsdauer nur berücksichtigt werden können, wenn zwischen der Auslandsbeschäftigung und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit Versicherungspflicht in Deutschland bestand, z. B. aufgrund einer (Zwischen-)Beschäftigung.
  • Ausnahme: Eine Zwischenbeschäftigung in Deutschland ist nicht erforderlich, wenn die Auslandsbeschäftigung als Grenzgänger ausgeübt wurde. Die im Ausland zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten werden für den Anspruch auf deutsches Arbeitslosengeld vollständig berücksichtigt.

Die Nachweise über ausländische Versicherungs- und Beschäftigungszeiten stellt die zuständige ausländische Stelle aus. Hierzu wird der Vordruck PD U1 (vormals E 301) verwendet. Es können nur die amtlichen Nachweise, die von der zuständigen ausländischen Stelle ausgestellt wurden, anerkannt werden.

Innerhalb der EU/EWR und der Schweiz gelten unterschiedliche Regelungen über die Versicherungspflicht von Beschäftigungen und sonstigen Zeiten. Für einen Anspruch auf deutsches Arbeitslosengeld werden die im Dokument PD U1 bescheinigten ausländischen Versicherungszeiten berücksichtigt (ausgeschlossen sind Versicherungszeiten während des Bezugs von Arbeitslosengeld). Außerdem werden ausländische Zeiten einer abhängigen Beschäftigung, die im Ausland nicht versicherungspflichtig waren, dann für einen deutschen Anspruch berücksichtigt, wenn die Beschäftigung in Deutschland versicherungspflichtig gewesen wäre.

Beispiel

C hat im Ausland 20 Stunden in der Woche gearbeitet und ein Arbeitsentgelt in Höhe von 600 Euro monatlich erzielt. Die Beschäftigung unterlag aufgrund nationaler Regelungen im Ausland nicht der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung.
Lösung: Diese Beschäftigungszeit wird für den Anspruch auf deutsches Arbeitslosengeld berücksichtigt, weil sie in Deutschland mehr als geringfügig entlohnt und deshalb versicherungspflichtig gewesen wäre.

Wichtig | In besonderen Fällen kann ausnahmsweise der frühere Beschäftigungsstaat für die Zahlung von Arbeitslosengeld zuständig sein. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitsvertrag trotz der eingetretenen Arbeitslosigkeit noch fortbesteht oder im anderen Staat noch eine Beschäftigung (mit geringem Umfang) ausgeübt wird. Um Nachteile zu vermeiden, sollte daher immer auch eine Arbeitslosmeldung im Beschäftigungsstaat erfolgen.

Es kann auch vorkommen, dass Grenzgänger in einem anderen Mitgliedstaat außerhalb ihres Wohnstaates Arbeit suchen wollen, z. B. in ihrem Beschäftigungsstaat vor der Arbeitslosigkeit. Hier besteht die Möglichkeit der Leistungsmitnahme für die Dauer von drei Monaten (Mitnahmezeitraum). Die Dauer der Mitnahme des deutschen Arbeitslosengeldanspruchs kann für eine Arbeitsuche bis zu höchstens sechs Monaten verlängert werden. Voraussetzung dafür ist u. a., dass der Grenzgänger den Vermittlungsbemühungen des ausländischen Trägers zur Verfügung steht. Dazu muss er Melde- oder Kontrolltermine beim ausländischen Träger wahrnehmen und bei Stellenangeboten mitwirken. Ferner setzt eine Leistungsmitnahme grundsätzlich voraus, dass der Arbeitsuchende mindestens vier Wochen dem Träger im Wohnstaat zur Verfügung gestanden hat. Ausnahmen von der Vier-Wochen Frist sind möglich.

Die Leistungsmitnahme muss vor der Ausreise zur Arbeitsuche beantragt werden. Hierzu stellt die deutsche Agentur für Arbeit das Dokument PD U2 aus. Dort werden u. a. der Mitnahmezeitraum und der späteste Termin zur Meldung beim ausländischen Arbeitsamt für eine nahtlose Zahlung bescheinigt.

Ausgabe: 10/2024, S. 203 · ID: 50068895

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