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Kfz-Kosten/DienstwagenFahrzeugpool: So versteuern Arbeitgeber den Sachbezug bei ihren Arbeitnehmern richtig

Top-Beitrag Abo-Inhalt 02.08.2024 9 Min. Lesedauer Von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Nutzen Arbeitnehmer laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzeugpool auch für private Zwecke, stellt sich Arbeitgebern regelmäßig die Frage, wie sie den Vorteil aus der Nutzung dieser Poolfahrzeuge richtig versteuern und verbeitragen müssen. In Lohnsteuerprüfungen wird regelmäßig über die Höhe des Vorteils gestritten, wie Anfragen von Lesern zeigen. Anlass genug für LGP, die Spielregeln nachfolgend anhand verschiedener Beispiele darzustellen. |

Fahrzeugnutzung für private Zwecke ist Sachbezug

Nutzt der Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug für private Zwecke, handelt es sich um einen Sachbezug, der nach § 8 Abs. 2 S. 2 EStG zu versteuern und zu verbeitragen ist. Darf der Arbeitnehmer das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen, ist ein weiterer Sachbezug zu erfassen (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG).

Der Standard-Fall bei der Fahrzeugüberlassung

Steht dem Arbeitnehmer immer das identische Fahrzeug zur Verfügung, ist die Ermittlung des geldwerten Vorteils einfach: Es wird

  • entweder die pauschale Ein-Prozent-Regelung auf Basis des Bruttolistenneupreises (BLP) angewandt (bzw. für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die 0,03-Prozent-Regelung)
  • oder der exakte Sachbezug anhand eines Fahrtenbuchs ermittelt.

Beispiel 1

Arbeitnehmer M darf einen Pkw mit einem BLP von 30.000 Euro fahren. M nutzt diesen für berufliche und private Fahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Entfernung: 15 km).
Lösung: In der Lohnabrechnung für M ist für die Fahrzeugnutzung ein monatlicher geldwerter Vorteil von 435 Euro zu versteuern und zu verbeitragen (30.000 Euro x 1 % = 300 Euro zzgl. 30.000 Euro x 0,03 % x 15 km).

Problem Fahrzeugpool: Vorteil ist fahrzeugbezogen zu berechnen

Dürfen Arbeitnehmer auf einen fest definierten Fahrzeugpool zugreifen und die Fahrzeuge dann sowohl für Privatfahrten als auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen, ergibt sich folgendes Problem: Weil sich dem Arbeitnehmer kein individuelles Fahrzeug zuordnen lässt, kann der geldwerte Vorteil nicht individuell ermittelt werden. Folglich ist eine fahrzeugbezogene Berechnung erforderlich (BMF, Schreiben vom 03.03.2022 (Az. IV C 5 – S – 2334/21/10004 :001, Abruf-Nr. 228043,Rz. 14)

So ist die Privatnutzung bei Fahrzeugpool zu ermitteln

Stehen Arbeitnehmern für Privatfahrten laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzeugpool zur Verfügung, so ist zunächst für alle Fahrzeuge der BLP zu ermitteln und mit einem Prozent anzusetzen. Der so als geldwerter Vorteil für sämtliche Fahrzeuge ermittelte Nutzungswert wird addiert und in einem zweiten Schritt auf die nutzungsberechtigten Arbeitnehmer verteilt. Es ergibt sich der individuelle steuer- und beitragspflichtige Arbeitslohn.

Beispiel 2

Arbeitgeber A verfügt über einen Fahrzeugpool, der aus drei Fahrzeugen (BLP 30.000 Euro, 40.000 Euro und 50.000 Euro) besteht. Alle Fahrzeuge können von drei Arbeitnehmern auch privat genutzt werden.
Lösung: Für die Privatnutzung müssen insgesamt 1.200 Euro ([30.000 Euro x 1 %] + [40.000 Euro x 1 %] + [50.000 Euro x 1 %]) als geldwerter Vorteil erfasst werden. Weil drei Arbeitnehmer die Fahrzeuge nutzen dürfen, muss jeder einen geldwerten Vorteil von 400 Euro (1.200 Euro : 3 Arbeitnehmer) versteuern und verbeitragen.

Wichtig | Für die Berechnung spielt es keine Rolle, welcher Arbeitnehmer vorrangig welches Fahrzeug in welchem Umfang nutzt, oder ob ein Arbeitnehmer in Voll- und ein anderer in Teilzeit beschäftigt ist.

Sonderfall 1: Mehr nutzungsberechtigte Arbeitnehmer als Poolfahrzeuge

Genauso verfahren Sie, wenn mehr Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool zugreifen, als darin Fahrzeuge vorhanden sind. Die Ein-Prozent-Regelung ist nämlich nicht personen-, sondern fahrzeugbezogen auszulegen (BFH, Urteil vom 15.05.2002, Az. VI R 132/00, Abruf-Nr. 020755).

Beispiel 3 – Abwandlung von Beispiel 2

Auf den Fahrzeugpool dürfen vier Arbeitnehmer zugreifen.
Lösung: Es müssen insgesamt monatlich 1.200 Euro als geldwerter Vorteil erfasst werden. Die 1.200 Euro verteilen sich nun jedoch auf vier Arbeitnehmer. Somit sind pro Arbeitnehmer 300 Euro (1.200 Euro : 4 Arbeitnehmer) anzusetzen.

Sonderfall 2: Weniger nutzungsberechtigte Arbeitnehmer als Fahrzeuge

Dürfen weniger Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool zugreifen als dort Fahrzeuge vorhanden sind, ist der insgesamt ermittelte geldwerte Vorteil lt. BMF-Schreiben vom 03.03.2022 trotzdem auf die Anzahl der nutzungsberechtigten Arbeitnehmer aufzuteilen. Somit müssen diese einen höheren Sachbezug versteuern und verbeitragen als bei einer Eins-zu-eins-Zuordnung.

Beispiel 4 – Abwandlung von Beispiel 2

Auf den Fahrzeugpool dürfen nur zwei Arbeitnehmer zugreifen.
Lösung: Die 1.200 Euro verteilen sich auf zwei Arbeitnehmer. Somit sind pro Arbeitnehmer 600 Euro (1.200 Euro : 2 Arbeitnehmer) als geldwerter Vorteil anzusetzen.

Wichtig | Kann das zutreffend sein? Fest steht: Ein Gericht hat sich zu der Frage noch nicht geäußert. LGP wagt aber den Vorstoß, dass der Ansicht der Finanzverwaltung nicht zu folgen ist – und dafür sprechen gute Gründe:

Bei dem Fahrzeugpool handelt es sich in aller Regel um Fahrzeuge, die typischerweise auf dem Gelände des Betriebs stehen (z. B. bei einem Autohaus). Jeder Arbeitnehmer, der auf den Pool zugreifen darf, hat nur die Möglichkeit, sich eines der Fahrzeuge für die Fahrt nach Hause auszusuchen, es nach Feierabend und an den Wochenenden privat zu nutzen und am nächsten Arbeitstag mit dem Fahrzeug wieder zum Betrieb zu fahren. Effektiv kann sich seine Nutzungsmöglichkeit bei diesem Fahrzeugpool also auf maximal ein Fahrzeug pro Tag erstrecken. Zudem ist es bei einem Fahrzeugpool typischerweise nicht möglich, dass ein Arbeitnehmer weitere, nicht von ihm selbst genutzte, Poolfahrzeuge an seiner Privatadresse abstellt, sodass sie sein Ehepartner oder andere Angehörige nutzen können. Ergo: Für die Sachbezugszuordnung bei einem Fahrzeugpool muss eine Obergrenze gelten:

Sachbezugsobergrenze =
Gesamter Sachbezug für den Fahrzeugpool
Anzahl der im Pool enthaltenen Fahrzeuge

Beispiel 5 – Abwandlung von Beispiel 4

Vom monatlichen Sachbezug von 1.200 Euro entfallen auf jeden der zwei nutzungsberechtigten Arbeitnehmer 600 Euro (1.200 Euro : 2 Arbeitnehmer). Gilt für den Sachbezug aber eine Obergrenze, ist er auf 400 Euro pro Arbeitnehmer zu deckeln (1.200 Euro : 3 Poolfahrzeuge).

Die Ansicht von LGP stützen die Ausführungen in Rz. 25 des BMF-Schreibens vom 03.03.2022. Hier nimmt die Finanzverwaltung zu der Frage Stellung, was gilt, wenn einem Arbeitnehmer mehrere Firmenfahrzeuge gleichzeitig auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Dann muss grundsätzlich, so das BMF, für jedes Fahrzeug pro Monat ein Prozent des BLP angesetzt werden. Ausnahme: Ist die gleichzeitige private Nutzung der verschiedenen Firmenwagen so gut wie ausgeschlossen, z. B. weil die Nutzung durch andere zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehörende Personen (z B. Ehegatte oder Kinder) nicht in Betracht kommt, ist für den Ansatz der reinen Privatfahrten auf den BLP des überwiegend genutzten Fahrzeugs abzustellen.

Wichtig | Diese Passage (Tz. 35) des BMF-Schreibens vom 03.03.2022 steht nicht in unmittelbaren Bezug zu den Regelungen für Poolfahrzeuge. Weil es sich aber um eine allgemeine Erläuterung handelt, muss diese Passage nach Auffassung von LGP sinngemäß auch für Poolfahrzeuge angewendet werden können. Dass das sinnvoll ist, verdeutlicht folgendes Beispiel:

Beispiel 6

Ein Fahrzeugpool besteht aus drei Fahrzeugen mit einem BLP von jeweils 30.000 Euro. Ab Januar 2024 dürfen drei Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool
zugreifen und nach Feierabend eines der Fahrzeuge mit nach Hause nehmen und auch privat nutzen. Im Februar 2024 greift infolge von zwei Kündigungen nur noch ein Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool zu. Ab März 2024 sind es zwei Arbeitnehmer, die Fahrzeuge aus dem Pool nutzen dürfen.
Lösung: Der geldwerte Vorteil für Privatfahrten mit dem Fahrzeugpool beträgt insgesamt 900 Euro (30.000 Euro x 1 % x 3 Fahrzeuge). Davon müssen
  • im Januar von jedem der drei Arbeitnehmer 300 Euro (900 Euro : 3 Arbeitnehmer) versteuert und verbeitragt werden;
  • im Februar für den einzelnen Arbeitnehmer ebenso lediglich 300 Euro (30.000 x 1 %) erfasst werden (Junggesellenklausel), weil dem einzelnen Arbeitnehmer nicht die gleichzeitige Nutzung aller drei Fahrzeuge möglich ist;
  • ab März lt. Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich die 900 Euro auf zwei Arbeitnehmer verteilt werden, sodass jeweils 450 Euro anzusetzen sind. Nach Auffassung von LGP hat jedoch eine Deckelung auf jeweils 300 Euro (900 Euro : 3 Fahrzeuge) zu erfolgen, weil die gleichzeitige private Nutzung der verschiedenen Fahrzeuge ebenfalls so gut wie ausgeschlossen werden kann.

Wie bei Fahrten „Wohnung-Tätigkeitsstätte“ zu rechnen ist

Etwas anders ist bei der Ermittlung des Sachbezugs für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzugehen. Hier ist zunächst ebenfalls für jedes Fahrzeug der BLP zu ermitteln und mit 0,03 Prozent anzusetzen. Die Gesamtsumme ist aber sofort auf die Anzahl der Arbeitnehmer zu verteilen, die den Fahrzeugpool nutzen dürfen. Erst im nächsten Schritt wird dann der Anteil mit der individuellen einfachen Entfernung des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte multipliziert.

Wichtig | Dadurch wird im Fall „weniger Fahrzeuge als nutzungsberechtigte Arbeitnehmer“ erreicht, dass der Sachbezug für die Fahrten zum Betrieb nicht höher ausfällt als bei einer fiktiven Zurechnung jeweils eines der gemeinschaftlich genutzten Firmenfahrzeuge bei genau einem Arbeitnehmer.

Beispiel 7

Der Fahrzeugpool eines Betriebs besteht aus drei Fahrzeugen mit den BLP 20.000, 30.000 und 40.000 Euro. Diesen Pool nutzen drei Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die einfache Entfernung für die Arbeitnehmer beträgt fünf, zehn und 15 Kilometer.
Lösung: Der addierte und für jedes Fahrzeug mit 0,03 Prozent angesetzte BLP beträgt 27 Euro ([20.000 Euro x 0,03 %] + [30.000 Euro x 0,03 %] + [40.000 Euro x 0,03 %]). Weil drei Arbeitnehmer den Pool nutzen, sind für jeden neun Euro (27 Euro : 3 Arbeitnehmer) maßgebend. Damit errechnet sich folgender geldwerte Vorteil bei den Arbeitnehmern:
Arbeitnehmer 1
5 km x 9 Euro = 45 Euro
Arbeitnehmer 2
10 km x 9 Euro = 90 Euro
Arbeitnehmer 3
15 km x 9 Euro = 135 Euro

Wahlrecht zur Einzelbewertung mit 0,002 Prozent

Arbeitnehmer haben – abweichend von der obigen Ermittlung des Sachbezugs für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitstätte – die Wahl: Sie können im Rahmen der persönlichen Einkommensteuerveranlagung zu einer Einzelbewertung übergehen. Dabei wird für die tatsächlich durchgeführte Anzahl von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Nutzungsvorteil mit 0,002 Prozent des BLP je Entfernungskilometer für genau das Fahrzeug bemessen, das der Arbeitnehmer auch verwendet hat (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 13).

Praxistipp | Die Einzelbewertung ist für Arbeitnehmer von Vorteil, die nur selten auf die Poolfahrzeuge zugreifen oder typischerweise Fahrzeuge mit einem unterdurchschnittlichen BLP nutzen. „Selten“ bedeutet bei der Wahl eines Poolfahrzeugs mit einem dem Durchschnitt aller BLP des Pools entsprechenden BLP, dass höchstens 180 Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte im Jahr unternommen wurden (180 x 0,002 = 0,36 und 12 Monate x 0,03 = ebenfalls 0,36). Bei Wahl eines Fahrzeugs mit einem unterdurchschnittlichen BLP erhöht sich diese Grenze, sodass die Wahl der 0,002-Prozent-Regelung öfter Vorteile bringt. Bei Nutzung eines Fahrzeugs mit einem überdurchschnittlichen BLP sinkt die „180er-Grenze“ hingegen, sodass die Einzelbewertung seltener lukrativ ist.

Beispiel 8

Arbeitnehmer 1 aus Beispiel 7 (Entfernung zur ersten Tätigkeitstätte fünf km) kann mittels Einzelaufzeichnungen belegen, dass er tatsächlich den Pkw mit dem BLP von 20.000 Euro an 120 Tagen und den Pkw mit dem Listenpreis von 30.000 Euro an 25 Tagen für Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte verwendet hat. An den übrigen Tagen hat er sein Fahrrad benutzt.
Lösung: Der Vorteil belief sich bisher auf 540 Euro (12 Monate x 45 Euro). Er reduziert sich aufgrund der Einzelbewertung wie folgt:
20.000 Euro x 0,002 % x 5 km x 120 Fahrten
240 Euro
30.000 Euro x 0,002 % x 5 km x 25 Fahrten
75 Euro
Geldwerter Vorteil neu
315 Euro

Um die Einzelbewertung anwenden zu können, muss der Arbeitnehmer jeden Kalendertag benennen, an dem er eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unternommen hat, und das jeweils genutzte Fahrzeug des Pools angeben. Der Arbeitnehmer muss sich zudem immer für das gesamte Kalenderjahr entscheiden, welches Verfahren angewandt werden soll.

Praxistipp | Die Einzelbewertung können Arbeitgeber auch bereits im Rahmen der Lohnabrechnung vornehmen. Dazu müssen sie die Einzelaufzeichnungen des Arbeitnehmers (Fahrten, genutztes Fahrzeug) als Beleg zum Lohnkonto nehmen (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 13). Der Vorteil der Einzelbewertung bereits bei der Lohnabrechnung besteht darin, dass sich neben der Steuer auch die Sozialabgaben reduzieren.

Ausgabe: 10/2024, S. 197 · ID: 50115999

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